OGH 5Ob200/03b

OGH5Ob200/03b7.10.2003

Der Oberste Gerichtshof hat durch die Senatspräsidentin des Obersten Gerichtshofes Hon. Prof. Dr. Langer als Vorsitzende sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Floßmann und Dr. Baumann und die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofes Dr. Hurch und Dr. Kalivoda als weitere Richter in der Grundbuchsache der Antragsteller 1. Christian D*****2. Maria D*****, beide vertreten durch Mag. Rupert Rausch, Rechtsanwalt in Wien, wegen Einverleibung von Fruchtgenussrechten ob der EZ ***** Grundbuch *****, infolge Revisionsrekurses der Antragsteller gegen den Beschluss des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien als Rekursgericht vom 28. Mai 2003, AZ 46 R 327/03h, womit der Beschluss des Bezirksgerichtes Favoriten vom 17. April 2003, TZ 1653/2003, bestätigt wurde, nachstehenden

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.

Text

Begründung

Ob der Liegenschaft EZ ***** Grundbuch ***** ist für die Antragsteller zu je 61/5350 Anteilen das Eigentum einverleibt, die Anteile gemäß § 5 Abs 3 und § 13 Abs 3 WEG 2002 verbunden (Eigentümerpartnerschaft) und das Wohnungseigentum an W 14 Stiege II einverleibt.

Im Rahmen des Kaufvertrages über die Liegenschaftsanteile vom 19. März 2003 räumten sich die Antragsteller einander wechselseitig an ihren jeweiligen halben Mindestanteilen ein Veräußerungs- und Belastungsverbot gemäß § 364c ABGB ein. Weiters erklärten sie, dass sie in aufrechter Ehe miteinander lebten und den Vertragsgegenstand gemeinsam völlig gleichberechtigt als Ehewohnung benützen wollten. Unter Punkt 8.2 dieses Kaufvertrages räumten die Antragsteller einander weiters ob ihrer jeweiligen 61/5350 Anteile, also hinsichtlich ihres jeweiligen halben Mindestanteils "das Fruchtgenussrecht im Sinn der §§ 509 ff ABGB" ein. Entsprechende Aufsandungserklärungen wurden im Vertrag abgegeben.

Mit Beschluss des Bezirksgerichtes Favoriten vom 17. 4. 2003 TZ 1653/2003 wurde den Antragstellern antragsgemäß ein wechselseitiges Belastungs- und Veräußerungsverbot auf ihren Anteilen B-LNr 63 und B-LNr 64 einverleibt. Das Begehren um Einverleibung des vereinbarten Fruchtgenussrechtes wies das Erstgericht mit der Wiedergabe des § 13 Abs 3 erster Satz WEG 2002 ab.

Einem von den Antragstellern gegen den abweisenden Teil dieser Entscheidung erhobenen Rekurs gab das Gericht zweiter Instanz nicht Folge.

Das wechselseitige Belastungs- und Veräußerungsverbot, das beim Ehegattenwohnungseigentum nach § 9 WEG 1975 für zulässig angesehen worden sei (NZ 1984/17), sei nicht mit dem begehrten wechselseitigen Fruchtgenussrecht zu vergleichen. Während Ersteres der Verhinderung von Belastungen diene, stelle das Fruchtgenussrecht selbst eine Belastung dar. Eine solche Belastung sei aber nur unter den Beschränkungen des § 13 Abs 3 WEG zulässig. Ein wechselseitiges Fruchtgenussrecht stelle eben keine gemeinsame, gleiche Belastung der halben Mindestanteile dar. Überdies widerspreche es der Bestimmung des § 13 Abs 5 WEG 2002, wonach die mit dem gemeinsamen Wohnungseigentum verbundenen Befugnisse zur Mitwirkung an der Entscheidungsfindung in der Eigentümergemeinschaft den Parteien nur gemeinsam zustünde. Zwar könne das Fruchtgenussrecht an räumlich bestimmten Teilen einer Sache bestehen. Ebensowenig wie das Wohnungsrecht könne es aber an einem ideellen Miteigentumsanteil eingeräumt werden, weil einem schlichten Miteigentümer kein Recht auf Nutzung eines bestimmten Liegenschaftsanteils zustehe (1 Ob 139/00y). Entsprechendes müsse auch für das gemeinsame Wohnungseigentum von Partnern im Sinn des § 13 WEG 2002 gelten.

Das Rekursgericht erklärte den ordentlichen Revisionsrekurs für zulässig, weil höchstgerichtliche Rechtsprechung zur Frage, ob § 13 Abs 3 WEG 2002 die Einverleibung eines wechselseitigen Fruchtgenussrechtes auf den halben Mindestanteilen der Wohnungseigentumspartner hindere, nicht bestehe.

Gegen diesen Beschluss richtet sich der Revisionsrekurs der Antragsteller mit dem Antrag auf Abänderung im Sinn einer Bewilligung der begehrten Eintragung.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs ist aus den vom Rekursgericht angeführten Gründen zulässig. Er ist jedoch nicht berechtigt.

