OGH 14Os86/03

OGH14Os86/039.9.2003

Der Oberste Gerichtshof hat am 9. September 2003 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Mag. Strieder als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Mayrhofer, Hon. Prof. Dr. Ratz, Dr. Philipp und Hon. Prof. Dr. Schroll als weitere Richter, in Gegenwart des Richteramtsanwärters Mag. Bauer als Schriftführer, in der Strafsache gegen Michael H***** wegen des Verbrechens des schweren Betruges nach § 146, 147 Abs 3 StGB und anderer strafbarer Handlungen über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichtes Innsbruck als Schöffengericht vom 13. März 2003, GZ 27 Hv 180/02k-73, nach Anhörung des Generalprokurators in nichtöffentlicher Sitzung den Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde und die "Berufung wegen des Ausspruchs über die Schuld" werden zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufung (wegen des Ausspruchs über die Strafe) werden die Akten dem Oberlandesgericht Innsbruck zugeleitet. Dem Angeklagten fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mt dem angefochtenen Urteil wurde Michael H***** (laut Spruch) des "Vergehens" (richtig: des Verbrechens) des schweren Betruges nach §§ 146, 147 Abs 3 StGB (I.), des Verbrechens der betrügerischen Krida nach § 156 Abs 1 und Abs 2 StGB (II.) und des Vergehens der grob fahrlässigen Beeinträchtigung von Gläubigerinteressen nach § 159 Abs 2, Abs 5 Z 3 und Z 4 StGB (III.) schuldig erkannt. Danach hat er

I. in Schwoich und anderen Orten mit dem Vorsatz, sich durch das Verhalten der Getäuschten unrechtmäßig zu bereichern, nachgenannte Personen durch Vorspiegelung seiner Zahlungsfähigkeit und Zahlungswilligkeit, somit durch Täuschung (zu ergänzen: über Tatsachen) zu Handlungen, nämlich zur Erbringung von Werkleistungen, verleitet, die nachgenannte Firmen in einem 40.000 EUR übersteigenden Betrag an ihrem Vermögen schädigten, und zwar:

1. am 5. Dezember 1995 Verantwortliche der Firma Bernhard W***** zur Erbringung von Heizungs- und Sanitärinstallationsarbeiten; Schaden 15.184,19 EUR;

2. im August 1998 Verantwortliche der Firma Franz S***** zur Lieferung und Montage von Innentüren und Fenstern; Schaden 19.387,75

EUR;

3. vom 18. Mai bis zum 20. Juli 1998 Verantwortliche der Firma Alois M***** zur Lieferung von Bauwaren; Schaden 6.077,47 EUR;

II. am 24. Dezember 1997 in Scheffau als Schuldner mehrerer Gläubiger sein Vermögen wirklich verringert und dadurch die Befriedigung seiner Gläubiger oder wenigstens eines von ihnen vereitelt oder geschmälert, indem er seine Liegenschaft EZ 317, GB 83014 Scheffau samt rechtlichem und tatsächlichem Zubehör, insbesondere auch samt darauf befindlichem Gasthaus "S*****" und alle weiteren Aktiven und Passiven seines Gewerbebetriebes unentgeltlich rückwirkend per 31. Dezember 1996 an seine Tochter Michaela H***** übereignete, wobei der Schaden 99.333,21 EUR beträgt;

III. ab 24. Dezember 1997 in Scheffau und anderen Orten als Schuldner mehrerer Gläubiger in Kenntnis oder fahrlässiger Unkenntnis seiner Zahlungsunfähigkeit grob fahrlässig die Befriedigung wenigstens eines seiner Gläubiger dadurch vereitelt oder geschmälert, dass er nach § 159 Abs 5 StGB kridaträchtig handelte, indem er

1. übermäßigen, mit seinen Vermögensverhältnissen und seiner wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit in auffallendem Widerspruch stehenden Aufwand trieb und

2. es unterließ, Geschäftsbücher oder geschäftliche Aufzeichnungen zu führen, bzw diese so führte, dass ein zeitnaher Überblick über seine wahre Vermögens-, Finanz- und Ertragslage erheblich erschwert wurde.

Rechtliche Beurteilung

Gegen die Schuldsprüche I., II. und III. 1. richtet sich die auf § 281 Abs 1 Z 3, 4, 5 und 9 lit a StPO gestützte Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten, der keine Berechtigung zukommt.

