OGH 1Ob306/03m

OGH1Ob306/03m10.2.2004

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Schlosser als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Gerstenecker, Dr. Rohrer, Dr. Zechner und Univ. Doz. Dr. Bydlinski als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Dr. Leopoldine H*****, vertreten durch Dr. Thomas Trixner, Rechtsanwalt in St. Pölten, wider die beklagte Partei DI Dr. Ernst H*****, vertreten durch Dr. Karl Mathias Weber, Rechtsanwalt in Wien, wegen Unterhalts (Streitwert EUR 45.638,54) infolge außerordentlicher Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Landesgerichts St. Pölten als Berufungsgericht vom 25. September 2003, GZ 37 R 200/03t-47, in nichtöffentlicher Sitzung den Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die außerordentliche Revision wird mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen (§ 508a Abs 2 ZPO).

Text

Begründung

Rechtliche Beurteilung

1. Die Frage, ob die Geltendmachung von Unterhalt nach Aufhebung des gemeinsamen Haushalts ein Missbrauch des Rechtes im Sinne des § 94 Abs 2 Satz 2 ABGB wäre, ist regelmäßig nach den besonderen Umständen des konkret zu beurteilenden Falles zu beantworten, sodass die angefochtene Entscheidung nicht von der Lösung einer erheblichen Rechtsfrage iSd § 502 Abs 1 ZPO abhing. Eine erhebliche Fehlbeurteilung, die vom Obersten Gerichtshof aus Gründen der Rechtssicherheit aufzugreifen wäre, liegt nicht vor.

2. Es entspricht der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs, dass auch ein sonst als besonders schwere Eheverfehlung zu beurteilendes Verhalten dann keine Rechtsmissbräuchlichkeit des Unterhaltsbegehrens begründet, wenn die Ehe aufgrund vorangegangener schwerwiegender Ehewidrigkeiten des anderen zerrüttet wurde; dann stellt auch ein der Zerrüttung folgender Ehebruch des Unterhaltsberechtigten kein Hindernis für die Geltendmachung von Unterhaltsansprüchen dar (siehe dazu nur die Nachweise bei Stabentheiner in Rummel I3 Rz 18 zu § 94

ABGB).

Nach den Feststellungen der Vorinstanzen vernachlässigte der Beklagte die Klägerin durch ausufernde Berufstätigkeit, er gewährte ihr auch nach einer Krebsoperation keine ausreichende Zuwendung, weshalb sich die Klägerin innerlich von ihm abwandte, den Willen zu einer Fortsetzung der Ehe verlor und ihm auch die "ehelichen Pflichten" verweigerte. Nachdem sie dem Beklagten ihren verloren gegangenen Ehewillen im Juni 1998 auch ausdrücklich mitgeteilt hatte, reifte auch im Beklagten der Entschluss zur Trennung; er war zu diesem Zeitpunkt auch zur Scheidung bereit. Im Juli 1998 lernte die Klägerin einen anderen Mann kennen, mit dem sie Geschlechtsverkehr hatte. Darin, dass das Berufungsgericht die Ehe zum Zeitpunkt des festgestellten Ehebruchs aufgrund des Verschuldens des Beklagten bereits als endgültig zerrüttet ansah, kann keine Fehlbeurteilung erblickt werden. Damit ist auch die Beurteilung, es lägen keine Umstände vor, die die Geltendmachung von Unterhaltsansprüchen als Rechtsmissbrauch erscheinen ließen, nicht zu beanstanden.

3. Seine Rechtsauffassung, im Falle einer einvernehmlichen Auflösung der ehelichen Gemeinschaft stünde der unterhaltsberechtigten Ehegattin nur Natural-, nicht aber Geldunterhalt zu, vermag der Revisionswerber nicht zu begründen. Darüber hinaus behauptet er nicht einmal, der Klägerin (ausreichenden) Naturalunterhalt zu gewähren.

4. Als Mangel des Berufungsverfahrens moniert der Beklagte das Fehlen ausreichender Feststellungen zu dem von ihm behaupteten Unterhaltsverzicht der Klägerin. Soweit dabei nicht überhaupt eine behauptete Mangelhaftigkeit des erstinstanzlichen Verfahrens geltend gemacht wird, beschränkt sich die Ausführung des Revisionsgrunds auf den Vorwurf, das Erstgericht (richtig wohl: das Berufungsgericht) habe den Ausführungen in der "Berufungsmitteilung" lediglich lapidar entgegengehalten, dass für einen derartigen Unterhaltsverzicht kein Anhaltspunkt bestehe. Aus welchem Grund das Berufungsgericht (auf tatsächlicher oder auf rechtlicher Ebene?) einen Unterhaltsverzicht hätte annehmen sollen, bleibt in der Revision unerörtert. Der bloße Verweis auf den Inhalt der Berufungsbeantwortung kann notwendige Revisionsausführungen nicht ersetzen.

Einer weiteren Begründung bedarf dieser Beschluss nicht (§ 510 Abs 3 ZPO).

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