OGH 3Ob303/02h

OGH3Ob303/02h26.9.2003

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Schiemer als Vorsitzenden sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Graf, Dr. Pimmer, Dr. Zechner und Dr. Sailer als weitere Richter in der Pflegschaftssache der mj. Kinder Raphaela R*****, geboren am 11. Juli 1991, und Patrick R*****, geboren am 18. Dezember 1993, in Obsorge ihrer Mutter Ulrike R*****, diese vertreten durch Dr. Clement Achammer u.a. Rechtsanwälte in Feldkirch, infolge Revisionsrekurses des Vaters Gerhard R*****, vertreten durch Dr. Ernst Hagen und Dr. Günther Hagen, Rechtsanwälte in Dornbirn, gegen den Beschluss des Landesgerichts Feldkirch als Rekursgericht vom 12. September 2002, GZ 1 R 183/02y-70, womit der Beschluss des Bezirksgerichts Dornbirn vom 19. Juli 2001, GZ 8 P 51/99h-63, teils bestätigt und teils abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung folgenden

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Dem Revisionsrekurs wird teilweise Folge gegeben.

In Ansehung der Anträge des Vaters,

1.) berechtigt zu sein, Informationen über die schulischen Leistungen der beiden Kinder Raphaela und Patrick R***** durch Lehrpersonen einzuholen, und

2.) über die sportliche und Freizeit-Tätigkeit der Kinder verständigt zu werden sowie frühzeitig verständigt zu werden, wenn eines der Kinder an Sportveranstaltungen teilnimmt (Schikurse, Fußballspiele etc.),

werden die Beschlüsse der Vorinstanzen aufgehoben. Dem Erstgericht wird insoweit die neuerliche Entscheidung nach Verfahrensergänzung aufgetragen.

Im Übrigen wird die Rekursentscheidung bestätigt.

Text

Begründung

Die Ehe der Eltern der jetzt 12jährigen Raphaela und des jetzt 9jährigen Patrick wurde mit Beschluss des zuständigen Bezirksgerichts vom 10. März 1999 im Einvernehmen geschieden. Die Obsorge für beide Kinder kommt der Mutter zu, welche die Kinder auch in ihrem Haushalt betreut. Nachdem bei der Ausübung des Besuchsrechts durch den Vater Irritationen auftraten, einigten sich die Eltern am 16. März 2000 vor Gericht auf eine Änderung der Besuchsregelung. Dabei wurde auch darüber gesprochen, dass Raphaela Spannungen zwischen den Eltern aus dem Weg gehe, indem sie den Kontakt zum Vater ablehne. Nach neuerlich auftretenden Problemen verglichen sich die Eltern am 12. Dezember 2000 auf eine geänderte Besuchsregelung. Dabei stellten die Eltern fest, dass Raphaela derzeit eine Besuchsausübung durch den Vater nicht wünsche. Der Vater akzeptierte (derzeit) diesen Zustand und erklärte seine Absicht, auch in Zukunft den Willen seiner Tochter zu respektieren. Seit Mai 2000 verweigert Raphaela jegliche Besuche beim Vater; Patrick lehnt seit Jänner 2001 Besuche beim Vater ab.

Am 20. Mai 2001 beantragte der Vater die Einhaltung der Besuchsregelung durch die Mutter. Diese setze die Kinder so unter Druck, dass sie sich weigerten, die Besuchstermine wahrzunehmen. Sie lasse die Kinder spüren, dass sie Besuche beim Vater nicht wolle. Mit Schriftsatz vom 18. Jänner 2002 beantragte der Vater u.a. die Wiederaufnahme der Besuchstage unter Einschaltung einer Besuchsbegleitung, und bis zu jenem Tag, an dem regelmäßige Besuche wieder stattfänden, die Ermöglichung seiner vollen Information gemäß § 178 Abs 1 ABGB auch über minderwichtige Angelegenheiten, insbesondere durch Kontaktaufnahme mit den Lehrpersonen der Kinder und ihren Betreuern im Freizeitbereich.

Die Mutter beantragte, dem Vater das Recht auf persönlichen Verkehr mit den beiden Kindern zu untersagen.

