OGH 8ObA64/03z

OGH8ObA64/03z7.8.2003

Der Oberste Gerichtshof hat als Rekursgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Petrag als Vorsitzenden und die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Rohrer und Dr. Kuras sowie die fachkundigen Laienrichter Mag. Harald Kaszanits und Mag. Gabriele Jarosch als weitere Richter in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei Ioan M*****, vertreten durch Dr. Maximilian Hofmaninger, Rechtsanwalt in Vöcklabruck, wider die beklagte Partei M*****, vertreten durch Dr. Alois Nußbaumer ua, Rechtsanwälte in Vöcklabruck, wegen EUR 2.366,43 sA, über den Rekurs der beklagten Partei gegen den Beschluss des Oberlandesgerichtes Linz als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 25. März 2003, GZ 11 Ra 23/03m-17, womit das Urteil des Landesgerichtes Wels als Arbeits- und Sozialgericht vom 12. November 2002, GZ 16 Cga 107/02i-13, aufgehoben wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Dem Rekurs wird nicht Folge gegeben.

Die Kosten des Rekursverfahrens sind weitere Verfahrenskosten.

Text

Begründung

Der seit 31. 7. 2001 bei der beklagten Spedition als Kraftfahrer beschäftigte Kläger beendete sein Arbeitsverhältnis zur beklagten Partei am 7. 3. 2002 durch vorzeitigen Austritt. Auf sein Arbeitsverhältnis war der Kollektivvertrag für Arbeiter des Güterbeförderungsgewerbes anzuwenden. Nach dem Arbeitsvertrag sollten die Überstundenentgelte und Reisekosten einen Monat später auf das Lohnkonto überwiesen werden.

Mit seiner Klage begehrt der Kläger, ausgehend von einem berechtigten vorzeitigen Austritt, an Kündigungsentschädigung, aliquoten Sonderzahlungen und Urlaubsersatzleistung insgesamt EUR 2.366,43. Zur Berechtigung seines Austrittes stützt sich der Kläger einerseits darauf, dass Entgeltbestandteile nicht rechtzeitig abgerechnet wurden - was nicht mehr Gegenstand des Rekursverfahrens ist - und andererseits auch darauf, dass er von der Beklagten regelmäßig angewiesen wurde, gesetzliche Regelungen zu verletzen, insbesondere die Bestimmungen des Arbeitszeitgesetzes sowie der Verordnung 3820/85 /EWG durch Fahrten mit LKW-Zügen über die höchstzulässige Arbeits- und Einsatzzeit, aber auch der StVO und des KFG durch Fahrten mit überbreiten Ladungen. Der Kläger listete im Einzelnen beginnend ab 4. 2. 2002 (Beginn 4.00 Uhr, Ende 19.30 Uhr) auf, wielange er an den jeweiligen Tagen arbeitete. Am 7. 3. 2002 sei er dann um 6.00 Uhr von Augsburg zur Beklagten gefahren, wo ein Radlager instandgesetzt werden habe müssen. Daraufhin habe der Kläger dann seine Fahrt fortsetzen müssen. Beim Be- und Entladen bei einer der weiteren Firmen seien dann technische Probleme aufgetreten, die auf veraltete Auflieger der Beklagten zurückzuführen seien und zu den häufig auftretenden Defekten zählten. Zwischen 12.00 und 13.00 Uhr sei er von der Beklagten telefonisch aufgefordert worden, eine überbreite Ladung bei dieser Firma aufzunehmen, obwohl er darauf hingewiesen habe, dass der LKW für überbreite Ladungen nicht ausgerüstet sei und es auch an dem erforderlichen Begleitfahrzeug fehle. Die Beklagte habe darauf bestanden, dass der Transport durchgeführt werde, obwohl der Kläger in Befolgung solcher rechtswidriger Weisungen bereits mit Verwaltungsstrafen belegt worden sei. Sie habe massiven Druck ausgeübt, sodass der Kläger schließlich den Transport durchgeführt habe und gegen 20.00 Uhr am Firmengelände der Beklagten eingelangt sei. Dort sei der Kläger erneut angewiesen worden, weiter zu fahren, und eine bestimmte Bundesstraße zu benützen, um Polizeikontrollen zu vermeiden. Diese Weiterfahrt hätte neuerlich mit unzureichend gesicherter und gekennzeichneter überbreiter Ladung erfolgen sollen. Die Einsatzzeit des Kläger sei in nicht zumutbarer Weise und neuerlich bei weitem überschritten worden, weshalb der Kläger berechtigt vorzeitig ausgetreten sei.

