OGH 4Ob257/03b

OGH4Ob257/03b20.1.2004

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Kodek als Vorsitzenden und die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Hon. Prof. Dr. Griß und Dr. Schenk sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Vogel und Dr. Jensik als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei mj Martin G*****, vertreten durch die Eltern Markus und Theresia G*****, diese vertreten durch Dr. Weinwurm & Dr. Alois M. Leeb, Rechtsanwaltspartnerschaft OEG in Neunkirchen, gegen die beklagte Partei D***** GmbH, ***** vertreten durch Ochsenhofer & Heindl, Rechtsanwälte OEG in Oberwart, wegen 71.457,33 EUR sA und Feststellung (Gesamtstreitwert 78.724,61 EUR; Revisionsinteresse 47.563,97 EUR), über die außerordentliche Revision der Beklagten gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht vom 26. August 2003, GZ 13 R 34/03w-49, den Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen (§ 510 Abs 3 ZPO).

Text

Begründung

Die Beklagte macht als erhebliche Rechtsfrage geltend, dass dem Berufungsgericht ein schwerwiegender Verfahrensmangel unterlaufen sei. Das Berufungsgericht habe das von der Beklagten erstattete Vorbringen nicht beachtet.

Die Beklagte hat vorgebracht, dass es dem Kläger in jedem Fall zuzumuten gewesen wäre, sich entsprechend vorsichtig zu verhalten und die ausreichend breite Stiege eher im Bereich der sicheren Seite zu begehen (AS 13, 17). Sie erblickt darin einen Mitverschuldenseinwand, mit dem sich das Berufungsgericht aber ohnehin auseinander gesetzt hat (AS 231). Es trifft daher nicht zu, dass das Berufungsgericht seiner Beurteilung des Streitgegenstands - entgegen der Rechtsprechung (5 Ob 133/98i = EFSlg 88.167) - nicht das tatsächliche, am Schluss der Verhandlung erhebliche Vorbringen zugrunde gelegt hätte.

Rechtliche Beurteilung

Dass das Erstgericht keine Feststellungen zu der vom Kläger eingehaltenen Gehlinie getroffen hat, schadet nicht, weil auch dem Vorbringen der Beklagten entsprechende Feststellungen zu keiner anderen rechtlichen Beurteilung geführt hätten. Stellt man der groben Fahrlässigkeit der Beklagten, die in das Obergeschoss zu den Schlafräumen führende Treppe trotz der ihr bekannten Benutzung des Hauses während der Bauarbeiten durch die Familie des Klägers nicht durch ein (provisorisches) Geländer gesichert zu haben, die (behauptete) Fahrlässigkeit des damals 10-jährigen Klägers gegenüber, sich nicht entsprechend vorsichtig verhalten und die Treppe nicht im Bereich der sicheren Seite begangen zu haben, so fällt eine solche Fahrlässigkeit eines unmündigen Kindes nicht ins Gewicht. Dabei ist auch zu berücksichtigen, dass die Sorgfalt erfahrungsgemäß abnimmt, wenn ein gefährlicher Zustand länger andauert. Nach dem festgestellten Sachverhalt war die Treppe während der mehrmonatigen Bauarbeiten bis zum Unfallszeitpunkt nie durch ein Geländer oder eine andere Vorrichtung gesichert.

Die Beklagte macht weiters geltend, dass die angefochtene Entscheidung ihr vorwerfe, die Pflegekosten nicht substantiiert bestritten zu haben. Damit werde offenbar von der Beklagten verlangt nachzuweisen, dass dem Kläger der behauptete Aufwand nicht entstanden sei.

Die Beklagte missversteht die Ausführungen des Berufungsgerichts. Das Berufungsgericht will mit dem Hinweis auf die fehlende Bestreitung offenbar nur deutlich machen, dass der Kläger keinen Anlass gehabt habe, über die von ihm erbrachten Beweise hinaus weitere Beweise für das Ausmaß des behaupteten Pflegeaufwands vorzulegen. Ob die erbrachten Beweise ausreichen, um die Feststellungen zum Pflegeaufwand zu begründen, ist als Akt der Beweiswürdigung der Überprüfung im Revisionsverfahren entzogen (stRsp ua 7 Ob 174/99k = VR 2002/586).

Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)

Stichworte