OGH 14Os135/03

OGH14Os135/0327.1.2004

Der Oberste Gerichtshof hat am 27. Jänner 2004 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Mag. Strieder als Vorsitzenden sowie durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Mayrhofer und die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Hon. Prof. Dr. Ratz, Dr. Philipp und Hon. Prof. Dr. Schroll als weitere Richter, in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Loewe als Schriftführerin, in der Strafsache gegen Karl G***** wegen des Verbrechens der Vergewaltigung nach § 201 Abs 2 StGB und einer anderen strafbaren Handlung über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten sowie über die Berufung der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Graz als Schöffengericht vom 27. Mai 2003, GZ 22 Hv 28/03i-31, nach Anhörung des Generalprokurators in nichtöffentlicher Sitzung den Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufungen werden die Akten dem Oberlandesgericht Graz zugeleitet.

Dem Angeklagten fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde Karl G***** der Verbrechen der Vergewaltigung nach § 201 Abs 2 StGB (1) und der Verleumdung nach § 297 Abs 1 zweiter Fall StGB (2) schuldig erkannt.

Danach hat er

1) am 22. August 2002 in Gralla, Bezirk Leibnitz, außer dem Fall des § 201 Abs 1 StGB Silke P***** mit Gewalt, indem er sie an den Händen, Armen und am Oberkörper festhielt sowie in den Beifahrersitz ihres Pkws drückte, zur Duldung des Beischlafs genötigt;

2) am 13. September 2002 in Graz, indem er in seiner an die Staatsanwaltschaft Graz gerichteten Sachverhaltsdarstellung behauptete: "Silke P***** ist verdächtig, den Einschreiter dadurch der Gefahr der behördlichen Verfolgung ausgesetzt zu haben, dass sie ihn einer von Amts wegen zu verfolgenden mit Strafe bedrohten Handlung, nämlich der Vergewaltigung verdächtigt und diesen Verdacht zur Anzeige gebracht hat, obwohl sie weiß, dass diese Verdächtigung falsch ist" (ON 3), Silke P***** dadurch der Gefahr einer behördlichen Verfolgung ausgesetzt, dass er sie einer von Amts wegen zu verfolgenden mit Strafe bedrohten Handlung, nämlich des Verbrechens der Verleumdung nach § 297 Abs 1 zweiter Fall StGB, falsch verdächtigte, wobei er wusste (§ 5 Abs 3 StGB), dass die Verdächtigung falsch ist, und die fälschlich angelastete Handlung mit einer ein Jahr übersteigenden Freiheitsstrafe bedroht ist.

Rechtliche Beurteilung

Die vom Angeklagten dagegen aus § 281 Abs 1 Z 4, 5, 5a, 9 lit a und 9 lit b StPO erhobene Nichtigkeitsbeschwerde geht fehl. Der Verfahrensrüge (Z 4) zuwider wurde der Beschwerdeführer durch die Abweisung seiner in der Hauptverhandlung gestellten Beweisanträge (S 262) in seinen Verteidigungsrechten nicht beeinträchtigt. Dem Antrag auf Vernehmung des Gendarmeriebeamten Insp. H***** zum Beweis dafür, „dass der Angeklagte niemals die angeklagte Tathandlung gestanden hat, weshalb es auch in der Strafanzeige zu keiner Erwähnung eines Geständnisses gekommen ist", fehlt es schon an der formellen Voraussetzung einer für die Eignungsprüfung durch das Schöffengericht erforderlichen Darstellung, inwiefern dem genannten Beweisthema für die Feststellung, ob die entscheidenden (d.h. die rechtliche Lösung der Schuld- und Subsumtionsfrage beeinflussenden) Tatsachen vorliegen, Erheblichkeit zukommen soll (vgl. Ratz in WK-StPO § 281 Rz 332; Mayerhofer StPO4 § 281 Abs 1 Z 4 E 19).

Das weitere Beweisthema, zu dem der Beschwerdeführer den Zeugen Insp. H***** führte, nämlich dass Manuela S***** (anlässlich ihrer Vernehmung am 24. August 2002) vor ihm "deutlich die Angaben von Silke P***** .... wiederholt hat, wonach sie dem Angeklagten in die Hoden getreten hätte" (S 31), sahen die Erkenntnisrichter ohnehin als erwiesen an (US 10 fünfter Absatz).

