OGH 11Os137/03

OGH11Os137/039.12.2003

Der Oberste Gerichtshof hat am 9. Dezember 2003 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Kuch als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Danek, Dr. Kirchbacher, Dr. Schwab und Dr. Lässig als weitere Richter, in Gegenwart der Richteramtsanwärters Mag. Proksch als Schriftführer, in der Strafsache gegen Koshaba E***** und andere Angeklagte wegen des Verbrechens des Diebstahls durch Einbruch nach §§ 127, 129 Z 1 StGB und weiterer strafbarer Handlungen über die Nichtigkeitsbeschwerden und die Berufungen der Angeklagten Koshaba E***** und Matej Z***** gegen das Urteil des Landesgerichtes Linz als Schöffengericht vom 19. Mai 2003, GZ 33 Hv 49/03g-84, nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit des Vertreters der Generalprokuratur, Generalanwalt Dr. Fabrizy, des Angeklagten Matej Z***** und der Verteidiger Dr. Winkelbauer, Mag. Leitner, Dr. Vallender und Mag. Mössler, jedoch in Abwesenheit der Angeklagten Koshaba E*****, Quoc Thai T***** und Phi Long T***** zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten Matej Z***** wird teilweise Folge gegeben und das angefochtene Urteil, das im Übrigen unberührt bleibt, teils demgemäß, teils aus deren Anlass gemäß § 290 Abs 1 StPO, in der rechtlichen Beurteilung der zu Punkt III./ des Schuldspruchs der Angeklagten Koshaba E*****, Matej Z*****, Quoc Thai T***** und Phi Long T***** festgestellten Tatsachen als Verbrechen nach § 169 Abs 1 StGB einschließlich der diese Angeklagten betreffenden Strafaussprüche (mit Ausnahme der Vorhaftanrechnungen) sowie im Ausspruch über die Anordnung von Bewährungshilfe aufgehoben und gemäß § 288 Abs 2 Z 3 StPO in der Sache selbst erkannt:

Koshaba E*****, Matej Z*****, Quoc Thai T***** und Phi Long T***** haben durch die zu Punkt III./ des Schuldspruchs festgestellten Tatsachen das Verbrechen der versuchten Brandstiftung nach §§ 15, 169 Abs 1 StGB, Matej Z***** als Beteiligter nach § 12 dritter Fall StGB, begangen.

Sie werden hiefür sowie für die aufrecht gebliebenen Verbrechen und Vergehen nach §§ 28, 169 Abs 1 StGB, Koshaba E*****, Matej Z***** und Quoc Thai T***** unter Anwendung des § 36 StGB, Phi Long T***** unter Anwendung des § 5 JGG, zu gemäß § 43 Abs 1 StGB jeweils für eine Probezeit von drei Jahren bedingt nachgesehenen Freiheitsstrafen verurteilt, und zwar Koshaba E*****, Matej Z***** und Quoc Thai T***** in der Höhe von jeweils 14 Monaten, Phi Long T***** in der Höhe von 10 Monaten.

Hingegen wird die Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten Koshaba E***** zur Gänze und jene des Matej Z***** im Übrigen verworfen. Mit ihren Berufungen werden die Angeklagten auf die Entscheidung über die Strafneubemessung verwiesen.

Ihnen fallen auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem - auch rechtskräftige Teilfreisprüche aller Angeklagten sowie einen rechtskräftigen Schuldspruch des Viertangeklagten Twana S***** enthaltenden - angefochtenen Urteil wurden schuldig erkannt 1./ Koshaba E***** der Verbrechen des Diebstahls durch Einbruch nach §§ 127, 129 Z l StGB (I./l./ und 2./) und der Brandstiftung nach § 169 Abs 1 StGB (III./) sowie der Vergehen des teils vollendeten, teils versuchten unbefugten Gebrauches von Fahrzeugen nach §§ 136 Abs.1 und 2 und 15 StGB (II./3./ und 4./), der Sachbeschädigung nach § 125 StGB (V./) und der Urkundenunterdrückung nach § 229 Abs 1 StGB

(VI./),

2./ Matej Z***** der Verbrechen des Diebstahls durch Einbruch nach §§ 127, 129 Z l StGB (I./l./, 2./ und 4./) und der Brandstiftung nach § 169 Abs 1 StGB (III./) sowie der Vergehen des teils vollendeten, teils versuchten unbefugten Gebrauches von Fahrzeugen nach §§ 136 Abs.1 und 2 und 15 StGB (II./3./ und 4./), der Sachbeschädigung nach § 125 StGB (V./) und der Urkundenunterdrückung nach § 229 Abs 1 StGB

