OGH 2Ob167/02a (2Ob169/03x)

OGH2Ob167/02a (2Ob169/03x)10.7.2003

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Niederreiter als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Schinko, Dr. Tittel, Dr. Baumann und Hon. Prof. Dr. Danzl als weitere Richter in der Pflegschaftssache des mj. Paul R***** und der mj. Heidrun R*****, beide *****, vertreten durch den Jugendwohlfahrtsträger Land Niederösterreich als besonderer Vertreter in Unterhaltssachen, dieser vertreten durch den Magistrat der Stadt Waidhofen/Ybbs, 3340 Waidhofen/Ybbs, Oberer Stadtplatz 28, über den Revisionsrekurs des Vaters Alois R***** gegen den Beschluss des Landesgerichtes St. Pölten als Rekursgericht vom 16. April 2002, GZ 37 R 94/02b, 95/02z-41, womit die Beschlüsse des Bezirksgerichtes Amstetten vom 1. März 2002, GZ 1 P 25/02y-30 und 31 bestätigt wurden, sowie gegen den Beschluss des Landesgerichtes St. Pölten vom 12. Juni 2002, GZ 37 R 94/02b, 95/02z-48, womit der Antrag des Vaters auf Wiederaufnahme zurückgewiesen wurde, in nichtöffentlicher Sitzung folgenden

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

1.) Der Schriftsatz des Vaters vom 8. 7. 2002 wird, soweit er als Revisionsrekurs gegen den Beschluss ON 41 anzusehen ist, zurückgewiesen.

2.) Dem Revisionsrekurs des Vaters wird Folge gegeben. Die Beschlüsse der Vorinstanzen (ON 30, 31 und 41) werden aufgehoben. Dem Erstgericht wird eine neuerliche Entscheidung nach allfälliger Verfahrensergänzung aufgetragen.

3.) Der Vater wird mit seinem Rechtsmittel gegen den Beschluss auf Zurückweisung des Antrags auf Wiederaufnahme des Verfahrens hinsichtlich der Beschlüsse 1 P 25/03-30 und 31 auf diese Entscheidung verwiesen.

Text

Begründung

Paul und Heidrun R***** sind eheliche Kinder von Alois und Maria R*****. Zwischen den Eltern ist ein Scheidungsverfahren anhängig; sie leben derzeit getrennt.

Der Vater war auf Grund einer Einstweiligen Verfügung vom 2. 8. 2001, 2 P 79/99y-9 des BG Waidhofen/Ybbs zu einer einstweiligen Unterhaltsleistung für seine Kinder von je S 1.450,- ab 1. 8. 2001 verpflichtet.

Der Beschluss konnte dem Vater zunächst nicht zugestellt werden, worauf es zunächst zur Bestellung eines Abwesenheitskurators kam. Am 6. 11. 2001 kam der Vater selbst zu Gericht. Bei dieser Gelegenheit wurde ihm der Unterhaltsfestsetzungsantrag (ON 6), die Einstweilige Verfügung gemäß § 382a EO (ON 9), ein Antrag auf Zuerkennung der alleinigen Obsorge (ON 11) sowie die mittlerweile eingebrachten Anträge des Jugendwohlfahrtsträgers auf Gewährung von Unterhaltsvorschüssen gemäß § 4 Z 5 UVG ausgehändigt. Die Einstweilige Verfügung erwuchs mangels Anfechtung in Rechtskraft. Aufgrund eines Ablehnungsantrages des Vaters gegen den Vorsteher des Bezirksgerichtes Waidhofen/Ybbs wurde der Akt dem Bezirksgericht Amstettten übertragen.

Das Erstgericht bewilligte mit Beschlüssen vom 1. 3. 2002 beiden Minderjährigen Unterhaltsvorschüsse von je EUR 105,38 ab 1. 9. 2001. Die Beschlüsse wurden dem Vater am 7.3. 2002 zugestellt. Das Rekursgericht gab dem dagegen erhobenen Rekurs des Vaters nicht Folge und sprach zunächst aus, dass der ordentliche Revisionsrekurs unzulässig sei, änderte diesen Ausspruch dahingehend ab, dass der ordentliche Revisionsrekurs doch zulässig sei.

Es hielt der im Rekurs des Vaters aufgestellten Behauptung, es bestünden keinerlei Unterhaltsrückstände, weil jeweils rechtzeitig Zahlungen geleistet worden seien, entgegen, dass dieses Vorbringen erstmals im Rechtsmittelverfahren erstattet worden sei. Der Vater hätte sich nach Ausfolgung der Anträge auf Gewährung von Unterhaltsvorschüssen am 6. 11. 2001 bis zur Beschlussfassung am 1. 3. 2002 zu der in den Anträgen enthaltenen Behauptung, es seien keine Unterhaltszahlungen geleistet worden, bis zur Beschlussfassung äußern können. Da der Vater diesen Zeitraum ungenützt verstreichen habe lassen, sei auf das nunmehrige Rekursvorbringen nicht einzugehen. Dazu komme, dass der Vater lediglich Zahlungen ab 1. 12. 2001 behaupte, während seine Zahlungsverpflichtung bereits am 1. 9. 2001 begonnen habe.

