OGH 9Ob131/03k

OGH9Ob131/03k3.12.2003

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Maier als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Spenling, Dr. Hradil, Dr. Hopf und Univ. Doz. Dr. Bydlinski als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei U***** AG, ***** vertreten durch Dr. Christian Preschitz und Dr. Michael Stögerer, Rechtsanwälte in Wien, wider die beklagte Partei I***** Ges.m.b.H., ***** vertreten durch Dr. Johann Stöhr, Rechtsanwalt in Wien, wegen EUR 76.306,88 sA, infolge außerordentlicher Revision der beklagten Partei (Revisionsinteresse EUR 43.928,77) gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht vom 26. August 2003, GZ 2 R 123/03b-92, mit dem das Urteil des Handelsgerichts Wien vom 9. April 2003, GZ 31 Cg 142/01v-88 bestätigt wurde, den Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.

Text

Begründung

Eine österreichische GmbH ließ im Jahre 1995 von der beklagten Partei als Straßenfrachtführer diverse Mischprodukte aus der Slowakischen Republik importieren. Dabei kam es zu erheblichen Beschädigungen des Frachtgutes, welche der GmbH von der klagenden Partei als Transportversicherer ersetzt wurden.

Die GmbH übermittelte am 5. April 1995 und am 14. Mai 1995 zwei Schreiben an die beklagte Partei, in der sie dieser durch die Transporte erlittene Schäden bekannt gab und Belege beilegte. Die beklagte Partei antwortete darauf schriftlich am 18. April 1995. Einerseits erklärte sie, die Haftung für die reklamierten Schäden wegen mangelhafter Verpackung, schlechter Verladung und nicht ausreichender Ladungssicherung abzulehnen, andererseits ersuchte sie um Übermittlung weiterer Urkunden, um eine Zuordnung der Schadensnummern zum Transport treffen zu können, und gab bekannt, die Schadensmeldung an ihre Versicherung weitergeleitet zu haben. Die mit der Schadensanzeige übermittelten Fotokopien wurden nicht zurückgestellt.

Am 16. Jänner 1996 übermittelte die klagende Partei dem CMR-Versicherer der beklagten Partei ein Forderungsschreiben, in dem sie diesen aufforderte, den entstandenen Schaden zu ersetzen. Am 22. März 1996 urgierte sie eine Antwort auf dieses Forderungsschreiben, welche auch fernmündlich zugesagt wurde. Am 27. März 1996 übersandte die klagende Partei erneut ein Forderungsschreiben an die beklagte Partei mit der Aufforderung zur Zahlung der Schadenssumme. Am 28. März 1996 oder 15. April 1996 kam es neuerlich zu einem Telefonat der klagenden Partei mit dem CMR-Versicherer der beklagten Partei, der mitteilte, die Schadensprüfung sei noch nicht abgeschlossen. Im Zuge dieses Telefonates stellte die klagende Partei ein Vergleichsanbot, worauf ein Rückruf zugesichert wurde.

Die klagende Partei begehrte mit ihrer am 7. Juni 1996 eingebrachten Klage Schadenersatz von EUR 76.039,19. Sie habe bis kurz vor Klageerhebung Vergleichsgespräche mit dem CMR-Versicherer der beklagten Partei geführt. Die beklagte Partei wandte unter anderem ein, diese Ansprüche seien gemäß Art 32 CMR verjährt. Das Erstgericht gab dem Klagebegehren mit dem Betrag von EUR 43.928,77 statt, weil einer der Schadensfälle auf die Verwendung eines mangelhaften Transportmittels zurückgehe, wies das Mehrbegehren ab und verneinte in seiner Begründung eine Verjährung des Anspruchs. Das Berufungsgericht schloss sich der Entscheidung des Erstgerichtes mit der Begründung an, eine Verjährung der Ansprüche sei deshalb nicht eingetreten, weil eine ausdrückliche, qualifizierte Ablehnung der Forderung nicht erfolgt sei. Auch weil die von der klagenden Partei mitgesandten Belege von der beklagten Partei nicht retourniert, sondern an die Haftpflichtversicherung weitergeleitet und weitere Belege zwecks richtiger Zuordnung angefordert worden seien, könne von einer endgültigen Zurückweisung der Ansprüche keine Rede sein. Außerdem habe es noch vor einer etwaigen Verjährung Vergleichsgespräche gegeben, die eine Fortlaufhemmung der Verjährung bewirkt hätten.