Die Beklagte beantragte die Abweisung des Klagebegehrens und wendete zusammengefasst ein, dass der Kläger die Arbeit unbefugt verlassen habe.

Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab. Es folgerte rechtlich, dass ein Austrittsgrund hinsichtlich der behaupteten verspäteten Entgeltzahlung nicht vorliege und im Übrigen nicht schlüssig behauptet sei. Der Kläger habe nach seinem Vorbringen bereits über längere Zeiträume hinweg immer Arbeiten durchgeführt, die die höchstzulässigen Arbeits- und Lenk- sowie Einsatzzeiten überschritten und auch noch am gleichen Tag bereits einmal eine überbreite Ladung transportiert. Befolge ein Arbeitnehmer wiederholt gesetzwidrige Weisungen, so sei ein vorzeitiger Austritt nur dann berechtigt, wenn er den Arbeitgeber vorher darauf hinweise, dass er derartige gesetzwidrige Weisungen in der Zukunft nicht mehr befolgen werde. Dazu sei er auch nicht verpflichtet.

Das Berufungsgericht gab der Berufung des Klägers Folge und hob das angefochtene Urteil des Erstgerichtes auf und verwies die Arbeitsrechtssache zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung an das Erstgericht zurück. Es folgerte dabei rechtlich, dass grundsätzlich der Arbeitnehmer nur nach einer vorherigen Androhung seinen Austritt erklären könne, jedoch bei wesentlichen Vertrags- oder Gesetzesverletzungen auch zur sofortigen Beendigung berechtigt sei. Dazu könne auch eine massive Verletzung von Arbeitszeitvorschriften gehören. Liege ein eklatanter Gesetzesverstoß vor, könne jederzeit ein vorzeitiger Austritt erfolgen, ohne dass es einer formellen Nachfristsetzung bedürfe. Dies sei bei den behaupteten Gesetzesverstößen sowohl gegen das Arbeitszeitgesetz als auch die Straßenverkehrsvorschriften zu bejahen.

Den Rekurs an den Obersten Gerichtshof erachtete das Berufungsgericht als zulässig, weil nicht ausreichend geklärt sei, inwieweit bei ständigen Verstößen gegen Arbeitszeitvorschriften bzw die Straßenverkehrsvorschriften vorweg eine Ankündigung des Austrittes erforderlich sei.

Rechtliche Beurteilung

Der gegen den Beschluss erhobene Rekurs der Beklagten ist aus dem vom Berufungsgericht genannten Grund zulässig, aber nicht berechtigt.

Nach § 82a lit c GewO kann ein Arbeiter ua dann seinen berechtigten vorzeitigen Austritt aussprechen, wenn der Gewerbeinhaber versucht, den Arbeiter zu gesetzwidrigen Handlungen zu verleiten.

Gemäß § 82a lit d GewO ist ein Arbeiter ua dann zum vorzeitigen Austritt berechtigt, wenn der Gewerbetreibende "wesentliche Vertragsbestimmungen" verletzt.

Der Oberste Gerichtshof hat sich nun mit der Frage der Anordnung von Arbeitsleistungen, die gegen "arbeitszeitrechtliche" Bestimmungen verstoßen und allenfalls daraus entstehenden Austrittsrechten mehrmals befasst.

In der Entscheidung vom 26. 8. 1958 zu 4 Ob 80/58 (= Arb 6927 = RIS-Justiz RS0058842) wurde der Austritt eines Hilfsarbeiters, der zur nicht genehmigten Sonntagsarbeit eingeteilt wurde, wegen des Verleitens des Dienstnehmers zu einer Gesetzwidrigkeit, die er damit selbst begangen hätte, als berechtigt eingestuft.

Hingegen hat der Oberste Gerichtshof in seiner Entscheidung vom 25. 3. 1980 (Arb 9863) eine über ausdrücklichen Wunsch der Arbeitnehmer erfolgte Einteilung zu 24-stündigen Überwachungsdiensten noch nicht als ausreichenden Grund für einen vorzeitigen Austritt des Arbeitnehmers beurteilt.

