Spruch:
Dem Rekurs wird nicht Folge gegeben.
Die Entscheidung über die Kosten der Rekursbeantwortung der Antragstellerin wird der Endentscheidung vorbehalten.
Text
Begründung
Der - im Verfahren als Nebenbeteiligter auf Seiten der Antragsgegnerin Landeshauptstadt Linz auftretende - Bund errichtete auf der Mühlkreisautobahn A 7 im Gebiet der Antragsgegnerin eine Halbanschluss-Stelle. Die weiterführende Verbindungsstrasse wurde von der Antragsgegnerin errichtet, die dazu als Bezirksverwaltungsbehörde (§ 3 O.ö. Straßengesetz 1991 LGBl Nr. 84) mit Bescheid vom 16. August 1994, bestätigt durch Bescheid des Amts der OÖ Landesregierung als Straßenbehörde zweiter Instanz vom 15. November 1994, nach den Bestimmungen des O.ö. Straßengesetz 1991 u.a. Teilflächen einiger Grundstücke der Antragstellerin im Ausmaß von insgesamt 591 m2 für Straßenbauten enteignete und die Entschädigung mit 1.550 S/m2, insgesamt daher mit 916.050 S festsetzte. Da es sich beim Straßenbau der Antragsgegnerin um die Wiederherstellung einer unterbrochenen Verkehrsbeziehung handelte, sind die Enteignungsentschädigungen zufolge § 12 BStG vom Bund zu tragen. Der festgesetzte Entschädigungsbetrag wurde der Antragstellerin am 10. Jänner 1995 ausbezahlt.
Mit ihrem 1.Antrag vom 20. Februar 1995 begehrte die Antragstellerin gegenüber der Antragsgegnerin - nebenbeteiligt ist der Bund - gemäß § 36 Abs 5 O.ö. Straßengesetz 1991 die gerichtliche Neufestsetzung dieser Enteignungsentschädigung.
Tatsächlich wurden in der Folge nur Teile der enteigneten Grundstücksflächen in Anspruch genommen. Die Antragstellerin beantragte am 19. Mai 1998 die Rückübereignung der nicht benötigten Teilflächen, worüber die Antragsgegnerin zunächst mit Bescheid vom 3. Dezember 1998 abschlägig beschied. Die übergeordnete Instanz hob diesen Bescheid jedoch am 5. Mai 1999 mit der Begründung auf, der Anspruch der Antragstellerin auf Rückübereignung sei grundsätzlich berechtigt. Auch wenn es in der Folge zu keiner Grundbuchseintragung bezüglich der betroffenen Flächen gekommen sei, habe die Enteignungswerberin bereits durch den rechtskräftigen Enteignungsbescheid in Durchbrechung des Eintragungsgrundsatzes originär Eigentum erworben. Basierend auf dieser Rechtsansicht und dem Schlussvermessungsplan des Amts der O.ö. Landesregierung gab die Antragsgegnerin mit Bescheid vom 16. August 1999 der Rückübereignung von Teilflächen im Ausmaß von insgesamt 171 m2 an die Antragstellerin statt und setzte den Rückersatz der für diese Teilflächen empfangenen Entschädigung mit insgesamt 265.050 S (ausgehend von 1.550 S/m2) fest, weil am Enteignungsgegenstand weder wertvermindernde noch werterhöhende Maßnahmen vorgenommen worden seien.
Mit ihrem 2.Antrag vom 24. November 1999 begehrte die Antragstellerin die gerichtliche Entscheidung über die Höhe des ihr auferlegten Rückersatzes, weil nach der Enteignung auf den vorerst enteigneten, aber nicht benötigten Grundflächen wertvermindernde Maßnahmen (Verlegung von Fernwärmeleitungen) vorgenommen worden seien.
Die Nebenbeteiligte auf Seiten der Antragsgegnerin entgegnete, das Katasterschlussvermessungs-operat vom 4. Juli 1997 sei mittels Anmeldungsbogens des Vermessungsamts durch den Beschluss des Bezirksgerichts Linz vom 9. Oktober 1998, AZ 27 Nc 187/89, gemäß §§ 15 ff LiegTeilG verbüchert worden. Dadurch habe die Antragstellerin bereits lastenfreies Eigentum erworben; für das verwaltungsbehördliche Rückübereignungsverfahren sowie für das gerichtliche Verfahren (in sukzessiver Kompetenz) zur Neufestsetzung der Entschädigung fehle der Antragstellerin das Rechtsschutzinteresse. Es wäre wohl Sache der Antragsgegnerin, den Wert der via §§ 15 ff LiegTeilG verlorenen Grundflächen gemäß § 20 LiegTeilG von der Antragstellerin im streitigen Verfahren geltend zu machen.
