Spruch:
Der Beschluss der Ratskammer des Landesgerichtes für Strafsachen Wien vom 3. Juli 2002, GZ 284 Ur 169/02s-10, verletzt § 31 Abs 2 MedienG.
Text
Gründe:
Laut Anzeige der Bundespolizeidirektion Wien schlugen am 8. Mai 2002 während einer Kundgebung vermummte Täter in der Aula der Universität Wien am Denkmal "Siegfriedskopf" mit Hammer und Meißel die Nase ab. Gegen Adrian N***** und andere wurden deswegen im Verfahren AZ 284 Ur 169/02s des Landesgerichtes für Strafsachen Wien Vorerhebungen wegen des Verdachtes des Vergehens der schweren Sachbeschädigung nach §§ 125, 126 Abs 1 Z 3 und 7 StGB geführt.
Der Vorfall wurde von einem Kamerateam des Österreichischen Rundfunks aufgezeichnet. Auf Antrag der Staatsanwaltschaft trug die Untersuchungsrichterin mit Beschluss vom 25. April 2002 dem Österreichischen Rundfunk auf, "das gesamte Bildmaterial betreffend die Demonstration vom 8. Mai 2002 in den Räumlichkeiten der Universität Wien, 1010 Wien, Dr. Karl Lueger Ring 1, insbesondere in der Aula sowie im Bereich des Auditorium Maximum" herauszugeben (ON 3).
Auf Grund der dagegen vom Österreichischen Rundfunk ergriffenen Beschwerde hob die Ratskammer des Landesgerichtes für Strafsachen Wien diese Entscheidung mit Beschluss vom 3. Juli 2002 (ON 10) ersatzlos auf. Die Ratskammer führte in der Begründung aus:
Gemäß § 31 Abs 1 MedienG haben ua Medieninhaber - wie der ORF - das Recht, ua in einem Gerichtsverfahren als Zeugen die Beantwortung von Fragen zu verweigern, die die Person des Verfassers usw. von Beiträgen und Unterlagen oder die ihnen im Hinblick auf ihre Tätigkeit gemachten Mitteilungen betreffen.
Gemäß § 31 Abs 2 MedienG darf dieses Recht nicht umgangen werden, insbesondere dadurch, dass dem Berechtigten die Herausgabe von Schriftstücken, Druckwerken, Bild- oder Tonträgern oder Datenträgern, Abbildungen oder anderen Darstellungen aufgetragen wird oder diese beschlagnahmt werden.
Im vorliegenden Fall handelt es sich um offensichtlich von Mitarbeitern des ORF (sh S 49) recherchiertes Material, das dem ORF übergeben wurde.
Es ist daher zu prüfen, ob selbst recherchiertes Material als "gemachte Mitteilung" im Sinn des § 31 Abs 1 MedienG zu werten ist.
Die Ratskammer des Landesgerichtes für Strafsachen Wien hatte sich bereits in ihrer Entscheidung vom 25. April 1985 im Strafverfahren gegen Udo P***** mit dieser Frage auseinandergesetzt (veröffentlicht und kommentiert in Medien und Recht 3/85, S 13 ff; Cermak, Bewährungsprobe für das Redaktionsgeheimnis, Rundfunkrecht Nr. 3/4 aus 1985) und erwogen, dass dann, wenn der Redakteur in Eigenverantwortlichkeit den Film herstellt und diesen samt bezughabendem weiteren Material dem ORF als Medieninhaber weitergegeben hat, die Weitergabe von selbst recherchiertem Material (zB eines Films) an seine Redaktion bzw den Medieninhaber für diesen (den Medieninhaber) eine Mitteilung gemäß § 31 Abs 1 MedienG darstellen kann. Es war daher der seinerzeitigen Beschwerde gegen den Beschluss des Untersuchungsrichters, mit dem die Beschlagnahme eines von einem Auslandsredakteur des ORF gedrehten Films ausgesprochen wurde, Folge gegeben und der genannte Beschluss aufgehoben worden.
Im vorliegenden Fall war der an den Medieninhaber gerichtete Beschluss auf Herausgabe weiteren Bildmaterials analog zu beurteilen (sh dazu auch die Entscheidung der Ratskammer des Landesgerichtes für Strafsachen Linz vom 31. Juli 1987 betreffend die Aufhebung eines Beschlusses auf Verhängung von Beugestrafen an den Chefredakteur der Zeitschrift B*****, der sich - nachdem er bereits als Zeuge ausgesagt hatte - unter nunmehriger Berufung auf das Redaktionsgeheimnis weigerte, ein Tonband herauszugeben: Weis, Neues zum Redaktionsgeheimnis, Medien und Recht 5/87, S 162 f).
