OGH 6Ob116/03g

OGH6Ob116/03g10.7.2003

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Ehmayr als Vorsitzenden und die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Huber, Dr. Prückner, Dr. Schenk und Dr. Schramm als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei B***** Gesellschaft mbH (nach Verschmelzung nunmehr: T*****gesellschaft mbH), ***** vertreten durch CMS Strommer, Reich-Rohrwig, Karasek, Hainz, Rechtsanwälte in Wien, gegen die beklagte Partei Dipl. Ing. Werner W***** , vertreten durch Dr. Friedrich Spitzauer und Dr. Georg Backhausen, Rechtsanwälte in Wien, wegen 15.261,30 EUR, über die Revisionen beider Parteien gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgericht vom 5. März 2003, GZ 13 R 63/02h-36, womit über die Berufung der klagenden Partei das Urteil des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien vom 10. Jänner 2002, GZ 55 Cg 130/99p-32, teilweise abgeändert wurde, beschlossen und zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Die Revision der klagenden Partei wird zurückgewiesen.

Der Revision der beklagten Partei wird Folge gegeben. Das angefochtene Urteil wird dahin abgeändert, dass die Entscheidung des Erstgerichtes einschließlich der Entscheidung über die Prozesskosten erster Instanz wieder hergestellt wird.

Die klagende Partei hat der beklagten Partei die mit 1.216,20 EUR (darin 202,70 EUR Umsatzsteuer) bestimmten Kosten des Berufungsverfahrens und die mit 1.616,62 EUR (darin 181,10 EUR Umsatzsteuer und 530 EUR Barauslagen) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Die Klägerin betreibt auf ihrer Liegenschaft in Wien seit mehreren Jahren ein Hotel. Das Gebäude entspricht nicht der erteilten Baubewilligung. Zur Sanierung dieses Mangels beauftragte die Klägerin den beklagen Architekten, bei der Baubehörde genehmigungsfähige Einreichpläne und einen Bestandplan zu erarbeiten. Es wurde ein Honorar von 240.000 S inklusive Umsatzsteuer vereinbart. Die Klägerin leistete eine Anzahlung von 100.000 S und bezahlte auch das Entgelt von 60.000 S für den herzustellenden Bestandplan.

Mit ihrer am 23. 11. 1999 beim Erstgericht eingelangten Klage begehrte die Klägerin die Rückzahlung von 160.000 S. Der Beklagte habe keinerlei Aktivitäten gesetzt, weshalb die Klägerin am 18. 10. 1999 unter Setzung einer angemessenen Nachfrist vom Vertrag zurückgetreten sei. Der Beklagte habe die Einreichpläne mit der Begründung nicht fertiggestellt, dass er zuvor ein bauphysikalisches Gutachten benötige. Die Klägerin habe einen Bauphysiker für diese Vorarbeiten beauftragt. Dieser habe aber mangels Mitwirkung des Beklagten kein Gutachten erstellen können. Die Klägerin sei genötigt gewesen, die Einreichpläne von einem anderen Architekten ausarbeiten zu lassen. Dadurch seien Mehrkosten von 50.000 S entstanden. Die Klägerin dehnte das Klagebegehren um diesen Betrag aus.

Der Beklagte beantragte die Abweisung des Klagebegehrens. Die Klägerin habe ihm die begehrten Unterlagen über die baurechtlich relevanten konstruktiven Aufbaukosten und Ausführungen sowie die Schall- und Wärmeschutzgutachten nicht zukommen lassen, weshalb er, obwohl leistungsbereit, die Einreichpläne nicht habe fertigstellen können. Nach Vermessung des Hauses habe er die verfassten Bestandspläne dem Sohn des Geschäftsführers der Klägerin übergeben.

Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab. Es ging dabei von folgendem Sachverhalt aus:

Der Beklagte sei mündlich von der Klägerin beauftragt worden, eine Umplanung vorzuschlagen, die den baurechtlichen Bestimmungen entsprechen würde. Es sei besprochen worden, dass der nachträgliche Einreichplan zum sofortigen Konsens geeignet sein sollte. Der Beklagte habe seine Arbeiten nicht zum Abschluss gebracht. Der Geschäftsführer der Klägerin sei zunehmend verärgert gewesen. Ein Jahr nach Abschluss des Werkvertrages habe eine Besprechung stattgefunden. Der Beklagte hätte Konsenspläne beischaffen sollen. Von den vermutlich darin enthaltenen 31 Wohnungen sollte im Konzept des Beklagten möglichst wieder diese Anzahl von Wohnungen erzielt werden. Dabei sei auf den tatsächlich ausgeführten, aber konsenslosen Zustand Bedacht zu nehmen. Diese Ausarbeitung werde der Beklagte bis Ende des Monats vornehmen. Schon im Februar 1998 habe die Klägerin einen Fachmann für Schall- und Wärmeschutz sowie Bauphysik beigezogen. Nach einer ersten Besichtigung habe der Sachverständige mitgeteilt, dass die von ihm besichtigten Trennwände der Wohneinheiten offenbar aus 15 cm Gipskarton-Ständerwänden bestünden, die eigentliche Schichtfolge sei nicht bekannt. Die erforderliche Brandwiderstandsklasse könnte mit Mineralfaserfüllung allenfalls erreicht werden, allerdings nicht das erforderliche Luftschalldämmmaß. Hier müsste eine Sonderkonstruktion überlegt werden. Die Aufbringung von Platten an den Wänden würde nicht genügen. Es müsse auch der Wärmeschutz der vorhandenen Fenster in Erfahrung gebracht werden. Beim Dachgeschoßausbau seien die Wärmeschutzbestimmungen nunmehr strenger anzuwenden als im Zeitpunkt der ursprünglichen Einreichung. Gleiches gelte für den Mittelgang, der Fluchtweg aus den einzelnen Wohneinheiten sei. Hier sehe der Sachverständige keine praktikablen Sanierungsmöglichkeiten. Dem Bauphysiker sei eine Sanierung des Hauses mit wirtschaftlich vernünftigen Mitteln kaum möglich erschienen. Der Sachverständige habe vom Beklagten keine weiteren Vorarbeiten oder Vorleistungen verlangt, um aus bauphysikalischer Sicht Lösungsvorschläge erarbeiten zu können. Der Beklagte habe die Werkleistungen nicht wie vereinbart bis September 1998 fertiggestellt. Am 7. 10. 1998 sei es zu einer neuerlichen Besprechung gekommen. Am 29. 10. 1998 habe der Beklagte die Bekanntgabe sämtlicher konstruktiver Aufbauten und Ausführungen, die baurechtlich relevant seien (für Schall- und Wärmeschutz) verlangt. Weiters habe er ein Gutachten über Schall- und Wärmeschutz durch einen Ziviltechniker verlangt. Ein Vertreter der Klägerin habe daraufhin mit einem Schreiben geantwortet, dass die Bekanntgabe der konstruktiven Aufbauten und Ausführungen erfolgen werde und dass ein Bauphysiker bereits beauftragt worden sei und das Gutachten dem Beklagten zur Verfügung gestellt werde.

Tatsächlich sei der Bauphysiker von der Klägerin abermals beauftragt worden. Er habe aber auf das Anbot zum Abschluss eines zweiten Werkvertrags mit der Klägerin mit einem Schreiben reagiert, in dem darauf hingewiesen worden sei, dass die bestehenden Aufbauten des Gebäudes so grundsätzlich von den Anforderungen der Bauordnung für Wien abwichen, dass eine Sanierung sehr schwierig werden könnte. Für die Beurteilung des Ist-Zustandes müssten etliche Bauteile geöffnet und tatsächliche Schichtfolgen bzw Dimensionierung ermittelt werden. Eine nachvollziehbare Dokumentation der Bauausführung liege nicht vor. Mit Schreiben vom 17. 3. 1999 habe der Rechtsvertreter der Klägerin den Beklagten aufgefordert, die Angelegenheit binnen 14 Tagen einer Erledigung zuzuführen. Eine weitere Aufforderung in diesem Sinne sei am 28. 10. 1999 ergangen. Die Klägerin erklärte dabei den Rücktritt vom Vertrag unter Setzung einer siebentägigen Nachfrist.