Das Erstgericht verband die beiden Anträge gemäß § 187 ZPO zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung, setzte in Ansehung der tatsächlich benötigten 420 m2 die Enteignungsentschädigung mit insgesamt 681.360 S gemäß § 37 Abs 1 O.ö. Straßengesetz 1991 fest (Punkt 1.) und wies den Antrag auf Neufestsetzung des Rückersatzes der empfangenen Entschädigung mit der Begründung zurück (Punkt 2.), dass das Rechtsschutzinteresse wegfiele, wenn bei Eintritt der Rechtskraft des "Rückübergangsbescheids" ein gerichtliches Verfahren zur Neufestsetzung der Enteignungsentschädigung noch anhängig sei. Da die Enteignete nur (höchstens) die empfangene Entschädigung zurückzuzahlen habe, könne sie kein Interesse an der Feststellung haben, ob der im "Rückübergangsbescheid" festgesetzte Rückersatz zu hoch sei.
Das Rekursgericht hob diesen Beschluss, in seinem Punkt 2.) (Antrag auf Neufestsetzung des Rückersatzes der empfangenen Entschädigung) unter Abstandnahme vom gebrauchten Zurückweisungsgrund, auf und ließ den Rekurs an den Obersten Gerichtshof nur insoweit zu. Ein Wegfall des Rechtsschutzinteresses könne nicht erkannt werden.
Die (von Brunner, Enteignung für Bundesstraßen 268 übernommene) Begründung des Erstgerichts erscheine nicht nachvollziehbar, weil danach offenbar der Antrag auf Neufestsetzung der Enteignungsentschädigung wegen Wegfalls des Rechtsschutzinteresses (und nicht wie vom Erstgericht angenommen jener auf Neufestsetzung des Rückersatzes) zurückzuweisen sei, sodass die Begründung nicht mit dem Spruch korrespondiere. Da das Rekursgericht nur den herangezogenen Zurückweisungsgrund zu prüfen habe, müsse schon deshalb der angefochtene Beschlusspunkt 2. aufgehoben werden. Dennoch sei für den Fall einer nur missverständlich formulierten erstinstanzlichen Begründung auszuführen, dass der Oberste Gerichtshof ausgesprochen habe, nach dem Vollzug der Enteignung könne vom Enteigner eine Rückzahlung der Enteignungsentschädigung auch dann nicht begehrt werden, wenn die verwaltungsbehördliche Entscheidung über die Höhe der Entschädigung durch die (nachfolgende) Anrufung des Gerichts außer Kraft getreten sei. Diesen Entscheidungen sei aber jeweils ein konkretes Rückübereignungsverfahren des Enteigners zu Grunde gelegen, ohne dass dem ein Rückübereignungsverfahren mit Festsetzung der Höhe des Rückersatzes vorangegangen wäre. Außerdem sei zu berücksichtigen, dass die vom Enteignungsentschädigungsverfahren betroffenen Grundstücksteile nicht (mehr) mit den rückübereigneten ident seien. Letztlich sei der Rückübereignungsbescheid dem Grunde nach in Rechtskraft erwachsen, sodass eine Bekämpfung der Höhe des Rückersatzes gemäß § 38 Abs 7 iVm § 36 Abs 5 O.ö. Straßengesetz 1991 grundsätzlich nur mehr gerichtlich möglich sei.
Nur gegen diesen Teil der zweitinstanzlichen Entscheidung richtet sich der zulässige Rekurs der Nebenbeteiligten, dem keine Berechtigung zukommt.
Rechtliche Beurteilung
Der Ansicht der Rechtsmittelwerberin, die Antragstellerin habe an einer gerichtlichen Entscheidung über die Höhe des von ihr zu leistenden Rückersatzes kein Rechtsschutzinteresse, kann aus folgenden Erwägungen nicht beigetreten werden:
Gemäß § 38 Abs 1 O.ö. Straßengesetz 1991 kann der Enteignete, wenn der Gegenstand der Enteignung ganz oder zum Teil nicht für den Enteignungszweck verwendet wird, die bescheidmäßige Rückübereignung des Gegenstands der Enteignung bzw. dessen Teils beantragen. Nach Abs 6 erster Satz leg.cit. hat der Rückübereignungsbescheid auch eine Bestimmung über den Rückersatz der empfangenen Entschädigung zu enthalten. Bei der Bestimmung der Höhe dieses Rückersatzes sind wertvermindernde und werterhöhende Maßnahmen am Gegenstand der Enteignung zu berücksichtigen. Nach Abs 7 erster Satz leg.cit. sind mit Rechtskraft des Rückübereignungsbescheides und vollständiger Leistung oder Sicherstellung des Rückersatzes die früheren Rechte des Enteigneten wiederhergestellt und etwaige, seit der Enteignung begründete dingliche und obligatorische Rechte am Gegenstand der Enteignung erloschen. Nach Abs 7 zweiter Satz leg.cit. kann zufolge des Verweises auf die sinngemäße Anwendung des § 36 Abs 5 und 6 jede Partei innerhalb von drei Monaten nach Rechtskraft des Bescheids die Entscheidung über die Höhe der Entschädigung beim Bezirksgericht begehren. Mit dessen Anrufung tritt die verwaltungsbehördliche Entscheidung über die Höhe der Entschädigung außer Kraft.
