OGH 5Ob224/03g

OGH5Ob224/03g21.10.2003

Der Oberste Gerichtshof hat durch die Senatspräsidentin des Obersten Gerichtshofes Hon. Prof. Dr. Langer als Vorsitzende sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Floßmann und Dr. Baumann und die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofes Dr. Hurch und Dr. Kalivoda als weitere Richter in der Grundbuchssache der Antragsteller 1. G***** Gesellschaft mbH, *****, 2. Christoph L*****, geboren am 19. Jänner 1981, 3. Josef S*****, geboren am 10. Oktober 1935, 4. Gerald H*****, geboren am 2. Februar 1948, 5. Helga D*****, geboren am 1. April 1952, Zweit- bis Fünftantragsteller: *****, 6. Heinz S*****, geboren am 25. März 1943, *****, 7. Mag. Elisabeth S*****, geboren am 3. Jänner 1951, *****, 8. Jamile P*****, geboren am 1. März 1973, *****, 9. Mag. Silvia H*****, geboren am 8. April 1960, *****, 10. Ingrid R*****, geboren am 23. September 1957, 11. Ingeborg R*****, geboren am 20. September 1953, 12. Beatrice A*****, geboren am 26. Februar 1942, Zehnt- bis Zwölftantragsteller: *****, alle vertreten durch Kaan, Cronenberg & Partner Rechtsanwälte in Graz, 13. Dr. Helmut C*****, wegen Grundbuchseintragungen infolge des Revisionsrekurses der Antragsteller gegen den Beschluss des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Graz als Rekursgericht vom 14. Juli 2003, AZ 4 R 38/03t, womit der Beschluss des Bezirksgerichtes für Zivilrechtssachen Graz vom 25. November 2002, TZ 23911/02, teils bestätigt, teils abgeändert wurde, den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.

Text

Begründung

Grundbücherliche Eigentümer der Liegenschaft EZ ***** GB ***** sind zu zwei Drittel die Erstantragstellerin und zu einen Drittel der Drittantragsteller. Für die Zweit- und Viert- bis Zwölftantragssteller sind jeweils Zusagen der Einräumung des Wohnungseigentumsrechts gemäß § 24a WEG 1975 angemerkt.

Unter Vorlage des Kauf- und Wohnungseigentumsvertrags vom 20. 6. 2002, des Nutzwertgutachtens sowie des Gutachtens nach § 12 Abs 2 Z 2 WEG 1975 des Dipl.-Ing. Richard K***** sowie weiterer Urkunden begehren die Antragsteller mit ihrem am 7. 10. 2002 beim Erstgericht eingelangten Gesuch diverse Eigentumseinverleibungen, Pfandrechtslöschungen, Löschung eines Veräußerungsverbots, vor allem aber ob der gesamten Liegenschaft die Einverleibung des Wohnungseigentumsrechts an näher bezeichneten Wohnungen für die Antragsteller, wobei auf Basis des Kauf- und Wohnungseigentumsvertrags einigen Wohnungseigentumsobjekten Balkone, Terrassen und PKW-Abstellplätze als Zubehör zugeordnet sind.

Das Erstgericht bewilligte die begehrte Einverleibung der Löschung eines Pfandrechts, wies jedoch das gesamte restliche Gesuch ab. Gemäß § 2 Abs 3 WEG 2002 könnten die mit den Wohnungseigentumsobjekt baulich verbundenen Liegenschaftsteile wie Balkone und Terrassen, insbesondere aber Abstellplätze für Kraftfahrzeuge nicht im Zubehör-Wohnungseigentum stehen. Während Balkone und Terrassen als Bestandteile des jeweiligen Wohnungseigentumsobjekts zu Zuschlägen bei der Nutzwertermittlung zu führen hätten, komme bei Kfz-Abstellplätzen je nach Widmung der Miteigentümer nur der Verbleib im gemeinsamen Eigentum oder aber die Begründung von Wohnungseigentum daran in Betracht. Die Begründung von Zubehörwohnungseigentum sei nach dem 30. 6. 2002 nicht mehr möglich. Nur Grundbuchsgesuche, die bis 30. 6. 2002 eingebracht worden seien, seien nach den Regelungen des WEG 1975 zu behandeln. Der am 7. 10. 2002 beim Erstgericht eingelangte Grundbuchsantrag sei aber den Bestimmungen des WEG 2002 zu unterstellen.

