OGH 2Ob79/03m

OGH2Ob79/03m12.2.2004

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Niederreiter als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Schinko, Dr. Tittel, Dr. Baumann und Hon. Prof. Dr. Danzl als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Stadt W*****, vertreten durch Dr. Peter Rudeck und Dr. Gerhard Schlager, Rechtsanwälte in Wien, gegen die beklagte Partei Mehmet A*****, vertreten durch Dr. Lennart Binder, Rechtsanwalt in Wien, wegen Aufkündigung, infolge außerordentlicher Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien als Berufungsgericht vom 28. Jänner 2003, GZ 40 R 7/03f-23, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Bezirksgerichtes Fünfhaus vom 7. Oktober 2002, GZ 26 C 90/02v-19, abgeändert wurde, den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die Revision wird zurückgewiesen.

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei binnen 14 Tagen die mit EUR 199,87 (darin enthalten EUR 33,31 USt) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Begründung

Der Beklagte hat mit der klagenden Partei am 4. 9. 2000 einen Mietvertrag über die Wohnung R*****gasse 38 top ***** geschlossen, in welchem folgender Passus enthalten ist:

"Gemäß § 30 Abs 2 Z 13 des Mietrechtsgesetzes wird vereinbart, dass das Mietverhältnis seitens des Vermieters aufgekündigt werden kann, wenn der Mieter nicht binnen vier Wochen ab Mietbeginn den Nachweis über die Auflösung des Mietverhältnisses an der Wohnung in Wien 15, O*****gasse 3/*****, erbracht wird (wohl richtig erbringt)."

Der Beklagte hat zuvor seit 1983 mit seiner Frau in Wien 15, O*****gasse 3/***** gewohnt. Hauptmieterin dieser Wohnung war seine Frau. Diese hat am 1. 9. 2000 der Hausverwaltung mitgeteilt, dass sie mit ihrem Ehemann in eine Gemeindewohnung ziehen wolle und daher die Wohnung O*****gasse ihrem Sohn übergebe.

Die klagende Partei kündigt dem Beklagten die gemietete Wohnung (R*****gasse 38/*****) unter Hinweis auf den schriftlich vereinbarten Kündigungsgrund nach § 30 Z 13 auf. Der Nachweis über die Auflösung des Mietverhältnisses sei nicht erbracht worden, die Ehefrau des Beklagten sei nach wie vor Hauptmieterin der Wohnung O*****gasse.

Das Erstgericht hat die Aufkündigung aufrecht erhalten. Es hat in einem umfangreichen Verfahren die Berechtigung der Übertragung der Mietrechte der Ehefrau des Beklagten an der Wohnung O*****gasse 3/***** an ihren Sohn geprüft und festgehalten, der Sohn des Beklagten und seine Ehefrau hätten zwar bis Ende Mai 1998 in der Wohnung O*****gasse top ***** gewohnt, sei dann im Juni 1998 mit seiner Frau in die Nachbarwohnung gezogen und erst im Februar 2000 wieder in die Wohnung top 29 gezogen. Es hat sohin die Eintrittsberechtigung des Sohnes des Beklagten und seiner Ehefrau in die Wohnung O*****gasse 29 geprüft, diese für nicht berechtigt angesehen und daher geschlossen, dass der Mietvertrag zwischen der Ehefrau des Beklagten und der Hausverwaltung des Hauses O*****gasse 3 nicht aufgelöst wurde, weshalb hier der vereinbarte Kündigungsgrund verwirklicht worden sei.

Das Berufungsgericht hat die Aufkündigung aufgehoben und ausgesprochen, dass die ordentliche Revision nicht zulässig sei. Rechtlich vertrat das Berufungsgericht die Meinung, der Kündigungsgrund des § 30 Abs 2 Z 13 erfordere auch die Anführung des besonderen Bedürfnisses des Vermieters an dieser Auflösungsmöglichkeit im Mietvertrag. Wegen der Bedeutung einer Vereinbarung nach § 30 Abs 2 Z 13 MRG fordere das Gesetz die Schriftform. Der im Mietvertrag angegebene Umstand müsse bestimmt bezeichnet, für den Vermieter objektiv bedeutsam und den sonst in § 30 Abs 2 MRG angeführten Gründen zwar nicht gleich sein, aber nahe kommen. Die besondere Bedeutung des geltend gemachten Kündigungsgrund für den Vermieter sei im Mietvertrag bei Vereinbarung des Nachweises der Auflösung des Mietverhältnisses an der Wohnung O*****gasse als Kündigungsgrund nicht angeführt worden, weshalb kein wirksam vereinbarter Kündigungsgrund vorliege.