Der Beschluss der Ratskammer verletzt nach Ansicht des Generalprokurators § 31 Abs 2 MedienG. In der deswegen erhobenen Nichtigkeitsbeschwerde zur Wahrung des Gesetzes wird zum Vorgehen der Ratskammer ausgeführt:
Sie stützte sich dabei auf eine frühere Entscheidung des Landesgerichtes für Strafsachen Wien vom 25. April 1985 im Strafverfahren gegen Udo P*****, AZ 28b Vr 8024/84 (vgl RfR 1985/36), in der die damaligen Richter davon ausgegangen waren, dass der Gesetzgeber bei Schaffung des § 31 MedienG der Gewährleistung der vollen Freiheit den Medien gegenüber einer möglichst umfassenden Beweissicherung im Strafverfahren einen höheren Stellenwert beigemessen habe, und die Ansicht vertreten hatten, dass "von einem Journalisten selbst erarbeitetes Material (...) sicherlich nicht absolut vom Redaktionsgeheimnis gedeckt sei" und "jeweils im konkreten Fall zu entscheiden sein (wird), inwieweit selbst recherchiertes Material als 'gemachte Mitteilung' zu werten sein wird".
Weiters hatte das Landesgericht für Strafsachen Wien in diesem Erkenntnis ausgeführt, dass "darüber hinaus auch die Weitergabe von selbst recherchiertem Material (zB eines Filmes) durch einen Journalisten an seine Redaktion bzw den Medieninhaber unter gewissen Voraussetzungen zwar nicht für ihn, aber für seine Redaktionskollegen bzw den Medieninhaber eine 'ihnen im Hinblick auf ihre Tätigkeit gemachte Mitteilung' gemäß § 31 MedienG darstellen (kann)", und daraus den Schluss gezogen, dass die Weitergabe von in Eigenverantwortlichkeit hergestelltem Informationsmaterial (hier: eines Films) durch einen Journalisten an den Medieninhaber diesen bereits deshalb zur Inanspruchnahme des Redaktionsgeheimnisses berechtigte, weil ihm dadurch eine dem Schutz des § 31 Abs 1 MedienG unterliegende Mitteilung zugekommen sei.
Im Beschluss vom 3. Juli 2002 vertrat die Ratskammer des Landesgerichtes für Strafsachen Wien die Ansicht, dass "der an den Medieninhaber gerichtete Beschluss auf Herausgabe weiteren Bildmaterials analog zu beurteilen war" (AS 107).
Der Beschluss der Ratskammer des Landesgerichtes für Strafsachen Wien vom 3. Juli 2002 steht mit dem Gesetz nicht im Einklang:
Gemäß § 31 Abs 1 MedienG haben Medieninhaber (Verleger), Herausgeber, Medienmitarbeiter und Arbeitnehmer eines Medienunternehmens oder Mediendienstes das Recht, in einem Verfahren vor Gericht oder einer Verwaltungsbehörde als Zeugen die Beantwortung von Fragen zu verweigern, die die Person des Verfassers, Einsenders oder Gewährsmannes von Beiträgen und Unterlagen oder die ihnen im Hinblick auf ihre Tätigkeit gemachten Mitteilungen betreffen.
Nach dem Abs 2 dieser Bestimmung darf das Zeugnisverweigerungsrecht nicht umgangen werden, insbesondere dadurch, dass dem Berechtigten die Herausgabe von Schriftstücken, Druckwerken, Bild- oder Tonträgern oder Datenträgern, Abbildungen und anderen Darstellungen mit solchem Inhalt aufgetragen wird oder diese beschlagnahmt werden.
Dadurch sollen jene Unterlagen geschützt werden, aus denen sich Schlüsse auf die Person des Gewährsmannes oder auf den Inhalt seiner Information ziehen lassen, sofern sie sich im Gewahrsam einer Person befinden, der das Zeugnisentschlagungsrecht zusteht (2 BlgNR 15. GP, 43 f).
Das Umgehungsverbot reicht (nur) so weit wie das Zeugnisverweigerungsrecht. Auch das Schutzobjekt ist dasselbe wie das des Entschlagungsrechts (Hartmann/Rieder, Komm zum MedienG Anm IX., Brandstetter/Schmid, MedienG2 Rz 15 und 18; jeweils zu § 31).