Mit Schriftsatz vom 22. Februar 2002 brachte der Vater vor, die Mutter informiere ihn nicht ausreichend über das Befinden und den schulischen Erfolg der Kinder. Er begehre die "volle Information über das Leben der Kinder über das Bezirksgericht Dornbirn" oder a) Information durch die Lehrpersonen, b) Zusendung einer Kopie der Zeugnisse, c) Information über die sportliche und Freizeit-Tätigkeit der Kinder, frühzeitige Verständigung, wenn eines der Kinder an Sportveranstaltungen teilnimmt (Schikurse, Fußballspiele etc.), d) die Verständigung, wenn eines der Kinder erkrankt oder verunfallt, und e) Bekanntgabe von Urlaubsaufenthalten und einer Kontaktadresse, damit eine Verständigung möglich sei.

Das Erstgericht verpflichtete die Mutter, dem Vater binnen einer Woche nach Erhalt je eine Kopie des Halbjahres- und Jahreszeugnisses der Kinder zu übermitteln (Punkt I.1.), ihn von ernsthaften Erkrankungen und Unfällen umgehend zu verständigen (Punkt I.2.) sowie spätestens eine Woche vor etwaigen Urlaubsreisen über Ort und Dauer der Reise zu verständigen (Punkt I. 3.) und berechtigte den Vater, Informationen über die schulischen Leistungen der Kinder bei den Lehrpersonen einzuholen (Punkt II.). Die übrigen Anträge des Vaters (erkennbar gemeint: betreffend Informationsrechte) vom 18. Jänner und 22. Februar 2002 wies es ab (Punkt III.).

Die Erstrichterin stützte Punkt I.) auf die freiwillige Bereitschaft der Mutter zur Übermittlung dieser Informationen an den Vater und stellte noch fest, die Kinder hätten ihre Freizeit- und Sportaktivitäten (Fußball- und Volleyballspiel) beendet, weil der Vater gegen ihren Willen zu diversen Trainingseinheiten gekommen sei und dort Kontakt zu ihnen gesucht habe. Wichtige Mitteilungen des Vaters an die Kinder wären während deren Urlaubsaufenthalte über die mütterliche Großmutter möglich. Rechtlich folgerte die erste Instanz, dass es sich bei die Schule betreffenden Belangen um wichtige Angelegenheiten iSd § 178 ABGB handle, zumal der Vater auf Grund des mangelnden Besuchskontakts über seine Kinder keine Informationen von deren schulischen Erfolgen besorgen und es aufgrund der Zeugnisse durchaus zweckmäßig sein könne, dass sich der Vater bei den Lehrpersonen über die schulischen Leistungen (seiner Kinder) erkundigen könne. Die Mutter sei aber nicht zur Bekanntgabe einer Urlaubsadresse an den Vater zu verpflichten, weil es ausreichend erscheine, dass er wichtige, ihn betreffende Mitteilungen, etwa eine schwere Erkrankung den Kindern bzw. der Mutter über die mütterliche Großmutter mitteilen könne. Die Mutter sei auch nicht dazu zu verpflichten, den Vater über sportliche und Freizeitaktivitäten der Kinder zu informieren. Denn gerade solche Informationen hätten dazu geführt, dass die Kinder mit sämtlichen Freizeit- und Sportaktivitäten aufgehört hätten und dies sicher nicht dem Kindeswohl entspreche, dass die Kinder dies tun, nur weil der Vater auf diesem Weg einen von den Kindern nicht gewünschten Kontakt zu ihnen suche.

Über Rekurse beider Elternteile änderte das Rekursgericht diesen Beschluss teilweise dahin ab, dass es zu Punkt I.) die Mutter zusätzlich verpflichtete, dem Vater zusammen mit den Halbjahres- und Jahreszeugnissen jeweils ein aktuelles Foto seiner beiden Kinder zu übermitteln (Punkt 2. der Rekursentscheidung) und zu Punkt II. den Antrag des Vaters, er sei berechtigt, Informationen über die schulischen Leistungen der Kinder bei den Lehrpersonen einzuholen, abwies (Punkt 1. der Rekursentscheidung). Im Übrigen gab es dem Rekurs des Vaters nicht Folge (Punkt 3. der Rekursentscheidung).

