OGH 8Ob94/03m

OGH8Ob94/03m28.8.2003

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Petrag als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Rohrer, Dr. Spenling und Dr. Kuras und die Hofrätin des Obersten Gerichtshofes Dr. Lovrek als weitere Richter in der Unterbringungssache des Andreas D*****, infolge außerordentlicher Revisionsrekurse des Betroffenen, vertreten durch Dr. Martin Brandstetter, Rechtsanwalt in Amstetten, als Verfahrenshelfer, gegen die Beschlüsse des Landesgerichtes St. Pölten als Rekursgericht vom 30. Dezember 2002, GZ 10 R 106/02v-17a, und vom 22. Jänner 2003, GZ 10 R 8/03h-24, den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die außerordentlichen Revisionsrekurse werden mangels der Voraussetzungen des § 14 Abs 1 AußStrG zurückgewiesen (§ 16 Abs 3 AußStrG iVm § 508a Abs 2 und § 510 ZPO).

Begründung

Rechtliche Beurteilung

1. Zum Revisionsrekurs gegen den Beschluss vom 30. 12. 2002 (ON 17a):

Ob die Sachverhaltsgrundlage zur Beurteilung des Vorliegens einer psychischen Störung ausreicht oder ob hiefür ein (weiteres) Sachverständigengutachten hätte eingeholt werden müssen, richtet sich nach den Umständen des Einzelfalls (RIS-Justiz RS0106073).

Das Rekursgericht ist ohnedies im Sinne der ständigen Rechtsprechung (RIS-Justiz RS0075892; RS0075902) davon ausgegangen, dass bloße Behandlungsbedürftigkeit oder Verwahrlosungsgefahr die Unterbringung nicht rechtfertigt. Allerdings ist das Rekursgericht aufgrund der konkreten Sachverhaltsgrundlagen zum maßgeblichen Zeitpunkt (Unterbringung 21. 11. 2002; Erstanhörung 25. 11. 2002) zur Beurteilung gelangt, dass eine sofortige Rückkehr in die bisherigen Pflegeverhältnisse des Betroffenen eine konkrete und ernste Gefährdung der Gesundheit des Patienten bewirken würde. Das Rekursgericht hat somit aufgrund der konkreten Tatumstände zum Entscheidungszeitpunkt den von § 3 Z 1 UbG geforderten unmittelbaren Zusammenhang zwischen der Krankheit und der drohenden Schädigung (vgl dazu 2 Ob 573/93) bejaht.

Darin ist eine auffallende Fehlbeurteilung nicht zu erkennen. Das Rekursgericht hat sich auch ausreichend mit der nun im Revisionsrekurs hervorgehobenen Möglichkeit einer Alternative zur Unterbringung (§ 3 Z 2 UbG) auseinandergesetzt und dazu ausgeführt, dass der Betroffene selbst letztlich mit einer professionellen Betreuung durch eine geeignete Institution nicht einverstanden gewesen sei.

Die zunächst nach § 34 Abs 2 UbG angeordnete Einschränkung des fernmündlichen Verkehrs zwischen dem Patienten und Gerhard K***** hat das Rekursgericht ausführlich damit begründet, dass diese Maßnahme deshalb erforderlich sei, weil Gerhard K***** einen nachteiligen Einfluss auf den Patienten ausübe und die Einschränkung des Verkehrs zu einer nachhaltigen Besserung (Aufgabe des Hungerstreiks durch den Patienten) geführt habe. Auch darin kann eine erhebliche Fehlbeurteilung nicht erblickt werden.

2. Zum Revisionsrekurs gegen den Beschluss vom 22. 1. 2003 (ON 24)

Es entspricht der ständigen Rechtsprechung, dass auch im Außerstreitverfahren für Rechtsmittel die Voraussetzung des Rechtsschutzinteresses gilt, die die Zulässigkeit des Rechtsmittels betrifft (RIS-Justiz RS006598). Eine Beschwer durch die Begründung (hier: des Erstgerichtes, das mit Beschluss vom 9. 12. 2002 die weitere Unterbringung mit der Begründung für unzulässig erklärte, dass beim Patienten zwar ein paranoider Umweltbezug bestehe, derzeit aber keine unmittelbare ernstliche und erhebliche Selbst- oder Fremdgefährdung gegeben sei) wird von der Rechtsprechung - mit Ausnahme von Zwischenurteilen, einem Aufhebungsbeschluss und bei Rechtsgestaltungsklagen gemäß § 105 ArbVG, deren Ziel es ist, die Rechtsunwirksamkeit einer Kündigung geltend zu machen, verneint (RIS-Justiz RS0043947). Dieser Grundsatz hat auch im Außerstreitverfahren zu gelten (4 Ob 550/95).

Die Verneinung der Beschwer des Betroffenen - der selbst die Aufhebung der Unterbringung anstrebte - gegen die Begründung jenes Beschlusses, der die weitere Unterbringung für nicht mehr zulässig erklärte, durch das Rekursgericht steht daher im Einklang mit der Rechtsprechung.

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