Diese Entscheidung wurde dem Vater am 3. 5. 2002 zugestellt. Er brachte innerhalb der Rekursfrist ein als "außerordentlicher Rekurs" sowie als "Antrag auf Wiederaufnahme des Verfahrens" bezeichnetes Schreiben ein.

Das Rekursgericht sprach mit Beschluss vom 12. Juni 2002 (ON 48) in der Folge aus, dass 1. der ordentliche Revisionsrekurs nach § 14 Abs 1 AußStrG zulässig sei und wies 2. den Antrag auf Wiederaufnahme des Verfahrens hinsichtlich der Beschlüsse 1 P 25/02-30 und 31 zurück. Die Entscheidung über die Wiederaufnahme des Verfahrens hinsichtlich er Einstweiligen Verfügung vom 2. 8. 2001, 2 P 79/99y-9 behielt es dem Erstgericht vor. Weiters sprach es aus, dass der Rekurs an den Obersten Gerichtshof hinsichtlich des Punktes 1. jedenfalls unzulässig, hinsichtlich des Punktes 2. zulässig sei. Das Datum der Zustellung dieses Beschlusses an den Vater lässt sich dem Akteninhalt nicht entnehmen.

Mit einem 9. 7. 2002 zur Post gegebenen, dem Obersten Gerichtshof am 29. 1. 2003 vorgelegten, Schriftsatz erhebt der Vater erkennbar neuerlich Revisionsrekurs gegen den ursprünglichen bestätigenden Beschluss des Rekursgerichtes (ON 41) sowie Rekurs gegen den Beschluss ON 48, mit welchem sein Antrag auf Wiederaufnahme des Verfahrens zurückgewiesen wurde.

Rechtliche Beurteilung

Der Vater macht in seinem Rechtsmittel geltend, dass er nach Ausfolgung der Anträge auf Gewährung von Unterhaltsvorschüssen sofort mit dem Jugendamt Kontakt aufgenommen und mehrere Eingaben beim Bezirksgericht Waidhofen/Ybbs eingebracht habe, welche entweder nicht einjournalisiert oder weitergegeben worden seien.

Zutreffend hat das Rekursgericht in seinem den ordentlichen Revisionsrekurs zulassenden Beschluss ausgeführt, dass bei einer derartigen behaupteten Vorgangsweise der tragende Grundsatz der Wahrung des rechtlichen Gehörs verletzt wird. Der Vater konnte diesen Umstand anlässlich der Rekursausführungen auch nicht geltend machen, weil er erst durch Zustellung der Rekursentscheidung darauf aufmerksam gemacht wurde, dass seine Äußerungen nicht berücksichtigt wurden, weil sie nicht aktenkundig waren. Diesen Verfahrensmangel erster Instanz konnte auch im Revisionsrekursverfahren geltend gemacht werden, weil das Rekursgericht - mangels Kenntnis - einen derartigen Verfahrensmangel gar nicht behandeln konnte. Da daher der Vater weder im Verfahren erster Instanz noch im Rechtsmittelverfahren Gelegenheit hatte, rechtlich gehört zu werden, war dem Erstgericht die Fällung einer neuerlichen Entscheidung nach allfälliger Verfahrensergänzung aufzutragen.

Der Vater wendet sich auch gegen die Zurückweisung seines Antrages auf Wiederaufnahme des Verfahrens hinsichtlich der Beschlüsse ON 30 und 31.

Mit diesen Beschlüssen wurden den Kindern Unterhaltsvorschüsse gewährt. Diese Beschlüsse gehören zufolge Aufhebung nicht mehr dem rechtlichen Bestand an, weil vom Erstgericht eine neuerliche Entscheidung zu treffen sein wird.

Dem Vater mangelt es daher an Beschwer hinsichtlich eines Wiederaufnahmeverfahrens. Auf die Frage der Zulässigkeit eines Wiederaufnahmeverfahrens im Außerstreitverfahren kommt es daher nicht an.

Soweit der Schriftsatz des Vaters vom 8. 7. 2002 neuerlich als Revisionsrekurs gegen den Beschluss des Landesgerichtes St. Pölten ON 41 anzusehen ist, war er zufolge der Einmaligkeit des Rechtsmittels als unzulässig zurückzuweisen, weil bereits der "außerordentliche Revisionsrekurs" ON 44 behandelt wurde.

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