OGH 5Ob311/03a

OGH5Ob311/03a24.2.2004

Der Oberste Gerichtshof hat durch die Senatspräsidentin des Obersten Gerichtshofes Hon. Prof. Dr. Langer als Vorsitzende sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Floßmann und Dr. Baumann und die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofes Dr. Hurch und Dr. Kalivoda als weitere Richter in der Grundbuchssache der Antragsteller 1. Bekir A*****, geboren 1. Oktober 1982, ***** 2. Aptullah A*****, geboren 15. September 1984, ebendort, 3. Kemal A*****, geboren 25. März 1947, ebendort, alle vertreten durch Dr. Fritz Miller, Rechtsanwalt in Schruns, wegen Grundbuchshandlungen ob den Liegenschaften EZ ***** und EZ ***** Grundbuch*****, infolge des Revisionsrekurses der Antragsteller gegen den Beschluss des Landesgerichtes Feldkirch als Rekursgericht vom 28. Oktober 2003, AZ 2 R 267/03t, womit der Beschluss des Bezirksgerichtes Bludenz vom 22. September 2003, TZ 3689/03-2, bestätigt wurde, nachstehenden

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Dem Revisionsrekurs der Antragsteller wird nicht Folge gegeben.

Text

Begründung

Mit ihrem verfahrenseinleitenden Grundbuchsgesuch begehrten die Antragsteller in EZ ***** Grundbuch*****, das im Alleineigentum von Kemal A***** (des Drittantragstellers) stand, die Teilung des Grundstückes 486/14 in die Grundstücke 486/14 und 486/18.

Weiters begehrten sie die lastenfreie Abschreibung des Grundstücks 486/18, die Eröffnung einer neuen Einlage EZ ***** Grundbuch ***** dafür und darin die Einverleibung des Eigentumsrechts für den Erstantragsteller Bekir A***** zu 51/105-Anteilen und den Zweitantragsteller Aptullah A***** zu 54/105-Anteilen.

Weiters begehrten sie die Einverleibung der Dienstbarkeit des Geh- und Fahrrechts auf Grundstück 486/18 gemäß Punkt 7.1 des Schenkungs-, Wohnungseigentums- und Dienstbarkeitsvertrags vom 5. 6. 2003 für Grundstück 486/14 in EZ ***** sowie die Einverleibung des Dienstbarkeit des Aufstellens eines Gerüsts und der Lagerung von Materialien auf Grundstück 486/18 gemäß Punkt 7.2 des Schenkungs-, Wohnungseigentums- und Dienstbarkeitsvertrags vom 5. 6. 2003 für Grundstück 486/14 in EZ *****. Darüber hinaus wurde die Ersichtlichmachung der oben angeführten Dienstbarkeiten auf Grundstück 486/18 in EZ ***** für Grundstück 486/14 in EZ ***** Grundbuch ***** begehrt.

Dieses Begehren wurde rechtskräftig bewilligt und ist nicht mehr Gegenstand des Revisionsrekursverfahrens.

Das darüber hinausgehende Begehren auf Bewilligung der Einverleibung des Wohnungseigentums ob den 51/105-Anteilen des Erstantragstellers und ob den 54/105-Anteilen des Zweitantragstellers ob der EZ ***** Grundbuch ***** wurde abgewiesen.

Das Erstgericht begründete die Abweisung wie folgt:

Zunächst entspreche der vorgelegte "Wohnungseigentumsvertrag" nicht den Anforderungen des § 32 GBG. In Punkt 10 (Einräumung des Wohnungseigentums) und in Punkt 11 (Aufsandungserklärung) fehle nämlich die Angabe des Grundstücks, der Einlagezahl und der Katastralgemeinde. In der Aufsandungserklärung fehle darüber hinaus bei der Einverleibung des Wohnungseigentums die Angabe der Miteigentumsanteile, mit denen das jeweilige Wohnungseigentum verbunden werden soll.

