OGH 3Ob288/03d

OGH3Ob288/03d25.2.2004

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Schiemer als Vorsitzenden sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Zechner, Dr. Sailer, Dr. Hurch und Dr. Jensik als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Stadt Wien, vertreten durch Dr. Elsbeth Bauer-Banndorff, Rechtsanwältin in Wien, wider die beklagten Parteien 1) Ö*****, vertreten durch die Finanzprokuratur, ***** und

2) P***** GmbH, ***** vertreten durch Dr. Johann Kölly, Rechtsanwalt in Oberpullendorf, wegen 78.997,10 EUR sA, infolge außerordentlicher Revisionen der beklagten Parteien gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht vom 9. Oktober 2003, GZ 1 R 113/03z-32, womit das Zwischenurteil des Handelsgerichts Wien vom 9. Februar 2003, GZ 16 Cg 65/02m-26, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

 

Spruch:

Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.

Begründung

Text

Beschluss

gefasst:

Rechtliche Beurteilung

a) Die festgestellte Unterlassung der erstbeklagten Partei, die Mitarbeiter des von ihr mit Grabungsarbeiten beauftragten Bauunternehmens (zweitbeklagte Partei) über die unter dem Bahngelände für die klagende Partei errichtete Wasserleitung ungeachtet der im Einvernehmen der klagenden und der erstbeklagten Partei erfolgten seinerzeitigen Errichtung sowie Herstellung und Übergabe von genauen Lageplänen zu informieren, begründet einen schuldhaften Sorgfaltsverstoß, der die erstbeklagte Partei schadenersatzpflichtig macht, unabhängig davon, ob sie den ihr seinerzeit zur Verfügung gestellten Lageplan "verschlampt" hat oder die mit der Organisation und Überwachung des Bauvorhabens betrauten Mitarbeiter bloß in Unkenntnis der Wasserleitung und/oder der Lagepläne waren (Organisationsverschulden).

Ob es sich bei den Grabungsarbeiten zur Verlegung eines neuen Kabels um Bahnerhaltungsarbeiten iSd zwischen der klagenden und erstbeklagten Partei geschlossenen Übereinkommens handelt und daher die vereinbarte Haftungsbeschränkung zugunsten der erstbeklagten Partei greift, braucht nicht beurteilt zu werden, weil das oben aufgezeigte Organisationsverschulden jedenfalls ein solches der erstbeklagten Partei oder "ihrer Bediensteten in Ausübung ihres Dienstes" (Punkt 5. des Übereinkommens) ist.

Die Überbindung allfälliger Schadenersatzpflichten auf die zweitbeklagte Partei im Wege vereinbarter Schad- und Klagloshaltung befreit die erstbeklagte Partei im Verhältnis zur klagenden Partei nicht, mag diese (auch) einen Ersatzanspruch gegen die zweitbeklagte Bauführerin haben.

Die von der erstbeklagten Partei als erheblich iSd § 502 Abs 1 ZPO bezeichnete Frage, ob die erstbeklagte Partei aufgrund ihrer vertraglichen Beziehung (und deren strittiger Qualifikation) mit der klagenden Partei gemäß § 1313a ABGB für ein Verschulden der zweitbeklagten Partei einzustehen hat, stellt sich daher hier nicht.

b) Gemäß § 881 Abs 2 ABGB ist aus der Vereinbarung und der Natur und dem Zweck des Vertrags zu beurteilen, ob und in welchem Zeitpunkt (auch) der Dritte unmittelbar das Recht erwirbt, vom Versprechenden Erfüllung zu fordern. Es entspricht daher stRsp, dass es von dem - aus der Vereinbarung, der Natur und dem Zweck des Vertrags zu ermittelnden - Parteiwillen abhängt, ob, unter welchen Voraussetzungen und in welchem Zeitpunkt auch der Dritte unmittelbar das Recht erwirbt, vom Versprechenden die Erfüllung des zu seinen Gunsten abgegebenen Versprechens zu fordern (vgl zuletzt 1 Ob 125/99k = MietSlg 51.082 = immolex 2000, 45; RIS-Justiz RS0017137). Im Zweifel liegt ein echter Vertrag zugunsten Dritter dann vor, wenn die Leistung hauptsächlich ihm zum Vorteil gereichen soll (§ 881 Abs 2 zweiter Satz ABGB). Diese Beurteilung ist eine nach den Umständen des Einzelfalls zu lösende Rechtsfrage (stRsp; RIS-Justiz RS0017145). Eine Einzelfallentscheidung ist aber für den Obersten Gerichtshof nur dann überprüfbar, wenn im Interesse der Rechtssicherheit ein grober Fehler bei der Auslegung der anzuwendenden Rechtsnorm korrigiert werden müsste (RIS-Justiz RS0044088, RS0042936 und RS0042776). Eine korrekturbedürftige Fehlbeurteilung im oben erwähnten Sinn vermag die zweitbeklagte Partei aber nicht aufzuzeigen. Einer weiteren Begründung bedarf dieser Beschluss nicht (§ 510 Abs 3 ZPO).

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