Der Beklagte habe zu keiner Zeit Informationen über die verwendeten Baustoffe und Wandstärken von den jeweiligen Herstellern der Baustoffe und Wohnungsaußenwände erhalten. Es könne nicht festgestellt werden, dass der Beklagte es vertraglich übernommen hätte, die Wände aufzuschneiden und auf ihre Schall- und Wärmeisolierung zu prüfen. Die Beiziehung eines Bauphysikers wäre für die Fertigstellung der Pläne durch den Beklagten erforderlich gewesen. Für die Ersatzvornahme der Erbringung der vom Beklagten übernommenen, aber nicht erbrachten Leistungen habe die Klägerin einem Architekten 330.000 S für die Einreichpläne und 70.000 S für die Naturaufnahmen und Ergänzungen der Bestandpläne zu leisten gehabt. Es könne nicht festgestellt werden, dass der Beklagte der Klägerin Bestandspläne vor dem 17. 3. 1999 übergeben habe.

In rechtlicher Hinsicht führte das Erstgericht im Wesentlichen aus, dass bei Unterbleiben der Ausführung des Werkes und bei Leistungsbereitschaft des Unternehmers dieser den Anspruch auf Werklohn behalte, wenn die Umstände für die Nichtausführung des Werkes in die Sphäre des Bestellers falle, etwa wenn er die für die Werkherstellung erforderliche Mitwirkung unterlasse. Die Abbestellung des Werkes sei zulässig. Die Fertigstellung des vom Beklagten anzufertigenden Einreichplanes sei an der mangelnden Mitwirkung der Klägerin gescheitert. Die Klägerin stütze ihre Klage auf Bereicherung (Rückforderung der geleisteten Anzahlung und der 60.000 S für den Bestandsplan) und auf Schadenersatz (Mehrkosten für den zweiten Architekten nach Rücktritt vom Vertrag). Voraussetzung für den Anspruch sei ein Verzug des Beklagten. Der Werkunternehmer befindet sich erst dann in Verzug, wenn er den geschuldeten Erfolg zum vereinbarten Leistungstermin nicht erbracht habe. Ein bestimmter Leistungstermin sei nicht vereinbart worden. Der Verzug setze den Ablauf des Fälligkeitstages voraus. Dieser sei nach der Natur oder dem Zweck des Geschäftes zu bestimmen. Zwischen der Übernahme der vertraglichen Verpflichtungen (Akontozahlung am 19. 9. 1997 und der Rücktrittserklärung vom 28. 10. 1999) läge ein ausreichend langer Leistungszeitraum. Der Beklagte habe zwar nicht in der gehörigen Zeit erfüllt, das Unterbleiben der Leistung sei aber auf die Unterlassung der Mitwirkung der Klägerin zurückzuführen. Die Klägerin habe zwar kein Schall- und Wärmeschutzgutachten zur Verfügung stellen müssen, wohl aber die erforderlichen Vorarbeiten eines Bauphysikers, die für die Ausarbeitung des Einreichplans benötigt worden seien. Die vorhandenen Baustoffe, Wandstärken und bauphysikalischen Eigenschaften der verwendeten Materialien hätten bekannt sein müssen. Diese Vorarbeiten seien zum Zeitpunkt des erklärten Vertragsrücktrittes noch nicht geleistet worden. Es sei deshalb ein Schuldnerverzug nicht anzunehmen. Für den zweiten Werkvertrag über die Vermessung des Bestandes (Ist-Zustandes) seien 60.000 S vereinbart und bezahlt worden. Hier seien keine Vorleistungen von Gläubigerseite erforderlich gewesen. Auch dieser Teilbetrag sei aber abzuweisen, weil die Klägerin die Beweislast für das Vorliegen sämtlicher Voraussetzungen des Rücktrittsrechtes nach § 918 ABGB treffe. Die Klägerin hätte den Verzug des Beklagten bei der Übergabe des Bestandsplans nachweisen müssen.

