OGH 3Ob166/03p

OGH3Ob166/03p26.11.2003

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Schiemer als Vorsitzenden sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Pimmer, Dr. Zechner, Dr. Sailer und Dr. Jensik als weitere Richter in der Sachwalterschaftssache der am 20. Mai 1911 geborenen Dr. Maria D*****, infolge außerordentlicher Revisionsrekurse des Torsten W*****, Rechtsanwalt in D*****, Bundesrepublik Deutschland, als behaupteter Vertreter der Betroffenen (Einvernehmensanwältin Dr. Christiane Berethalmy-Deuretzbacher), gegen die Beschlüsse des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien als Rekursgericht vom 2. April 2003, GZ 42 R 175/03a-86, und vom 30. Juni 2003, GZ 42 R 313/03w, 314/03t-114, den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die außerordentlichen Revisionsrekurse werden zurückgewiesen.

Text

Begründung

Mit Beschluss vom 8. Februar 2003 hatte das Erstgericht nach Durchführung einer Erstanhörung der Betroffenen einen Facharzt zum Sachverständigen bestellt und ihn beauftragt, umgehend Gutachten darüber zu erstellen, ob die Betroffene an einer Krankheit bzw einer geistigen Behinderung leide, sowie darüber, ob und in welchem Umfang eine Sachwalterschaft aus dem Fachgebiet notwendig erscheine; im Gutachten möge auch darauf Bezug genommen werden, ob die Betroffene derzeit und in den letzten vier Wochen in der Lage gewesen sei, Vollmachten zu erteilen (ON 21). Mit Beschluss vom selben Tag bestellte es einen Rechtsanwalt zum einstweiligen Sachwalter sowohl für das Verfahren als auch zur Besorgung folgender dringender Angelegenheiten der Betroffenen, nämlich Einkommens- und Vermögensverwaltung, Vertretung vor Ämtern, Behörden und Gerichten sowie Vertretung vor privaten Vertragspartnern (ON 27). Schließlich wies es mit Beschluss vom 26. Februar 2003 (ON 58) den Antrag des nunmehrigen Revisionsrekurswerbers, eines deutschen Rechtsanwalts, ab, ihm Akteneinsicht zu gewähren.

Das Rekursgericht wies die Rekurse des Genannten gegen diese drei Beschlüsse des Erstgerichts jeweils zurück und ließ den ordentlichen Revisionsrekurs nicht zu. Aufgrund des Kurzgutachtens des Sachverständigen, wonach bei der Betroffenen ein mittel- bis höhergradiges dementielles Syndrom im Rahmen einer senilen Demenz vorliege, und dessen Aussage, eine Geschäftsfähigkeit betreffend die Ausstellung einer Vollmacht sei in den letzten vier Wochen aufgrund der Verminderung der kongnitiven Leistungsfähigkeit, insbesondere aber der Gedächtnisleistungen, nicht gegeben, verneinte das Erstgericht eine wirksame Bevollmächtigung des Rekurswerbers, der sich auf eine Vollmacht der Betroffenen vom 31. Jänner 2003 berufen hatte. Mangels wirksamer Bevollmächtigung fehle dem einschreitenden Rechtsanwalt die Legitimation zu einer Rechtsmittelerhebung im Namen der Betroffenen. Das Rekursgericht sprach jeweils aus, dass der (ordentliche) Revisionsrekurs nicht zulässig sei.

Rechtliche Beurteilung

Die beiden außerordentlichen Revisionsrekurse des Rechtsanwalts sind nicht zulässig.

Zwar kennt das Verfahren zur Bestellung der Sachwalter für behinderte Personen Sonderregelungen für den Rekurs in den §§ 249 ff AußStrG. Abgesehen von diesen Ausnahmen von den allgemeinen Regeln gelten aber die §§ 9 ff AußStrG, soweit sie davon nicht berührt werden (8 Ob 543/85). Gemäß § 14 Abs 1 AußStrG ist gegen den Beschluss des Rekursgerichts der Revisionsrekurs nur zulässig, wenn die Entscheidung von der Lösung einer Rechtsfrage des materiellen Rechts oder des Verfahrensrechts abhängt, der zur Wahrung der Rechtseinheit, Rechtssicherheit oder Rechtsentwicklung erhebliche Bedeutung zukommt, etwa weil das Rekursgericht von der Rsp des Obersten Gerichtshofs abweicht oder eine solche Rsp fehlt oder uneinheitlich ist. In seinen Rechtsmitteln vermag der Revisionsrekurswerber nicht darzulegen, dass das Rekursgericht zu Unrecht das Vorliegen dieser Voraussetzungen verneint hätte. Nach stRsp (7 Ob 607-609/86 u.v.a.; RIS-Justiz RS0008539) ist auch nach dem SachwalterG Voraussetzung für die Bevollmächtigung eines Rechtsanwalts zur Hereinbringung der dem Betroffenen zustehenden Anträge und Rechtsmittel, dass der Betroffene bei der Vollmachtserteilung fähig war, den Zweck der dem Rechtsvertreter erteilten Vollmacht zu erkennen. Bei offenkundiger Unfähigkeit zu dieser Erkenntnis muss die Bevollmächtigung als unwirksam angesehen werden (ebenso Gitschthaler, Verfahrenssachwalter und einstweiliger Sachwalter in ÖJZ 1990, 762 f). Ob im Einzelfall diese Voraussetzungen vorliegen, ist keinesfalls eine erhebliche Rechtsfrage im dargestellten Sinn (6 Ob 133/00b). Schon in der Entscheidung 7 Ob 607-609/86 hatte der Oberste Gerichtshof die gegenteilige Ansicht von Kremzow (Sachwalterrecht 244 f) abgelehnt. Die Ausführungen im Revisionsrekurs gehen im Übrigen nicht von dem von den Tatsacheninstanzen festgestellten Sachverhalt aus. Die allein maßgebende Frage der wirksamen Bevollmächtigung des Einschreiters wird auch von den im Revisionsrekurs ON 118 dargelegten allgemeinen Erwägungen über die Zustände in österreichischen Alten- und Pflegeheimen sowie die Frage der Beschränkung der Freiheit älterer Menschen nicht tangiert.

Die Rechtsmittel sind daher zurückzuweisen, ohne dass es einer weiteren Begründung bedürfte (§ 16 Abs 4 AußStrG iVm § 510 Abs 3 ZPO).

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