Mit § 178 ABGB idFd KindRÄG 2001 sei der Kreis jener Angelegenheiten, auf die sich die Informations- und Äußerungsrechte des nicht obsorgeberechtigten Elternteils beziehen, deutlich erweitert worden, im Besonderen auch in schulischen Angelegenheiten. Nach der Neuregelung müsse zwar der mit der Obsorge betraute Elternteil dem anderen nicht jedes Zeugnis übermitteln, er müsse ihm aber Gelegenheit geben, sich einen informativen Überblick über den Fortgang der schulischen oder sonstigen Ausbildung des Kindes zu verschaffen. Dazu diene im Besonderen die Information über den Schulerfolg am Ende des Schuljahrs sowie im Einzelfall die Information über eine signifikante nachhaltige Verschlechterung oder auch Verbesserung im Schulerfolg auch während des Schuljahrs. Diese Informations- und Äußerungsrechte würden sich erweitern, wenn trotz der Bereitschaft des nicht mit der Obsorge betrauten Elternteils der Kontakt mit den Kindern - aus welchen Gründen immer - nicht regelmäßig stattfinde. In diesem Fall habe der betreffende Elternteil das Recht, von beabsichtigten Maßnahmen auch in minder wichtigen Angelegenheiten, außer in Angelegenheiten des täglichen Lebens, rechtzeitig verständigt zu werden und sich hiezu in angemessener Frist zu äußern. Auf ein schuldhaftes Verhalten etwa iS eines Vereitelns des Kontakts komme es für die Ausweitung der Informations- und Äußerungsrechte nicht an.

Bei beharrlicher Verletzung der Informationspflichten durch den mit der Obsorge betrauten Elternteil habe das Gericht nach § 178 Abs 2 ABGB auf Antrag und - sofern das Kindeswohl gefährdet scheine - auch von Amts wegen angemessene Verfügungen zu treffen. Als solche kämen entsprechende, nach § 19 AußStrG zu vollziehende Aufträge des Gerichts an den mit der Obsorge betrauten Elternteil sowie Ermächtigungen des Gerichts an den verkürzten Elternteil in Betracht, sich unmittelbar, etwa in der Schule, auch ohne Einverständnis des anderen Elternteils die ihm zustehenden Informationen zu verschaffen. Außer dem Fall der ernstlichen Gefährdung des Kindeswohls könne es zu einer Einschränkung oder Entziehung der nach § 178 Abs 1 ABGB zustehenden Rechte auch bei deren rechtsmissbräuchlichen oder für den obsorgenden Elternteil unzumutbaren Inanspruchnahme kommen. In diesen Fällen seien die Informations- und Äußerungsrechte durch das Gericht auf Antrag einzuschränken oder zu entziehen. Adressat des Informationsanspruchs des nicht mit der Obsorge betrauten Elternteils sei nach dem Wortlaut des § 178 Abs 1 ABGB der mit der Obsorge betraute Elternteil. Der Anspruch berechtige den Informationsberechtigten zunächst ohne gerichtliche Verfügung nicht, die geforderten Informationen unmittelbar bei Dritten, etwa bei Lehrpersonen, Trainern, Betreuern oder Ärzten einzuholen.

Im vorliegenden Fall erhalte der Vater durch die Übermittlung der Zeugnisse in ausreichender Form Gelegenheit, sich einen informativen Überblick über den Fortgang der schulischen Ausbildung der Kinder zu verschaffen. Da schulische Probleme der Kinder nicht festgestellt worden seien, bestehe kein Anlass für eine gerichtliche Verfügung nach § 178 Abs 2 ABGB, den Vater zu ermächtigen, unabhängig von den ihm von der Mutter übermittelten Informationen im direkten Wege über die Lehrpersonen Informationen über die schulischen Leistungen der Kinder einzuholen. Sollte sich in der Zukunft die Notwendigkeit weiterer Informationen über die schulischen Leistungen der Kinder ergeben und würden diese weiteren Informationen von der Mutter nicht erteilt, müssten der Mutter zunächst iSd § 178 Abs 2 ABGB die entsprechenden Aufträge erteilt werden. Hiezu bestehe jedoch angesichts der derzeit ausreichenden Information über die schulischen Leistungen der Kinder kein Anlass. Daher sei der Antrag des Vaters, ihn zu ermächtigen, Informationen über die schulischen Leistungen der Kinder bei den Lehrpersonen einzuholen, abzuweisen.

