OGH 14Os132/03

OGH14Os132/0321.10.2003

Der Oberste Gerichtshof hat am 21. Oktober 2003 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Mag. Strieder als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Mayrhofer, Dr. Philipp, Dr. Danek und Hon. Prof. Dr. Schroll als weitere Richter, in Gegenwart des Richteramtsanwärters Mag. Bauer als Schriftführer, in der Auslieferungssache des Djuro N***** zur Strafvollstreckung an die Bundesrepublik Deutschland, AZ 22 Ns 12/02 des Oberlandesgerichtes Wien, über die Grundrechtsbeschwerde des Djuro N***** gegen den Beschluss des Oberlandesgerichtes Wien vom 9. September 2003, GZ 22 Ns 12/02-25, nach Anhörung des Generalprokurators in nichtöffentlicher Sitzung den Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Der Beschwerde wird nicht Folge gegeben.

Text

Gründe:

Djuro N***** wurde mit Bescheid des Ministeriums für die Justiz der Republik Kroatien vom 4. April 2000, Klasse 720-03/00-01/551, Eingabenummer 514-04-01-00-6, zur Durchführung des gegen ihn wegen des Verdachts des Verbrechens nach § 28 Abs 2, 3 und 4 Z 3 SMG sowie des Vergehens nach § 27 Abs 1 SMG beim Landesgericht Krems an der Donau zum AZ 18 Vr 229/99 eingeleiteten Strafverfahrens ausgeliefert. Die mit Urteil vom 2. Mai 2001, GZ 13 Vr 55/00-212, wegen des Verbrechens nach § 12 zweiter Fall StGB, § 28 Abs 2 und 4, Z 3 SMG verhängte Freiheitsstrafe von 12 Jahren verbüßt er bis voraussichtlich 27. Jänner 2012 in der Justizanstalt Stein. Mit Note vom 12. April 2002, GZ Ausl.Einl. 194.02 (= GZ 17 Ur 8/02w-5 des Landesgerichtes Krems a.d. Donau) begehrte die Senatsverwaltung für Justiz Berlin die Auslieferung des Djuro N***** an die Bundesrepublik Deutschland zur Strafverfolgung wegen der im Haftbefehl des Amtsgerichts Tiergarten in Berlin vom 31. Juli 2001, Zl 351 Gs 3084/01, beschriebenen Straftaten, die als Verbrechen des Betruges, der Urkundenfälschung sowie der Steuerhinterziehung §§ 263 und 267 dStGB sowie § 370 dAO unterstellt wurden. Da der Genannte die Taten in der Zeit von April 1993 bis Juli 1996, also lange vor seiner Übergabe durch die Republik Kroatien an die Republik Österreich begangen haben soll, ersuchte das Oberlandesgericht Wien am 30. Juli 2002 das Bundesministerium für Justiz, gemäß Art 15 des Europäischen Auslieferungsübereinkommens die Zustimmung zur Weiterlieferung an die Bundesrepublik Deutschland zu erwirken.

Nach Einlangen der Zustimmungserklärung des Ministeriums für Justiz, Verwaltung und kommunale Selbstverwaltung der Republik Kroatien vom 26. Mai 2003 erklärte das Oberlandesgericht Wien die Auslieferung mit Beschluss vom 9. September 2003 für zulässig (richtig: nicht für unzulässig, ON 25).

Rechtliche Beurteilung

Gegen diesen Beschluss richtet sich die rechtzeitige Grundrechtsbeschwerde des Auszuliefernden, mit der er Verletzungen des Art 6 EMRK und des § 17 (gemeint:) Z 2 ARHG behauptet. Sie ist nicht im Recht.

Die - infolge Aufhebung des zweiten Satzes des § 33 Abs 5 ARHG durch das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 12. Dezember 2002, GZ G 151, 152/02-15, zulässige - Beschwerde gegen einen Beschluss, mit dem die Auslieferung nicht für unzulässig erklärt worden ist, steht dem Auszuliefernden (nur) als außerordentliches Rechtsmittel in analoger Anwendung des Grundrechtsbeschwerdegesetzes zu, weshalb ausschließlich die Verletzung eines als Auslieferungshindernis in Betracht kommenden Grundrechts geeignet ist, jene zu tragen (13 Os 51/03).

Ob eine Verletzung des Art 6 EMRK überhaupt ein Auslieferungshindernis darstellen kann, ergibt sich nicht aus dem - bloß subsidiären - ARHG, sondern aus dem jeweiligen Auslieferungsvertrag (§ 1 ARHG). Da ein aus Art 6 EMRK erfließendes Auslieferungshindernis dem im Verhältnis zur Bundesrepublik Deutschland in Geltung stehenden Auslieferungsvertrag nicht bekannt ist, hatte das Oberlandesgericht keine Veranlassung zur Anführung auf dieses Grundrecht bezogener Sachverhaltsannahmen (vgl 13 Os 69/03 ua). Ergänzend sei darauf hingewiesen, dass eine zu besorgende Verletzung des Art 6 (Abs 1 erster Satz) EMRK - der außerdem nur auf das Ergekenntnisverfahren abstellt ("über die Stichhaltigkeit der gegen ihn erhobenen strafrechtlichen Anklage") - nur in Bezug auf das Strafverfahren im ersuchenden Staat ein Auslieferungshindernis darstellen könnte (§ 19 Z 1 ARHG), womit der Einwand, der ersuchte Staat (hier: Republik Kroatien) habe anlässlich der Zustimmungserklärung nach Art 15 des Europäischen Auslieferungsübereinkommens das Recht des Auszuliefernden auf Parteiengehör verletzt, schon im Ansatz fehlgeht.

Der Vollständigkeit halber sei festgehalten, dass dem vom Bundesministerium für Justiz am 26. Juli 2002 an die Republik Kroatien gerichteten Ersuchen um Zustimmung zur Weiterlieferung (auch) Ablichtungen der Erklärung des Auszuliefernden zum Auslieferungsbegehren Deutschlands übersendet worden sind (ON 4). Diese Vorgangsweise (bezüglich des Rechts auf Parteiengehör) genügt den Anforderungen des ARHG hinsichtlich eines an die Republik Österreich gerichteten Ersuchens um nachträgliche Auslieferung (Linke/Epp/Dokoupil/Felsenstein, Internationales Strafrecht § 40 ARHG Erläut 2.).

Das nicht konkretisierte Vorbringen, ein Teil der dem Auszuliefernden im Haftbefehl des Amtsgerichts Tiergarten in Berlin vom 31. Juli 2001 angelasteten Straftaten sei verjährt, was gemäß (richtig:) Art 10 des Europäischen Auslieferungsübereinkommens insoweit die Auslieferung hindere, bringt eine Grundrechtsverletzung nicht deutlich und bestimmt zum Ausdruck und lässt zudem die Mitteilung der Senatsverwaltung für Justiz, Berlin, (GZ 17 Ur 8/02w-5 des Landesgerichtes Krems a.d. Donau) außer Acht.

Der Grundrechtsbeschwerde war daher - in inhaltlicher Übereinstimmung mit der Stellungnahme des Generalprokurators - nicht Folge zu geben.

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