Wesentlich sind vor allem die beiden - zu den arbeitszeitrechtlichen Fragen - ergangenen Entscheidungen des Obersten Gerichtshofes vom 11. 1. 1995 zu 9 ObA 7/95 (= DRdA 1995/48 [Grießer] = ZAS 1996/21 [Schindler]) und 4. 12. 1996 zu 9 ObA 2267/96i (= ZAS 1997/21 [Steininger]).

Der Entscheidung zu 9 ObA 7/95 lag zugrunde, dass eine am 1. 5. 1992 übernommene Verkäuferin nach den Anordnungen ihres neuen Arbeitgebers wiederholt von 8.00 bis 20.00 Uhr, manchmal auch bis 21.00 Uhr oder 22.30 Uhr arbeiten musste und bereits am 7. 5. 1992 ohne weitere Vorankündigung ihren vorzeitigen Austritt erklärte. Der Oberste Gerichtshof hat diesen vorzeitigen Austritt als berechtigt eingestuft und dazu allgemein darauf hingewiesen, dass die Höchstgrenzen der Arbeitszeit auch dem Schutz der gesundheitlichen Interessen des Arbeitnehmers dienen. Bei eklatanten Verletzungen der arbeitszeitrechtlichen Bestimmungen müsse die Arbeitnehmerin vor dem vorzeitigen Austritt auch nicht gegen die Anordnungen remonstrieren, weil der Arbeitgeber ohnehin nicht das Einverständnis der Arbeitnehmerin annehmen könne und zwingende Normen der Parteiendisposition entzogen seien. Im Hinblick auf den regelmäßigen Einsatz der Arbeitnehmerin zu weit überhöhten Überstundenleistungen habe diese auch für die Zukunft damit rechnen müssen. Auch sei es gerade in Kleinbetrieben schwer, Anordnungen zu Überstundenarbeit abzulehnen. Die Frage, ob etwas anderes zu gelten habe, wenn der Arbeitnehmer bereits längere Zeit hindurch laufend und ohne Anstand vom Arbeitgeber angeordnete gesetzwidrige Überstunden leistet, ließ der Oberste Gerichtshof ausdrücklich dahingestellt.

Grießer hat in seiner Entscheidungsbesprechung DRdA 1995/48 der Entscheidung im Ergebnis zugestimmt, unter dem Aspekt des § 26 AngG aber darauf hingewiesen, dass nicht jede unberechtigte Weisung zum Austritt berechtige, sondern nur schwerwiegende Arbeitsvertragsverletzungen. Nach § 26 Z 3 AngG bestehe das Austrittsrecht auch bei Weigerung des Arbeitgebers, zum Schutz der Gesundheit des Angestellten bestehende gesetzliche Verpflichtungen einzuhalten. Dieser Bestimmung sei gegenüber der auf die Verletzung der privatrechtlichen Fürsorgepflicht abstellenden des § 26 Z 2 AngG der Vorzug zu geben. Grundsätzlich könne - so wie bei Zahlungsverzögerungen - der Arbeitnehmer, der dies längere Zeit diese geduldet habe, beim Arbeitgeber den Glauben erweckt habe, das Fehlverhalten nicht als Anlass zum Austritt nehmen. Gerade im Rahmen der Beurteilung des Austrittsgrundes nach § 26 Z 2 AngG komme dem Bedeutung zu. Hingegen sei die Missachtung öffentlich-rechtlicher Schutzvorschriften für die Gesundheit des Arbeitnehmers nicht disponibel, erfordere aber nach dem Tatbestand des § 26 Z 3 AngG die Ablehnung der Einhaltung der Schutzvorschriften iS einer "Beharrlichkeit". Eine Einmahnung sei dann nicht erforderlich, wenn der Verstoß so eklatant sei, dass Bedeutung und Gewicht des pflichtwidrigen Verhaltens, etwa wegen der Gefährdung für Leben und Gesundheit von Menschen, offensichtlich sei. Dabei sei zu beachten, dass den arbeitszeitrechtlichen Vorschriften nicht nur die Zielrichtung des Gesundheitsschutzes zugrundeliege, sondern auch andere Ziele etwa beschäftigungspolitischer Art. Insoweit sei vergleichbar wie beim Entgeltverzug ein Begehren auf Abhilfe zu stellen, sonst trete bei Gesundheitsgefährdung der öffentlich-rechtliche Aspekt in den Vordergrund.