Dem ausgedehnteren Informationsanspruch entspreche u.a. auch die Zusendung aktueller Fotos der Kinder in angemessenen Zeitabständen, in concreto in halbjährlichen Abständen zusammen mit den Halbjahres- und Jahreszeugnissen der Kinder. Fotos der Kinder könnten auf einfache, aber aussagekräftige und die Persönlichkeitssphäre der Kinder schonende Weise einen Eindruck von der gegenwärtigen Situation und vom Entwicklungsstand vermitteln.

Der vom Vater im Rekurs angestrebten beschlussmäßigen Feststellung, seine Informations- und Äußerungsrechte bestünden auch in minderwichtigen Angelegenheiten, bedürfe es nicht, weil sich dies unmittelbar aus § 178 Abs 1 ABGB ergebe. Die angestrebte Bekanntgabe der konkreten Kontaktadresse am Urlaubsort sei nicht erforderlich, wenn sie - wie der Vater selbst ausführe - nur für Verständigungen der Kinder durch ihn in Ausnahmesituationen diene, könnten doch diese Mitteilungen auch im Wege der mütterlichen Großmutter übermittelt werden.

Die vom Vater gewünschte volle Information über sportliche Aktivitäten und Freizeittätigkeiten der Kinder und seine rechtzeitige Information über Sportveranstaltungen, an denen die Kinder teilnehmen, stehe im konkreten Fall im Widerspruch zur Interessenlage der Kinder an einer ungestörten Sportausübung und Freizeitgestaltung. Die Versuche des Vaters, mit seinen Kindern während ihrer Sportausübung in Kontakt zu treten, wozu er in der Vergangenheit die Information über die Freizeitgestaltung und die sportlichen Aktivitäten der Kinder verwendet habe, entsprächen angesichts der derzeit bestehenden Ablehnung der Kinder ihrem Vater gegenüber nicht dem Kindeswohl. Der Vater führe in seinem Rekurs wohl an, dass andere, im Verfahren bisher nicht behandelte Gründe für diesen Rückzug der Kinder ausschlaggebend gewesen seien, nenne aber auch selbst im Rekurs solche anderen Gründe nicht. Dem gegenüber habe Raphaela bei ihrer Anhörung am 4. Juli 2002 angegeben, dass der Vater fast zu jedem Volleyballtraining gekommen sei und sie "belästigt" habe, auch Patrick habe das Fussballspiel aufgegeben, weil der Vater immer zum Training gekommen sei. Dass der Vater solche Kontakte mit den Kindern u.a. bei der Sportausübung der Kinder versucht habe, ergebe sich auch aus der Aussage der Mutter und in Ansätzen auch aus der Aussage des Vaters. Angesichts der derzeit bestehenden Ablehnung der Kinder gegenüber dem Vater entsprächen solche Versuche der Aufnahme des Kontakts mit den Kindern, wozu der Vater in der Vergangenheit die Information über die Freizeitgestaltung und die sportlichen Aktivitäten der Kinder verwendet habe, nicht dem Kindeswohl. Insoweit habe das Erstgericht zu Recht davon abgesehen, die Mutter in diesem Zusammenhang zu einer Information über die Freizeitgestaltung und sportlichen Aktivitäten der Kinder zu verpflichten.

