Spruch:
Der außerordentliche Revisionsrekurs wird mangels der Voraussetzungen des § 14 Abs 1 AußStrG zurückgewiesen.
Text
Begründung
Rechtliche Beurteilung
Nach Art 13 Abs 1 lit b des Übereinkommens über die zivilrechtlichen Aspekte internationaler Kindesentführung besteht die Verpflichtung zur sofortigen Rückgabe des Kindes (Art 12 Abs 1) nur dann nicht, wenn der Elternteil, der sich der Rückgabe des Kindes widersetzt, nachweist, dass die Rückgabe mit der schwerwiegenden Gefahr eines körperlichen oder seelischen Schadens für das Kind verbunden ist oder das Kind auf andere Weise in eine unzumutbare Lage bringt. Ob das Kindeswohl im Sinn dieser Bestimmung bei einer Rückgabe an den antragstellenden Elternteil gefährdet wäre, ist eine von den jeweiligen Umständen des Einzelfalls abhängige Frage, denen im Allgemeinen keine über den zu beurteilenden Fall hinausgehende Bedeutung zukommt.
Das Rekursgericht hat eine schwerwiegende Beeinträchtigung des Kindeswohls im vorliegenden Fall unter Berücksichtigung des eingeholten Sachverständigengutachtens verneint. Eine krasse Fehlbeurteilung, die einer Korrektur durch den Obersten Gerichtshofs bedürfte, vermag die Rechtsmittelwerberin nicht darzustellen. Die Vorinstanzen haben unter Zugrundelegung des Sachverständigengutachtens festgestellt, dass die Rückführung des Kindes an ihren früheren Aufenthaltsort beim Vater an sich nicht mit einer schwerwiegenden Gefahr eines körperlichen oder seelischen Schadens verbunden sei und das Kind auch nicht auf andere Weise in eine unzumutbare Lage bringe, zumal sie dort an ihre alten sozialen Kontakte anknüpfen könne und Unzulänglichkeiten des Vaters bei der Betreuung des Kindes in keiner Weise erwiesen seien. Dass die Weigerung der Mutter, das Kind bei seiner Rückführung zu begleiten, eine schwerwiegende Gefahr für das Kind begründen könnte, vermag eine Rückführung nicht zu verhindern, wenn es der Mutter nach den im Einzelfall gegebenen Umständen zumutbar ist, mit dem Kind gemeinsam in den Herkunftsstaat zurückzukehren, sodass es zu einer Trennung nicht kommen muss (Vomberg/Nehls, Rechtsfragen der internationalen Kindesentführung Seite 41 mwN).
Das Rekursgericht ist nach den Umständen des hier zu beurteilenden Einzelfalls von der Zumutbarkeit einer entsprechenden Begleitung des Kindes durch die Mutter ausgegangen. Eine auffallende Fehlbeurteilung ist darin nicht zu erblicken. Die Übertragung der vorläufigen Obsorge an den Vater durch das kanadische Gericht ist nur eine vorläufige Maßnahme und hindert weder den Kontakt der Mutter zum Kind noch eine Antragstellung auf Übertragung der Obsorge.
Der Wunsch des Kindes, bei seiner Mutter in Österreich zu bleiben, ist nach Art 13 Abs 2 des Übereinkommens nur dann von Bedeutung, wenn das Kind aufgrund seines Alters und seiner Reife imstande ist, die Konsequenzen seines Wunsches abzuschätzen (9 Ob 102/03w; RIS-Justiz RS0112662). Das Rekursgericht hat unter Berücksichtigung des Sachverständigengutachtens, wonach der Wunsch des Kindes aufgrund seines Alters und der erkennbaren Beeinflussung seines freien Willens nur eine bedingte Bedeutung beigemessen werden könne, den Ausnahmetatbestand des Art 13 Abs 2 des Übereinkommens verneint. Seine Auffassung steht mit den festgestellten Ergebnissen des Sachverständigengutachtens in Einklang und bedarf keiner Korrektur durch den Obersten Gerichtshof.
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