OGH 5Ob303/03z

OGH5Ob303/03z20.1.2004

Der Oberste Gerichtshof hat durch die Senatspräsidentin des Obersten Gerichtshofes Hon. Prof. Dr. Langer als Vorsitzende sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Floßmann, Dr. Baumann und die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofes Dr. Hurch und Dr. Kalivoda als weitere Richter in der außerstreitigen Wohnrechtssache der Antragstellerin Anita S*****, vertreten durch Dr. Robert Kerschbaumer, Rechtsanwalt in Lienz, gegen den Antragsgegner Clemens R*****, vertreten durch Dr. Andreas Brugger, Rechtsanwalt in Innsbruck, wegen Rechnungslegung (§ 26 Abs 1 Z 5 WEG 1975), über den Revisionsrekurs der Antragstellerin gegen den Sachbeschluss des Landesgerichtes Innsbruck als Rekursgericht vom 3. Oktober 2003, GZ 4 R 157/03x-41, mit dem der Sachbeschluss des Bezirksgerichtes Lienz vom 24. Februar 2002, GZ 4 Msch 42/95y-36, bestätigt wurde, den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Der Revisionsrekurs wird zurückgewiesen.

Text

Begründung

Die Streitteile sind Mit- und Wohnungseigentümer der Liegenschaft EZ ***** mit dem Haus D*****. Es ist dies ihr ehemaliges Elternhaus. Tiefe Zerwürfnisse zwischen den Geschwistern haben bereits zu zahlreichen gerichtlichen Auseinandersetzungen geführt.

Das gegenständliche Verfahren ist seit 10. 10. 1995 gerichtsanhängig. Seine ungewöhnliche Dauer ist ua auf ein mehrmaliges Ruhen zurückzuführen. In der Sache geht es (nach der Zurückziehung bzw Erledigung anderer Sachanträge) nur mehr um die Durchsetzung der Rechnungslegungspflicht des Verwalters nach § 17 Abs 1 Z 1 und Abs 6 WEG 1975 iVm § 26 Abs 1 Z 5 WEG 1975.

Die Antragstellerin behauptet dazu im Wesentlichen, der Antragsgegner habe sich als Miteigentümer der Liegenschaft Verwaltungsbefugnisse angemaßt und auch tatsächlich Jahre lang die Verwaltung geführt, ohne Rechnung zu legen, weshalb sie nunmehr die Abrechnungen für die Jahre 1988 bis März 1996 und für das Jahr 1998 einfordere.

Der Antragsgegner bestreitet, dass ihn für diese Zeit eine (im außerstreitigen Verfahren nach § 26 Abs 1 Z 6 WEG 1975 durchsetzbare) Rechnungslegungspflicht nach § 17 Abs 1 Z 1 WEG 1975 treffe, weil er nur einzelne unaufschiebbare Verwaltungsakte gesetzt und diese auch ordnungsgemäß abgerechnet habe. Für die Zeit bis 31. 1. 1996 habe dies die Antragstellerin sogar ausdrücklich anerkannt (der Antragsgegner bezieht sich dabei auf ein Schreiben des Prozessvertreters der Antragstellerin an seinen Vertreter vom 31. 1. 1996, wonach die Antragstellerin unterstelle, dass die Abrechnungen ordnungsgemäß und richtig erstellt wurden und sie keinen Sinn darin sehe, diesbezüglich noch das Gericht zu bemühen).

Beide Vorinstanzen wiesen das Rechnungslegungsbegehren der Antragstellerin ab. Als tragende Begründung gab hiefür das Rekursgericht (in Übereinstimmung mit dem Erstgericht) an, dass der Beklagte nie Verwalter der Liegenschaft iSd § 17 WEG 1975 gewesen sei, sondern - mit Wissen und Willen der übrigen Miteigentümer der Liegenschaft - nur de facto dringende Verwaltungsangelegenheiten wahrgenommen habe. Für den entscheidungsrelevanten Zeitraum sei demnach von einer Selbstverwaltung der Mit- und Wohnungseigentümer auszugehen, wie sie § 833 ABGB vorsehe. Damit treffe den Antragsgegner keine im außerstreitigen Verfahren nach § 26 Abs 1 Z 5 WEG 1975 durchsetzbare Rechnungslegungspflicht. Aus der Selbstverwaltung resultierende Rechnungslegungsansprüche wären im streitigen Verfahren durchzusetzen. Nebenbei führte das Rekursgericht noch an, dass der Antragsgegner der Antragstellerin für den Zeitraum von 1988 bis 1995 ohnehin die Einsicht in die Belege ordnungsgemäß angeboten, diese aber die Möglichkeit nicht wahrgenommen habe.