Rechtliche Beurteilung

Der von der zweiten Instanz - mit der Begründung, es fehle Rsp des Obersten Gerichtshofs zu den Informations- und Äußerungsrechten des nicht mit der Obsorge betrauten Elternteils, der Ausweitung bzw Einschränkung dieser Rechte und zu gerichtlichen Verfügungen über die Erteilung von Informationen nach § 178 ABGB idFd KindRÄG 2001 - zugelassene Revisionsrekurs des Vaters ist zulässig und teilweise berechtigt.

a) § 178 Abs 1 ABGB lautet nach seiner Änderung durch das KindRÄG 2001 BGBl I 2000/135: Soweit ein Elternteil nicht mit der Obsorge betraut ist, hat er, außer dem Recht auf persönlichen Verkehr, das Recht, von demjenigen, der mit der Obsorge betraut ist, von wichtigen Angelegenheiten, insbesondere von beabsichtigten Maßnahmen nach § 154 Abs 2 und 3 (ABGB), rechtzeitig verständigt zu werden und sich hiezu in angemessener Frist zu äußern. Findet trotz Bereitschaft des nicht mit der Obsorge betrauten Elternteils ein persönlicher Verkehr mit dem Kind nicht regelmäßig statt, so stehen diese Rechte auch in minderwichtigen Angelegenheiten zu, sofern es sich dabei nicht bloß um Angelegenheiten des täglichen Lebens handelt. Die Äußerung ist zu berücksichtigen, wenn der darin ausgedrückte Wunsch dem Wohl des Kindes besser entspricht.

Nach den Zielsetzungen des KindRÄG 2001 sollte das Recht auf persönlichen Verkehr, das nach dem Wortlaut des Gesetzes bisher dem nicht mit Pflege und Erziehung betrauten Elternteil eingeräumt war, primär als Recht des Kindes normiert werden. Damit sollte nicht zuletzt psychologischen und soziologischen Erkenntnissen Rechnung getragen werden, wonach die Aufrechterhaltung ausreichender persönlicher Kontakte zwischen dem Kind und dem Elternteil, bei dem es nicht lebt, für die weitere Entwicklung des Kindes von besonderer Bedeutung ist (RV, 296 BlgNR 21. GP, 34). Die Konzeption des Rechts auf persönlichen Verkehr primär als Recht des Kindes enthalte auch eine - gegenüber der in der Rsp bereits bisher angenommenen - verstärkte Verpflichtung des betreuenden Elternteils, die Aufrechterhaltung der Kontakte des Kindes mit dem anderen Elternteil zu fördern. Zur Gewährleistung des für die Persönlichkeits- und Charakterbildung wichtigen persönlichen Kontakts zum nicht erziehenden Elternteil könne und solle die Tatsache nutzbar gemacht werden, dass dieser Kontakt dem nicht betreuenden Elternteil jene Informationen verschaffe, derer er zur Wahrnehmung seiner Verantwortung gegenüber dem Kind bedürfe. Vereitle der mit der Obsorge betraute Elternteil ohne gerechtfertigten Grund den persönlichen Verkehr mit dem Kind, so müsse sich der nicht mit der Obsorge betraute Elternteil diese notwendigen Informationen auf andere Art und Weise beschaffen können. Um nach Möglichkeit den Abbruch der Beziehung (der auch auf Desinformation beruhen könne) hintanzuhalten, sollten bei einer Vereitelung des persönlichen Verkehrs ohne gerechtfertigten Grund durch den mit der Obsorge betrauten Elternteil erweiterte Informations- und Äußerungsrechte die notwendige Information gewährleisten (so die RV aaO 34 f). Der Entwurf knüpfe an eine wichtige Beobachtung in der Praxis an: In den Problemfällen sei der mit der Obsorge betraute Elternteil meist subjektiv überzeugt, dass gute Gründe vorliegen, die die Kontakte mit dem anderen Elternteil für das Kind als nachteilig oder gar als gefährlich erscheinen lassen, obwohl diese Befürchtungen objektiv zumindest nicht in diesem Ausmaß berechtigt seien (RV aaO 35).