Im Weiteren entspreche das Begehren nicht den Bestimmungen des WEG 2002, sodass die beantragte Begründung von Wohnungseigentum nicht bewilligt werden könne. Gemäß § 2 Abs 4 WEG 2002 seien allgemeine Teile der Liegenschaft solche, die der allgemeinen Benützung dienen oder deren Zweckbestimmung einer ausschließlichen Benützung entgegenstehe. Gemäß § 3 Abs 3 WEG 2002 könne an allgemeinen Teilen der Liegenschaft Wohnungseigentum nicht begründet werden. Zu notwendigen allgemeinen Teilen der Liegenschaft gehörten der Zugang zum Eingang der jeweils selbständigen Wohnung oder sonstigen Räumlichkeit und die Zufahrtsmöglichkeit zum Kfz-Abstellplatz. Aus dem vorgelegten Nutzwertgutachten des DI Dr. Bernd Angerer sowie der Vermessungsurkunde des Vermessungsbüros Bischofsberger & Partner ZT OEG ergebe sich, dass die Erschließung des Grundstücks 486/18 (neue Einlage EZ *****) offensichtlich über Grundstück 486/12 und 486/13 erfolge, welche im Eigentum der Stadt B***** stünden. Alle weiteren an die Liegenschaft angrenzenden Grundstücke stünden im Eigentum von Privaten. Durch die Errichtung der unmittelbar an die Grundgrenze anschließenden Kfz-Unterstellplätze bzw Kfz-Abstellplätze, an denen die Begründung von Wohnungseigentum begehrt werde, fehle es an jeglichen allgemeinen Zugängen zu den Wohnungen top 1 und top 2.

Darüber hinaus bemängelte das Erstgericht in der "§ 6-Bescheinigung" des Gutachtens des DI Dr. Bernd Angerer eine fehlende Formulierung über den Bestand an selbständigen Wohnungen und Abstellplätzen. Zwar würden in einer Tabelle die Nutzwerte und Grundbuchsanteile von top 1 bis top 6 angeführt, dabei werde aber nicht bestätigt, dass es sich hiebei um wohnungseigentumstaugliche Objekte gemäß § 2 Abs 2 WEG 2002 handle.

Einem dagegen von den Antragstellern erhobenen Rekurs gab das Gericht zweiter Instanz insofern nicht Folge.

Das Rekursgericht teilte zunächst die Ansicht des Erstgerichtes hinsichtlich der formellen Mängel der Grundbuchsurkunden nicht. Zur Beurteilung der Tauglichkeit von Privaturkunden für eine Einverleibung (§ 32 GBG) müsse der gesamte Inhalt der Urkunde herangezogen werden. Im "Schenkungs-, Wohnungseigentums- und Dienstbarkeitsvertrag" vom 5. 6. 2003 seien alle Erfordernisse enthalten. Es seien die genauen Angaben der Liegenschaft und der Rechte, hinsichtlich derer die Einverleibung begehrt werde, angeführt. Auch die ausdrückliche Erklärung desjenigen, dessen Recht beschränkt, belastet, aufgehoben oder auf eine andere Person übertragen werden solle, dass er in die Einverleibung einwillige, sei enthalten. Es müssten bei einem derart umfangreichen Vertragswerk diese genauen Angaben bzw ausdrücklichen Erklärungen nicht in jedem Vertragsteil separat angeführt werden. So müssten auch in der Aufsandungserklärung die beteiligten Personen nicht namentlich und die Liegenschaft nicht durch Angabe von Einlagezahl und Grundbuch bezeichnet werden. Es genüge vielmehr, wenn sich aus einer konkludenten Verweisung auf andere Stellen der Urkunde dies eindeutig ergebe.

Keine Bedenken bestünden auch an der Vollständigkeit der "§ 6-Bescheinigung" des DI Dr. Bernd Angerer. Aus dieser Urkunde ergebe sich insbesondere aus dem Verweis auf § 6 Abs 2 WEG 2002 eindeutig der Inhalt dieser Urkunde, dass nämlich die in der angeführten Gesetzesstelle verlangten Erfordernisse durch das Gutachten eines für den Hochbau zuständigen Ziviltechnikers bescheinigt werde. Sämtliche Angaben über Einlagezahl, Grundstücksnummer und Beschreibung der Liegenschaft und der einzelnen Tops seien in der Urkunde angeführt.

