OGH 11Os54/03

OGH11Os54/035.8.2003

Der Oberste Gerichtshof hat am 5. August 2003 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Kuch als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Ebner, Dr. Zehetner Dr. Danek und Dr. Schwab als weitere Richter, in Gegenwart des Richteramtswärters Mag. Weber als Schriftführer, in der Strafsache gegen Zyryfa Z***** und einen weiteren Angeklagten wegen des Verbrechens des schweren Betruges nach §§ 146, 147 Abs 1 Z 1 und Abs 2, 148 zweiter Fall StGB und anderer strafbarer Handlungen über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten Ismet Z***** gegen das Urteil des Landesgerichtes Korneuburg als Jugendschöffengericht vom 14. November 2002, GZ 621 Hv 14/02k - 46, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufung werden die Akten dem Oberlandesgericht Wien zugeleitet.

Dem Angeklagten fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil, welches auch einen in Rechtskraft erwachsenen Schuldspruch und einen (Teil-)Freispruch der Mitangeklagten Zyryfa Z***** sowie einen unbekämpft gebliebenen Teilfreispruch des Angeklagten enthält, wurde Ismet Z***** der als Bestimmungstäter (§ 12 zweiter Fall StGB) begangenen Verbrechen des schweren gewerbsmäßigen Diebstahls nach §§ 127, 128 Abs 1 Z 4, 130 erster Fall StGB (Punkt B I des Urteilssatzes) und des gewerbsmäßig schweren Betruges nach §§ 146, 147 Abs 1 Z 1 und Abs 2, 148 zweiter Fall StGB (B II) sowie der Vergehen der Nötigung nach § 105 Abs 1 (B III 1) und der versuchten Nötigung nach §§ 15, 105 Abs 1 StGB (B III 2) schuldig erkannt.

Darnach hat er

(zu B) die Zyryfa Z*****

I) dazu bestimmt, zu nachstehend angeführten Zeitpunkten in Z*****

und anderen Orten fremde bewegliche Sachen dem Dipl. Ing. Franz K***** bzw der Christina S***** wegzunehmen, indem er sie durch Drohungen und Schläge zwang, mit dem Vorsatz, sich durch die Zueignung unrechtmäßig zu bereichern, diese Tathandlungen durchzuführen und einen Großteil der dadurch erlangten Geldbeträge an ihn abzuliefern, wobei er die Absicht hatte, sich durch die wiederkehrende Begehung derartiger Taten eine fortlaufende Einnahme zu verschaffen, und zwar:

1.) in der Zeit von 3. Juli 2001 bis 12. Jänner 2002 in Z*****, S***** und H***** dem Dipl. Ing. Franz K***** Bargeld in der Höhe von insgesamt EUR 17.861,30 (= öS 245.776,78) indem Zyryfa Z***** insgesamt in 49 Angriffen mit der widerrechtlich erlangten Bankomatkarte des Dipl. Ing. Franz K***** Bargeldbeträge vom Bankomaten abhob;

2.) von Juni 2001 bis etwa Weihnachten 2001 in Z***** Christina S***** und Dipl. Ing. Franz K***** Bargeld in der Höhe von insgesamt EUR 6.023,73 (= öS 82.888,33), indem Zyryfa Z***** diese Bargeldbeträge in mehreren Angriffen in unbeobachteten Augenblicken im Haus der Geschädigten an sich nahm;

II) zu nachstehend angeführten Zeitpunkten in Z***** und anderen Orten zu dazu bestimmt, mit dem Vorsatz, sich durch das Verhalten der Getäuschten unrechtmäßig zu bereichern, die Angestellten der nachstehend angeführten Unternehmen durch Täuschung über Tatsachen, nämlich die Verfügungsberechtigung hinsichtlich der Bankomatkarte bzw Mastercard des Dipl. Ing. Franz K*****, zu Handlungen, nämlich zum Verkauf der genannten Waren zu verleiten, indem er sie durch Drohungen und Schläge zwang, diese Tathandlungen durchzuführen und einen Großteil der dadurch erlangten Waren an ihn abzuliefern, wodurch Dipl. Ing. Franz K***** bzw die Europay Austria Zahlungsverkehrssysteme GmbH an folgenden Beträgen am Vermögen geschädigt wurden, wobei er die Absicht hatte, sich durch die wiederkehrende Begehung der Taten eine fortlaufende Einnahme zu verschaffen, und zwar