Der Antrag auf Vernehmung der Zeugen "Prof. Dr. P***** und Univ. Prof. Dr. R. W*****" (vom Landeskrankenhaus Graz) zum Beweis dafür, "dass Silke P***** und die Zeugin P***** trotz ihrer Verpflichtung, zur Feststellung des Sachverhaltes beizutragen, anlässlich der Anamnese den Hinweis darauf unterlassen haben, dass sämtliche Verletzungen außerhalb der Vagina nicht von der angeblichen Tat, sondern vielmehr aus der Auseinandersetzung mehrere Tage später hergerührt haben" (S 262), legt nicht dar, warum das erwartete Beweisergebnis für das Prozessziel erheblich sein sollte. Die in der Beschwerdeschrift nachgeschobenen Ausführungen können für die Frage formaler Mängelfreiheit der Beweisanträge nicht herangezogen werden (Ratz in WK-StPO § 281 Rz 325).

Keiner der unter Z 5 behaupteten Begründungsmängel des Ausspruchs über entscheidende Tatsachen liegt vor. Die (zu Unrecht vermisste) deutliche Feststellung eines tatsächlichen - wenngleich möglicherweise bloß teilweisen - Eindringens des Angeklagten mit seinem Penis in die Scheide des Opfers ist auf US 5 und 13 nachzulesen. Die Erkenntnisrichter stützen diese durchaus im Einklang mit den Denkgesetzen auf die für glaubwürdig beurteilte Tatschilderung der Zeugin Silke P***** (insbesondere unter Mitberücksichtigung der von ihr angegebenen besonderen Begleitumstände) in Verbindung mit der Darstellung des medizinischen Sachverständigen Univ. Prof. Dr. Raimund W***** (S 12 ff). In seinen weitwendigen Ausführungen zur Tatsachenrüge (Z 5a) versucht der Nichtigkeitswerber die in erster Linie auf die Angaben des Tatopfers gestützte Beweiswürdigung des Schöffengerichtes nach Art einer gegen kollegialgerichtliche Urteile unzulässigen Schuldberufung in Zweifel zu ziehen, indem er vor allem die vom medizinischen Experten aufgezeigten behindernden körperlichen Anomalien, Diskrepanzen betreffend Details zwischen den einzelnen Aussagen des Tatopfers über den unmittelbaren Tathergang und zwischen den Angaben Silke P*****s einerseits sowie der Verantwortung des Angeklagten andererseits hervorzuheben sucht und Spekulationen über eine allfällige Motivation Silke P*****s zu falscher Beschuldigung anstellt. Nach Prüfung des Beschwerdevorbringens an Hand der Akten ergeben sich jedoch keine erheblichen Bedenken gegen die Richtigkeit der dem Schuldspruch über die Schuld zugrundegelegten entscheidenden Tatsachen.

Mit dem - im Übrigen völlig unzutreffenden und aktenwidrigen - bloß allgemeinen Hinweis auf die angebliche Beschränkung der Urteilsfeststellungen "zur inneren Tatseite der vorgeworfenen Tatbestände" auf "verba legalia" führt die Beschwerde den Nichtigkeitsgrund der Z 9 lit a nicht deutlich und bestimmt aus (§ 285a Z 2 StPO).

Soweit der Rechtsmittelwerber in seiner gegen den Schuldspruch wegen Verleumdung erhobenen Rechtsrüge nach der Z 9 lit b vorbringt, die Übermittlung der inkriminierten Sachverhaltsdarstellung an die Staatsanwaltschaft Graz sei lediglich in Ausübung des Verteidigungsrechtes des Angeklagten erfolgt, übergeht er die ausdrückliche Feststellung, wonach Karl G***** - über die Absicht, die Anschuldigungen Silke P*****s als unglaubwürdig darzustellen, hinaus - in der Absicht handelte, die Genannte dadurch der Gefahr einer strafgerichtlichen Verfolgung auszusetzen (US 7 letzter Absatz und 15). Er orientiert sich dabei nicht am gesamten Urteilssachverhalt und versäumt solcherart die prozessordnungsgemäße Ausführung auch dieses materiellen Nichtigkeitsgrundes. Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher schon bei einer nichtöffentlichen Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 StPO), woraus die Kompetenz des Oberlandesgerichtes Graz zur Entscheidung über die Berufungen des Angeklagten und der Staatsanwaltschaft folgt (§ 285i StPO).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 390a Abs 1 StPO.

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