OGH 6Ob111/03x

OGH6Ob111/03x29.1.2004

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Ehmayr als Vorsitzenden und die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Prückner, Dr. Schenk, Dr. Schramm und Dr. Jensik als weitere Richter in der außerstreitigen Rechtssache der Antragsteller 1. Aslan A*****, 2. Marija A*****, beide *****, und 3. Marta M*****, alle vertreten durch Dr. Leopold Wiedermann, öffentlicher Notar in Wien, wegen Adoption, über den Revisionsrekurs der Antragsteller gegen den Beschluss des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien vom 11. Februar 2003, GZ 42 R 30/03b-7, mit dem der Beschluss des Bezirksgerichtes Meidling vom 22. Oktober 2002, GZ 1 P 315/02w-2, bestätigt wurde, den Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Der Revisionsrekurs wird mangels der Voraussetzungen des § 14 Abs 1 AußStrG zurückgewiesen.

Text

Begründung

Mit schriftlichem Adoptionsvertrag vom 28. 8. 2002 erklärte die am 15. 4. 1940 geborene Drittantragstellerin als Wahlmutter die Annahme des am 19. 8. 1962 geborenen Erstantragstellers und der mit ihm seit 1986 verheirateten, am 26. 5. 1962 geborenen Zweitantragstellerin als Wahlkinder an Kindesstatt.

Das Erstgericht wies den Antrag auf Bewilligung dieses Adoptionsvertrages ab. Zur Begründung führte es aus, durch die Adoption würde aus dem Ehepaar ein Geschwisterpaar werden; dies würde einen derartigen Eingriff in die familienrechtlichen Beziehungen darstellen, dass er durch das Vorbringen im Sinne des § 180a Abs 1 ABGB nicht gerechtfertigt werden könne.

Das Rekursgericht bestätigte diesen Beschluss. Das bestehende Eheband zwischen den Wahlkindern hindere zwar ihre "gleichzeitige" Annahme an Kindesstatt allein auf Grund der bestehenden Eheverbote nicht, weil Adoptivgeschwister (als nicht blutsverwandt) heiraten könnten. Dennoch sei die Abweisung des Antrags im Ergebnis zutreffend. Es bedürfe einer besonderen Rechtfertigung im Sinne des § 180a ABGB, warum die Ehepartner gleichzeitig adoptiert werden sollten. Der bloße Hinweis auf die Bekanntschaft zwischen Wahlmutter und Wahlkindern sowie die Pflegeabsicherung der Wahlmutter reichten dafür nicht aus, sodass schon auf Grund des Vorbringens die Adoption nicht bewilligt werden könne. Der Revisionsrekurs sei zulässig, weil keine Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes zur Frage der Adoption eines Ehepaares durch ein und dieselbe Wahlmutter existiere.

Rechtliche Beurteilung

Der dagegen erhobene Revisionsrekurs der Antragsteller ist nicht zulässig.

Der Oberste Gerichtshof ist gemäß § 16 Abs 3 AußStrG bei Prüfung der Zulässigkeit des Revisionsrekurses an einen Ausspruch des Rekursgerichtes nach § 13 Abs 1 Z 2 AußStrG nicht gebunden. Die Entscheidung hängt hier nicht von der Lösung einer erheblichen Rechtsfrage im Sinne des § 14 Abs 1 AußStrG ab. Die Zurückweisung eines ordentlichen Revisionsrekurses wegen Fehlens einer erheblichen Rechtsfrage kann sich auf die Ausführung der Zurückweisungsgründe beschränken (§ 510 Abs 3 letzter Satz ZPO iVm § 16 Abs 4 AußStrG). Die Beurteilung der Kriterien für die Bewilligung der Annahme an Kindesstatt, ob nämlich eine dem Eltern-Kind-Verhältnis entsprechende Beziehung besteht oder hergestellt werden soll (§ 180a Abs 1 erster Satz ABGB) und ob ein gerechtfertigtes Anliegen des Annehmenden oder des eigenberechtigten Wahlkindes vorliegt (§ 180a Abs 1 dritter Satz ABGB), ist - wie der Oberste Gerichtshof wiederholt ausgesprochen hat - eine von den singulären Besonderheiten der beteiligten Personen geprägte Einzelfallentscheidung, deren Beurteilung letztlich in einem gewissen Ermessensspielraum des Gerichtes liegt (vgl RIS-Justiz RS0087008 und RS0087006; 1 Ob 111/02h; 8 Ob 163/02g; 9 Ob 8/03x; 10 Ob 306/02a). Das (nur) für die Erwachsenenadoption normierte Erfordernis des gerechtfertigten Anliegens (das im Gesetz selbst nicht näher definiert wird) soll dabei der Missbrauchsgefahr bei dieser besonderen Form der Annahme an Kindesstatt begegnen (RIS-Justiz RS0048764; 7 Ob 102/02d; 9 Ob 8/03x; 10 Ob 306/02a). Die Erwachsenenadoption weicht nämlich insofern von den allgemeinen gesellschaftlichen Vorstellungen vom Wesen einer Adoption ab, als ein Volljähriger (die beiden Wahlkinder sind im vorliegenden Fall bereits über 40 Jahre alt) in der Regel sein Leben selbst zu gestalten vermag und nicht - wie ein minderjähriges Kind - auf Schutz, Fürsorge und Erziehung durch Ersatzeltern angewiesen ist. Im Verhältnis zur Minderjährigenadoption kommt der Erwachsenenadoption nach heutiger gesellschaftlicher Auffassung eher Ausnahmecharakter zu. Auch bei der Erwachsenenadoption ist ebenso wie bei der Minderjährigenadoption Voraussetzung für die Bewilligung, dass eine dem Verhältnis zwischen leiblichen Kindern und Eltern entsprechende Beziehung besteht oder hergestellt werden soll. Ob ein - auch in diesem Licht betrachtet - gerechtfertigtes Anliegen des Annehmenden oder des Wahlkindes vorliegt, richtet sich nach den jeweiligen Umständen des konkreten Einzelfalles und stellt ebensowenig eine erhebliche Rechtsfrage dar, wie die Frage, ob die Antragsteller dem entsprechende Umstände ausreichend (schlüssig) vorgebracht haben.

Die Revisionsrekurswerber führen dazu überhaupt nichts aus, sondern beschränken sich auf die Darlegung, warum ihrer Meinung nach die zwischen den Wahlkindern bestehende Ehe kein Adoptionshindernis darstelle. Ein solches Hindernis wurde aber - unter Ablehnung der gegenteiligen Ansicht des Erstgerichtes - schon vom Rekursgericht verneint, weshalb sich auch die für die Zulassung des Revisionsrekurses ins Treffen geführte Rechtsfrage gar nicht mehr stellt.

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