OGH 3Ob162/02y

OGH3Ob162/02y25.6.2003

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Schiemer als Vorsitzenden sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Graf, Dr. Pimmer, Dr. Zechner und Dr. Sailer als weitere Richter in der Exekutionssache der führenden betreibenden Partei DI Otto V*****, vertreten durch Dr. Dietbert Helbig-Neupauer, Rechtsanwalt in Wien, sowie weiterer beigetretener betreibender Gläubiger, wider die verpflichtete Partei Siriporn K*****, vertreten durch den Abwesenheitskurator Dr. Alfred Strobl, Rechtsanwalt in Wien, wegen 4.505,01 EUR und anderer betriebener Forderungen, infolge Revisionsrekurses der zu AZ 50 E 166/00i, 185/00h, 51/01 und 85/01t des Erstgerichts beigetretenen betreibenden Gläubigerin Wohnungseigentumsgemeinschaft W*****, vertreten durch Dr. Dietbert Helbig-Neupauer, Rechtsanwalt in Wien, gegen den Beschluss des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien als Rekursgericht vom 22. März 2002, GZ 47 R 162/02z-63, womit der Meistbotsverteilungsbeschluss des Bezirksgerichts Innere Stadt Wien vom 9. Jänner 2002, GZ 50 E 160/99b-56, abgeändert wurde, folgenden

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.

Text

Begründung

Gegenstand ist die Verteilung des Meistbots von 55.594,72 EUR = 765.000 S aus der Zwangsversteigerung eines Liegenschaftsanteils, mit dem Wohnungseigentum verbunden ist.

Die betreffende Wohnungseigentümergemeinschaft (im Folgenden nur WEGem) meldete mit Schriftsatz ON 53 eine unter Anführung der jeweiligen Aktenzahlen in neun Einzelpositionen nach Kapital, Kosten und Zinsen näher aufgeschlüsselte Forderung von insgesamt 184.879,24 S Kapital, 176.189,47 S Kosten und 35.963,67 S Zinsen an und beantragte die Zuweisung aus dem Versteigerungserlös iSd § 13c Abs 4 und 5 WEG, weil ihr auf Grund von Klagsanmerkungen das gesetzliche Vorzugspfandrecht zustehe.

In der Verteilungstagsatzung am 9. Jänner 2002 waren der führende betreibende Gläubiger, die WEGem und die B***** in Eisenstadt reg.Gen.mbH (im Folgenden nur Raiffeisenbank) für die ein Höchstbetragspfandrecht im besten Rang einverleibt ist, vertreten. Laut Protokoll wurde nach Verlesung der Forderungsanmeldung der WEGem ON 53 die Zuweisung im Vorzugsrang an die WEGem folgendermaßen "erörtert": An Kapital 164.215,81 S = 11.934,03 EUR, an Zinsen 26.352,67 S = 1.915,12 EUR, an Kosten 142.728,21 S = 10.372,46 EUR, gesamt 333.296,69 S = 24.221,62 EUR. Der Restbetrag gehe an die Raiffeisenbank.

Das Erstgericht wies im Meistbotsverteilungsbeschluss zu:

a) Der WEGem als Vorzugsposten auf Grund der Klagsanmerkungen gemäß § 13c Abs 4 WEG an Kapital 11.934,03 EUR, an Zinsen 1.915,12 EUR und an Kosten 10.372,46 EUR, insgesamt 24.221,62 EUR, zur vollständigen Berichtigung durch Barzahlung,

b) in der bücherlichen Rangordnung der Raiffeisenbank auf Grund eines Höchstbetragspfandrechts das restliche Meistbot von 31.373 EUR zur teilweisen Berichtigung des Kapitals, das mit 264.709,38 EUR unberichtigt aushaftet.

Außer der Anführung der §§ 216 f EO und des § 13c WEG enthält der Beschluss keine Begründung, wie sich die zugewiesenen Beträge errechnen.

Das Rekursgericht änderte infolge Rekurses der Raiffeisenbank diesen Meistbotsverteilungsbeschluss dahin ab, dass das gesamte Meistbot dieser erstrangigen Hypothekargläubigerin gemäß § 216 Abs 1 Z 4 EO zugewiesen wurde; es sprach aus, dass der Wert des Entscheidungsgegenstands 20.000 EUR übersteige und der ordentliche Revisionsrekurs zulässig sei, weil Rsp des Obersten Gerichtshofs zur Forderungsanmeldung für Vorzugsposten gemäß § 216 Abs 1 Z 3 EO vorliege.