(VI./),

3./ Quoc Thai T***** der Verbrechen des Diebstahls durch Einbruch nach §§ 127, 129 Z l StGB (I./l./, 2./ und 4./) und der Brandstiftung nach § 169 Abs 1 StGB (III./) sowie der Vergehen des teils vollendeten, teils versuchten unbefugten Gebrauches von Fahrzeugen nach §§ 136 Abs 1 und 2 und 15 StGB (II./l./ bis 5./), der Unterschlagung nach § 134 Abs 1 StGB (IV./), der Sachbeschädigung nach § 125 StGB (V./) und der Urkundenunterdrückung nach § 229 Abs 1 StGB (VI./) und

5./ Phi Long T***** der Verbrechen des Diebstahls durch Einbruch nach §§ 127, 129 Z l StGB (I./l./, 2./ und 4./) und der Brandstiftung nach § 169 Abs 1 StGB (III./) sowie der Vergehen des teils vollendeten, teils versuchten unbefugten Gebrauches von Fahrzeugen nach §§ 136 Abs.1 und 2 und 15 StGB (II./l./ bis 5./), der Sachbeschädigung nach § 125 StGB (V./) und der Urkundenunterdrückung nach § 229 Abs 1 StGB

(VI./).

Danach haben - soweit hier von Bedeutung (Punkt III./ des Schuldspruches) - die zur Tatzeit jungen Erwachsenen Koshaba E*****, Matej Z*****, Quoc Thai T***** und der Jugendliche Phi Long T***** am 21. November 2002 in Traun dadurch, dass sie den Pkw der Marke Toyota der Firma A***** ohne Einwilligung des Eigentümers anzündeten, weshalb das Fahrzeug völlig ausbrannte, an einer fremden Sache eine Feuersbrunst verursacht.

Dieses Urteil wird im Schuldspruch wegen des Verbrechens der Brandstiftung nach § 169 Abs 1 StGB von den Angeklagten E***** und Z***** mit gesondert ausgeführten Nichtigkeitsbeschwerden bekämpft, wobei der Erstangeklagte den Nichtigkeitsgrund des § 281 Abs 1 Z 10 StPO geltend macht, der Zweitangeklagte hingegen die Nichtigkeitsgründe der Z 5 und 10 leg cit.

Rechtliche Beurteilung

In seiner Subsumtionsrüge (Z 10) behauptet der Angeklagte E*****, der Brand sei wegen der geringen räumlichen Ausdehnung keine Feuersbrunst gewesen, weshalb der Tatbestand des § 169 Abs 1 StGB nicht erfüllt sei und ihm daher bloß schwere Sachbeschädigung nach §§ 125, 126 (Abs.1 Z 7) StGB zur Last zu legen wäre. Dabei übersieht der Beschwerdeführer, dass - wie unten noch näher ausgeführt wird - der mangelnde Umfang des Brandes nach den Urteilsfeststellungen eine Unterstellung der Tat unter das Verbrechen der versuchten Brandstiftung nach §§ 15, 169 Abs 1 StGB bewirkt, weshalb eine Verurteilung wegen (schwerer) Sachbeschädigung infolge Spezialität ausscheidet (Mayerhofer in WK2 § 169 Rz 11). Soweit er einwendet, das Schadenfeuer wäre auf ein einziges Kraftfahrzeug begrenzt gewesen, wogegen ein Übergreifen auf andere Objekte nicht mit der für das Strafverfahren erforderlichen Sicherheit hätte festgestellt werden können, bringt er seine Rüge mangels Orientierung an den Urteilsannahmen über die Brandausbreitungsgefahr (US 16) nicht zur gesetzmäßigen Darstellung.

Der Mängelrüge (Z 5) des Angeklagten Z***** zuwider hat das Erstgericht die Feststellungen zur subjektiven Tatseite, wonach es sämtliche Tatbeteiligten ernstlich für möglich hielten und sich damit abfanden, dass der Brand nicht mehr mit herkömmlichen Mitteln (wie etwa Feuerlöschern) gelöscht werden kann, dass das Feuer vom Toyota Celica auf andere PKWs übergreifen könnte und dass der gelegte Brand nur mehr durch den Einsatz der Feuerwehr gelöscht werden konnte (US 16 und 17), mit denkmöglicher Begründung aus dem äußeren Ablauf des Tatgeschehens abgeleitet und die Verantwortungen der Angeklagten zu ihrem inneren Vorhaben für unglaubwürdig erachtet. Die Beschwerde zeigt durch isoliertes Abstellen auf vom Erstgericht als unglaubwürdig verworfenes Vorbringen der Tatbeteiligten in der Hauptverhandlung sowie durch spekulative Erwägungen über den Einsatz eines tragbaren Handfeuerlöschers keine Begründungsmängel auf, sondern kritisiert damit lediglich unzulässigerweise die Beweiswürdigung nach Art einer im kollegialgerichtlichen Verfahren nicht vorgesehenen Schuldberufung.

