OGH 4Ob261/03s

OGH4Ob261/03s20.1.2004

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Kodek als Vorsitzenden und die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofes Hon. Prof. Dr. Griß und Dr. Schenk sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Vogel und Dr. Jensik als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Ärztekammer für Steiermark, *****, vertreten durch Dr. Nikolaus Kodolitsch und andere Rechtsanwälte in Graz, gegen die beklagten Parteien 1. M***** GmbH, 2. Ingrid S*****, beide vertreten durch Dr. Johann Etienne Korab, Rechtsanwalt in Wien, wegen Unterlassung und Urteilsveröffentlichung (Gesamtstreitwert 82.635,27 EUR), über die außerordentliche Revision der Beklagten gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Graz als Berufungsgericht vom 15. Oktober 2003, GZ 6 R 68/03x, 6 R 69/03v-51, den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen (§ 510 Abs 3 ZPO).

Text

Begründung

Die Beklagten machen als erhebliche Rechtsfrage geltend, dass die angefochtene Entscheidung der Rechtsprechung zu den Erfordernissen einer wirksamen Prozesshandlung widerspreche. Der Klägerin hätte nicht der (weitere) Auftrag erteilt werden dürfen, den Beschluss über die Genehmigung der konkreten Klage durch den Kammervorstand vorzulegen. Da der (auf Grund des ersten Auftrags vorgelegte) Beschluss vom 23. 1. 2001 nicht ausreichend bestimmt gewesen sei, hätte die Klage zurückgewiesen müssen.

Rechtliche Beurteilung

Die Beklagten übersehen, dass das Erstgericht den Einwand der mangelnden gesetzlichen Vertretung der Klägerin zurückgewiesen und das Berufungsgericht die von den Beklagten erhobene Berufung wegen Nichtigkeit verworfen hat. Ein solcher Beschluss des Berufungsgerichts ist gemäß § 519 Abs 1 ZPO der Überprüfung durch den Obersten Gerichtshof entzogen (Kodek in Rechberger, ZPO² § 519 Rz 2 mwN).

Die Beklagten machen weiters geltend, dass Rechtsprechung zur Frage fehle, ob im Anwendungsbereich des Medizinproduktegesetzes gesundheitsbezogene Werbebehauptungen - wie im Arzneimittelgesetz - auch dann als irreführend im Sinne des § 2 UWG anzusehen sind, wenn die behaupteten Wirkungen nach dem Stand der wissenschaftlichen Erkenntnis nicht hinreichend belegt sind. Sie verweisen darauf, dass § 102 MPG, anders als § 6 AMG, den Tatbestand einer Irreführung durch die Behauptung einer nicht durch wissenschaftliche Erkenntnis oder praktische Erfahrungen hinreichend belegten Wirksamkeit nicht nennt. Die Beklagten wollen daraus ableiten, dass mit der Wirksamkeit von Medizinprodukten auch dann geworben werden dürfe, wenn diese nicht hinreichend belegt sei.

Ihr Schluss ist nicht gerechtfertigt. Sowohl § 6 Abs 3 AMG als auch § 102 Abs 2 MPG zählen nur beispielsweise ("insbesondere") Fälle auf, in denen eine Irreführung vorliegt. In den EB zum Medizinproduktegesetz (313 BlgNR 20. GP 91) wird ausdrücklich darauf hingewiesen, dass die "vorliegende Regelung ... auf wahrheitsgemäße Angaben und im Hinblick auf den sensiblen Produktbereich auf ein generelles Verbot der Irreführung" abstellt und dass § 102 Abs 2 Beispiele für die Irreführung in den für die Medizinproduktesicherheit besonders wichtigen Bereichen, wie Angaben über Leistungen, Nebenwirkungen und die durch die grundlegenden Anforderungen festgelegten Eigenschaften von Medizinprodukten, anführt.

§ 102 MPG schränkt demnach das allgemeine Irreführungsverbot des § 2 UWG keineswegs ein. Damit ist auch die Irreführung in anderen, im Gesetz nicht ausdrücklich genannten Belangen, wie die über den wissenschaftlichen Nachweis behaupteter Wirkungen, unzulässig. Angesichts der klaren gesetzlichen Regelung vermag das Fehlen höchstgerichtlicher Rechtsprechung keine erhebliche Rechtsfrage im Sinne des § 502 Abs 1 ZPO zu begründen (s Kodek aaO § 502 Rz 3 mwN).

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