Das Erstgericht habe allerdings im Ergebnis zu Recht das Begehren der Antragsteller auf Einverleibung ihres Wohnungseigentums abgewiesen. Zwar bestehe keine gesetzliche Vorschrift, dass die Zufahrt oder der Zugang zu Wohnungen nur über allgemeine Flächen gemäß § 2 Abs 4 WEG 2002 zu erfolgen habe. Die Regelung des Zugangs und der Zufahrt sei der Vertragsautonomie der Vertragsparteien überlassen. Zugang und Zufahrt könnten auch über im Wohnungseigentum der Vertragsparteien stehende Flächen geregelt werden. Dies sei im vorliegenden Vertrag der Fall. Der Eigentümer von top 1 sei auch Eigentümer von top 3 und 5, der Eigentümer von top 2 auch Eigentümer der top 4 und 6. Über top 3 und 5 könne die Wohnung top 1 erreicht werden, über top 4 und 6 die Wohnung top 2. Dem Erst- und Zweitantragsteller sei somit der Zugang bzw die Zufahrt zu ihren Wohnungen jeweils über ihre eigenen Wohnungseigentumseinheiten Autounterstell- und Autoabstellplätze möglich. Es bestehe daher ein Bedarf im Sinn des § 2 Abs 4 WEG 2002, Zufahrts- bzw Zugangsflächen als allgemeine Teile der Liegenschaft freizuhalten unter der besonderen rechtlichen Konstellation nicht.

Allerdings könne nach § 5 Abs 2 WEG 2002 das Wohnungseigentum an einem Abstellplatz für Kraftfahrzeuge nach Ablauf von drei Jahren nach Begründung von Wohnungseigentum auch von Personen erworben werden, denen Wohnungseigentum an einer Wohnung oder sonstigen selbständigen Räumlichkeit der Liegenschaft nicht zukomme. Damit bestehe die Möglichkeit, dass das Wohnungseigentum an den Abstellplätzen an andere Personen als die Wohnungseigentümer der Wohnungen top 1 und 2 übergehe, sodass in einem solchen Fall ein Zugang bzw eine Zufahrt zu den Wohnungen top 1 und 2 nicht mehr vorhanden sei. Es spiele dabei keine Rolle, dass ein solcher Verkauf von Abstellplätzen durch Wohnungseigentümer, die damit ihren Zugang zu ihren Wohnungen verlieren würden, unwahrscheinlich sei. Es müsse jedenfalls ein Zugang zu Wohnungseigentumseinheiten über allgemeine Teile der Liegenschaft gewährleistet sein. Deshalb komme die Einverleibung des begehrten Wohnungseigentums für Erst- und Zweitantragsteller nicht in Betracht.

Das Rekursgericht erklärte den ordentlichen Revisionsrekurs für zulässig, weil noch keine Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes dazu vorliege, ob an Kfz-Abstellplätzen Wohnungseigentum begründet werden könne, wenn diese gleichzeitig die einzige Zugangsmöglichkeit zu Wohnungen darstelle.

Rechtliche Beurteilung

Gegen diesen Beschluss richtet sich der Revisionsrekurs der Antragsteller, der aus den vom Rekursgericht bezeichneten Gründen zulässig ist. Er ist jedoch nicht berechtigt.

Der vorliegende Fall ist dadurch gekennzeichnet, dass in einem Zweifamilienhaus zwei nebeneinanderliegende Wohneinheiten bestehen, denen jeweils ein Autounterstellplatz und diesem wiederum ein Autoabstellplatz vorgeordnet ist, wobei letzterer jeweils an die Grundgrenze = öffentlicher Weg reicht. Damit ist jede Wohnungeigentumseinheit nur über die Autoabstell- bzw Autounterstellplätze erreichbar. Die Autounterstell- bzw Abstellplätze dienen damit nicht ausschließlich dem Abstellen von Fahrzeugen, sondern auch notwendigerweise dem Zugang zu den jeweiligen Wohneinheiten.