Rechtliche Beurteilung

Die außerordentliche Revision ist unzulässig, weil keine erhebliche Rechtsfrage im Sinne des § 502 Abs 1 ZPO zu lösen ist. Die Frage nach der Hemmung der Anspruchsverjährung gemäß Art 32 Abs 2 CMR ist einzelfallbezogen zu entscheiden. Dies gilt insbesondere auch für die Frage, ob eine ausreichend deutliche Zurückweisung der "Reklamation" vorliegt. Dem Berufungsgericht ist hier keine Fehlbeurteilung vorzuwerfen.

Die beklagte Partei brachte durch das Anfordern weiterer Belege zum Ausdruck, dass sie die Schadensprüfung noch nicht abgeschlossen hat, weshalb das Schreiben vom 18. April 1995 nicht als qualifizierte Ablehnung der Schadensforderungen angesehen werden kann. Die Ablehnung muss nach hA unmissverständlich und endgültig sein (vgl dazu nur Demuth in Thume, Art 32 CMR Rn A76 mit Judikaturhinweisen; Willenberg, § 40 KVO Rn 35; Koller, Art 32 CMR Rn 15 ua). Der pauschale Verweis auf mehrere (theoretisch) mögliche Schadensursachen kann schon deshalb nicht als ernsthafte und endgültige Ablehnung angesehen werden, weil die beklagte Partei zugleich erkennen ließ, dass ihr eine Zuordnung der Schadensfälle zu bestimmten Transporten gar nicht möglich war. Mangels qualifizierter Ablehnung war die Verjährung gemäß Art 32 Abs 2 CMR bis zur Klageerhebung gehemmt, wobei es sich dabei nach ständiger Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes um eine Fortlaufhemmung handelt (RZ 1988/58; SZ 60/70 = JBl 1987, 664). Eine endgültige Zurückweisung der Ansprüche ist bis zuletzt nicht erfolgt. Somit ist die in der Revision aufgeworfene Frage, ob es sich bei den vom Geschädigten übermittelten, aber nicht retournierten Belegen um Kopien oder Originale handelte, irrelevant. Vergleichsverhandlungen zwischen den Parteien verhindern nach der ständigen Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes den Ablauf der Verjährungsfrist, wenn nach Abbruch der Verhandlungen unverzüglich Klage eingebracht wurde (Judikaturnachweise bei M. Bydlinski in Rummel3 II/3, Rz 2a zu § 1501 ABGB). Derartige Verhandlungen fanden hier zwischen der klagenden Partei und dem Versicherer der beklagten Partei auch statt und waren konkret genug, den Ablauf einer etwaigen Verjährung zu hemmen. Es bedarf dazu keines Gegenanbots, sondern lediglich der Zusage, das Vergleichsanbot zu prüfen, sei es auch nur, indem ein diesbezüglicher Rückruf angekündigt wird. Im gegenständlichen Sachverhalt legte die klagende Partei dem Versicherer der beklagten Partei am 28. März 1996 oder 15. April 1996 ein Vergleichsanbot, wobei auch die mit einem Versicherer geführten Vergleichsgespräche den Ablauf der Frist des Art 32 CMR gegenüber dem Versicherten hemmen (Schütz in Straube, Rz 8 f zu Art 32 CMR; RdW 1989, 100 ua). Die Auffassung des Berufungsgerichts, der klagenden Partei könne nicht vorgeworfen werden, mit der Klageführung unnötig lange zugewartet zu haben, da sie zuvor noch die vom Versicherer der beklagten Partei zugesagte Stellungnahme zum Vergleichsanbot abwarten durfte, erscheint nicht bedenklich.

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