Schindler hat in seiner Besprechung der Entscheidung (ZAS 1996/21) auf die verschiedenen Unterschiede zwischen dem Austrittsrecht nach § 26 AngG und dem hier maßgeblichen Austrittsrecht nach § 82a GewO hingewiesen. Er ist dafür eingetreten, die im § 82a GewO nicht ausdrücklich geregelte Frage der Verletzung von dem Schutz des Lebens und der Gesundheit oder Sittlichkeit dienenden Vorschriften entweder unter § 82a lit d GewO (andere "wesentliche Vertragsbestimmungen" verletzt) zu subsumieren oder eine systemwidrige Lücke anzunehmen. Bei Verletzungen von Arbeitnehmerschutzvorschriften seien Arbeiter unabhängig von einer "Verweigerung" der Einhaltung zum Austritt berechtigt, ausgenommen es handle sich um geringfügige Verstöße. Eine "Warnpflicht" könne dort bestehen, wo der Arbeitnehmer durch eigenes Dulden eines rechtswidrigen Zustandes eine Situation hergestellt habe, in der ein überraschender Austritt treuwidrig wäre. Bei der Missachtung öffentlich-rechtlicher Vorschriften sei in dem "sich fügen" jedoch keine wirksame Disposition des Arbeitnehmers zu sehen.

In der Entscheidung zu 9 ObA 2267/96i ging es darum, dass ein Taxifahrer für 12 Stunden Tagdienst (6 x wöchentlich) ein monatliches Nettoentgelt von S 11.500,-- und sodann für 10 Stunden Nachtdienst (6 x wöchentlich) einen monatlichen Nettolohn von S 12.000,-- vereinbarte und nach wenigen Monaten erklärte, nicht weiter fahren zu wollen und am nächsten Tag bei einer anderen Taxizentrale zu arbeiten begann. Er machte geltend, dass die Entgeltvereinbarung gesetzwidrig und sein Austritt zu Recht erfolgt sei, da ihm die Beklagte schuldhaft Entgeltbestandteile vorenthalten und sonstige wichtige Pflichten aus dem Arbeitsvertrag verletzt habe. Der Oberste Gerichtshof beurteilte die Vereinbarung als nicht sittenwidrig und den Austritt als nicht berechtigt. Auch wenn der Arbeitnehmer die höchstzulässige Arbeitszeit tatsächlich überschritten hätte, könne hier dem Austritt keine Berechtigung zukommen, da der Arbeitnehmer nie ernstlich widersprochen habe, sondern nur das angemessene Entgelt begehrte. Eine der Vorentscheidung zu 9 ObA 7/95 vergleichbare krasse Verletzung der Arbeitszeitvorschriften und der daraus abgeleiteten mangelnden Bereitschaft des Arbeitgebers, die Bestimmungen des Arbeitszeitgesetzes einzuhalten, bei der es auch keines Versuches des Arbeitnehmers bedurfte, den Arbeitgeber dazu zu bewegen, lag nicht vor.

Steininger hat in der Entscheidungsbesprechung (ZAS 1997/21) zur Frage der Pflicht des Arbeitnehmers, gegen gesetzwidrige Arbeitsbedingungen zu remonstrieren, auch auf die verschiedenen Grundlagen des Austrittsrechtes hingewiesen. Im Rahmen der Gewerbeordnung sei selbst ausgehend von einer vertraglichen Vereinbarung über eine unzulässige Arbeitszeit eine Verletzung wesentlicher Vertragspflichten im Sinne des §§ 82a lit d GewO deshalb zu bejahen, da dazu auch die Verletzung der Fürsorgepflicht des Arbeitgebers gehöre. Die "Remonstrationspflicht" sei berechtigt angenommen worden, weil der Arbeitnehmer mit einem längeren Dulden im Ergebnis zum Ausdruck bringe, dass es sich nicht um einen "wichtigen Grund" handle, der eine Aufrechterhaltung des Arbeitsverhältnisses unzumutbar mache. Dies trete erst dann ein, wenn der Vertragspartner zum Ausdruck bringe, dass er dies nicht länger hinnehmen wolle.