1.) in der Zeit vom 22. August 2001 bis 12. Jänner 2002 in Z***** durch Einkauf in den Geschäften Libro, BIPA, Kaufstraße, Spar, Mondo, Billa, OMV-Tankstelle und Keider & Reder in ca 57 Angriffen mit der Bankomatkarte im Gesamtwert von ca EUR 7.413,64 (= ca öS 102.000);

2.) am 12. Jänner 2002 in Z***** der Firma Keider & Reder im Wert von EUR 328,41 sowie der Firma Libro im Wert von insgesamt 277,37, wobei Zyryfa Z***** die Mastercard des Dipl. Ing. Franz K***** verwendete und mit dessen Namen auf den entsprechenden Zahlungsbelegen, sohin unter Errichtung und Verwendung von falschen Urkunden unterschrieb.

III) 1.) Ismet Z***** hat in Z***** und anderen Orten zu den in Punkt

B) I) und II) genannten Daten die Zyryfa Z***** jeweils durch

gefährliche Drohungen und Schläge, sohin durch Gewalt und gefährliche Drohung zu den in Punkt B) I.) und II.) genannten Diebstählen und Betrugshandlungen genötigt;

2.) am 30. Juni 2002 in S***** bzw Z***** durch gefährliche Drohung, indem er am Telefon zu Zyryfa Z***** sagte, er werde sie ansonsten umbringen, diese zu Handlungen, nämlich zum Widerruf ihrer Angaben vor der Gendarmerie sowie zur Aussage beim Bezirksgericht Zistersdorf dahingehend, dass sie wieder nach Hause zurückwolle, zu nötigen versucht.

Rechtliche Beurteilung

Diese Schuldsprüche bekämpft Ismet Z***** mit einer auf die Gründe der Z 3, 4, 5, 5a und 9 lit a des § 281 Abs 1 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde, der indes keine Berechtigung zukommt:

Soweit der Beschwerdeführer eine Nichtigkeit auslösende Verletzung der Informationspflicht nach § 250 StPO behauptet (Z 3), ist ihm entgegenzuhalten, dass die Vorsitzende nach dem Inhalt des Hauptverhandlungsprotokolles vom 14. November 2002 ihrer diesbezüglichen Verpflichtung nachgekommen ist (S 118/II). Da er selbst erklärte, die ihm vorgelesenen Aussagen seiner Tochter verstanden zu haben, wäre es an ihm gelegen gewesen, eine Übersetzung durch die - im Gerichtssaal anwesende - Dolmetscherin zu verlangen, was er jedoch unterließ (S 118/II). Mit dem Einwand aber, die Information sei erst nach seiner Vernehmung erfolgt, wird kein nichtigkeitsbegründender Verfahrensfehler aufgezeigt, zumal nach § 250 Abs 1 zweiter Satz StPO der Bekanntgabe dessen, was in Abwesenheit des Angeklagten geschehen war, seine Vernehmung über den in seiner Abwesenheit verhandelten Gegenstand voranzugehen hat. Zur Geltendmachung der Verfahrensrüge (Z 4) wegen Nichtzulassung einer Frage, "inwiefern der Willensentschluss der Erstangeklagten geweckt wurde", ist der Beschwerdeführer mangels eines in der Hauptverhandlung gestellten Antrags nicht legitimiert, weshalb das Beschwerdevorbringen in diesem Punkt einer inhaltlichen Erörterung entzogen ist.

Zu der im Rahmen der Mängelrüge (Z 5) behaupteten Unvollständigkeit und Widersprünglichkeit der Urteilsannahmen remonstriert der Beschwerdeführer gegen die Beweiswürdigung der Tatrichter, die den Angaben der Erstangeklagten, nicht aber seiner Verantwortung Glauben schenkten, womit er allerdings keine formellen Begründungsmängel geltend macht, sondern nur in hier unzulässiger Weise die Beweisbewertung des Schöffensenates in Zweifel zu ziehen sucht. Darauf läuft auch die Behauptung hinaus, aus bestimmten, näher bezeichneten und von ihm eigenständig interpretierten Aussagen der Erstangeklagten ergebe sich ein Tatmotiv, das seine Bestimmungstäterschaft ausschließe. Gleiches gilt für das Vorbringen, das Erstgericht habe aus den vorgelegten Kontoauszügen falsche Schlüsse über den Umfang der tatsächlichen Entnahmen gezogen. Die - in Verkennung des Wesens dieses Begründungsmangels - als aktenwidrig kritisierte Feststellung des monatlichen Familieneinkommens betrifft keine für die Schuld- oder Rechtsfrage entscheidende Tatsache, weshalb das diesbezügliche Vorbringen schon aus diesem Grunde nicht zu erörternist.