§ 2 Abs 2 enthält eine taxative Aufzählung der wohnungseigentumstauglichen Objekte, wozu auch Abstellplätze für Kraftfahrzeuge gehören. In der Definition des § 2 Abs 2 letzter Satz WEG 2002 heißt es: Ein Abstellplatz für ein Kraftfahrzeug ist eine - etwa durch Bodenmarkierung - deutlich abgegrenzte Bodenfläche, die ausschließlich zum Abstellen eines Kraftfahrzeuges gewidmet und dazu nach ihrer Größe, Lage und Beschaffenheit geeignet ist. Nun sind zwar im vorliegenden Fall nach der Widmung im Wohnungseigentumsvertrag die Kfz-Abstellplätze als solche gewidmet und auch vereinbart, dass daran Wohnungseigentum begründet werden soll, doch ist dies durch den einen integrierenden Teil des Wohnungseigentumsvertrags bildenden Vermessungsplan relativiert. Nach diesem sind die Autoabstellplätze nämlich zugleich als ausschließlicher Zugang zu den Wohneinheiten vorgesehen.

Daraus ergibt sich, dass die Wohnungseigentumstauglichkeit der Abstellplätze im vorliegenden Fall nicht erwiesen ist.

Anderseits ist aber auch nicht davon auszugehen, dass die beiden Miteigentümer im Wohnungseigentumsvertrag die Abstellflächen als allgemeine Teile der Liegenschaft gewidmet hätten, was eine Begründung von Wohnungseigentum mit Ausnahme der Abstellflächen ermöglicht hätte. § 3 Abs 2 WEG 2002 verlangt nämlich nicht nur die Erfassung aller wohnungseigentumstauglichen und nicht als allgemeine Teile gewidmeten Objekte im Rahmen der Nutzwertfestsetzung, sondern auch die tatsächliche Wohnungseigentumsbegründung an allen diesen Objekten (vgl T. Hausmann in Hausmann/Vonkilch, Österreichisches Wohnrecht, Rz 54 zu § 3 WEG).

Daraus folgt, dass es zur Einverleibung von Wohnungseigentum für die Antragsteller einer Korrektur des Wohnungseigentumsvertrags dahin bedarf, dass die Widmung der Abstellflächen in Übereinstimmung mit den gesetzlichen Bestimmungen des WEG 2002 gebracht wird. Dazu steht außer der hier nach dem Vorgesagten nicht zulässigen Widmung "ausschließlich zum Abstellen eines Kraftfahrzeugs" die Möglichkeit offen, die in Frage stehenden Flächen als allgemeine Teile der Liegenschaft zu widmen oder aber daran Zubehör-Wohnungseigentum zu begründen. Im besonderen Fall, wo Flächen nach der Widmung zwar auch zum Abstellen von Kraftfahrzeugen, überdies aber auch als Zufahrten, für Grünflächen udgl benützt werden, kann daran weiterhin Zubehör-Wohnungseigentum begründet werden (vgl Würth/Zingher Wohnrecht 2002 Rz 7 zu § 2 WEG). Nur für die WE-tauglichen Abstellplätze iSd § 2 Abs 2 WEG 2002 gilt, dass an ihnen nur entweder Wohnungseigentum begründet werden kann oder sie als allgemeine Teile der Liegenschaft gewidmet werden (T. Hausmann aaO Rz 56 zu § 3 WEG; Schernthanner, immolex 2002, 208 f; so auch 5 Ob 18/04i).

Zu Recht haben daher die Vorinstanzen die begehrte Einverleibung von Wohnungseigentum abgelehnt.

Im Übrigen teilt der erkennende Senat die Ansicht des Rekursgerichtes, dass die vorgelegten Urkunden insgesamt den gesetzlichen Anforderungen entsprachen. Zu § 32 GBG wurde bereits mehrfach als zulässig angesehen, dass in ein und derselben Urkunde hinsichtlich notwendiger Bezeichnungen konkludent auf andere Stellen der Urkunden verwiesen werden kann (vgl RIS-Justiz RS0010950).

Im Weiteren gilt, dass die Bescheinigung der Baubehörde oder das Gutachten des Sachverständigen (§ 6 Abs 1 Z 2 WEG 2002) nur eine Auflistung aller WE-tauglichen Objekte zu enthalten hat (vgl sinngemäß die EB zur RV 989 BlgNR XXI, GP 41), die rechtliche Beurteilung der Begründbarkeit von Wohnungseigentum hat das Gericht selbständig zu prüfen (vgl T. Hausmann aaO Rz 9 und 10 zu § 6 WEG mwN).

Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)

Stichworte