Das Berufungsgericht gab der Berufung der Klägerin teilweise Folge und änderte das erstinstanzliche Urteil dahin ab, dass der Beklagte zur Zahlung von 4.360,37 EUR (entspricht 60.000 S) verurteilt wurde. Das Mehrbegehren von 10.900,93 EUR (entspricht 150.000 S) wurde abgewiesen. Das Berufungsgericht übernahm die erstinstanzlichen Feststellungen und beurteilte diese rechtlich im Wesentlichen dahin, dass für den Beklagten zwei Möglichkeiten bestanden hätten. Er hätte auf der Basis des Abrisses des konsenslosen Altbestandes die notwendigen Schall-, Wärme- und Brandschutzerfordernisse aufgrund der Angaben der Hersteller der zu verwendenden Baumaterialien und aufgrund seiner Fachkompetenz selbst errechnen können. Wenn die vorhandene konsenslose Bausubstanz ganz oder zum Teil weiterbenützt hätte werden sollen, wäre ein neues Projekt zu erstellen und eine neue Einreichung durchzuführen gewesen. Dazu wäre die Beiziehung eines Bauphysikers erforderlich gewesen sein. Die zweite Möglichkeit hätte darin bestanden, dass der Beklagte von Anfang an einen Bauphysiker beizieht, der die erforderlichen Baumaterialien erheben und die Berechnungen anstellen hätte können, damit der planende Architekt die schall-, wärme- und brandschutztechnischen Anforderungen berücksichtigen hätte können. Eine sinnvolle Tätigkeit des Beklagten hätte nur darin gelegen sein können, aufgrund von bauphysikalischen Vorarbeiten eines entsprechenden Fachmanns einen Einreichplan zu erstellen. Mangels derartiger Vorabeiten habe er den Einreichplan nicht fertigstellen können. Die Klägerin habe ein bauphysikalisches Gutachten in Aussicht gestellt. Der Beklagte habe darauf vertrauen können, dass sie ihm das Gutachten zur Verfügung stellen werde. Er habe schon daraus ersehen können, dass die Klägerin an einem Einreichplan ohne Berücksichtigung des Altbestandes kein Interesse gehabt habe. Da das bauphysikalische Gutachten für einen sinnvollen Einreichungsplan unerlässlich gewesen sei und dieser Umstand in die Sphäre der Klägerin falle, habe der Beklagte Anspruch auf den Werklohn. Das Begehren auf Rückzahlung von 100.000 S sowie auf Schadenersatz infolge Mehrkosten aufgrund der Beauftragung des zweiten Architekten seien unberechtigt. Hingegen habe die Klägerin Anspruch auf Rückzahlung von 60.000 S wegen Verzuges des Beklagten bei der Übergabe der Bestandspläne. In diesem Punkt treffe den Beklagten die Beweislast über die Erfüllung. Im Falle des Rücktritts von einem Vertrag unter Rückforderung des bereits Geleisteten habe der Gläubiger den Vertragsabschluss, die Leistung der Anzahlung, die Setzung einer angemessen Nachfrist und die Rücktrittserklärung zu behaupten und zu beweisen. Den Verzug des Beklagten habe er nur zu behaupten. Dem Beklagten obliege es, die Erfüllung oder den Annahmeverzug des Klägers zu beweisen. Dieser Beweis werde üblicherweise durch Vorlage von Lieferscheinen, Empfangsbestätigungen ua erbracht. Dem Kläger falle es dagegen regelmäßig schwer, die Nichterfüllung zu beweisen. Der Beklagte stehe dem Beweis näher. Den Beklagten treffe die Beweislast für die rechtzeitige Übergabe der Pläne. Wegen Nichterbringung dieses Beweises sei wegen gerechtfertigten Teilrücktritts der Werklohn von 60.000 S zurückzuerstatten.