Die Subsumtionsrüge (Z 10) des Zweitangeklagten wird mit der Behauptung, dass der auf sechs PKWs beschränkte Brand nicht als Feuersbrunst beurteilt werden könne und die getroffenen Urteilsfeststellungen daher nur eine Unterstellung der vorliegenden Tat nach §§ 125, 126 Abs 1 Z 7 StGB rechtfertigen würden, auf die Ausführungen zur Beschwerde des Erstangeklagten verwiesen. Soweit der Angeklagte Z***** "taugliche" Feststellungen zur subjektiven Tatseite vermisst und dabei Erwägungen über Möglichkeiten zur Löschung des gegenständlichen Schadensfeuers mit einem Handfeuerlöscher anstellt, hält er nicht an den Urteilskonstatierungen fest, weshalb die Nichtigkeitsbeschwerde insoweit nicht prozessordnungsgemäß argumentiert.

Hingegen ist Matej Z***** mit seiner Subsumtionsrüge insofern im Recht, als er geltend macht, dass die vorliegende Tat bloß als versuchte Brandstiftung zu beurteilen ist.

Den wesentlichen Urteilsfeststellungen zufolge beschlossen die Angeklagten, den von ihnen unbefugt in Gebrauch genommenen und schließlich auf einem Firmenparkplatz im unmittelbaren Nahbereich zu fünf anderen PKWs geparkten Pkw Toyota Celica anzuzünden und zu verbrennen, weil sie sich einerseits darüber ärgerten, dass der Motor dieses Fahrzeugs immer wieder abstarb und sie andererseits auch keine Spuren an dem Pkw hinterlassen wollten. Diesem Vorhaben gemäß wurde der Pkw von Koshaba E*****, Quoc Thai T***** und Phi Long T***** angezündet, während der etwas abseits stehende Matej Z***** Aufpasserdienste leistete, um die unmittelbaren Täter vor unliebsamen Beobachtern zu bewahren. Der betreffende PKW, der nach der Intention der Täter "gescheit" brennen sollte, stand bei Eintreffen der Freiwilligen Feuerwehr Traun "in Vollbrand", jedoch konnte das Feuer durch den Einsatz einer sogenannten Schnellangriffseinrichtung bald unter Kontrolle gebracht werden. Bei Einlangen der Feuerwehr war eine wirksame Brandbekämpfung allerdings mit herkömmlichen Löschmitteln (etwa mit einem tragbaren Feuerlöscher) nicht mehr möglich. Vielmehr wäre bei einer nicht rechtzeitigen Brandbekämpfung durch die Feuerwehr das vollständige Ausbrennen des Toyota Celica sowie ein Übergreifen des Feuers auf die fünf daneben stehenden PKWs zu erwarten gewesen.

Nach ständiger Rechtsprechung ist unter einer Feuersbrunst ein in räumlicher Hinsicht ausgedehnter, dh nicht bloß auf einzelne Gegenstände beschränkter, sondern sich weiter ausbreitender, ausgedehnter und fremdes Eigentum im großen Ausmaß erfassender Brand zu verstehen, der mit gewöhnlichen Mitteln nicht mehr unter Kontrolle zu bringen ist. Begriffsmerkmal einer solchen Feuersbrunst ist daher neben der Unbeherrschbarkeit auch eine gewisse räumliche Ausdehnung des Feuers. Beide Komponenten hängen insoferne eng zusammen, als das Feuer zu einem gerade auf Grund einer bereits erreichten Ausdehnung unbeherrschbar sein muss, zum anderen aber auch die Unbeherrschbarkeit der Maßstab der erforderlichen Ausdehnung ist. Somit muss es sich um ein auf Grund seiner Ausdehnung (zumindest abstrakt) gemeingefährliches Feuer handeln, wobei sich die Gefährlichkeit bereits aus seiner Größe ergeben muss. Die bloße Möglichkeit der zukünftigen Vergrößerung eines (noch) kleinen Feuers genügt dagegen nicht, sodass die Rechtsprechung das Vorliegen einer Feuersbrunst in Fällen (noch) eingeschränkten Brandumfangs verneint hat (EvBl 1980/159; 11 Os 76, 77/02; 15 Os 96/02). Dies gilt auch für den gegenständlichen Fall, weil der Brand auf einen einzigen PKW eingegrenzt blieb und von der Feuerwehr verhältnismäßig rasch gelöscht werden konnte. Daran vermag auch nichts zu ändern, dass der Feuerwehreinsatz notwendig war und das Feuer zudem nur unter dem Einsatz anderer als herkömmlicher Löschmittel unschädlich gemacht werden konnte.