Der Wahrheitsgehalt dieser Vorbehalte ist Beweisfrage im anhängigen Verfahrens über den Antrag des Vaters auf Regelung des Besuchsrechts (§ 148 Abs 1 ABGB) bzw. der Mutter auf Untersagung des persönlichen Kontakts (§ 148 Abs 2 zweiter Fall ABGB). Hier ist lediglich Entscheidungsgegenstand, wie die Informations- und Äußerungsrechte des Vaters nach § 178 ABGB gesichert werden können.

b) Zu Recht hat das Rekursgericht ausgesprochen, dass der Schulerfolg eines Kindes eine wichtige Angelegenheit iSd § 178 Abs 1 ABGB nF ist. Schon vor dem KindRÄG 2001 wurde die Schulausbildung zu jenen wichtigen Fragen gezählt, zu welchen sich der nicht erziehungsberechtigte Elternteil gemäß § 178 Abs 1 ABGB zu äußern berechtigt ist (stRsp, zuletzt 8 Ob 47/00w = EFSlg 93.189 f; RIS-Justiz RS0048832). Die Informations- und Äußerungsrechte erweitern sich noch über die wichtigen Angelegenheiten hinaus auf alle Angelegenheiten (mit Ausnahme jener des täglichen Lebens), wenn - wie hier - trotz Bereitschaft des Informationsberechtigten kein persönlicher Kontakt mit den Kindern stattfindet. Dabei stehen die Ausübung des Besuchsrechts und die Informations- und Äußerungsrechte des nicht mit der Obsorge betrauten Elternteils in einer Wechselbeziehung. Je mehr der nicht mit der Obsorge betraute Elternteil Gelegenheit hat, sich bei Besuchskontakten zu informieren, desto geringer wird sein vom Gericht zu berücksichtigendes Interesse an einem darüber hinausgehenden Informations- und Äußerungsrecht sein; je seltener die Besuchskontakte sind, desto mehr ist der nicht mit der Obsorge Betraute auf Informationen (auch von dritter Seite) angewiesen, um seine Verantwortung als Elternteil erfüllen zu können.

Vor dem Hintergrund, dass mit der Novelle des KindRÄG 2001 die Bedeutung des nicht obsorgebetrauten Elternteils für die positive Entwicklung des Kindes anerkannt und mit der Zielsetzung verbunden wurde, die Möglichkeit des Abbruchs der Beziehung, der auch auf Desinformation durch den Obsorgeberechtigten beruhen kann, hintanzuhalten, erweist sich aber bei fehlenden persönlichen Kontakten die bloße Übermittlung der Jahres- und Halbjahreszeugnisse - wenn auch im Zusammenhang mit der Übermittlung von aktuellen Fotos der Kinder - an den am weiteren Kontakt interessierten Vater als nicht ausreichend. Denn die Schulnoten allein verschaffen dem Elternteil noch keinen Überblick über Begabungen, Neigungen, Interessen oder Schwächen des Kindes. Ein solcher Gesamteindruck von der persönlichen Entwicklung des Kindes ist aber zur Wahrnehmung der elterlichen Verantwortung notwendig, wenn der nicht obsorgeberechtigte Elternteil bei einer später immerhin möglichen Kontaktaufnahme dem Kind etwa bei der Wahl weiterer Ausbildungswege beratend zur Seite stehen soll.