Abzustellen ist auf die Vorschrift des § 38 Abs 7 leg.cit. Das Recht, die sukzessive Kompetenz des Gerichts in Anspruch zu nehmen, ist nach dem Inhalt der gesetzlichen Bestimmungen nicht davon abhängig, dass ein Verfahren nach § 36 leg.cit. nicht oder nicht mehr anhängig ist. Wenn der Enteignete einen Rückzahlungsbescheid nach § 38 Abs 6 leg.cit. zugestellt erhält, begründet dies - unabhängig davon, ob noch ein Verfahren nach § 36 leg.cit. anhängig ist - sein Rechtsschutzinteresse, bei Gericht, das dazu zufolge seiner sukzessiven Kompetenz zuständig ist, eine gerichtliche Entscheidung darüber zu erlangen, in welcher Höhe er unter den Voraussetzungen des § 38 Abs 6 leg.cit. (hier idF LGBl Nr. 82/1997) eine Rückzahlung leisten muss. Bei bescheidmäßiger Rückübereignung enteigneter Grundflächen nach dem O.ö. Straßengesetz 1991 und Festsetzung eines Rückersatzes durch den Enteigneten ist die Wertverminderung oder Wertsteigerung der rückübereigneten Grundflächen (§ 38 Abs 6 leg.cit.) nicht in einem noch anhängigen Verfahren zur Neufestsetzung der Enteignungsentschädigung zu berücksichtigen, handelt es sich doch um verschiedene, in unterschiedlichen Verfahren (§ 36 bzw. § 38 leg.cit.) geltend zu machende und vor allem von unterschiedlichen Voraussetzungen abhängige Ansprüche. Die Werterhöhung oder Wertvermindung nach § 38 Abs 6 leg.cit. bezieht sich ja auf nach der Enteignung eingetretene Umstände. Es fehlt in einem solchen Fall dem Enteigneten, der die Enteignungsentschädigung gezahlt erhielt und dessen Höhe im gerichtlichen Verfahren bekämpft, das Rechtsschutzinteresse in Ansehung der rückübereigneten Grundflächen nicht im gerichtlichen Verfahren über einen Bescheid, mit dem er zum Rückersatz verpflichtet wurde, sondern im gerichtlichen Verfahren über den Bescheid betreffend die Neufestsetzung der Enteignungsentschädigung (so erkennbar auch Brunner, Enteignung für Bundesstraßen 268).
b) Damit braucht nicht mehr erörtert zu werden, ob es für den Eigentumserwerb an Liegenschaften bei der Enteignung nach dem O.ö. Straßengesetz 1991 auf die grundbücherliche Einverleibung nicht ankommt (Durchbrechung des Eintragungsgrundsatzes), die von der Verbücherung nicht umfassten, weil nicht benötigten Grundflächen ipso iure wieder ins Eigentum der Antragstellerin übergehen oder nicht, bis zur Rückübereignung im Verwaltungsbescheid (§ 38 Abs 7 erster Satz leg.cit.) im Eigentum der Antragsgegnerin verbleiben oder nicht und es zur Beseitigung des Titels für die gesamten Grundflächen in Ansehung der nicht genutzten Flächen eines contrarius actus der Verwaltungsbehörde bedarf (vgl. 5 Ob 231/89a = SZ 71/162, dort allerdings mit ex-tunc Wirkung wegen Aufhebung des Enteignungsbescheids).
Dem Rekurs der Nebenbeteiligten kann demnach kein Erfolg beschieden sein.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 36 Abs 5 letzter Satz O.ö. Straßengesetz 1991 iVm § 30 Abs 4, § 44 EisbEG 1954. Demnach hat die Rechtsmittelwerberin ihre Kosten jedenfalls selbst zu tragen. Die Kosten der Antragstellerin im Rekursverfahren sind hingegen analog § 52 ZPO als weitere Verfahrenskosten der Endentscheidung vorzubehalten (vgl. SZ 60/17 mwN).
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