Die Entscheidung des Rekursgerichtes enthält den Ausspruch, dass der Wert des Entscheidungsgegenstandes Euro 20.000 übersteigt und der ordentliche Revisionsrekurs zulässig sei. Letzteres wurde damit begründet, dass höchstgerichtliche Judikatur zur Frage fehle, ob bei bloß faktischem Tätigwerden eines Miteigentümers durch das Setzen einzelner Verwaltungshandlungen zur Wahrung von Eigentümerinteressen die Rechnungslegungspflicht nach § 17 WEG ausgelöst wird.

Gegen den rekursgerichtlichen Sachbeschluss hat die Antragstellerin einen Revisionsrekurs mit dem Begehren erhoben, ihn antragsstattgebend abzuändern.

Der Antragsgegner hat sich zu diesem Rechtsmittel nicht geäußert.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs erweist sich als unzulässig.

Dem Rekursgericht ist beizupflichten, dass zur Frage, ob den bloß faktisch verwaltenden Mit- und Wohnungseigentümer eine im außerstreitigen Verfahren durchzusetzende Rechnungslegungspflicht nach § 17 Abs 1 Z 1 WEG 1975 (jetzt § 20 Abs 3 WEG 2002) trifft, keine Judikatur vorliegt. Im Hinblick auf die Regelung des § 837 ABGB, der dem auftragslos verwaltenden Teilhaber einer Eigentumsgemeinschaft dieselben Rechte und Pflichten zuordnet wie dem bestellten Verwalter (2 Ob 385/50 = SZ 23/351; Näheres dazu bei Gamerith in Rummel3, Rz 13 f zu § 837 ABGB), und die Meinung von Würth, dass die in § 17 WEG 1975 normierten Verwalter-Pflichten auch gegen denjenigen im außerstreitigen Verfahren nach § 26 Abs 1 Z 5 WEG 1975 durchzusetzen sind, der die Tätigkeit eines Verwalters bloß faktisch ausübt (Wohnrecht 94, Anm 1 zu § 17 WEG 1975 und Anm 3 zu § 26 WEG 1975; ihm folgend 5 Ob 64/99v = MietSlg 51.573; siehe dazu auch E. M. Hausmann in Hausmann/Vonkilch, Österr. Wohnrecht, Rz 9 zu § 20 WEG 2002) bestehen sogar gravierende Bedenken gegen die dazu vertretene Rechtsansicht des Rekursgerichtes, doch hängt die konkrete Sachentscheidung von der Lösung der angesprochenen Rechtsfrage gar nicht ab. Eine andere iSd § 528 Abs 1 ZPO (iVm § 52 Abs 2 WEG 2002 und § 37 Abs 3 Z 16 MRG) erhebliche Rechtsfrage stellt sich auch nach Prüfung der von der Antragstellerin geltend gemachten Rechtsmittelgründe nicht.

Als Nichtigkeitsgrund macht die Antragstellerin geltend, dass einige Mit- und Wohnungseigentümer der Liegenschaft - sie nennt in diesem Zusammenhang ihren Ehemann Johann S*****, Maria V***** und Isabella R***** - nicht dem Verfahren beigezogen worden seien.

Hinsichtlich der beiden Frauen kann sich dieser Vorwurf nur auf die unterlassene Zustellung des erstinstanzlichen Sachbeschlusses beziehen, weil sie bis zu ihrem Ausscheiden aus der Eigentümergemeinschaft sehr wohl als Parteien in das Verfahren eingebunden waren (ON 1 bis ON 8). Auch die unterlassene Zustellung des Beschlusses, mit dem das Rechnungslegungsbegehren der Antragstellerin abgewiesen wurde, begründet jedoch keine Verletzung des Parteiengehörs, weil für die Durchsetzung der Rechnungslegungspflicht des Wohnungseigentumsverwalters zumindest bis zum 31. 12. 1999 (vgl 5 Ob 37/03g = WoBl 2003/140) ein Zweiparteien-Verfahren vorgesehen war (5 Ob 108/93 = MietSlg 45/3). Die schon lange vor diesem Zeitpunkt aus der Eigentümergemeinschaft ausgeschiedenen Frauen hätten demnach nur durch eigene Anträge Parteistellung erlangt.

Was den Ehemann der Antragstellerin betrifft, wird auf dessen Rechtsstellung noch einzugehen sein. Sie führt zur mangelnden Sachlegitimation der Antragstellerin seit dem Tag der Begründung von Ehegatten-Wohnungseigentum, hat also mit der geltend gemachten Nichtigkeit nichts zu tun.