Das Berufungsgericht sprach aus, dass die Revision zulässig sei, weil zur erheblichen Rechtsfrage der Verteilung der Beweislast bei strittigem Verzug nur oberstgerichtliche Entscheidungen aus den Jahren 1865 und 1888 vorlägen und auch die Lehre nicht einhelliger Meinung sei (Reischauer, Der Entlastungsbeweis des Schuldners, 211, versus Wolff in Klang VI² 187).

Gegen das Berufungsurteil richten sich die Revisionen beider Parteien.

Die Klägerin beantragt die Abänderung dahin, dass dem Klagebegehren zur Gänze stattgegeben werde, hilfsweise die Aufhebung zur Verfahrensergänzung.

Der Beklagte beantragt die Abänderung dahin, dass das Klagebegehren zur Gänze abgewiesen werde.

Die Klägerin beantragt, der Revision des Beklagten nicht Folge zu geben.

Der Beklagte beantragt, die Revision der Klägerin als unzulässig zurückzuweisen, hilfsweise, dem Rechtsmittel nicht Folge zu geben.

Die Revision des Beklagten ist wegen erheblicher Rechtsfragen zur Beweislast über den Verzug des Werkunternehmers aber auch zur Wirksamkeit des Teilrücktritts nach § 918 ABGB zulässig. Sie ist auch berechtigt. Die Revision der Klägerin ist unzulässig.

1. Die Klägerin wurde nach den vorgelegten Firmenbuchauszügen mit der im Kopf der Entscheidung angeführten Gesellschaft als übernehmender Gesellschaft verschmolzen.

2. Das Berufungsgericht hat ausgesprochen, dass gegen seine Entscheidung die (ordentliche) Revision zulässig sei. Dieser Ausspruch umfasst auch den abgewiesenen Teil des Klagebegehrens, auch wenn das Berufungsgericht bei der Begründung seines Rechtsmittelzulässigkeitsausspruchs die erhebliche Rechtsfrage nur zum Verzug des Beklagten bei der Erstellung von Bestandsplänen anführte. Es obliegt daher dem Obersten Gerichtshof, über das Vorliegen erheblicher Rechtsfragen zu befinden. Für das von der Klägerin "sicherheitshalber" beantragte Verfahren nach § 508 ZPO besteht kein Raum.

3. Zur Revision der Klägerin:

Die Revisionswerberin bekämpft die Rechtsansicht des Berufungsgerichtes über eine Mitwirkungspflicht der klagenden Werkbestellerin und steht zusammengefasst auf dem Standpunkt, dass der Beklagte auch ohne bauphysikalisches Gutachten genehmigungsfähige Einreichpläne verfassen hätte müssen, auch wenn die vorgeschlagene Ausführungsvariante für den Besteller nicht sinnvoll sein sollte. Eine Möglichkeit hätte in der Erstellung einer völlig neuen Planung (gemeint: unter Abriss des bestehenden Hotelgebäudes) bestanden. Dass die Klägerin einen Bauphysiker zur Gutachtenserstattung beauftragt habe, bedeute noch nicht, dass sie dazu im Rahmen des Werkvertrages mit dem Beklagten auch verpflichtet gewesen wäre. Über die "Durchführungsart seiner Leistung" sei bei Abschluss des Werkvertrages nichts vereinbart worden.

