OGH 8ObA58/03t

OGH8ObA58/03t18.9.2003

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Petrag als Vorsitzenden und die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Rohrer und Dr. Kuras sowie die fachkundigen Laienrichter Dr. Friedrich Stefan und Robert Maggale als weitere Richter in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei S*****, vertreten durch Gugerbauer & Partner, Rechtsanwälte in Wien, wider die beklagte Partei Wolfgang K*****, vertreten durch Urbanek, Lind, Schmied, Reisch, Rechtsanwälte OEG in St. Pölten, wegen EUR 9.703,13 sA, infolge außerordentlicher Revision der beklagten Partei (Revisionsinteresse EUR 6.468,75) gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 15. Jänner 2003, GZ 7 Ra 283/02t-18, den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen (§ 510 Abs 3 ZPO).

Begründung

Rechtliche Beurteilung

Voranzustellen ist, dass der beklagte im Außendienst der Klägerin tätige Verkäufer offensichtlich auf Grund eines attraktiven Anbotes der früheren Lieferantin und nunmehrigen Konkurrentin der Klägerin sein Dienstverhältnis zur Klägerin aufgekündigt und trotz der vereinbarten Konkurrenzklausel unmittelbar danach bei der Konkurrentin der Klägerin zu arbeiten begonnen hat. Soweit er es nunmehr als erhebliche Rechtsfrage releviert, dass ihm die Klägerin einen im Sinne des § 37 Abs 1 AngG begründeten Anlass zur Kündigung gegeben habe, weil sie ihn nicht ausreichend über die Vertragsauflösung mit ihrer früheren Lieferantin und nunmehrigen Konkurrentin informiert habe, ist dies schon im Ansatz nicht nachvollziehbar. Hat das Berufungsgericht doch ausdrücklich festgestellt, dass ihm die Klägerin, obwohl der Vertragshändlervertrag ja erst Ende des Jahres auslaufen sollte, bereits im August 2000 mitteilte, dass es mit dem Vertrag Probleme gebe. Auch unmittelbar nachdem am 26. 9. 2000 feststand, dass der Vertrag tatsächlich nicht verlängert wird, wurde der Beklagte von der Klägerin am 27. 9. 2000 davon informiert und auch bereits in Kenntnis gesetzt, dass die Klägerin nunmehr eben die Produkte anderer, bereits genannter Firmen vertreten werde. Erst darauf hat dann der Beklagte mit dem zuständigen Mitarbeiter der Konkurrentin Kontakt aufgenommen und gefragt, ob es stimme, dass die Konkurrentin Personal suche. Die Klägerin hat in weiterer Folge versucht, den Beklagten zum Verbleib im Unternehmen der Klägerin zu bewegen. Trotzdem hat der Beklagte nach seinen Ausführungen wegen eines Anbotes der Konkurrentin, das er "nicht ausschlagen konnte", schließlich am 25. 10. 2000 sein Dienstverhältnis zum 30. 11. 2000 gekündigt und trotz des Hinweises auf die Konkurrenzklausel spätestens am 1. 12. 2000 bei der Konkurrentin zu arbeiten begonnen.

Da die Klägerin stets bereit war, den Beklagten weiter zu beschäftigen und sogar trotz dessen Ankündigungen versuchte, ihn im Unternehmen zu halten, ist in keiner Weise ersichtlich, womit sie ein "schuldbares Verhalten" im Sinne des § 37 Abs 1 AngG gesetzt hätte und dem Beklagten begründete Anlass zur Kündigung gegeben haben könnte.

