OGH 8Ob30/04a

OGH8Ob30/04a15.4.2004

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Petrag als Vorsitzenden und die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Rohrer, Dr. Spenling und Dr. Kuras und die Hofrätin des Obersten Gerichtshofes Dr. Lovrek als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Walter H*****, vertreten durch Mag. Helmut Marschitz, Rechtsanwalt in Mistelbach, wider die beklagte Partei Sabine H*****, vertreten durch Mag. Kurt Schick, Rechtsanwalt in Mistelbach, wegen 20.320 EUR sA, über die außerordentliche Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgericht vom 12. Dezember 2003, GZ 16 R 199/03g-21, den Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen (§ 510 Abs 3 ZPO).

Text

Begründung

Rechtliche Beurteilung

1. Der Oberste Gerichtshof hat in der Grundsatzentscheidung 1 Ob 213/03k unter Hinweis auf SZ 59/164; NZ 1988, 136, dargelegt, dass der Mangel der gesetzlichen Form in anderen Fällen als der Formpflicht nach dem Notariatszwanggesetz keineswegs immer von Amts wegen wahrzunehmen ist.

Daraus wurde abgeleitet, dass bei Vorliegen einer schriftlichen Haftungserklärung der Bürge die Formungültigkeit seiner Haftungserklärung wegen Verletzung des Schriftformgebotes bezüglich des Haftungsumfanges nach § 1346 Abs 2 ABGB einzuwenden hat.

2. Im hier zu beurteilenden Fall unterfertigte die Beklagte gemeinsam mit ihrer Mutter und ihrem damaligen Lebensgefährten eine mit "Schuldschein-Darlehen" überschriebene Urkunde, wonach die Genannten vom Kläger 1 Mio S erhalten hatten und sich zur Rückzahlung des Darlehensbetrages samt Zinsen in monatlichen Raten zu mindestens 7.000 S verpflichteten.

Die Beklagte wendete in erster Instanz, soweit im Revisionsverfahren noch maßgeblich, lediglich ein, bloß eine sittenwidrige Haftung als Interzedentin (und nicht als Mitschuldnerin) übernommen zu haben. Darauf, dass ihre schriftliche Haftungserklärung dem Schriftlichkeitsgebot des § 1346 Abs 2 ABGB nicht entsprochen habe, weil ihre Bürgenstellung aus der Urkunde nicht ausreichend ersichtlich sei, berief sich die Beklagte hingegen erstmals - und damit ausgehend von den unter 1. dargelegten Grundsätzen der Entscheidung 1 Ob 213/03k dem Neuerungsverbot widersprechend - in ihrer Berufung. Es erübrigt sich daher ein Eingehen darauf, ob die schriftliche Haftungserklärung im Hinblick darauf, dass sie sogar die Auslegung einer Mitschuldnerhaftung zulässt, dem Formzweck des § 1346 Abs 2 ABGB nicht ohnedies genügt (vgl 8 Ob 388/97k mH auf RdW 1987, 370, wonach Nebenabreden, die die Haftung einschränken, jedenfalls nicht formbedürftig sind).

3. Das Berufungsgericht hat die von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätze zur Sittenwidrigkeit sogenannter Angehörigenbürgschaften richtig dargelegt (SZ 68/64; RIS-Justiz RS0048300 uva). Ob ein krasses Missverhältnis zwischen Haftungsumfang und wirtschaftlicher Leistungsfähigkeit der Beklagten bestand (RIS-Justiz RS0113490) oder ob nicht jedenfalls der hier noch geforderte Betrag von 20.320 EUR die Leistungsfähigkeit der Beklagten nicht übersteigt (vgl SZ 73/79 zur Teilnichtigkeit von Haftungserklärungen, wenn ein Interesse des Gläubigers an der reduzierten Bürgschaft zu bejahen ist), muss nicht geprüft werden: Allein der vom Berufungsgericht hervorgehobene Umstand des wesentlichen Eigeninteresses der Beklagten, die das Haus, zu dessen Erhaltung das Darlehen aufgenommen wurde, bewohnte, lässt die Verneinung der Sittenwidrigkeit der Haftungsübernahme als zumindest vertretbar erscheinen (vgl 8 Ob 100/03v mwN). Die Behauptung in der Revision, die Beklagte habe bereits zum Zeitpunkt der Darlehensgewährung ihren Auszug aus dem Haus beabsichtigt, ist sachverhaltsfremd: Es steht im Gegenteil fest, dass die Beklagte nicht nur zum Zeitpunkt der Darlehensaufnahme 1994, sondern jedenfalls bis 1998 das Haus bewohnte.

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