Entgegen der Rechtsansicht des Erstgerichtes war demnach noch keine Feuersbrunst im Sinne des § 169 Abs 1 StGB entstanden. Nach den von diesem mängelfrei getroffenen Konstatierungen war aber der Vorsatz der Angeklagten auf die Herbeiführung einer solchen Feuersbrunst - hier: den Brand von insgesamt sechs auf einem Parkplatz befindlichen Kraftfahrzeugen - gerichtet, welche nur durch den raschen und effektiven Einsatz der Feuerwehr verhindert werden konnte. Demgemäß haben die Angeklagten das Verbrechen der versuchten Brandstiftung nach §§ 15, 169 Abs 1 StGB (der Angeklagte Z***** als Beteiligter nach § 12 dritter Fall StGB) zu verantworten. Da der Erstangeklagte E***** seine Beschwerde nicht in dieser Richtung ausgeführt hat und die weiteren Tatbeteiligten Quoc Thai T***** und Phi Long T***** kein Rechtsmittel gegen das Urteil ergriffen haben, war der sich auch zum Nachteil dieser Angeklagten auswirkende Subsumtionsirrtum des Erstgerichtes (Z 10) gemäß § 290 Abs 1 zweiter Satz StPO von Amts wegen wahrzunehmen.

Somit war in teilweiser Stattgebung der Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten Z***** sowie gemäß § 290 Abs 1 StPO das angefochtene Urteil in der rechtlichen Beurteilung des Schuldspruchs der Angeklagten E*****, Z*****, Quoc Thai T***** und Phi Long T***** zu Punkt III./ (wegen des Verbrechens nach § 169 Abs 1 StGB) einschließlich der diese Angeklagten betreffenden Strafaussprüche aufzuheben und gemäß § 288 Abs 2 Z 3 StPO in der Sache selbst zu Recht zu erkennen, dass die genannten vier Angeklagten zu Punkt III./ des Schuldspruchs das Verbrechen der versuchten Brandstiftung nach §§ 15, 169 Abs 1 StGB, Z***** als Beteiligter nach § 12 dritter Fall StGB, begangen haben.

Bei der somit erforderlichen Strafneubemessung wertete der Oberste Gerichtshof bei allen Angeklagten als erschwerend das Zusammentreffen mehrerer strafbarer Handlungen, als mildernd den zuvor ordentlichen Lebenswandel, das Geständnis, dass es teilweise beim Versuch geblieben ist und die teilweise objektive Schadensgutmachung, bei Z***** auch die untergeordnete Beteiligung an der versuchten Brandstiftung und die teilweise Begehung als Jugendlicher. Das Alter unter 21 Jahren wirkte infolge bereits durch § 36 StGB begründeter Änderung des Strafsatzes nicht zusätzlich als mildernd, gleiches gilt auch für das jugendliche Alter des Angeklagten Phi Long T***** in Hinblick auf die Anwendung des § 5 JGG. Ausgehend von diesen Strafzumessungsgründen, Tatunrecht und Täterschuld waren die Strafen wie im Spruch ersichtlich zu bemessen; die Gewährung bedingter Strafnachsicht bei allen Angeklagten war schon aufgrund des Verbots der reformatio in peius geboten. Die - rechtsfehlerhaft im Urteilsspruch erfolgte - Anordnung von Bewährungshilfe war in Zusammenhang mit der Kassation des Strafausspruches aufzuheben, diese wird gegebenenfalls durch das Erstgericht in Beschlussform neu vorzunehmen sein (vgl Schroll in WK2 § 50 Rz 16).

Hingegen war die Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten Koshaba E***** zur Gänze und jene des Matej Z***** im Übrigen zu verwerfen. Mit ihren Berufungen waren die Angeklagten auf die Strafneubemessung zu verweisen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf § 390a StPO.

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