Der Auffassung der zweiten Instanz, wonach dann, wenn sich die Notwendigkeit nach weiteren Informationen ergäbe (erkennbar in concreto gemeint: nach schulischen Problemen), zunächst ein Auftrag an die Mutter erteilt werden müsste, ist grundsätzlich beizupflichten. Denn nach den EB müsse sich der nicht mit der Obsorge betraute Elternteil erst dann, wenn der mit der Obsorge betraute Elternteil ohne gerechtfertigten Grund den persönlichen Verkehr mit dem Kind vereitle, diese notwendigen Informationen auf andere Art und Weise beschaffen können. Damit richten sich die Informationsrechte weiterhin grundsätzlich zuerst gegen den Obsorgeberechtigten. Es ergibt sich die Berechtigung des nicht mit der Obsorge betrauten Elternteils zur Information über alle (nicht bloß alltäglichen) Angelegenheiten seiner Kinder, wenn er glaubhaft macht, nur so spärliche Informationen zu erhalten, dass ihm die Kinder entfremdet werden. Allerdings muss auch hier zunächst vom Gericht ein entsprechender Auftrag an den Obsorgeberechtigten zur Information erteilt werden. Nach den EB wird das Gericht bei einem darauf gerichteten Antrag des Informationsberechtigten dem anderen Elternteil "entsprechende Aufträge" zu erteilen haben, die nach § 19 AußStrG in Vollzug zu setzen sind. Erst eine "weitere Stufe" könne sein, dass das Gericht den nicht betreuenden Elternteil ermächtige, sich ohne Zustimmung des anderen etwa bei Lehrern oder behandelnden Ärzten selbst zu informieren (RV aaO 68). Daraus lässt sich nicht der Wille des Gesetzgebers ableiten, dass zur Ermächtigung des Vaters zur direkten Einholung von Informationen über sein Kind, etwa bei Lehrern, der vorherige ungeachtet § 19 AußStrG erfolglose (gerichtliche) Auftrag an die Mutter zur Erteilung dieser Informationen nicht notwendig ist. Eine Ausnahme von diesem allgemeinen Grundsatz kann aber jedenfalls dann vorliegen, wenn - was hier aber noch nicht feststeht -, der Obsorgeberechtigte es grundsätzlich ablehnt, dem nicht Obsorgeberechtigten die aus Gesprächen mit Lehrern und Erziehern gewonnenen konkreten Auskünfte und Erkenntnisse weiterzuleiten und die Kontaktaufnahme des Vaters mit den Lehrern der Kinder sogar gegenüber den Lehrern ablehnt. Voraussetzung dafür, dass das Gericht solche vorherigen (Einzel-)Aufträge an den Obsorgeberechtigten (= Informationspflichtigen) für unzweckmäßig erachtet, ist etwa, dass solche unüberbrückbaren Kommunikationsstörungen zwischen den Elternteilen herrschen, die zu einer fehlenden Information des Informationsberechtigten führen müssen. In einem solchen Fall hat der erkennende Senat keine Bedenken dagegen, dass das Gericht den nicht mit der Obsorge betrauten Elternteil auf seinen Antrag sogleich ermächtigt, die entsprechenden Informationen - freilich nur in angemessener Weise - bei Dritten selbst einzuholen.

Solche Voraussetzungen sind indes hier ungeachtet eines darauf hinauslaufenden Vorbringens nicht festgestellt. Insoweit bedarf es daher der Verfahrensergänzung und der neuerlichen Entscheidung durch das Erstgericht.

c) § 178 Abs 3 erster Satz ABGB idFd KindRÄG 2001 BGBl I 2000/135 lautet: Würde die Wahrnehmung der Rechte nach Abs 1 das Wohl des Kindes ernstlich gefährden oder nimmt sie der mit der Obsorge nicht betraute Elternteil in rechtsmissbräuchlicher oder für den anderen in unzumutbarer Weise in Anspruch, so hat das Gericht diese Rechte auf Antrag einzuschränken oder ganz zu entziehen.

Mit Punkt c) seines Schriftsatzes vom 22. Februar 2002 begehrte der Vater Information über die sportliche und Freizeit-Tätigkeit der Kinder sowie die frühzeitige Verständigung, wenn eines der Kinder an Sportveranstaltungen teilnimmt (Schikurse, Fußballspiele etc.). Unter Verweis auf die Feststellung, die beiden Kinder hätten ihre Freizeit- und Sportaktivitäten (Fußball- und Volleyballspiel) beendet, weil der Vater gegen ihren Willen zu diversen Trainingseinheiten gekommen sei und dort Kontakt zu ihnen gesucht habe, wies die Erstrichterin diesen Antrag des Vaters ab. Das Rekursgericht bestätigte diese Entscheidung, ebenfalls unter Bezugnahme auf das Kindeswohl. Damit wurde dem Vater im Ergebnis das Recht an diesen Informationen nicht prinzipiell abgesprochen, sondern unter Bedachtnahme auf das Kindeswohl eingeschränkt, obwohl ein Antrag der Mutter, die Rechte des Vaters nach § 178 Abs 1 ABGB nF in dieser Form einzuschränken, nicht vorliegt. Sie hat vielmehr am 7. Februar und 11. März 2002 beantragt, dem Vater das Recht auf persönlichen Verkehr mit den beiden Kindern zu untersagen.

