OGH 1Ob128/03k

OGH1Ob128/03k1.7.2003

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Schlosser als Vorsitzenden und die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Gerstenecker, Dr. Zechner, Univ. Doz. Dr. Bydlinski und Dr. Lovrek als weitere Richter in der Sachwalterschaftssache für Magdalena L*****, AZ 1 P 16/02v des Bezirksgerichts Hall i. T., infolge des Rekurses der durch Dr. Josef Klaunzer und Dr. Alfons Klaunzer, Rechtsanwälte in Innsbruck, vertretenen Betroffenen, gegen den Beschluss des Oberlandesgerichts Innsbruck vom 16. April 2003, GZ 4 Nc 10002/02a-10, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Dem Rekurs wird nicht Folge gegeben.

Text

Begründung

Nachdem ein Antrag auf Übertragung der Zuständigkeit gemäß § 111 JN vom Bezirksgericht Hall i. T. an das Bezirksgericht K***** abgewiesen worden war, beantragte die Betroffene beim Oberlandesgericht Innsbruck, das Bezirksgericht K***** gemäß § 31 JN als zuständig zu bestimmen. Sie brachte dazu im Wesentlichen vor, sie wohne seit Juni 2002 in K*****. Gerade im Sachwalterschaftsverfahren sei der Wohnsitz des Pflegebefohlenen unter dem Gesichtspunkt der Zweckmäßigkeit von besonderer Bedeutung. Im Falle einer Verlegung des Wohnsitzes solle eine Rechtssache nur in Ausnahmefällen weiterhin beim früheren Gericht bleiben. Auch sei vom Bezirksgericht Hall i. T. die von der Betroffenen gewünschte Bestellung eines anderen Sachwalters nicht zu erwarten.

Das Bezirksgericht Hall i. T. sprach sich gegen eine Delegierung der Rechtssache aus, weil eine solche wegen wiederholter Aufenthalte der Betroffenen im Psychiatrischen Krankenhaus H***** nicht zweckmäßig erscheine. Bevor der für die Betroffene bestellte Sachwalter einen Erstbericht über ihren Vermögensstand erstattet hat, erscheine die Delegierung an ein anderes Gericht wenig zweckmäßig. Es sei auch nicht abzusehen, inwieweit die Betroffene, die nicht mehr in der Lage sei, allein in einem Haushalt zu leben bzw zu wirtschaften, in K***** auf Dauer wohnhaft bleibe.

Mit dem angefochtenen Beschluss wies das Erstgericht den Delegierungsantrag ab. Es konnte nicht feststellen, wo sich die Betroffene - abgesehen von Krankenhausaufenthalten in der Dauer von jeweils einigen Wochen - in den vergangenen Monaten überwiegend aufgehalten hat. Sie war am 15. 12. 2002 von ihrem letzten Aufenthalt im psychiatrischen Krankenhaus von Verwandten abgeholt und nicht mehr zurückgebracht worden.

Auch bei einer Delegation nach § 31 Abs 1 JN sei, ähnlich wie bei einer Übertragung einer Sachwalterschaftssache nach § 111 JN, vorwiegend das Interesse der Betroffenen zu beachten. Das Vorliegen der geltend gemachten Gründe im Delegierungsantrag sei jedoch im Verfahren nicht hervorgekommen. Auch sonstige Anhaltspunkte, die eine Delegierung zweckmäßig erscheinen ließen, seien nicht aktenkundig. Vielmehr sprechen gewichtige Anhaltspunkte dafür, dass die Betroffene auch in Zukunft eine medizinische Behandlung im Psychiatrischen Landeskrankenhaus H***** benötigen werde. Unter diesen Umständen erscheine es durchaus zweckmäßig, dass das Bezirksgericht Hall i. T. diese Sachwalterschaftssache weiter führe.

Der dagegen namens der Betroffenen erhobene Rekurs ist nicht berechtigt.

Rechtliche Beurteilung

Soweit die Rekurswerberin moniert, sie sei in ihrem Recht auf Parteiengehör verletzt worden, weil ihr das Ergebnis der vom Bezirksgericht Hall i. T. durchgeführten Erhebungen nicht bekannt gegeben worden sei und sie keine Möglichkeit gehabt hätte, allenfalls weitere Beweise zu ihrer Lebensführung in K***** anzubieten, ist darauf hinzuweisen, dass über einen Delegierungsantrag gemäß § 31 Abs 3 Satz 2 JN ohne vorgängige mündliche Verhandlung - und damit regelmäßig auch ohne Beweisverfahren - zu entscheiden ist. Vor der Entscheidung sind lediglich Äußerungen des an sich zuständigen Gerichts sowie der Parteien abzufordern. Diesen Gesetzesbestimmungen hat das Erstgericht entsprochen.

Darüber hinaus legt die Rekurswerberin auch nicht dar, welche zusätzlichen Beweismittel sie "allenfalls" angeboten hätte, wenn sie von den Erhebungsergebnissen in Kenntnis gesetzt worden wäre.

Aus der Begründung der angefochtenen Entscheidung ergibt sich auch klar, dass sich das Oberlandesgericht Innsbruck mit dem Inhalt des Sachwalterschaftsaktes eingehend auseinandergesetzt hat, weshalb davon ausgegangen werden kann, dass es sich auch mit den von der Rekurswerberin aufgezeigten "Indizien" für die Frage ihres gewöhnlichen Aufenthaltes im maßgeblichen Zeitraum befasst hat. Diese reichen allerdings für die gewünschte Feststellung über die behauptete Verlegung des Zentrums ihrer Lebensinteressen nach K***** nicht aus. Insbesondere übersieht die Rekurswerberin offenbar, dass sie bei ihrer Vernehmung vor dem Bezirksgericht Hall i. T. am 3. 4. 2003 (ON 126 im Sachwalterschaftsakt) selbst angegeben hat, sie sei ihrer Erinnerung nach zuletzt im Herbst (2002) in K***** gewesen und lebe derzeit in Kr***** bei München; im Jahr 2003 sei sie erst einmal nach K***** gekommen. Darüber hinaus veranlasste der Pflegschaftsrichter die Vorführung der Betroffenen zu ihrer Vernehmung aus der Wohnung ihrer Betreuerin in T*****, wo sie auch tatsächlich angetroffen werden konnte. Schließlich gab die Betroffene bei ihrer Vernehmung weiters an, sie wolle viel lieber weiterhin in Kr***** leben als in K***** und das Haus in K***** unter Umständen verkaufen. Nach den Angaben des Postzustellers auf mehreren Rückscheinbriefen des Pflegschaftsgerichts war sie in den letzten Monaten in ihrem Haus in K***** nicht anzutreffen.

War nun aber nicht feststellbar, dass die Betroffene ihren Lebensmittelpunkt in den Sprengel des Bezirksgerichts K***** verlegt hat, kann von einer Zweckmäßigkeit der Übertragung der Rechtssache an das Bezirksgericht K***** zweifellos nicht gesprochen werden, und zwar ohne Rücksicht darauf, ob die Betroffene überwiegend in Kr***** bei München oder in T***** lebt. Der Wunsch nach Bestellung eines anderen Sachwalters stellt keinen Delegierungsgrund iSd § 31 Abs 1 JN dar.

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