Einem dagegen erhobenen Rekurs gab das Gericht zweiter Instanz insoweit Folge, als auch der Antrag auf Einverleibung der Löschung eines Pfandrechts die vom Erstgericht bewilligt worden war, abgewiesen wurde. Die Erstantragstellerin hatte nämlich klargestellt, dass dieses Pfandrecht in wirtschaftlichem, rechtlichem und zeitlichem Zusammenhang mit dem weiters überreichten Gesuch stehe und ohne dessen Bewilligung nicht angestrebt werde.

Im Weiteren gab das Rekursgericht dem Rekurs der Antragsteller nicht Folge. Unter Billigung der Lehrmeinung von Vonkilch (in WoBl 2002, 289) teilte das Rekursgericht die Ansicht des Erstgerichtes, dass für Grundbuchsgesuche mit denen die Verbücherung von Wohnungseigentum angestrebt werde, ab dem 1. 7. 2002 nur mehr die Bestimmungen des WEG 2002 in Betracht kämen. Unter Hinweis auf Vonkilch (aaO) monierte das Rekursgericht das Fehlen von Übergangsbestimmungen, die es ermöglichten, Vereinbarungen nach alter Rechtslage auch noch nach Inkrafttreten des WEG 2002 zu verbüchern. Insgesamt beurteilte das Rekursgericht die Darlegungen von Vonkilch als überzeugend, die daraus abzuleitenden Folgerungen als unumgänglich. Ein von den Antragstellern behaupteter Eingriff in privatrechtliche Vereinbarungen werde durch die gesetzlichen Änderungen des WEG 2002 nicht bewirkt.

Das Rekursgericht erklärte den ordentlichen Revisionsrekurs für zulässig, weil noch keine höchstgerichtliche Rechtsprechung zum Übergangsrecht zum WEG 2002 vorliege, insbesondere nicht zur Behandlung von vor dem 30. 6. 2002 abgeschlossenen Wohnungseigentumsverträgen, deren Verbücherung nach dem 1. 7. 2002 begehrt werde.

Rechtliche Beurteilung

Gegen diesen Beschluss richtet sich der Revisionsrekurs der Antragsteller, der aus den vom Rekursgericht bezeichneten Gründen zulässig ist.

Er ist jedoch nicht berechtigt.

Nach überwiegender Meinung der Lehre und Praxis (für viele: Würth in: Sonderprobleme der WE-Begründung, WoBl 2002, 118) wurde mit der durch das WEG 2002 geschaffenen Möglichkeit, Wohnungseigentum an Kfz-Abstellplätzen zu begründen, einem Bedürfnis der Praxis entsprochen.

§ 2 Abs 2 letzter Satz WEG 2002 definiert den "Abstellplatz für ein Kraftfahrzeug" als eine - etwa durch Bodenmarkierung - deutlich abgegrenzte Bodenfläche, die ausschließlich zum Abstellen eines Kraftfahrzeuges gewidmet und dazu nach ihrer Größe, Lage und Beschaffenheit geeignet ist.