Auf Grundlage des vorliegenden Falles ist dazu folgendes zu erwägen:

Ausgangspunkt auch für die Interpretation der Austrittstatbestände des § 82a GewO hat der Grundsatz zu sein, dass es sich um wichtige Gründe handeln muss, die eine weitere Aufrechterhaltung des Arbeitsverhältnisses unzumutbar machen (vgl allgemein Krejci in Rummel ABGB3 § 1162 Rz 23 ff; Floretta/Spielbüchler/Strasser Arbeitsrecht I4, 410; Schrammel, Arbeitsrecht24, 203 jeweils mwN uva).

Was nun die allgemeine Frage der Beurteilung der Verletzung arbeitszeitrechtlicher Regelungen durch Anordnungen des Arbeitgebers im Anwendungsbereich der Gewerbeordnung unter dem Aspekt des Austrittsrechtes nach § 82a GewO anlangt, so sprechen erhebliche Gründe dafür, von einer "Verletzung wesentlicher Vertragsbestimmungen" im Sinne der lit d des § 82a GewO auszugehen, wenn in dieser Verletzung arbeitszeitrechtlicher Regelungen auch eine Gefährdung der Gesundheit des Arbeitnehmers gesehen werden kann (vgl in diesem Sinne Steininger aaO; ähnlich offenbar Schindler aaO; allgemein zur Zielrichtung des Arbeitszeitgesetzes, das allerdings nur teilweise dem Gesundheitsschutz dient, Cerny in Cerny/Klein/Schwarz, Arbeitszeitgesetz20; Grillberger, Arbeitszeitgesetz2, 3 f; Grießer aaO uva).

Eine abschließende Auseinandersetzung mit dieser Frage erübrigt sich jedoch schon deshalb, weil hier der Austrittstatbestand des § 82a lit c GewO wegen des Versuchs der Beklagten, den Kläger zu gesetzwidrigen Handlungen zu verleiten, vorliegt. Die Erfüllung dieses Tatbestandes ist jedenfalls dann zu bejahen, wenn sich das Verhalten des Arbeitnehmers auch für diesen selbst als erhebliche, strafbare Gesetzwidrigkeit darstellt und der Arbeitgeber dies beharrlich fordert. Das Erfordernis der "Erheblichkeit" wird schon aus dem oben dargestellten Grundsatz für die Auslegung der Tatbestände über die vorzeitige Beendigung abzuleiten sein, weil es ja um die Frage der Unzumutbarkeit der Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses für den konkreten Arbeitnehmer geht.

Hier hat nun der Kläger auch vorgebracht, dass er bereits wegen des Fahrens mit einer überbreiten Beladung - dazu sieht § 101 KFG iVm § 4 Abs 6 KFG genaue Regelungen vor - bestraft wurde. Der Kläger hat sich nach seinem Vorbringen auch gegen die ihm zu Mittag gegebene Anordnung, wieder mit einer überbreiten Beladung zu fahren, gewendet und nur über Druck der Beklagten dann dieser Anordnung doch Folge geleistet. Wenn er dann aber erneut - "beharrlich" - am Abend angewiesen wird, wieder mit einer überbreiten Beladung zu fahren, und noch dazu angeleitet wird, er möge die Bundesstraße wählen, bei der Polizeikontrollen nicht zu erwarten sind, so zeigt dies den Willen des Arbeitgebers zu einem beharrlichen und planmäßigen Verleiten des Arbeitnehmers zu einer Gesetzesverletzung, gegen die sich dieser bereits gewendet hat. Dann ist aber die weitere Aufrechterhaltung des Arbeitsverhältnisses unzumutbar und der Arbeitnehmer zur sofortigen Beendigung des Arbeitsverhältnisses berechtigt. Von einer Disposition des Arbeitnehmers über sein Austrittsrecht, die den Arbeitgeber dazu berechtigen würde, zu erwarten, dass der Arbeitnehmer nach Treu und Glauben dieses nicht wahrnehmen wird, kann schon im Ansatz keine Rede sein, sodass auch unerörtert bleiben kann, inwieweit diese überhaupt als wirksam zu beurteilen wäre (vgl dazu auch Grießer aaO).

Insgesamt war daher dem Rekurs der Beklagten nicht Folge zu geben.

Der Kostenvorbehalt gründet sich auf § 2 ASGG iVm § 52 ZPO.

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