Die ordentliche Revision sei nicht zulässig, weil das Berufungsgericht der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes gefolgt sei.

Gegen diese Entscheidung richtet sich die außerordentliche Revision der klagenden Partei mit dem Antrag, das Urteil des Erstgerichtes wieder herzustellen. Hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt. In der ao Revision wird darauf verwiesen, dass das Gesetz nicht verlangt, in den Mietvertrag auch aufzunehmen, warum der vereinbarte Kündigungsgrund als wichtig und bedeutsam für den Vermieter anzusehen ist. Es sei evident, dass die klagende Partei eine Wohnung nur aus sozialen Gesichtspunkten vergibt und Interesse daran habe, dass Personen Gemeindewohnungen nicht zusätzlich zu ihrer bisherigen Wohnmöglichkeit anmieten. Das Gesetz normiere im § 30 Abs 2 Z 13 MRG über die Schriftlichkeit hinaus keine weitere Gültigkeitsvoraussetzung. Der konkret vereinbarte Kündigungsgrund komme dem Kündigungsgrund des § 30 Abs 2 Z 6 MRG, der dem Vermieter die Kündigung dann ermögliche, wenn die Wohnung nicht zur Befriedigung des dringenden Wohnbedürfnisses des Mieters diene, nahe.

Der Beklagte beantragt in der ihm freigestellten Revisionsbeantwortung, die Revision als unzulässig zurückzuweisen, bzw ihr nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist ungeachtet der erfolgten Freistellung der Revisionsbeantwortung unzulässig.

Nach § 30 Abs 2 Z 13 MRG kann der Vermieter den Mietvertrag kündigen, wenn ein im Mietvertrag schriftlich als Kündigungsgrund vereinbarter Umstand eintritt, der in Bezug auf die Kündigung oder die Auflösung des Mietverhältnisses für den Vermieter... als wichtig und bedeutsam anzusehen ist. Dieser Kündigungsgrund setzt daher voraus, dass eine Vereinbarung schriftlich und schon im Mietvertrag getroffen wird, wonach der Eintritt einer bestimmt bezeichneten Tatsache einen Kündigungsgrund darstellen soll (Würth/Zingher/Kovanyi, Miet- und Wohnrecht21 § 30 MRG, Rz 58 mwN). Diese Tatsache muss für den Vermieter als "wichtig und bedeutsam" anzusehen sei und wichtigen Kündigungsgründen für Hauptmieter insgesamt nahe kommen, ohne ihre Bedeutung zu erreichen (Würth/Zingher/Kovanyi aaO Rz 59 mwN). Ein Erfordernis, bereits in den Mietvertrag aufzunehmen, dass der vereinbarte Kündigungsgrund, der ohnehin einem wichtigen Kündigungsgrund nahekommen muss, für den Vermieter "wichtig und bedeutsam" ist, bzw, aus welchen Gründen dieser vereinbarte Kündigungsgrund "wichtig und bedeutsam" sein soll, lässt sich entgegen der Rechtsmeinung des Berufungsgerichtes dem Gesetz nicht entnehmen.

Daraus ist aber für die Rechtsmittelwerberin im Ergebnis nichts gewonnen.

Es mag zutreffen, dass die kündigende Partei ein wichtiges und bedeutsames Interesse daran hat, dass deren Wohnungen nach sozialen Gesichtspunkten vergeben werden und (andere) Wohnungen durch ihre Mieter nicht "gehortet" werden sollen.

Nach den hier vorliegenden Umständen des Einzelfalles hat aber die Frau des Beklagten ohnehin versucht, das ursprüngliche Mietverhältnis an der Wohnung Wien 15, O*****gasse 3/*****, dessen Nichtauflösung als Kündigungsgrund im Sinne des § 30 Abs 2 Z 13 vereinbart wurde, durch Übergabe des Objektes an ihren Sohn aufzulösen. Demnach ist daher die Aufhebung der Aufkündigung durch das Berufungsgericht vertretbar.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 41, 50 ZPO.

Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)

Stichworte