Rechtliche Beurteilung

Mit diesem Revisionsvorbringen, das nicht nur von den getroffenen Feststellungen, sondern auch vom eigenen Prozessvorbringen abweicht, werden keine erheblichen Rechtsfragen im Sinne des § 502 Abs 1 ZPO releviert:

Auch wenn das sprachlich unpräzise Klagevorbringen nur von einem Auftrag zu einem "konkreten architektonischen Vorschlag" spricht, "der die Zielsetzungen der Klägerin, nämlich zeitlich einwandfreie Nutzung der Liegenschaft und den tatsächlich ausgeführten, aber konsenslosen Zustand des Gebäudes berücksichtigt", geht daraus sowie aus der weiteren Prozessführung der Klägerin (bei der Mitwirkung an der Fassung des Beweisbeschlusses; bei der Erörterung des Prozessstoffes mit dem Gericht und dem Gerichtssachverständigen) in eindeutiger Weise hervor, dass die Klägerin vom Beklagten eine Umplanung unter weitgehender Benützung der bestehenden Bausubstanz wünschte und keineswegs an den Fall des Abrisses des Gebäudes und die Planung eines völlig neuen Gebäudes dachte. Eine derartige Neuplanung hat die Klägerin vom Beklagten nicht verlangt. Dass es um eine Umplanung ging, geht schon aus den Feststellungen zu den einzelnen Besprechungen zwischen den Parteien und schließlich auch aus der Aussage des Geschäftsführers der Klägerin in völlig eindeutiger Weise hervor.

Nach den Feststellungen konnte der Beklagte genehmigungsfähige Einreichpläne erst nach Feststellung der besonderen Eigenschaften des bestehenden Bauwerkes verfassen. Dazu war die Mitwirkung der Klägerin erforderlich. Schon deshalb und weiters weil die Klägerin entgegen ihrem Revisionsvorbringen eine Mitwirkungspflicht durch die Beauftragung eines Bauphysikers und das in Aussichtstellen der Übermittlung eines Gutachtens übernommen hat, ist die Beurteilung des Berufungsgerichtes nicht zu beanstanden, dass die Vollendung des Werkes aus Gründen unterblieb, die auf Seiten der Bestellerin lagen, was zu den Rechtsfolgen führt, wie sie beim Annahmeverzug des Bestellers eintreten (§ 1168 ABGB; Rebhahn in Schwimann ABGB² Rz 8 zu § 1168 mwN; Krejci in Rummel ABGB³ Rz 33b zu § 1168). Bei diesem Sachverhalt konnte die Klägerin nicht wirksam vom Vertrag zurücktreten.

4. Zur Revision des Beklagten:

Aufgrund der Negativfeststellung der Vorinstanzen über die Übergabe der Bestandspläne wird die Frage der Beweislast erheblich. Der Beklagte steht dazu auf dem Standpunkt, dass bei bereicherungsrechtlichen Abwicklungsansprüchen nach einem Vertragsrücktritt wegen Verzuges der Anspruchsteller alle Anspruchsgrundlagen zu beweisen hätte, also auch den für die Wirksamkeit des Rücktritts maßgeblichen Verzug. Diese Auffassung versucht die Klägerin mit ausführlicher Auseinandersetzung zu verschiedenen Lehrmeinungen und den zur Beweislast entwickelten Kriterien (ua die Nähe zum Beweis; Beweisschwierigkeiten - Negativbeweis) und unter Hinweis auf die Ansicht Reischauers, der das Berufungsgericht folgte, zu entkräften. Da der Revisionsgrund der unrichtigen rechtlichen Beurteilung geltend gemacht wird (§ 503 Z 4 ZPO), ist die angefochtene Entscheidung allerdings ohne Beschränkung auf die vom Beklagten ausgeführten Gründe rechtlich zu überprüfen (Kodek in Rechberger ZPO² Rz 5 zu § 503), hier konkret also auch in Bezug auf die Frage, ob der von der Klägerin erklärte Gesamtrücktritt trotz der festgestellten Verletzung der Mitwirkungspflicht der Bestellerin bei einer der Leistungen für die andere Teilleistung als Teilrücktritt wirksam werden konnte. Wenn dies zu verneinen ist, kommt es auf die Frage, wer die Erfüllung der Teilleistung (Übergabe der Bestandpläne) zu beweisen hat, nicht an. Dies ist hier tatsächlich auch der Fall:

Die Klägerin macht unstrittig einen bereicherungsrechtlichen Rückabwicklungsanspruch nach § 1435 ABGB geltend. Bei einem gemäß § 918 ABGB erklärten Rücktritt vom Vertrag fällt der Rechtsgrund, das empfangene Entgelt zu behalten, weg. Es ist zurückzustellen (§ 921 ABGB). Der Rückforderungsanspruch wegen causa finita ist ein Fall des § 1435 ABGB (RIS-Justiz RS0018666; Rummel in Rummel ABGB² Rz 2 zu § 1435).

Für die Ausübung des Rücktrittsrechts genügt objektiver Verzug (RS0018331). Der Rückforderungsanspruch nach § 1435 ABGB setzt ein Verschulden des Leistungsempfängers am Fehlschlagen der Leistung nicht voraus (RS0033997). Beweisthema sind daher alle für einen wirksamen Rücktritt erforderlichen Umstände, also die Vorleistung des Bereicherungsklägers, der objektive Verzug, die Rücktrittserklärung, die Nachfristfestsetzung und die Angemessenheit der Nachfrist. Grundsätzlich hat der Bereicherungskläger alle Voraussetzungen seiner Bereicherungsklage zu beweisen (RS0033564; zuletzt 1 Ob 220/99f), beispielsweise bei der Bereicherungsklage nach § 1431 ABGB, dass die Leistung zum Zwecke der Erfüllung einer Schuld erfolgte, die in Wirklichkeit nicht bestand und dass sich der Leistende in Irrtum befand (RS0033566). Wenn sich der Bereicherungskläger auf die Rechtsgrundlosigkeit beruft (hier wegen Vertragsaufhebung mit Wirkung ex tunc), hat er dies zu beweisen (7 Ob 18/95). Nach dieser in ständiger oberstgerichtlicher Judikatur vertretenen Beweislastverteilung hat der Bereicherungskläger jedenfalls seine Rücktrittserklärung und die Setzung einer angemessenen Nachfrist zu beweisen. Die Klägerin scheitert hier schon im Vorfeld daran, dass ihre Rücktrittserklärung aus einem anderen Grund als dem des objektiven Verzuges des Beklagten mit der Leistung unwirksam ist:

Die Klägerin hat einen Gesamtrücktritt erklärt, der für die Teilleistung, bei der sie mitwirkungspflichtig war, jedenfalls dann nicht wirksam werden konnte, wenn es sich bei den einzelnen Leistungen um unteilbare handeln sollte. Wohl wäre bei teilbaren Leistungen ein Teilrücktritt unter bestimmten Voraussetzungen zulässig gewesen, ein Teilrücktritt wurde aber nicht erklärt (die Klägerin verlangte nicht, dass der Beklagte wenigstens die Bestandpläne in bestimmter Frist übergibt), sondern forderte die Leistungen insgesamt. Bei unteilbaren Leistungen steht der Gesamtrücktritt zu, bei teilbaren der Teilrücktritt (Reischauer in Rummel ABGB³ Rz 20 zu § 918 mwN). Die Frage der Teilbarkeit oder Unteilbarkeit der Erfüllung ist nach dem Willen der Parteien bzw nach dem dem Kontrahenten bei Vertragsabschluss bekannten oder erkennbaren Willen des anderen zu beurteilen (RS0018438; Reischauer aaO). Die Teilbarkeit nach dem Parteiwillen kann sich auch aus dem Geschäfts- bzw Leistungszweck (hier eines Werkvertrages) ergeben (§ 920 ABGB; Binder in Schwimann ABGB² Rz 69 zu § 918; 3 Ob 328/99b). Entscheidend ist immer der erkennbare Parteiwille und nicht etwa die Sachteilbarkeit im Sinne des § 843 ABGB (Binder aaO). Es kommt also hier nicht darauf an, dass der Beklagte die Teilleistung erbringen und die Bestandpläne übergeben konnte, sondern darauf, ob die Parteien die Erbringung der Teilleistung auch für den Fall vereinbarten, dass die andere Teilleistung noch nicht vollendet werden kann. Die Klägerin hat zu diesem Thema keinerlei Vorbringen erstattet. Aus dem Geschäftszweck des Werkvertrages kann ein entsprechender Parteiwille nicht mit der erforderlichen Zweifelsfreiheit abgeleitet werden. Die Leistungen wurden in einem als einheitlich zu beurteilenden mündlichen Vertrag zu dem Zweck vereinbart, dass damit bei der Baubehörde eine Baubewilligung erreicht wird. Die Bestandspläne allein hatten ohne zusätzliches Sachverhaltselemente, die dem Beklagten zumindest erkennbar hätten sein müssen, keinen eigenständigen Wert für die Klägerin, weil damit bei der Baubehörde nichts erreicht werden konnte. schließlich wurde schon nach dem Klagevorbringen vereinbart, dass der Beklagte auch die Einreichung der (aller) Pläne bei der Baubehörde vorzunehmen hatte.

Daraus folgt für die entscheidungswesentliche Frage nach der Wirksamkeit der Rücktrittserklärung, dass jedenfalls bei Vertragsabschluss ein erkennbarer Parteiwille über eine einheitliche, untrennbare Leistungsverpflichtung des Beklagten vorlag, sodass ein die Werkvollendung hindernder, in die Sphäre der Klägerin fallender Umstand - auch wenn er nur Teilleistungen erfasste - auf den Verzug mit der anderen, erfüllbaren Teilleistung durchschlägt. Die Klägerin hätte dem Beklagten ein von den Einreichplänen getrenntes besonderes Interesse an den Bestandsplänen zur Kenntnis bringen, für diese Teilleistung eine Frist und einen Teilrücktritt erklären müssen. Sie scheitert mit ihrer Bereicherungsklage daher schon am erforderlichen Nachweis eines wirksamen Teilrücktritts. Damit ist die Sache spruchreif im Sinne einer gänzlichen Abweisung des Klagebegehrens, auch wenn die Parteien die behandelten Rechtsfragen zu den Voraussetzungen eines Teilrücktritts nicht bedacht haben. Das aus § 182 ZPO ableitbare Gebot, dass Parteien nicht von einer Rechtsauffassung des Gerichtes überrascht werden dürfen, gilt dort nicht, wo eine Erörterung für eine Partei nur dann zu einem günstigeren Ergebnis führen könnte, wenn sie ihr Begehren auf einen neuen Sachverhalt im Sinne einer Klageänderung stützt (SZ 70/199). Auf einen wirksamen Teilrücktritt hat sich die Klägerin aber nicht berufen, sie ist vielmehr nach ihrem Klagevorbringen vom gesamten Vertrag zurückgetreten.

Infolge der Verneinung eines wirksamen Teilrücktritts braucht zu der grundsätzlich erheblichen Rechtsfrage der Beweislast bei Verzug nicht Stellung genommen zu werden.

Das die Klage abweisende Urteil des Erstgerichtes ist daher zur Gänze wieder herzustellen.

Die Entscheidung über die Kosten des Berufungsverfahrens und des Revisionsverfahrens beruht auf den §§ 41 und 50 Abs 1 ZPO.

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