Unter § 281 Abs 1 Z 3 StPO behauptet der Beschwerdeführer eine "unüberbrückbare Nichtigkeit, da ein Widerspruch zwischen Urteilstenor und Urteilsgründen besteht". Während das Erstgericht die vom Schuldspruch I. 1.-3. unbeschriebenen Tathandlungen im Urteilstenor als "Vergehen" bezeichne, gehe es bei der Strafbemessung von einem "Verbrechen" aus.

Indes ist eine (ersichtlich irrtümlich) lediglich im Spruch, nicht aber in den Entscheidungsgründen verfehlte Bezeichnung der nach § 260 Abs 1 Z 1 StPO dargestellten Tat als Vergehen anstatt als Verbrechen unter dem Aspekt des geltend gemachten Nichtigkeitsgrundes ohne Bedeutung (vgl Ratz in WK-StPO § 281 Rz 266 und 287). In der Verfahrensrüge (Z 4) bekämpft der Nichtigkeitswerber zunächst die Abweisung seiner Anträge auf "Einholung" der Akten AZ 11 Cg 97/98b des Landesgerichtes Innsbruck sowie AZ 6 E 3515/98y und GZl. 1733/98 je des Bezirksgerichtes Kufstein sowie auf Vernehmung der Zeugen Dr. Alois S*****, Dr. Martin N*****, Horst T***** und Bernd M***** zum Beweis dafür, dass das Versäumungsurteil zu AZ 11 Cg 97/98b des Landesgerichtes Innsbruck zu Unrecht ergangen ist und dem Angeklagten daher - für ihn unvorhersehbar - ca 2,300.000 S sowie zu einem (im Antrag) nicht näher bezeichneten Zeitpunkt wegen mangelhafter Viehlieferungen durch Siegfried H***** weitere 100.000 DM entzogen wurden bzw diesem der Klagsbetrag in Höhe von 1,496.735 S nicht zustand. Mit diesem Geld sei er in dieser Lage gewesen, bestehende Verbindlichkeiten abzudecken (S 163 f/III). Dieses Vorbringen enthält - wie vom Erstgericht bereits zutreffend dargelegt (S 167/III) - kein die Schuldfrage berührendes Beweisthema. Bezüglich der dem Angeklagten angelasteten Betrugshandlungen (Schuldspruch I.) vermag er die von den Tatrichtern in Abwägung aller sonstigen Verfahrensergebnisse (US 9 ff) konstatierte Zahlungsunwilligkeit (US 7) nicht in Frage zu stellen. Bei der - zeitlich vor den behaupteten unvorhersehbaren Zahlungen begangenen - betrügerischen Krida (Schuldspruch II.) wurde die Befriedigung seiner Gläubiger schon durch die am 24. Dezember 1997 gesetzte Tathandlung vereitelt bzw geschmälert, sodass auch insoweit der Beweisantrag mangels zeitlicher Konnexität ins Leere geht. Hinsichtlich der grob fahrlässigen Beeinträchtigung von Gläubigerinteressen nach § 159 Abs 2 StGB (Schuldspruch III. 1.) fehlt es an einem Vorbringen in erster Instanz, dass das unvorhersehbar für die Bezahlung von Schulden an den Onkel des Beschwerdeführers verwendete Geld ausgereicht hätte, die damals wegen offener Lieferverbindlichkeiten von 1,8 Mio S und einer fällig gestellten Kreditschuld von 7 Mio S (US 10 und 12) bereits eingetretene Zahlungsunfähigkeit zu beseitigen. Aus diesem Grund bedurfte es entgegen dem darauf abstellenden, gleichfalls abgewiesenen Antrag des Angeklagten auch keines weiteren Eingehens des Buchsachverständigen auf dieses Vorbringen.

Dem weiteren Beschwerdevorwurf zuwider wurde auch der Antrag auf Vernehmung des Zeugen Josef S***** zu Recht abgewiesen. Dieser Zeuge sollte lediglich zu einem nach dem Antragsvorbringen (S 165/III) bereits 1994 eingetretenen Forderungsausfall von 1 Mio S befragt werden, sodass gleichfalls kein zeitlicher Bezug zu den jeweils viel später gesetzten Tathandlungen gegeben ist.