Dass das Rechnungslegungsbegehren der Antragstellerin zu Recht abgewiesen wurde, ergibt sich - ohne dass sich dazu im vorliegenden Revisionsrekurs Gegenargumente finden ließen - aus Folgendem:

Bei Einleitung des Verfahrens standen die Wohnungen top 4 und top 7 des Hauses D***** (verbunden mit 240/972 Anteilen der Liegenschaft) noch im alleinigen Wohnungseigentum der Antragstellerin. Am 22. 12. 1995 hat sie dann die Hälfte ihrer Anteile ihrem Ehegatten Johann S***** geschenkt, worauf es zu TZ 825/1996 zur Begründung von Ehegattenwohnungseigentum an den beiden Wohnungen kam. Das damals noch aktuelle Rechnungslegungsbegehren des verfahrenseinleitenden Sachantrags der Antragstellerin bezog sich auf die Jahre 1988 bis 1994. Am 5. 2. 1996 ist es dann zu einem Ruhen des Verfahrens gekommen. Der diesbezügliche Fortsetzungsantrag wurde, obwohl zum damaligen Zeitpunkt bereits Ehegattenwohnungseigentum an den Wohnungen top 4 und top 7 begründet war, am 11. 7. 1996 allein von der Antragstellerin gestellt. Eine weitere Verfahrensruhe trat am 25. 11. 1996 ein, die dann wiederum durch einen allein von der Antragstellerin eingebrachten Fortsetzungsantrag (ON 18 vom 31. 7. 1997) ein Ende fand. Die jetzt aktuelle Ausdehnung des Rechnungslegungsbegehrens auch auf den Zeitraum 1995 bis März 1996 sowie vom 1. 1. 1998 bis 1. 12. 1998 erfolgte - wiederum allein durch die Antragstellerin - in der mündlichen Verhandlung am 22. 3. 1999 (ON 20).

Rechtlich ist dazu auszuführen, dass die besondere Ausformung des gemeinsamen Wohnungseigentums von Ehegatten durch § 9 WEG 1975 ein gemeinsames Auftreten der Ehegatten bei der Geltendmachung der Ansprüche eines Wohnungseigentümers erfordert (vgl RIS-Justiz RS0035415). Sie haben - gleich notwendigen Streitgenossen nach § 14 ZPO - zusammen die Rechtsstellung eines einzigen Wohnungseigentümers und können in einem gerichtlichen Verfahren nur einvernehmlich vorgehen (vgl Markl in Schwimann 2, Rz 22 zu § 9 WEG 1975; S. Gantner in Hausmann/Vonkilch, Österr. Wohnrecht, Rz 32 zu § 13 WEG 2002). Beteiligt sich einer der Ehegatten nicht am Verfahren, so hat das zur Folge, dass das Begehren des anderen mangels Sachlegitimation abgewiesen werden muss (vgl Markl aaO). Das gilt sowohl für streitige als auch außerstreitige Angelegenheiten (8 Ob 574 - 577/77 = SZ 51/4; 5 Ob 79/90 = WoBl 1991/15; 5 Ob 98/01z = WoBl 2001/211), insbesondere für die Durchsetzung der Rechnungslegungspflicht des Verwalters von Wohnungseigentum in einem Verfahren nach § 26 Abs 1 Z 5 WEG 1975 (5 Ob 90/90 = NZ 1991, 106). Der Mangel ist grundsätzlich auch nicht sanierbar (8 Ob 574 - 577/77 = SZ 51/4; Markl aaO); lediglich im außerstreitigen Verfahren bietet sich die Möglichkeit einer Beiziehung des zunächst übergangenen Ehegatten, solange das Verfahren noch in erster Instanz anhängig ist (5 Ob 98/01z = WoBl 2001/211).

Bezogen auf den gegenständlichen Fall bedeutet dies, dass der Antragstellerin die Sachlegitimation für den geltend gemachten Rechnungslegungsanspruch fehlt, und zwar für die Jahre nach 1994, die sie erst am 22. 3. 1999 in das Verfahren einbezog, von Anfang an, für die Jahre vorher seit dem Stadium, in dem sie trotz mittlerweile begründetem Ehegatten-Wohnungseigentum allein die Fortsetzung des Verfahrens betrieb. Die Verfolgung des Rechtsschutzanspruchs hätte gemäß § 9 WEG 1975 der Mitwirkung ihres Ehegatten bedurft. Dass es die Antragstellerin verabsäumte, ihren Ehemann schon in der Tatsacheninstanz dem Verfahren beigezogen zu haben und auch noch im Rechtsmittelverfahren den Rechnungslegungsanspruch allein geltend macht, erzwingt die Abweisung ihres Begehrens, ohne andere Rechtsfragen erörtern zu müssen.

Es war daher gemäß § 52 Abs 2 WEG iVm § 37 Abs 3 Z 16 MRG unter Anwendung der in § 510 Abs 3 letzter Satz, § 528a ZPO vorgesehenen Begründungserleichterung wie im Spruch zu entscheiden.

Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)

Stichworte