Mit den Ausführungen zur Tatsachenrüge (Z 5a) werden keine aktenkundigen Umstände aufgezeigt, die erhebliche Bedenken an der Richtigkeit der dem Schuldspruch zugrundegelegten entscheidenden Tatsachen erwecken, vielmehr unternimmt der Beschwerdeführer durch spekulative Überlegungen über einen möglichen Zusammenhang zwischen den Geldbehebungen und den sexuellen Übergriffen des Geschädigten gegenüber der Erstangeklagten sowie der Finanzierung deren fluchtartiger Abreise nach Berlin (welche erst nach dem erstinstanzlichen Verfahren erfolgte und somit schon deshalb unbeachtlich ist) auch hier den im kollegialgerichtlichen Verfahren unzulässigen Versuch, die Beweiswürdigung des Schöffensenates nach Art einer Schuldberufung anzugreifen.

Die Rechtsrüge (9 lit a) wiederum entbehrt einer gesetzesgemäßen Ausführung, weil sie sich nicht am Urteilssachverhalt orientiert. Denn mit dem Einwand, Zyryfa Z***** sei zu jenen Taten, zu denen sie der Beschwerdeführer bestimmt haben soll, bereits entschlossen gewesen, weshalb mögliche Einwirkungen des Angeklagten zur Tatbegehung diesem strafrechtlich nicht zugerechnet werden dürften, übergeht sie die ausdrücklich gegenteiligen Konstatierungen des Schöffengerichtes. Für die Behauptung, die Erstangeklagte habe den Entschluss, K***** auf die festgestellte Weise zu schädigen aufgrund dessen sexueller Übergriffe gefasst, finden sich aber auch insbesondere im Hinblick auf die Beweiswürdigung des Schöffensenates, welcher der Darstellung der Erstangeklagten folgte - und damit dem solcherart nur als Hypothese einzustufenden Beschwerdeeinwand eine Absage erteilte - keine konkreten Anhaltspunkte, weshalb der geltend gemachte Feststellungsmangel nicht vorliegt.

Die Beschwerde lässt aber auch jegliche rechtlich und methodisch nachvollziehbare Argumentation vermissen, weshalb die Feststellung, der Angeklagte habe seine Tochter "laufend damit beauftragt, die Karte in unbeobachteten Momenten dem DI K***** wegzunehmen, um jedesmal den höchstmöglichen Betrag bei einem Bankomat zu beheben und sie dann dem DI K***** unbemerkt wieder zurückzugeben", für die Unterstellung der Tat unter das Tatbild des Diebstahls nach §§ 127 ff StGB iVm § 12 zweiter Fall StGB nicht ausreichen soll. Mit dem Vorbringen, dem Schuldspruch zum Diebstahlsfaktum hafte ein Feststellungsmangel an, weil die Höhe der zu stehlenden Beträge nicht determiniert wäre, übergeht die Beschwerde die von ihr selbst wiedergegebenen, für die Subsumtion unter §§ 127, 128 Abs 1 Z 4 StGB ausreichenden Urteilsannahmen, ohne darzutun, weshalb die nähere Konkretisierung dieser Beträge für die rechtliche Beurteilung erforderlich sein sollten.

Soweit schließlich die Konstatierungen zum Bereicherungsvorsatz und zur Gewerbsmäßigkeit als unzureichend kritisiert werden, ergibt sich die Haltlosigkeit dieses Einwandes bereits aus dem Zitat der betreffenden Urteilspassagen in der Beschwerde selbst, wobei nicht aufgezeigt wird, worin der geltend gemachte Mangel zu erblicken wäre. Der damit unter einem relevierte Begründungsmangel (Z 5) hinwieder liegt im Hinblick auf die vom Beschwerdeführer vernachlässigten Urteilsausführungen in US 21 und 11 ff nicht vor.

Die Nichtigkeitsbeschwerde war somit teils als nicht prozessordnungsgemäß ausgeführt (§§ 285d Abs 1 Z 1 iVm 285 a Z 2 StPO), teils als offenbar unbegründet (§ 285d Abs 1 Z 2 StPO) bereits in nichtöffentlicher Sitzung zurückzuweisen, woraus sich die Zuständigkeit des Oberlandesgerichtes Wien zur Entscheidung über die Berufung ergibt (§ 285 i StPO).

Die Kostenentscheidung ist in § 390 Abs 1 StPO begründet.

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