In rechtlicher Hinsicht führte die zweite Instanz aus, eine Forderung im Vorzugsrang sei hier nicht iSd § 210 EO ordnungsgemäß angemeldet worden. In der Anmeldung müsse neben dem Betrag auch der Rechtsgrund für die Forderung in einer Weise dargelegt werden, welche die Beurteilung ermögliche, seit wann die Forderung rückständig sei; ferner müsse ein für die Beurteilung des Zeitpunkts der Fälligkeit ausreichendes Vorbringen erstattet werden. Eine mit dem Eingangsvermerk des Gerichts versehene Gleichschrift der Klage müsse angeschlossen werden. Bei Forderungen, die noch nicht durch eine rechtskräftige Entscheidung festgestellt seien, müssten für Forderungen der WEGem die jeweiligen Belege vorgelegt werden. Zuweisungen auf eine das Vorzugspfandrecht genießende Forderung dürften nur angeordnet werden, wenn feststehe, dass die Forderung aus den letzten drei Jahren vor Erteilung des Zuschlags rückständig sei und in den letzten sechs Monaten vor Einbringung der Klage fällig geworden sei. Auf das Vorliegen dieser Voraussetzungen sei auch ohne Widerspruch und somit von Amts wegen Bedacht zu nehmen.

Die WEGem habe diese Voraussetzungen des Vorzugspfandrechts in ihrer Forderungsanmeldung nicht urkundlich nachgewiesen. Bei den Forderungen 1. und 2. sei Gläubiger der betreibende Hausverwalter und nicht die WEGem, die Forderungen zu 3. und 5. bis 7. seien mangels ordnungsgemäßer Anmeldung im Vorzugsrang nur in der bücherlichen Rangordnung zu befriedigen, hiefür reiche das Meistbot nicht aus. Zur Forderung 4. seien keine Urkunden vorgelegt worden, bei genannten Beitrittsakt sei betreibende Partei die Wiener Gebietskrankenkasse. Bei den Forderungen 8. und 9. liege noch kein rechtskräftiger Titel vor, die Anmeldung sei für eine Zuweisung im Vorzugsrang unzureichend.

Die Verletzung der gesetzlichen Verteilungsgrundsätze durch Nichtbeachtung der Anmeldungserfordernisse des § 210 EO könne mit Rekurs auch ohne Widerspruch geltend gemacht werden. In der Verteilungstagsatzung sei auch keine Einigung der Beteiligten iSd § 214 Abs 2 EO erzielt worden. Auch wenn dabei der Entwurf eines Verteilungsbeschlusses protokolliert worden sei und die hievon betroffene Rekurswerberin keinen Widerspruch erhoben habe, liege darin keine Einigung.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs der Wohnungseigentümergemeinschaft ist zulässig, jedoch nicht berechtigt.

Auf dieses Verfahren sind noch die Bestimmungen der EO idF vor der EO-Nov 2000 anzuwenden, weil der Exekutionsantrag nicht nach dem 30. September 2000 bei Gericht einlangte (Art III Abs 1 EO-Nov 2000).

Im hier zu beurteilenden Fall liegt eine Anmeldung vor, die (in der Beilage zur Forderungsanmeldung ON 53) neun Positionen enthält. Das Erstgericht hat nicht den gesamten angemeldeten Betrag zugewiesen, ohne näher darzulegen, wie sich der zugewiesene Betrag aufschlüsselt; offensichtlich ging es davon aus, dass die Forderungsposition 2. nicht berechtigt sei.

Im Einzelnen ist zur Frage, ob diese Forderungsanmeldung ausreichend bestimmt ist, folgendes auszuführen:

Die Positionen 1. und 2. betreffen keine Forderungen der WEGem, sondern des Hausverwalters, der als führender betreibender Gläubiger auftritt. Darauf hat bereits das Rekursgericht zutreffend hingewiesen, die WEGem erstattet im Revisionsrekurs zu diesen beiden Positionen kein Vorbringen.

Mit den weiteren Anmeldungen Positionen 3. bis 9. der Beilage zu ON 53 werden jeweils Forderungen geltend gemacht, für die Vorzugspfandrechte gemäß § 13c Abs 3 bis 5 WEG 1975 bestehen sollen.

§ 13c Abs 3 bis 5 WEG 1975 wurde mit Art III Z 3 der WRN 1999 BGBl I 1999/147 in das WEG 1975 eingefügt und trat mit 1. September 1999 in Kraft. Den Vorschriften des § 13c Abs 3 bis 5 WEG 1975 entspricht nun § 27 WEG 2002 BGBl I 2002/70. Das in § 13c Abs 3 WEG 1975 idFd WRN 1999 normierte gesetzliche Vorzugspfandrecht kann für vor dem 1. September 1999 begründete Forderungen nicht in Anspruch genommen werden, weil mangels Übergangsvorschriften die Abs 3 bis 5 leg. cit. mit 1. September 1999 in Kraft traten und eine Rückwirkung gemäß § 5 ABGB ausgeschlossen ist (EvBl 2000/140; ZIK 2001, 98; 3 Ob 164/01s = wobl 2003, 36 [Call] = ecolex 2003, 28 = ZIK 2003, 35 = immolex 2003, 111; 8 Ob 219/02t ua). Vor dem 1. September 1999 entstandene Forderungen der Wohnungseigentümergemeinschaft genießen daher kein Vorzugspfandrecht.