Soweit der Beklagte im Folgenden die Auslegung der Vereinbarung über die Konventionalstrafe von 6 Monatsgehältern dahin, dass es sich dabei um Nettomonatsgehältern handle bekämpft, vermag er keinerlei Rechtsfrage im Sinne des § 502 Abs 1 ZPO darzustellen. Ist doch schon allgemein darauf hinzuweisen, dass die Auslegung konkreter vertraglicher Vereinbarungen im Einzelfall regelmäßig keine Rechtsfrage im Sinne des § 502 Abs 1 ZPO darstellt (vgl Kodek in Rechberger ZPO2 § 502 Rz 5). Hinzu kommt hier aber auch noch, dass ja das Berufungsgericht ausdrücklich festgestellt hat, dass diese Vereinbarung von beiden Streitparteien so verstanden wurde, dass sämtliche Ansprüche aus dem Vertrag auf Bruttobasis abgerechnet werden sollten (vgl auch S 15 des berufungsgerichtlichen Urteils).

Letztlich ist den Ausführungen der Revision, wonach die Mäßigung der Konventionalstrafe durch das Berufungsgericht nicht ausreichend sei, entgegenzuhalten, dass die Ausübung des Mäßigungsrechtes hinsichtlich der Konventionalstrafe im Sinne des § 38 AngG nur nach den konkreten Umständen des Einzelfalles erfolgen kann und daher dann, wenn das Berufungsgericht nicht von den vom Obersten Gerichtshof herausgearbeiteten Grundsätzen abweicht, regelmäßig keine erhebliche Rechtsfrage im Sinne des § 502 Abs 1 ZPO darstellt (vgl in diesem Zusammenhang etwa OGH 1 Ob 167/00s). Soweit der Beklagte dabei releviert, dass das Gericht bei der Mäßigung der Konventionalstrafe doch auf die Verhältnismäßigkeit der Strafe zu den wirtschaftlichen und sozialen Verhältnissen des Arbeitnehmers, insbesondere dessen Einkommen und Vermögensverhältnisse, sowie auf das Ausmaß seines Verschuldens an der Vertragsverletzung und die Höhe des Schadens Bedacht zu nehmen hat, zeigt der Beklagte nicht auf, inwieweit das Berufungsgericht davon abgewichen wäre. Steht doch hier fest, dass der Beklagte trotz der Versuche der Klägerin, ihn weiter im Betrieb zu halten und des ausdrücklichen Hinweises auf das Konkurrenzverbot offensichtlich wegen der besonderen Attraktivität dieser Beschäftigungsmöglichkeit beim Konkurrenten der Klägerin zu arbeiten begonnen hat. Dass der genaue Anteil des Beklagten an dem der Klägerin in weiterer Folge erstandenen erheblichen wirtschaftlichen Schaden nicht feststellbar ist, hat das Berufungsgericht ohnehin angenommen (vgl auch RIS-Justiz RS0029825). Auch mit den Vermögensverhältnissen und deren Verhältnis zur Konventionalstrafe hat sich das Berufungsgericht auseinandergesetzt.

Insgesamt hat das Berufungsgericht die von der Rechtsprechung herausgearbeiteten Grundsätze für die Mäßigung der Konventionalstrafe, wonach die wirtschaftlichen und sozialen Verhältnisse des Arbeitnehmers, insbesondere dessen Einkommens- und Vermögensverhältnisse, das Ausmaß des Verschuldens an der Vertragsverletzung sowie - wenn feststellbar - auch der daraus dem Arbeitgeber entstandene Schaden zu berücksichtigen sind, herangezogen (vgl allgemein RIS-Justiz RS0029967 mwN zuletzt OGH 9 ObA 140/02g). Soweit der Beklagte geltend macht, dass ihn kein Verschulden treffe, ist dies nicht verständlich, da er doch trotz des ausdrücklichen Hinweises der Beklagten gegen die Konkurrenzklausel verstoßen hat. Insgesamt kann unter Berücksichtigung dieser Umstände in der Mäßigung durch das Berufungsgericht um ein Drittel keine vom Obersten Gerichtshof aufzugreifende Fehlbeurteilung gesehen werden.

Jedenfalls vermag es der Beklagte nicht, eine erhebliche Rechtsfrage im Sinne des § 502 Abs 1 ZPO darzustellen.

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