Gegenstand eines Fruchtgenussrechtes kann unstrittig auch bloß ein ideeller Anteil an einer Liegenschaft sein (EvBl 1999/1 = NZ 1999/435 mit Zustimmung Hoyer; Hofmann in Rummel² Rz 2 zu § 509 ABGB mwN; 5 Ob 309/01d ua).

Eigentumspartner im Sinn des § 13 WEG 2002, welche Bestimmung insofern nicht von § 9 Abs 2 WEG 1975 abweicht, sind Eigentümer ideeller Anteile an der Liegenschaft, die untrennbar miteinander verbunden sind. Die Verbindung ist derart, dass, solange die Eigentümerpartnerschaft besteht, die Anteile nicht getrennt oder nur gemeinsam beschränkt, belastet, veräußert oder der Zwangsvollstreckung unterworfen werden dürfen (§ 13 Abs 3 WEG 2002).

Dass dennoch die Einverleibung eines wechselseitigen Belastungs- und Veräußerungsverbots auch im Fall eines Ehegattenwohnungseigentums (nun Eigentümerpartnerschaft) zulässig ist, entspricht ständiger höchstgerichtlicher Rechtsprechung (vgl SZ 57/63; SZ 73/193; RIS-Justiz RS0010790). Die Bestimmung des § 9 Abs 2 WEG 1975 (insofern gleichlautend § 13 Abs 3 WEG 2002) steht dem nicht entgegen. Der Forderung, dass die Belastungen auf den beiden Hälfteanteilen des Mindestanteils nicht nur gleichartig, sondern auch ident sein müssen, wird im Fall eines wechselseitigen Veräußerungs- und Belastungsverbots durch eine völlig idente Verfügungsbeschränkung Rechnung getragen. Bezüglich beider Teile am Mindestanteil können nämlich nur mehr beide Ehegatten (nun Eigentumspartner) gemeinsam verfügen. Dass sich dies beim Anteil des einen aus seinem Eigenrecht und dem sich aus dem Verbot ergebenden Recht am anderen Teil und umgekehrt zusammensetzt, kann nicht als verschiedene Belastung oder Beschränkung aufgefasst werden (SZ 57/63; RIS-Justiz RS0010790).

Wendet man dieses Konzept der identen Belastung, zusammengesetzt aus dem Eigenrecht und dem vertraglich eingeräumten Recht am Hälfteanteil des Mindestanteils des anderen auf den Fall der Einräumung einer (wechselseitigen) Dienstbarkeit an, so ergibt sich zunächst die rechtliche Unmöglichkeit einer solchen Begründung. Damit würden ranggleiche Dienstbarkeiten an derselben Sache geschaffen, die inhaltlich übereinstimmen und einander ausschließen. Der erkennende Senat hat schon ausgesprochen, dass es zwar grundsätzlich möglich ist, dass Miteigentümer einander Dienstbarkeiten einräumen. Wird jedoch einem Miteigentümer ein Fruchtgenussrecht (dort: Wohnungsfruchtgenussrecht) an der ganzen Liegenschaft eingeräumt, so schließt dies die gleichzeitige Begründung eines Wohnungsgebrauchsrechts (auch eines Wohnungsfruchtgenussrechts) für einen anderen Miteigentümer aus (NZ 1997/379 mit Zustimmung Hoyer). In diesem Sinn wurde in SZ 67/109 ausgesprochen, dass ein einverleibtes Fruchtgenussrecht, da es gemäß § 511 ABGB das Recht auf den vollen, sowohl den gewöhnlichen als auch den ungewöhnlichen Ertrag gewährt, der Begründung jedes weiteren (auch nachrangigen) Rechts auf dieselben Liegenschaftsnutzungen entgegensteht.

Unter Berücksichtigung des das Servitutsrecht beherrschenden Grundsatzes, dass niemand ein Recht an eigener Sache begründen kann (§§ 1445, 526 ABGB), stünde jedem der Eigentumspartner das Fruchtgenussrecht am halben Mindestanteil des anderen zu. Damit käme es aber zu verschiedenen Belastungen der halben Mindestanteile. Idente Belastung heißt nämlich auch personell idente Belastung (vgl S. Ganzner in Hausmann/Vonkilch Rz 10 zu § 13 WEG unter Hinweis auf Zingher ÖJZ 1976, 225).

Das Begehren um Einverleibung eines (wechselseitigen) Fruchtgenussrechtes für jeden einzelnen Wohnungseigentumspartner jeweils am Hälfteanteil des Mindestanteils des anderen scheitert daher an der Bestimmung des § 13 Abs 3 WEG, weil eine unterschiedliche Belastung der Anteile am Mindestanteil rechtlich nicht möglich ist.

Dem Revisionsrekurs war daher der Erfolg zu versagen.

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