Als Folge der obligatorischen Wohnungseigentumsbegründung an allen dazu tauglichen Objekten (§ 3 Abs 2 WEG 2002) muss von vornherein (als Grundlage der Nutzwertermittlung) festgelegt werden, ob und welche Kfz-Abstellplätze in Wohnungseigentum vergeben werden und welche als allgemeine Teile der Liegenschaft den künftigen Gemeinschaftern verbleiben sollen. Eine dritte Möglichkeit besteht nach neuer Rechtslage nicht. Künftig ist die Begründung von Zubehör-Wohnungseigentum an Kraftfahrzeugabstellplätzen nicht mehr zulässig, weil an ihnen ohnedies selbständiges Wohnungseigentum begründet werden kann (vgl RV zu § 56 Abs 1 WEG 2002 abgedruckt in Würth/Zingher, Wohnrecht 2002, 207).

Wurde aber vor dem 1. Juli 2002 ein Abstellplatz für ein Kraftfahrzeug gemäß § 1 Abs 2 WEG 1975 mit einer Wohnung oder sonstigen Räumlichkeit verbunden, so bleibt diese Verbindung zufolge der Übergangsvorschrift des § 56 Abs 1 WEG 2002 weiterhin gültig.

Aus dieser Bestimmung wollen die Antragsteller, gestützt auf die Lehrmeinungen von Call (WEG 2002 - drei Fragen zum Übergangsrecht, WoBl 2002, 253) und Schernthanner (Der Kfz-Abstellplatz im Wohnungseigentumsrecht - was ändert sich durch das neue WEG 2002? immolex 2002, 208) ableiten, dass vor dem 1. Juli 2002 getroffene Vereinbarungen in einem Wohnungseigentumsvertrag weiterhin verbücherbar wären. Zu Recht widerspricht Vonkilch (in: Ausgewählte Übergangsfragen zum WEG 2002, WoBl 2002, 289) dieser Ansicht mit dem Hinweis, dass der Terminus "verbunden" zweifelsfrei an § 1 Abs 2 WEG 1975 angelehnt sei und daher auch spezifisch in dessen auf die Begründung von Wohnungseigentumszubehör durch Verbücherung abstellenden Sinn zu verstehen ist. Auch der Hinweis auf die Materialien (EB zur RV 989 BlgNR XXI. GP 83) macht deutlich, dass es bei der Bestimmung des § 56 Abs 1 WEG 2002 um schon bisher als Zubehör dinglich mit einer Wohnung verbundene Kraftfahrzeugabstellplätze geht. Nicht nur aus der Bestimmung des § 1 Abs 2 WEG 1975 sondern auch aus einer Unzahl von Bestimmungen des WEG 2002 ergibt sich in einer jeden Zweifel ausschließenden Weise, dass der Begriff "Verbindung" sachenrechtlich und nicht schuldrechtlich zu verstehen ist. "Verbindung" bedeutet im wohnungseigentumsrechtlichen Sinn bereits durchgeführte Verbücherung. Das bezweifelt im Übrigen auch Schernthanner (aaO) nicht, wenn er auch aus "Praktikabilitätsgründen" eine abweichende Vorgangsweise für möglich erachtet. Auf Call (aaO) vermag sich der Revisionsrekurs in dieser Frage nicht zu berufen. Call bemüht sich nämlich argumentativ um eine andere Lösung, um das ungewünschte Ergebnis der Frustration der bisher aufgewendeten Kosten für die Wohnungseigentumsbegründung zu vermeiden. Er sieht diese in der Bestimmung des § 55 Satz 2 WEG 2002, der er unter Zugrundelegung gleicher Rechtsqualität einen klaren Vorrang gegenüber § 56 Abs 13 WEG einräumt. Dabei übersieht Call aber, dass die Regelung des § 55 Satz 2 WEG 2002 bloß zum Ausdruck bringt, dass trotz des formellen Außerkrafttretens der Übergangsvorschriften zum WEG 1975, § 29 Abs 1 bis 3 WEG 1975 für die von dieser Norm erfassten Sachverhalte, also Übergangsfälle im Zusammenhang mit dem Inkrafttreten des WEG 1975 sowie dessen beiden Novellierungen im Jahr 1997, auch in Hinkunft anwendbar sein soll. Gerade eine solche Übergangsproblematik zum WEG 1975 liegt aber hier nicht vor, weshalb auch nicht erkennbar ist, welche der Bestimmungen des § 29 Abs 1 bis 3 WEG 1975 den vorliegenden Fall überhaupt lösen könnten.