Sowohl das Zeugnisentschlagungsrecht nach § 31 Abs 1 als auch die zu dessen Sicherung vorgesehene Regelung des Abs 2 sind Ausnahmebestimmungen von der allgemeinen Zeugenpflicht und daher einschränkend zu interpretieren (Mayerhofer, StPO4 Anm 1; vgl Dittrich/Tades, ABGB35 § 6 E75 iVm 77; anderer Auffassung: Cermak, Bewährungsprobe für das Redaktionsgeheimnis, RfR 1985, 28).
Nach herrschender Lehre sind nicht alle einem Journalisten zur Kenntnis gebrachten Informationen, sondern nur jene vom Redaktionsgeheimnis umfasst, die den Trägern dieses Berufsprivilegs im Hinblick auf ihre berufliche Tätigkeit erteilt wurden oder die ihnen auf Grund dieser Tätigkeit bekannt sind. Was ein Journalist zufällig erfährt, ist ebenso wenig geschützt wie jede sonstige ihm nicht in Ausübung seiner beruflichen Tätigkeit zugegangene Information (Hartmann/Rieder aaO Anm VI, Brandstetter/Schmid aaO Rz 12; Berka/Höhne/Noll/Polley, MedienG Rz 9, jeweils zu § 31). Bei selbst erarbeitetem Material hängt der Geheimnisschutz davon ab, ob dem Journalisten dabei - etwa durch ein Interview - eine "Mitteilung gemacht" wurde.
Der in den erwähnten Kommentaren zum Mediengesetz angeführte Fall, dass ein Pressereporter selbst Bilder von einer Demonstration macht und dabei auch Demonstranten fotografiert, gegen die später strafrechtliche Ermittlungen erfolgen, wird übereinstimmend dahingehend beurteilt, dass es sich bei diesen Fotos nicht um "gemachte Mitteilungen" handelt, weil es zwischen Reporter und Demonstranten zu keinerlei persönlichen Kontakt gekommen ist. Als "nicht so eindeutig" wird allerdings der Fall eingestuft, dass der Journalist das von ihm ermittelte Material seiner Zeitungsredaktion übermittelt, womit dieses zwar nicht für ihn, aber für andere Redaktionsangehörige zu einer "gemachten Mitteilung" wird (Hartmann/Rieder aaO Anm VI, Brandstetter/Schmid aaO Rz 11, Berka/Höhne/Noll/Polley aaO Rz 20).
Dem Gesetzgeber des Mediengesetzes war bei Schaffung der Bestimmung über das Redaktionsgeheimnis erkennbar an der Einhaltung eines (im Wesentlichen) ausgewogenen Verhältnisses zwischen dem Schutz der freien Berichterstattung der Medien einerseits und einer dem Grundsatz der Gleichbehandlung entsprechenden, geordneten Strafrechtspflege andererseits gelegen. So sollte der Schutz des Redaktionsgeheimnisses nicht so weit gehen, dass die Beschlagnahme zur Beweissicherung bei Medienmitarbeitern gänzlich untersagt wird, die selbst Beschuldigte sind (vgl 11 Os 5/03), oder so weit, dass die Strafbestimmungen gegen Begünstigung (§ 299 StGB) oder gegen Unterlassung der Verhinderung einer mit Strafe bedrohten Handlung (§ 286 StGB) in diesem Bereich schlechthin unanwendbar wären. Vielmehr sollte das Redaktionsgeheimnis diese Strafbestimmungen nicht unanwendbar machen und sollten diese hinreichend Gewähr dafür bieten, dass die Inanspruchnahme des Redaktionsgeheimnisses die Verfolgung strafbarer Handlungen und die Entdeckung von Rechtsbrechern nicht entscheidend behindern kann (2 BlgNR 15. GP, 43). In diesem Lichte sind auch die später in den österreichischen Rechtsbestand eingeführten Regelungen über die Überwachung einer Telekommunikation (§§ 149a ff StPO) zu sehen, aus denen hervorgeht, dass bei besonders schwerwiegenden Gründen, die diesen Begriff verhältnismäßig erscheinen lassen, und unter bestimmten Voraussetzungen (auch) eine Überwachung der Räume zulässig ist, die der Berufsausübung von durch das Redaktionsgeheimnis geschützten Personen dienen.
