OGH 12Os112/03

OGH12Os112/0313.11.2003

Der Oberste Gerichtshof hat am 13. November 2003 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Schindler als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Holzweber, Dr. Zehetner, Dr. Philipp und Dr. Schwab als weitere Richter, in Gegenwart des Richteramtsanwärters Mag. Bauer als Schriftführer, in der Strafsache gegen Dieter L***** wegen des Vergehens nach § 27 Abs 1 SMG über die vom Generalprokurator gegen das Urteil des Bezirksgerichtes Dornbirn vom 5. März 2003, GZ 15 U 54/03y-6, erhobene Nichtigkeitsbeschwerde zur Wahrung des Gesetzes nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit des Vertreters des Generalprokurators, Generalanwalt Dr. Lässig, des Verteidigers Dr. Pochiser, jedoch in Abwesenheit des Verurteilten zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Das Urteil des Bezirksgerichtes Dornbirn vom 5. März 2003, GZ 15 U 54/03y-6, mit dem die vorläufige Einstellung des Verfahrens abgelehnt wurde, verletzt das Gesetz in § 35 Abs 2 SMG iVm § 37 SMG. Dieses Urteil sowie alle darauf beruhenden Entscheidungen und Verfügungen werden aufgehoben und dem Bezirksgericht Dornbirn die gesetzmäßige Erneuerung des Verfahrens aufgetragen.

Text

Gründe:

Mit - seit 9. Juli 2003 rechtskräftigem (ON 12) - Urteil des Bezirksgerichts Dornbirn vom 5. März 2003, GZ 15 U 54/03y-6, wurde über Dieter L***** wegen des Vergehens nach § 27 Abs 1 SMG gemäß dieser Gesetzesstelle eine - nach § 43 Abs 1 StGB unter Bestimmung einer dreijährigen Probezeit bedingt nachgesehene - Geldstrafe von 60 Tagessätzen zu je 25 EUR verhängt, weil der Genannte in der Zeit vom Jahr 2000 bis November 2002 im Raum Dornbirn und an anderen Orten den bestehenden Vorschriften zuwider geringe Mengen Suchtgift, nämlich Marihuana, Kokain sowie Ecstasy-Tabletten besessen (a) und anderen überlassen (b) hatte. Die vom Beschuldigten begehrte (S 125) vorläufige Verfahrenseinstellung (§ 37 SMG) lehnte das Erstgericht mit der Begründung ab, "das Überlassen von Suchtgift schließt die Anwendung der Bestimmungen des § 37 SMG aus" (US 4).

Rechtliche Beurteilung

Das Urteil des Bezirksgerichts Dornbirn vom 5. März 2003 (ON 6) steht - wie der Generalprokurator in seiner zur Wahrung des Gesetzes erhobenen Nichtigkeitsbeschwerde zutreffend ausführt - mit dem Gesetz nicht im Einklang.

§ 37 SMG verweist bezüglich der Voraussetzungen für die vorläufige Verfahrenseinstellung auf die Bestimmungen über die vorläufige Zurücklegung der Anzeige (§§ 35 f SMG). Demnach sieht das Gesetz - entgegen der Rechtsmeinung des Erstgerichts - im Hinblick auf das Vergehen nach § 27 Abs 1 SMG die vorläufige Einstellung des Strafverfahrens sowohl für den Fall des Suchtmittelerwerbs oder -besitzes zum eigenen Gebrauch (§ 37 SMG iVm § 35 Abs 2 SMG) als auch bezüglich der übrigen Tathandlungen (§ 37 SMG iVm § 35 Abs 1 SMG) vor.

Die Ablehnung der Verfahrenseinstellung nach § 37 SMG iVm § 35 Abs 2 SMG ist zwar grundsätzlich eine Ermessensentscheidung, stellt sich aber in concreto nicht als Ausübung richterlichen Ermessens dar, weil das Erstgericht rechtsfehlerhaft davon ausgegangen ist, gar nicht zur Ermessensübung befugt zu sein; fallbezogen ist sie daher einem Erkenntnis nach § 292 StPO zugänglich (vgl SSt 60/61). Da nicht auszuschließen ist, dass sich die Gesetzesverletzung zum Nachteil des Verurteilten ausgewirkt hat, war über deren bloße Feststellung hinaus die Beseitigung des Ersturteils sowie aller darauf beruhender Entscheidungen und Verfügungen auszusprechen.

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