Spruch:
Die Revision wird zurückgewiesen.
Text
Begründung
Mit Bescheid vom 11. 3. 2002 (Bescheiddatum laut Pensionsakt) hat die Pensionsversicherungsanstalt der Arbeiter dem Kläger ab 1. 3. 2002 eine Witwerpension nach der Verstorbenen Elisabeth B***** in Höhe von monatlich 11,62 EUR zuerkannt. Die Berechnung der Höhe der Pension auf der Grundlage des § 264 ASVG idF des SRÄG 2000 ist nicht strittig.
Das Erstgericht wiederholte den Zuspruch einer Witwerpension in Höhe von monatlich 11,62 EUR ab 1. 3. 2002 und wies im Übrigen das auf Zuerkennung einer höheren Witwerpension gerichtete Klagebegehren ab. Es legte seiner Entscheidung zugrunde, dass die verstorbene Ehegattin des Klägers zuletzt eine Alterspension von 461,59 EUR monatlich bezog und die Berechnungsgrundlage des Verstorbenen am Stichtag 2.284,90 EUR betrug.
Das Berufungsgericht gab der Berufung des Klägers, in der ausschließlich Bedenken gegen die Verfassungsgemäßheit des zur Berechnung der Pensionshöhe herangezogenen § 264 ASVG (idF SRÄG 2000) dargelegt wurden, nicht Folge. In rechtlicher Hinsicht führte das Berufungsgericht aus, vor dem Hintergrund des Zwecks der Hinterbliebenenpensionen, die ausbleibenden Unterhaltsleistungen des verstorbenen Versicherten zu ersetzen, könne keine Unsachlichkeit in der durch das SRÄG 2000 eingeführten Neuregelung der Berechnung der Höhe der Witwer- und Witwenpension erblickt werden. Damit werde weder eine schutzwürdige Vertrauensposition auf den Fortbestand der alten Rechtslage verletzt noch habe der Gesetzgeber mit dem zweifellos nicht unerheblichen Eingriff in das Pensionsrecht den Gleichheitssatz missachtet. Es werde zwar nicht verkannt, dass es durch die vom Kläger kritisierte gesetzgeberische Maßnahme auch zu Härtefällen kommen könne, wenn das eigene Einkommen der Witwe (des Witwers) den "Schutzbetrag" (§ 264 Abs 6 ASVG) gerade übersteige. Diese partielle Betroffenheit müsse aber bei einer Güterabwägung gegenüber dem vom Gesetzgeber verfolgten Ziel in den Hintergrund treten und lasse weder einen gleichheitswidrigen noch einen dem Sachlichkeitsgebot widersprechenden Regelungsansatz erkennen. Insgesamt seien die vom Kläger geäußerten verfassungsrechtlichen Bedenken nicht stichhältig und könnten das angeregte Normenkontrollverfahren nicht rechtfertigen. Die ordentliche Revision sei zulässig, da eine Rechtsprechung zur verfassungsrechtlichen Problematik der Berechnung der Witwen(Witwer)pension nach der seit dem SRÄG 2000 geltenden Rechtslage fehle.
Dagegen richtet sich die Revision der klagenden Partei aus dem Revisionsgrund der unrichtigen rechtlichen Beurteilung mit dem Antrag auf Abänderung im klagsstattgebenden Sinn. Die beklagte Partei hat sich am Revisionsverfahren nicht beteiligt.
Rechtliche Beurteilung
Die Revision ist entgegen dem - das Revisionsgericht nicht bindenden (§ 508a ZPO) - Zulässigkeitsausspruch des Berufungsgerichtes nicht zulässig, weil eine iSd § 502 Abs 1 ZPO erhebliche Rechtsfrage nicht vorliegt.
Der Kläger zieht auch in seinen Revisionsausführungen nicht in Zweifel, dass die Berechnung seines Anspruchs auf Witwerpension gemäß § 264 ASVG in der hier maßgebenden Fassung des Sozialrechts-Änderungsgesetzes 2000 nur einen Betrag von 11,62 EUR ergibt; er wiederholt lediglich seine verfassungsrechtlichen Bedenken.
Darauf ist jedoch inhaltlich nicht weiter einzugehen:
Aufgrund eines Drittelantrags von Nationalratsabgeordneten hat der Verfassungsgerichtshof mit Erkenntnis vom 27. 6. 2003, G 300/02 ua § 264 Abs 2 bis 5 des Allgemeinen Sozialversicherungsgesetzes (ASVG) BGBl 1955/189, idF BGBl 1995/132, BGBl 1996/411, BGBl I 1997/61, BGBl I 1998/138, BGBl I 2000/92 und BGBl I 2001/67 als verfassungswidrig aufgehoben und ausgesprochen, dass die Aufhebung dieser Bestimmungen mit Ablauf des 30. Juni 2004 in Kraft tritt und frühere Bestimmungen nicht wieder in Wirksamkeit treten.
Hat der Verfassungsgerichtshof ein Gesetz als verfassungswidrig aufgehoben und gemäß Art 140 Abs 5 B-VG eine Frist für das Außerkrafttreten gesetzt, so ist das Gesetz auf alle bis zum Ablauf dieser Frist - sei es vor oder nach der Kundmachung der Aufhebung (Art 140 Abs 5 B-VG; Mayer B-VG² Art 140 V. 3.) - verwirklichten Tatbestände mit Ausnahme des Anlassfalls anzuwenden (Art 140 Abs 7 B-VG). Die vorliegende Rechtssache ist kein "Anlassfall", weil sie nicht tatsächlich "Anlass" für die Einleitung des Normprüfverfahrens war (VfSlg 8.234 ua) und auch nicht bei Beginn der mündlichen Verhandlung, die im Normprüfverfahren stattfand, beim Verfassungsgerichtshof anhängig war (VfSlg 10.616, 14.304 ua). Daraus folgt, dass § 264 Abs 2 bis 4 ASVG in der für den vorliegenden Fall maßgeblichen Fassung in diesem, dem ein Sachverhalt zugrunde liegt, der sich vor dem Außerkrafttreten der präjudiziellen Bestimmungen ereignete, weiterhin anzuwenden ist. Soweit ein vom Verfassungsgerichtshof aufgehobenes Gesetz weiterhin anzuwenden ist, ist eine neuerliche Überprüfung dieses Gesetzes durch den Verfassungsgerichtshof ausgeschlossen. Der Verfassungsgerichtshof nimmt an, dass Rechtsvorschriften, die von ihm - allenfalls auch unter Fristsetzung - aufgehoben wurden, für die Vergangenheit unangreifbar geworden sind; ein Feststellungsantrag gemäß Art 140 Abs 4 B-VG ist diesfalls unzulässig (VfSlg 8277, 12.564; VfGH 13. 6. 1995, V 41/95). Der Oberste Gerichtshof kann daher die Frage der Verfassungsmäßigkeit der präjudiziellen Bestimmungen an den Verfassungsgerichtshof nicht mehr herantragen. Deshalb hängt die Entscheidung nicht mehr von der Lösung einer erheblichen Rechtsfrage (§ 502 Abs 1 ZPO) ab.
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