OGH 3Ob150/03k

OGH3Ob150/03k21.8.2003

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Schiemer als Vorsitzenden sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Graf, Dr. Pimmer, Dr. Zechner und Dr. Sailer als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Parteien 1. Gundi U*****, und 2. Ewald U*****, beide vertreten durch Dr. Dietrich Clementschitsch und andere Rechtsanwälte in Villach, wider die beklagten Parteien 1. Hans M*****, und 2. Luise M*****, beide vertreten durch Reif und Partner OEG, Rechtsanwälte in Villach, wegen Einwendungen gegen den Anspruch (Rekursinteresse 821,12 EUR), infolge Rekurses der klagenden Parteien gegen den Beschluss des Landesgerichts Klagenfurt als Berufungsgericht vom 27. Februar 2003, GZ 2 R 61/03b-8, womit die Berufung der klagenden Parteien gegen das Urteil des Bezirksgerichts Villach vom 3. Dezember 2002, GZ 7 C 88/02h-4, zurückgewiesen wurde, den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Dem Rekurs wird Folge gegeben.

Der Beschluss des Berufungsgerichts wird aufgehoben. Dem Berufungsgericht wird die neuerliche Entscheidung über die Berufung der klagenden Parteien aufgetragen.

Die Kosten des Rekursverfahrens sind weitere Kosten des Berufungsverfahrens.

Text

Begründung

Aufgrund behaupteter Aufrechnung mit drei titulierten und einer nicht titulierten Gegenforderung begehrten die Kläger das Urteil, der Anspruch der Beklagten aus zwei Urteilen, zu dessen Hereinbringung das Erstgericht die Exekution bewilligt habe (einerseits 11.245,34 S sA, andererseits 670,29 EUR), sei erloschen.

Das Erstgericht erklärte den Anspruch im Umfang eines Teilbetrags von 660,40 EUR samt 4 % Zinsen seit 7. März 2002 für erloschen und wies das Mehrbegehren, auch der darüber hinausgehende Anspruch von 817,23 EUR samt 4 % Zinsen seit 11. November 2001 und von 3,89 EUR samt 4 % Zinsen seit 7. März 2002 und der bislang aufgelaufenen Exekutionskosten von 218,58 EUR sei erloschen, ab.

Das Berufungsgericht wies die Berufung der klagenden Parteien gegen den klagsabweisenden Teil des Urteils erster Instanz (und die Kostenentscheidung) zurück.

In der Begründung seines Beschlusses stützte sich das Berufungsgericht ausschließlich darauf, dass das der Klage zugrunde liegende Exekutionsverfahren über Antrag der Beklagten mit Beschluss vom 17. Februar 2003 gemäß § 39 Abs 6 EO eingestellt worden sei.

Rechtliche Beurteilung

Der ungeachtet des 4.000 EUR nicht übersteigenden Entscheidungsgegenstands der zweiten Instanz gemäß § 519 Abs 1 Z 1 ZPO jedenfalls zulässige (stRsp, RIS-Justiz RS0043882, zuletzt 3 Ob 54/02s mwN) Rekurs der klagenden Parteien ist berechtigt.

Entgegen der Ansicht der Kläger folgt dies aber keineswegs aus einer angeblichen Verletzung des Neuerungsverbots (§ 482 Abs 2 ZPO) durch das Berufungsgericht, ist doch nach stRsp die Beschwer eine Voraussetzung für die Zulässigkeit jedes Rechtsmittels, die auch noch im Zeitpunkt der Rechtsmittelentscheidung vorliegen muss, woraus folgt, dass das Rechtsmittel zurückzuweisen ist, wenn die Beschwer nach seinem Einlangen wegfällt (Nachweise jeweils bei Kodek in Rechberger2, Vor § 461 ZPO Rz 9). Dieser Judikatur hat der Gesetzgeber durch Änderung des § 50 Abs 2 ZPO Rechnung getragen, weshalb die Wahrnehmung nachträglich weggefallener Beschwer nicht am Neuerungsverbot scheitern kann.

Allerdings kann der nicht näher begründeten Rechtsansicht der zweiten Instanz nicht gefolgt werden, die Einstellung (allenfalls Beendigung) der Anlassexekution im Laufe des Berufungsverfahrens führe zum Wegfall der Beschwer der Oppositionskläger durch ein (teilweise) klagsabweisendes Urteil. Davon ist die hier nicht zu lösende Frage zu unterscheiden, welche Rechtsfolge die Beendigung oder Einstellung der Anlassexekution während des Verfahrens erster Instanz hat (vgl dazu Dullinger in Burgstaller/Deixler-Hübner, EO, § 35 Rz 31 und Jakusch in Angst, EO, § 35 Rz 68, je mN). Zwar kann im vorliegenden Fall angesichts der (Teil-)Abweisung der Klage an der formellen Beschwer der Kläger nicht gezweifelt werden. Diese reicht allerdings nicht immer aus, vielmehr ist das Rechtsmittel auch dann zurückzuweisen, wenn die Rechtsstellung des Rechtsmittelwerbers durch die Entscheidung nicht beeinträchtigt wird (RIS-Justiz RS0041868; Kodek aaO Rz 10). Nach der nunmehr stRsp verfolgt die Oppositionsklage als Ziel sowohl die Feststellung des Erlöschens (der Hemmung) des Anspruchs als auch die Unzulässigerklärung jeglicher Zwangsvollstreckung aus dem Exekutionstitel (Kombinationstheorie: Nachweise bei Jakusch aaO Rz 5 und Dullinger aaO Rz 8). Auch wenn nunmehr die im Prozess angestrebte Einstellung der Anlassexekution durch den bewilligten Antrag der Beklagten als betreibende Parteien vorweggenommen wurde, bleibt doch das Feststellungsinteresse der Kläger davon unberührt. Demgemäß hat der Oberste Gerichtshof bereits in einem vergleichbaren Fall (3 Ob 109/91 = EFSlg 67.053) die Einstellung der Anlassexekution nach § 39 Abs 1 Z 6 EO im Hinblick auf die Beklagten, die das teilweise klagestattgebende Berufungsurteil bekämpften, im Hinblick auf mögliche Rückzahlungsansprüche der Oppositionskläger als unerheblich angesehen. Auch im vorliegenden Fall könnten die Kläger im Falle eines klagestattgebenden Urteils auch im noch strittigen Umfang die Rückzahlung der (nach den gegen das Neuerungsverbot verstoßenden Behauptungen der Kläger in der Revision bereits exekutiv hereingebrachten) Beträge zurückfordern.

Daraus folgt, dass die Entscheidung des Berufungsgerichts aufzuheben ist, das erneut über die Berufung der Kläger zu entscheiden haben wird.

Der Kostenvorbehalt stützt sich auf § 52 ZPO.

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