Der Antrag auf ergänzende Vernehmung des Zeugen Michael M***** zum Beweis der Rückbelastung eines Schecks (S 163/III) bzw einer fehlenden Zahlungsunfähigkeit des Angeklagten und dass "ihm zu Unrecht weitere Kredite eingeräumt wurden" (S 165/III), blieb im Hinblick auf die verfahrensgegenständlichen Vorwürfe völlig unsubstantiiert.

Schließlich bekämpft die Verfahrensrüge die Abweisung des Begehrens auf Ergänzung des Gutachtens des Sachverständigen Z***** und auf Einholung eines weiteren Gutachtens zum Beweis dafür, dass die den Schuldspruch II. betreffende Bewertung des "S*****" auf Basis einer lange zurückliegenden Schätzung erfolgte, ohne zwischenzeitige Wertveränderungen zu berücksichtigen. Die Beschwerde übergeht dabei, dass sich der genannte Buchsachverständige seinerseits auf ein Gutachten des gerichtlich beeideten Experten Ing. Martin M***** vom 19. Mai 1998 bezog, welches im unmittelbaren zeitlichen Konnex mit der im Schuldspruch II. umschriebenen betrügerischen Krida erstellt worden war (S 409, 915/II). Der Einwand hinwieder, der Sachverständige habe überdies ein den Verkaufswert des "S*****" reduzierendes laufendes Zwangsversteigerungsverfahren unberücksichtigt gelassen, beachtet nicht, dass die exekutive Verwertung dieser Liegenschaft kurze Zeit vor der inkriminierten Übergabe an die Tochter des Angeklagten abgewendet werden konnte (US 14 zweiter Absatz).

Durch die Abweisung der Beweisanträge wurden daher Verteidigungsrechte des Angeklagten nicht beeinträchtigt. Die Mängelrüge (Z 5) wiederholt lediglich den bereits zum Nichtigkeitsgrund der Z 3 des § 281 Abs 1 StPO dargestellten Einwand, ohne damit einen erheblichen Widerspruch aufzuzeigen. Die Rechtsrüge (Z 9 lit a) übergeht mit dem Vorwurf fehlender Feststellungen zum Bereicherungsvorsatz beim Verbrechen des schweren Betruges (Schuldspruch I.) die ausführlichen darauf abstellenden Urteilsannahmen (US 7 iVm 9 ff) und verfehlt solcherart die prozessordnungsgemäße Darstellung des angerufenen materiellen Nichtigkeitsgrundes. Auf die weiteren, inhaltlich die von den Tatrichtern zur subjektiven Tatseite vorgenommene Beweiswürdigung nach Art einer im kollegialgerichtlichen Verfahren unzulässigen Schuldberufung bekämpfenden Beschwerdeausführungen nicht näher einzugehen.

Der Einwand mangelnder Ausführungen zu "den angeblich vorhandenen Gläubigern", deren Befriedigung durch die im Schuldspruch II. genannte Tathandlung vereitelt oder geschmälert worden ist, missachtet wiederum die dazu getroffenen Feststellungen, wonach der Angeklagte als Schuldner "mehrerer Gläubiger" (US 8) bereits zum 31. Dezember 1994 mit 1,8 Mio S Lieferverbindlichkeiten und seit 1990 mit fällig gestellten Kreditverbindlichkeiten über 7 Mio S belastet war, wobei zu den jeweils inkriminierten Tatzeitpunkten eine Überschuldung bestand (US 10, 12 ff). Damit verfehlt der Beschwerdeführer auch hiezu die gesetzmäßige Ausführung des geltend gemachten materiellen Anfechtungspunktes, die ein striktes Festhalten am gesamten Urteilssachverhalt voraussetzt.

Die teils offenbar unbegründete, teils nicht prozessordnungsgemäß ausgeführte Nichtigkeitsbeschwerde war daher bei nichtöffentlicher Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285d StPO). Ebenso war mit der (angemeldeten - ON 74) Berufung wegen des Ausspruchs über die Schuld zu verfahren, weil ein solches Rechtsmittel gegen Urteile von Kollegialgerichten den Verfahrensvorschriften fremd ist. Daraus ergibt sich die Zuständigkeit des Oberlandesgerichtes Innsbruck für die Erledigung der Berufung (§ 285i StPO).

Die Kostenentscheidung gründet sich auf § 390a Abs 1 StPO.

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