Die Ansicht der Ratskammer des Landesgerichtes für Strafsachen Wien, dass nicht nur jede von einem Medienmitarbeiter an den Medieninhaber oder eine anderen Medienangehörigen weitergeleitete Information zu einer (vom Redaktionsgeheimnis geschützten) "gemachten Mitteilung" wird, sondern auch das (allenfalls) übergebene bezughabende Material über eine zufällig wahrgenommene Straftat selbst dann dem behördlichen Zugriff entzogen ist, wenn der Journalist, der dieses Material weitergegeben hat, nicht von der Zeugnisverpflichtung befreit ist, überspannt den Schutzzweck dieser Bestimmung. Denn einerseits bliebe es der Disposition des jeweiligen Medienmitarbeiters überlassen, durch (rechtzeitige) Übermittlung an einen anderen Medienangehörigen Material, das - zufolge der Art und des Zustandekommens der Information - nicht dem Redaktionsgeheimnis unterliegt und daher den (Strafverfolgungs-)Behörden zugänglich gemacht werden müsste, deren Zugriff zu entziehen.
Andererseits würde - zumal in der Praxis fast jedes Informationsmaterial im Zuge seiner Sicherung und Bearbeitung an andere Medienangehörige weitergegeben wird - regelmäßig die (allenfalls bestehende) Zeugnispflicht des betreffenden Medienmitarbeiters unterlaufen und könnte schon durch einen routinemäßigen journalistischen Arbeitsvorgang zumindest der objektive Tatbestand der Begünstigung nach § 299 StGB verwirklicht werden.
Gegen die Entscheidung der Ratskammer des Landesgerichtes für Strafsachen Wien lässt sich - über allgemeine Erwägungen hinaus - fallbezogen noch einwenden, das bezughabende Material habe sich - weil davon auszugehen ist, dass der die Filmaufnahme herstellenden Medienmitarbeiter auch nach Weitergabe des Bildmaterials an einen anderen Mitarbeiter des Österreichischen Rundfunks eine Zugriffsbefugnis auf dieses hatte - nicht im besonderen (Hartmann/Rieder aaO AnmIX, Brandstetter/Schmid aaO Rz 17), dh ausschließlich Gewahrsam einer entschlagungsberechtigten Person befunden, sodass im Hinblick auf die (zufolge der Zufälligkeit der Wahrnehmung der Straftat) bestehende Zeugnispflicht des Kameramanns des Österreichischen Rundfunks der Auftrag der Untersuchungsrichterin auf Ausfolgung des gesamten Bildmaterials zu Recht erfolgte.
Ferner wurde in der Beschwerdeentscheidung übersehen, dass das Redaktionsgeheimnis Informanten, Informationsquellen und Unterlagen nur insoweit zu schützen vermag, als diese - was im Einzelfall zu prüfen ist - vertraulich sind (Hartmann/Rieder aaO Anm I, Brandstetter/Schmid aaO Rz 1). Davon kann aber nicht ausgegangen werden, wenn - wie im vorliegenden Fall - in aller Öffentlichkeit Filmaufnahmen von einer Demonstration, also einem allgemein zugänglichen Ereignis, von einem (als solchem kenntlichen) Kameramann des ORF gemacht werden; kann doch der Geheimhaltung nur unterliegen, was höchstens einem kleinen Kreis bekannt und anderen nicht oder nur schwer zugänglich ist (Fabrizy StGB8 § 310 Rz 3).
Der Österreichische Rundfunk hätte daher schon aus diesen Gründen zur Herausgabe des (allenfalls vorhandenen weiteren) bezughabenden (Film-)Materials veranlasst werden können.
Davon abgesehen sollte aber im Hinblick auf das Gebot einschränkender Interpretation von Ausnahmebestimmungen und weil die erwähnte Beschränkung des Umgehungsverbotes nicht ihrerseits umgangen werden darf, § 31 Abs 2 MedienG dahingehend ausgelegt werden, dass - ungeachtet (der Art) der späteren Gewahrsame an ihnen - die in dieser Regelung genannten Unterlagen nur dann vom Schutz des Redaktionsgeheimnisses umfasst werden, wenn (auch) der Mitarbeiter eine Medienunternehmens oder -dienstes, dem die entsprechenden Informationen als erstem Angehörigen dieses Mediums zugekommen sind, die Ablegung einer Zeugenaussage darüber (§ 31 Abs 1 MedienG) berechtigterweise verweigern darf. Für diese Auslegung spricht die Beschränkung des Umgehungsverbotes des Abs 2 leg cit auf Herausgabeaufträge oder Beschlagnahmeverfügungen von Darstellungen mit "solchem" - also einem die Person des Informanten oder Mitteilungen im Sinne des Abs 1 betreffenden - Inhalt; eine von einem Reporter als Zeugen einer Straftat angefertigte Bild- und Tonaufnahme wird allein durch die keine inhaltliche Änderung bewirkende Weitergabe innerhalb der Redaktion nicht zu einer derartigen Information.
