Spruch:
Die Berufung wegen des Ausspruchs über die Schuld wird zurückgewiesen.
Der Nichtigkeitsbeschwerde wird Folge gegeben, das angefochtene Urteil demgemäß sowie unter Anwendung des § 290 Abs 1 StPO auch hinsichtlich des Angeklagten Martin K***** aufgehoben und die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung an das Erstgericht zurückverwiesen.
Mit seiner Berufung wegen des Ausspruches über die Strafe und gegen den Privatbeteiligtenzuspruch wird Musa Ki***** auf diese Entscheidung verwiesen.
Text
Gründe:
Mit dem angefochtenen Urteil wurden Martin K***** und Musa Ki***** des Verbrechens des gewerbsmäßig schweren Betruges nach §§ 146, 147 Abs 1 Z 1 und Abs 2, 148 zweiter Fall StGB schuldig erkannt. Danach haben sie in Wien gewerbsmäßig und mit dem Vorsatz, durch das Verhalten der Getäuschten sich oder einen Dritten unrechtmäßig zu bereichern, Kassiererinnen der B*****-Filialen in ***** und ***** unter der falschen Vorgabe der Rückerstattung von Retourwaren an Kunden und durch Vorlage fingierter Waren - Bargutschriften, mithin durch Täuschung über Tatsachen unter Verwendung falscher Beweismittel, zur Auszahlung von Geldbeträgen, sohin zu Handlungen verleitet, die das Unternehmen in einem 2.000 EUR übersteigenden, jedoch 40.000 EUR nicht erreichenden Betrag am Vermögen schädigte, und zwar
A) Martin K***** als stellvertretender Marktleiter der genannten
B*****-Filialen im bewussten und gewollten Zusammenwirken mit Musa Ki***** vom 28. Juli 2001 bis 22. Oktober 2002 in 50 Angriffen zur Auszahlung von im Urteil näher angeführten Bargeldbeträgen,
B) Martin K***** als stellvertretender Marktleiter der Filiale *****
zur Ausfolgung eines Betrages von 323,07 EUR.
Während Martin K***** das Urteil in Rechtskraft erwachsen ließ, bekämpft dieses Musa Ki***** mit Nichtigkeitsbeschwerde gestützt auf § 281 Abs 1 Z 9 lit a und 10 StPO. Dieser erhebt auch Berufung wegen des Anspruches über die Schuld, wegen des Strafausspruches und gegen den Privatbeteiligtenzuspruch.
Rechtliche Beurteilung
Die Berufung wegen Schuld war zurückzuweisen, weil die Strafprozessordnung ein derartiges Rechtsmittel in Verfahren vor Kollegialgerichten nicht vorsieht.
Der Nichtigkeitsbeschwerde hingegen kommt Berechtigung zu. In der Rechtsrüge (Z 9 lit a) macht der Beschwerdeführer geltend, es seien keine ausreichenden Feststellungen zur subjektiven Tatseite getroffen worden.
Tatsächlich hat das Erstgericht lediglich konstatiert, dass beide Angeklagte übereinkamen, einen "Preisnachlass" in Form von fingierten Gutschriften zu gewähren; es sei ihnen von Anfang an klar gewesen, dass diese Vereinbarung weder erlaubt noch rechtens war (US 12). Einen zur Verwirklichung des Betruges erforderlichen Täuschungs- und Schädigungsvorsatz haben die Tatrichter nicht festgestellt. Damit weist das Urteil einen Mangel auf, der eine Erneuerung der Hauptverhandlung erforderlich macht. Da dieser auch den Verurteilten Martin K***** betrifft, welcher ein Rechtsmittel nicht erhoben hat, war das Urteil nicht nur hinsichtlich des Zweitangeklagten sondern gemäß § 290 Abs 1 StPO auch hinsichtlich des Erstangeklagten aufzuheben
Dazu kommt, dass, obwohl der Schuldspruch wegen unmittelbarer Täterschaft erfolgte, nach den Feststellungen des Schöffengerichtes die Täuschung zumindest teilweise nicht durch die Angeklagten, sondern durch Bedienstete der Firma des Musa Ki***** erfolgte. Darüber hinaus hat nach den Entscheidungsgründen des angefochtenen Urteiles der Erstangeklagte außer bei einem Angriff (Faktum B) keinen persönlichen Gewinn aus den Taten gezogen und einen solchen auch nicht beabsichtigt. Die Annahme der Gewerbsmäßigkeit erfordert aber, dass die beabsichtigte fortlaufende Einnahme dem Täter selbst zugute kommt (Jerabek in WK2 § 70 Rz 14).
Im erneuerten Verfahren wird das erkennende Gericht insbesondere die subjektive Tatseite zu klären und ausreichend begründete, tragfähige Feststellungen zu treffen haben. In rechtlicher Hinsicht wird es auch zu beachten haben, dass nach den bisherigen Urteilskonstatierungen der Erstangeklagte seine ihm als stellvertretender Marktleiter eingeräumte Befugnis, über das Vermögen der Firma B***** zu verfügen, durch Ausstellung von unrichtigen Gutschriften missbraucht und bereits dadurch seinem Dienstgeber einen Vermögensnachteil zugefügt hat. Die Einlösung der Gutschriften stellte dann nur die reale Verwirklichung der Vermögensverschiebung dar. Das Gericht wird daher nach Klärung des objektiven und subjektiven Sachverhaltes in rechtlicher Hinsicht insbesondere auch zu prüfen haben, ob dieser dem Tatbestand des Betruges oder jenem der Untreue, auch in welcher Beteiligungsform, zu unterstellen ist.
Mit seiner Berufung wegen des Ausspruches über die Strafe und gegen den Privatbeteiligtenzuspruch war Musa Ki***** auf die kassatorische Entscheidung zu verweisen.
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