Eine solche Einschränkung nach § 178 Abs 3 ABGB nF ist nur dann möglich, wenn das Wohl des Kindes ernstlich gefährdet ist, inhaltlich muss dies mehr sein als die Bedachtnahme auf das Kindeswohl (Stabentheiner in Rummel 3, § 178 ABGB Rz 4). Wann eine "ernstliche" Kindeswohlgefährdung vorliegt, ist im Gesetz nicht klar geregelt. Nach Schwimann (in Schwimann 2, § 178 ABGB Rz 8; vgl dazu auch Stabentheiner aaO) könnte eine solche etwa dann vorliegen, wenn der Informationsberechtigte die Informationen dazu benützt, sich seinen Verpflichtungen gegenüber dem Kind zu entziehen, oder sich ständig mit Vorschlägen einmischt, die dem Kindeswohl abträglich sind. Hingegen bedeute etwa die Bekundung mangelnden Interesses am Kind oder der inneren Ablehnung des Kindes in der Regel keine so ernste Kindeswohlgefährdung, dass mit Einschränkung oder Entzug der Mindestrechte vorzugehen sei, zumal durch das Informations- und Äußerungsrecht ja der Kontakt mit dem Kind nicht berührt zu werden braucht.

Dem Vater allein aufgrund des Vorwurfs, er wäre gegen den Willen der Kinder zu diversen Trainingseinheiten gekommen und habe dort Kontakt zu ihnen gesucht, jegliches Informationsrecht über die Freizeitgestaltung der Kinder zu entziehen, ist nicht zu billigen. Von einer ernstlichen Gefährdung des Kindeswohls durch bloßes Ansichtigwerden des Vaters bei Sportveranstaltungen kann nicht ohne weiteres ausgegangen werden. Dem Vater könnte durch die ihm auferlegte Verpflichtung, konkret festgestellte Verhaltensweisen einzustellen, das Informations- und Äußerungsrecht erhalten werden und erst bei einem Missbrauch durch Beschluss entzogen werden. Nur wenn das Erstgericht nach entsprechenden - erst zu treffenden -Feststellungen zur Ansicht gelangt, dass die Einschränkung sofort unumgänglich ist, wäre der vollständige Entzug dieses konkreten Informationsrechts des Vaters gerechtfertigt.

Insoweit bedarf es der Verfahrensergänzung und der neuerlichen Entscheidung durch das Erstgericht.

Festzuhalten bleibt in diesem Zusammenhang noch, dass normale Schulsportveranstaltungen und die normale Freizeitgestaltung von Kindern wohl dem Begriff der "Angelegenheiten des täglichen Lebens" unterfallen. Insoweit bestehen keine Informationsrechte und insoweit bedarf es noch einer Präzisierung des Antrags des Vaters und der vorinstanzlichen Feststellungen.

d) Mit seinen übrigen Anträgen ist der Vater jedoch nicht im Recht. Dazu kann auf die zutreffenden Ausführungen der zweiten Instanz verwiesen werden. Der Rechtsmittelvorwurf, die Vorinstanzen hätten "pauschal sämtliche anderen Anträge gemäß § 178 ABGB" u.a. mit der Begründung abgewiesen, er könne sich "diese Informationen bei seiner Ex-Schwiegermutter holen", entfernt er sich vom Inhalt dieser Beschlüsse. Lediglich die angestrebte Bekanntgabe der konkreten Kontaktadresse am (jeweiligen) Urlaubsort der Kinder wurde mit dem Hinweis abgewiesen, dass Verständigungen der Kinder durch den Vater in Ausnahmesituationen auch im Wege der mütterlichen Großmutter möglich wären. Keineswegs sollen von dieser, den Vater offenbar ablehnenden Großmutter Informationen bezogen, sondern solche Informationen des Vaters an seine Kinder weitergegeben werden. Mit Recht hat das Rekursgericht ausgesprochen, einer beschlussmäßigen Feststellung der Informations- und Äußerungsrechte auch in minderwichtigen Angelegenheiten bedürfe es nicht, weil sich die Rechte unmittelbar aus § 178 Abs 1 ABGB ergeben.

Demnach ist spruchgemäß zu entscheiden.

Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)

Stichworte