Rechtliche Beurteilung
Der Oberste Gerichtshof hat erwogen:
Voraussetzung des Zeugnisverweigerungsrechtes nach § 31 Abs 1 MedienG ist entweder ein verfasster oder eingesendeter oder auf einen Gewährsmann zurückgehender Beitrag oder eine solche Unterlage oder eine an eine der in dieser Bestimmung genannten Personen im Hinblick auf ihre Tätigkeit gemachte Mitteilung.
Beiträge oder Unterlagen in dieser Bedeutung kamen beim gegebenen Sachverhalt nicht in Betracht.
Ob ein Verhalten (auch) eine einer Person aus dem Kreis des § 31 Abs 1 MedienG gemachte Mitteilung im Sinn dieser Bestimmung darstellt, ist eine Rechtsfrage, die an Hand der gegebenen Anhaltspunkte auf Grund des - aus der Sicht des allenfalls etwas Mitteilenden auf der Tatsachenebene zu klärenden - Bedeutungsgehaltes des fraglichen Verhaltens zu beantworten ist (ein Beispiel für Mitteilungen sind etwa die Antworten eines Interviewten, Hanusch, Kommentar zum MedienG 264 FN 4).
Die Ratskammer ließ zwar (wohl mangels greifbarer Indizien) unerörtert, ob das Geschehen in der Aula der Universität nach seinem Bedeutungsgehalt (auch) als Mitteilung im Sinn des § 31 Abs 1 MedienG anzusehen war. Eine solche Erörterung war aber im gegebenen Fall entbehrlich:
Ein öffentlich wahrnehmbares Geschehen fällt, auch wenn es eine Mitteilung an eine Person aus dem Kreis des § 31 Abs 1 MedienG darstellt, nach dem Zweck dieser Bestimmung nicht unter das Redaktionsgeheimnis. Dieses dient, wie in der Beschwerde zutreffend ausgeführt wird, dem Schutz der Vertraulichkeit der Informanten, Informationsquellen und Unterlagen (Brandstetter/Schmid, MedienG² § 31 Rz 1 f; Berka/Höhne/Noll/Polley, MedienG § 31 Rz 2, 4; Hager/Zöchbauer, Persönlichkeitsschutz im Straf- und Medienrecht4, 105). Soweit Mitteilungen an Medienmitarbeiter oder andere in § 31 Abs 1 MedienG genannte Personen öffentlich erfolgen, entbehren sie einer solchen Vertraulichkeit und liegen daher nicht im Schutzbereich des § 31 Abs 1 MedienG. Daran ändert sich nichts, wenn von einer solchen Mitteilung einer weiteren Person aus dem Kreis des § 31 Abs 1 MedienG Mitteilung gemacht wird. Die solcherart weitergegebene ursprüngliche Mitteilung bleibt, weil sie öffentlich geschah, außerhalb des Anwendungsbereiches des § 31 Abs 1 MedienG.
Daraus folgt übrigens für den von der vorliegenden Konstellation zu unterscheidenden Fall einer nicht öffentlichen Mitteilung von einem öffentlich wahrnehmbaren Geschehen (etwa der Begehung einer Straftat auf offener Straße), die einer Person aus dem Kreis des § 31 Abs 1 MedienG im Hinblick auf ihre Tätigkeit gemacht wird (etwa indem ein Beobachter des Geschehens davon ohne Öffentlichkeit einem Medienmitarbeiter berichtet), dass der Inhalt der Mitteilung, soweit er das öffentlich wahrnehmbare Geschehen betrifft, mangels Vertraulichkeit nicht Gegenstand des Redaktionsgeheimnisses ist, wohl aber die Identität des Informanten.
Mangels eines Rechtes zur Verweigerung der Aussage über öffentlich wahrnehmbares Geschehen stellen Aufträge zur Herausgabe und die Beschlagnahme von Bild- oder Tonträgern, soweit diese Aufzeichnungen eines solchen Geschehens enthalten, keine Umgehung eines derartigen - eben nicht bestehenden - Rechtes dar. Auch § 31 Abs 2 MedienG war daher im gegebenen Fall nicht anwendbar.
Aus diesen Gründen konnte auch den in der Äußerung des Medieninhabervertreters vorgebrachten Argumentaten nicht gefolgt werden.
Der angefochtene Beschluss der Ratskammer verletzte demnach § 31 Abs 2 MedienG, allerdings nicht zum Nachteil des Verdächtigen, weshalb die Gesetzesverletzung nur festzustellen war.
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