OGH 1Nc20/04p

OGH1Nc20/04p11.2.2004

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Schlosser als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Gerstenecker und Univ. Doz. Dr. Bydlinski als weitere Richter in der Rechtssache der Antragsteller 1. H*****baugesellschaft mbH, ***** und 2. V***** GmbH & Co, ***** beide vertreten durch Dr. Josef Olischar und Mag. Martin Kratky, Rechtsanwälte in Wien, wider die Antragsgegnerin Republik Österreich, vertreten durch die Finanzprokuratur in Wien, wegen Amtshaftung (Streitwert EUR 45.149,55) den Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Der Antrag, anstelle des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien ein anderes Gericht gleicher Gattung als zur Verhandlung und Entscheidung über den "geltend gemachten, allenfalls ausgedehnten" Amtshaftungsanspruch zuständig zu bestimmen, wird zurückgewiesen.

Text

Begründung

Rechtliche Beurteilung

Gemäß § 9 Abs 1 AHG ist zur Entscheidung über die Klage des Geschädigten gegen den Rechtsträger in Amtshaftungssachen in erster Instanz das mit der Ausübung der Gerichtsbarkeit in bürgerlichen Rechtssachen betraute Landesgericht, in dessen Sprengel die Rechtsverletzung begangen wurde, ausschließlich zuständig. Nach § 9 Abs 4 AHG ist ein anderes Gericht gleicher Gattung zur Verhandlung und Entscheidung zu bestimmen, wenn der Ersatzanspruch aus einer Verfügung des Präsidenten eines Gerichtshofs erster Instanz oder eines Oberlandesgerichts oder aus einem kollegialen Beschluss eines dieser Gerichtshöfe abgeleitet wird, die nach den Bestimmungen dieses Bundesgesetzes unmittelbar oder im Instanzenzuge zuständig wären. Nach herrschender Auffassung stellt § 9 Abs 4 AHG nicht etwa den Fall einer Ordination durch den Obersten Gerichtshof oder eine vergleichbare Zuständigkeitsbestimmung durch das sonst übergeordnete Gericht dar, sondern regelt eine unter den im Gesetz genannten Voraussetzungen (notwendige) Delegierung (vgl dazu nur Schragel, AHG3 § 9 Rz 255). Voraussetzung für eine derartige Maßnahme ist nun stets, dass die Klage vorerst beim zuständigen Gericht anhängig gemacht wurde. Liegen nach dem Klagevorbringen die Voraussetzungen des § 9 Abs 4 AHG vor, hat das nach § 9 Abs 1 AHG angerufene Gericht von Amts wegen die Vorlage an das im Sinne des § 9 Abs 4 AHG übergeordnete Gericht zu veranlassen, wobei auch eine Antragstellung durch die Parteien nicht ausgeschlossen ist.

Im vorliegenden Fall wurde die Klage jedoch noch nicht eingebracht. Vielmehr legen die Antragsteller lediglich einen Klageentwurf vor. Da das Gesetz eine "vorweggenommene" Entscheidung nach § 9 Abs 4 AHG für den Fall einer späteren Klageeinbringung nicht vorsieht, erweist sich der Antrag als unzulässig.

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