OGH 7Ob214/03a

OGH7Ob214/03a3.12.2003

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Schalich als Vorsitzenden und die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Hon. Prof. Dr. Danzl, Dr. Schaumüller, Dr. Hoch und Dr. Kalivoda als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Heidemarie S*****, vertreten durch Dr. Hubert Mayrhofer, Rechtsanwalt in Wien, gegen die beklagte Partei I***** Aktiengesellschaft, ***** vertreten durch Kaan Cronenberg & Partner, Rechtsanwälte in Graz, wegen Feststellung (Streitwert EUR 28.800), über die außerordentliche Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Graz als Berufungsgericht vom 18. Juni 2003, GZ 4 R 61/03b-15, den Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen (§ 510 Abs 3 ZPO).

Text

Begründung

Dem zwischen den Parteien am 27. 8. 1992 abgeschlossenen Rechtsschutzversicherungsvertrag mit einer Deckungssumme von S 345.000 lagen die ARB 1988 Zugrunde. Gemäß Artikel 7.2.5. ARB 1988 sind Versicherungsfälle, die dem Versicherer später als ein Jahr nach Beendigung des Versicherungsvertrages für das betreffende Risiko gemeldet werden, vom Versicherungsschutz ausgeschlossen. Aufgrund eines weiteren Versicherungsantrages der Klägerin vom 25. 11. 1996 wurde der Versicherungsvertrag geändert (Beilage ./3): Das Wort "Neuantrag" ist durchgestrichen und daneben handschriftlich vermerkt: "Änderung C 18 Deckung", wobei als Versicherungsbeginn der 15. 11. 1996 und als Ende der 1. 12. 2006 vereinbart wurden. Im Rahmen dieser Vertragsänderung, die unter Beibehaltung der ursprünglichen Polizzennummer erfolgte, wurden unter anderem die Deckungssumme auf S 400.000 angehoben, ein mehrspuriges Kraftfahrzeug der Klägerin mitversichert, der Erb- und Familienrechtsschutz mit einbezogen, sowie bei der Einstufung für die Prämienzahlung der Personenstand der Klägerin als Alleinerzieherin berücksichtigt. Der Klägerin wurden die ARB 1995 mitübersandt; sie wurde auf alle Änderungen der Versicherungsbedingungen hingewiesen, insbesondere auf die nunmehr zweijährige Nachhaftung der Versicherung in Art 3 Z 3 der ARB 1995 im Gegensatz zu der in den ARB 1988 festgelegten einjährigen. Während des aufrechten Rechtsschutzversicherungsvertrages ereigneten sich zwei Schadensfälle, die dem Grunde nach in dem Vertragsverhältnis mit der Beklagten Deckung fanden. Das Versicherungsverhältnis zwischen den Parteien wurde mit Kündigungsschreiben der Klägerin vom 28. 8. 2000 per 1. 12. 2000 beendet. Die Klägerin meldete die Versicherungsfälle erst nach Ablauf eines Jahres nach Beendigung des Versicherungsvertrages, aber noch innerhalb der zweijährigen Frist der ARB 1995.

Rechtliche Beurteilung

Der einzige Streitpunkt zwischen den Parteien im Revisionsverfahren ist nun, ob die ARB 1988 mit der einjährigen Frist zur Geltendmachung des Deckungsanspruchs nach Beendigung des Versicherungsvertrages oder die ARB 1995 mit der zweijährigen Frist zur Anwendung kommen. Eine Novation im Sinne des § 1376 ABGB ist die Umänderung des Schuldverhältnisses, die in der Änderung des Rechtsgrundes oder des Hauptgegenstandes einer Forderung besteht. Eine Änderung des Rechtsgrundes liegt vor, wenn der Entstehungsgrund des Anspruchs geändert wird; Hauptgegenstand ist der primäre Leistungsinhalt. Die bloße Vereinbarung einer Nebenbestimmung ohne Änderung des Rechtsgrundes oder des Hauptgegenstandes hat keine Novationswirkung, es liegt vielmehr eine bloße Schuldänderung im Sinne des § 1379 ABGB vor, welche das ursprüngliche Schuldverhältnis mit ganz bestimmten Änderungen hinsichtlich des Inhalts der Verpflichtung fortbestehen lässt und nicht wie bei der Novation das ursprüngliche Schuldverhältnis durch ein neues ersetzt (7 Ob 19/89, Ertl in Rummel II/33 § 1376 ABGB Rz 1). Bestehen Zweifel, ob durch einen neuen Vertrag der Hauptgegenstand oder Nebenbestimmungen geändert wurden, spricht die Vermutung für den Fortbestand des alten Vertrages. Der neue Vertrag wird zum Zusatzvertrag, solange er mit dem alten noch wohl bestehen kann (SZ 44/179, 7 Ob 19/89). Bei einem Versicherungsverhältnis spricht für die Neubegründung, wenn die für einen Versicherungsvertrag wesentlichen Punkte, nämlich das Versicherungsobjekt, die Gesamtversicherungssumme, die Prämienzahlung und die Versicherungsdauer völlig neu vereinbart werden (7 Ob 14/90, 7 Ob 19/89 mwN, RIS-Justiz RS0080369).

Die Revisionswerberin übersieht bei ihrer Argumentation, dass in dem von ihr vorgelegten (zweiten) Rechtsschutzversicherungsantrag vom 25. 11. 1996 ausdrücklich "Neuantrag" ausgestrichen und "Änderung C 18 Deckung" hinzugefügt wurde. Dies spricht eindeutig gegen eine Novation und den Abschluss eines neuen Versicherungsvertrages. Im Übrigen geht auch die Beklagte davon aus, dass die einjährige Kündigungsfrist erst nach Beendigung des Versicherungsverhältnisses per 1. 12. 2000 zu laufen begonnen hat. Auch das spricht dagegen, dass nach der Vereinbarung der Parteien der ursprüngliche Rechtsschutzversicherungsvertrag mit 25. 11. 1996 enden sollte, da ja bereits ab diesem Zeitpunkt die einjährige Frist des Art 7.2.5 ARB 1988 zu laufen begonnen hätte. Ausgehend davon, dass die Parteien also den alten Vertrag nur geändert und eine Zusatzvereinbarung für die bisher nicht versicherten Risken geschlossen haben, ist die Rechtsansicht jedenfalls vertretbar, dass die Parteien am 25. 11. 1996 das gesamte Rechtsverhältnis, also auch den schon bestehenden Rechtsschutzversicherungsvertrag, den ARB 1995 unterstellen wollten. Eine derartige Vereinbarung zwischen den Parteien kann jetzt nicht unter Hinweis auf den Geltungsbereich der ARB 1988 zunichte gemacht werden. Nach den Feststellungen der Vorinstanzen wurde die Klägerin auch ausdrücklich auf die nunmehrige Geltung der ARB 1995 und die zweijährige Frist des Art 3.3. hingewiesen. Die Rechtsansicht des Berufungsgerichtes, dass die Klägerin ihren Deckungsanspruch gemäß der Vereinbarung der ARB 1995 über den zeitlichen Geltungsbereich innerhalb von zwei Jahren nach Beendigung des Versicherungsvertrages geltend machen kann und die Beklagte zur Deckung verpflichtet ist, ist also jedenfalls vertretbar und bedarf im Einzelfall keiner Korrektur durch den Obersten Gerichtshof.

Es wurden keine erheblichen Rechtsfragen geltend gemacht; ob Novation vorliegt oder nicht ist eine Frage des Einzelfalls (7 Ob 14/90).

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