Für die Übergangsproblematik zum WEG 2002 gilt, wie Vonkilch überzeugend ausführt, folgendes: Gemäß § 56 Abs 1 WEG 2002 soll nur eine vor dem 1. 7. 2002 vorgenommene Verbücherung von Wohnungseigentumszubehör weiter gültig bleiben. Gemäß § 56 Abs 2 WEG 2002 muss jede weitere Wohnungseigentumsbegründung nach dem 30. 6. 2002 bereits § 3 Abs 2 WEG 2002 entsprechen. § 56 Abs 13 WEG 2002 normiert, dass, soferne nicht eine besondere Regelung getroffen ist, ab 1. 7. 2002 bereits die Regelungen des WEG 2002 maßgeblich sind. Daraus ergibt sich zwingend, dass sämtliche Verbücherungen nach dem 1. 7. 2002 den Vorschriften des WEG 2002 entsprechen müssen (exakt ist natürlich der Zeitpunkt des Einlangens des in weiterer Folge bewilligten Grundbuchsgesuchs maßgeblich).

Dieser Rechtsansicht, die im Übrigen auch von Böhm (Das Wohnungseigentumsgesetz, bbl 2002, 140) und Würth (aaO) geteilt wird, schließt sich der erkennende Senat vorbehaltslos an.

Dass für die Antragsteller bereits vor dem 1. 7. 2002 Zusagen der Einräumung von Wohnungseigentum gemäß § 24a WEG 1975 angemerkt waren, lässt keine andere Beurteilung zu. Die Revisionsrekurswerber verkennen das Institut der Anmerkung der Einräumung von Wohnungseigentum gemäß § 24a Abs 2 WEG, das der Rangsicherung des Wohnungseigentumsbewerbers dient (wie nunmehr § 40 Abs 2 WEG 2002) und bloß eine Zusage der Einräumung von Wohnungseigentum voraussetzt. Eine "Verbindung" iSd § 56 Abs 1 WEG wird mit einer solchen Anmerkung nicht geschaffen.

Auch das Argument der Revisionsrekurswerber, durch die Bestimmungen des WEG 2002, insbesondere durch das Fehlen einer spezifischen Übergangsvorschrift werde in materiell erworbene Rechte eingegriffen, trägt nicht. Zwar ist die gesetzliche Änderung mit einem zusätzlichen finanziellen und zeitlichen Aufwand verbunden, weil die Gesuche in eine der gesetzlichen Neuordnung angepassten Form gebracht werden müssen. Dass die Vertragsparteien an einen "unerfüllbar gewordenen Vertrag" nicht mehr gebunden wären und zum Abschluss eines neuen Vertrags nicht verpflichtet werden könnten, entbehrt jedoch jeglicher rechtlicher Grundlage. Wohlerworbene Anwartschaftsrechte werden tatsächlich nicht beeinträchtigt. Die Antragsteller, deren Rang nach § 40 Abs 2 und 4 WEG 2002 gesichert bleibt und die infolge der bisherigen Vereinbarungen im Wohnungseigentumsvertrag bereits über eine Widmung der ausschließlichen Nutzung und alleinigen Verfügung über die Abstellplätze iSd § 2 Abs 1 WEG 2002 verfügen, sind sehrwohl in der Lage nach Anpassung der Urkunden an die neue Rechtslage die grundbücherliche Durchführung ihrer Vereinbarungen zu erwirken.

Aus den dargestellten Gründen war dem Revisionsrekurs der Erfolg zu versagen (vgl auch 5 Ob 168/03x vom 21. 10. 2003).

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