Gemäß § 216 Abs 1 Z 3 EO idF WRN 1999 sind aus der Verteilungsmasse als Vorzugsposten - nach Verwaltungskosten gemäß Z 1 und Steuern und öffentlichen Abgaben gemäß Z 2 - die aus den letzten drei Jahren (jetzt fünf Jahren) vor dem Tag der Erteilung des Zuschlags rückständigen Forderungen gemäß § 13c Abs 3 WEG 1975 zu berichtigen, wobei Ansprüche mehrerer Miteigentümer untereinander den gleichen Rang haben.

Gemäß § 13c Abs 3 WEG 1975 idF WRN 1999 besteht an jedem Miteigentumsanteil in dem durch § 216 Abs 1 Z 3 EO bestimmten Ausmaß ein gesetzliches Vorzugspfandrecht zu Gunsten der Forderungen der WEGem gegen den Eigentümer des Anteils und bestimmter (in Z 2 näher beschriebener) Rückgriffsforderungen eines anderen Miteigentümers. Als Forderung der WEGem kommt die Forderung auf Bezahlung des Anteils an den Aufwendungen für die Liegenschaft (§ 19 WEG 1975) in Betracht, weiters der Anspruch auf Zahlung der Rücklagen gemäß § 16 WEG (Angst in Angst, EO, § 216 Rz 9 mit Hinweis auf die Gesetzesmaterialien). Voraussetzung für das Entstehen des Vorzugspfandrechts ist, dass die Forderung innerhalb von sechs Monaten ab Fälligkeit mit Klage geltend gemacht und innerhalb derselben Frist die Klage im Grundbuch angemerkt wird (Angst aaO). Dabei handelt es sich um eine Präklusivfrist, weshalb das Vorzugspfandrecht nur entsteht, wenn die Klage und der Antrag auf grundbücherliche Anmerkung, der mit der Klage verbunden werden kann, innerhalb von sechs Monaten ab Fälligkeit der Forderung beim zuständigen Gericht einlangen (Angst aaO).

Forderungen, für die das Vorzugspfandrecht besteht, werden nicht von Amts wegen berücksichtigt. Sie müssen gemäß § 210 EO spätestens in der Verteilungstagsatzung angemeldet werden, wenn der Miteigentumsanteil des säumigen Miteigentümers versteigert wurde. In der Anmeldung muss neben dem Betrag auch der Rechtsgrund für die Forderung in einer Weise dargelegt werden, welche die Beurteilung ermöglicht, seit wann die Forderung "rückständig" ist, auch muss ein für die Beurteilung des Zeitpunkts der Fälligkeit ausreichendes Vorbringen enthalten sein. Zusätzlich muss noch eine mit dem Eingangsvermerk des Gerichts versehene Gleichschrift der Klage und - falls die Klage in der mündlichen Verhandlung ausgedehnt wurde (was eine neuerliche Klagsanmerkung nicht erforderlich macht) - eine Abschrift des Verhandlungsprotokolls angeschlossen werden. Das Erfordernis der Vorlage der Klage und von die Forderung bescheinigenden Belegen entfällt, wenn eine mit der Bestätigung der Rechtskraft versehene Entscheidung vorgelegt wird (8 Ob 219/02t; Angst aaO § 216 Rz 11).

Die Klagsanmerkung nach § 13c Abs 4 WEG 1975 kommt nur Warnfunktion zu. Inwieweit das damit aktualisierte Vorzugspfandrecht realisiert, also für die eingeklagte Forderung ausgenützt werden kann, entscheidet sich erst definitiv im Exekutionsverfahren. Die Klagsanmerkung kann daher entgegen dem Rechtsmittelantrag die erforderliche Aufschlüsselung der angemeldeten Forderung nicht ersetzen. Gemäß § 210 EO haben die mit ihren Ansprüchen auf das Meistbot gewiesenen Personen ihre Ansprüche an Kapital, Zinsen, Kosten ua vor oder bei der Meistbotsverteilungstagsatzung anzumelden und durch Urkunden in Urschrift oder Abschrift nachzuweisen.

Diesen Anforderungen entspricht die vorliegende Forderungsanmeldung in keiner Weise. Darin werden nämlich nur unter Anführung der jeweiligen Aktenzahlen in neun Einzelpositionen bestimmte Beträge an Kapital, Kosten und Zinsen angeführt.

Die Ansicht, in der Verteilungstagsatzung sei eine Einigung der Beteiligten iSd § 214 Abs 2 EO erzielt worden, findet im Protokoll über die Verteilungstagsatzung keine Deckung. Aus dem Umstand, dass ein von der Verteilung betroffener Berechtigter keinen Widerspruch erhoben hat, ergibt sich nicht, dass eine Einigung der Beteiligten vorliegen würde. Der Rekurs kann nach stRsp (s Angst aaO § 234 Rz 4 ff) auch ohne Erhebung eines Widerspruchs darauf gestützt werden, dass durch den Verteilungsbeschluss zwingende Rechtsvorschriften verletzt wurden oder dass der Verteilungsbeschluss, ohne sich dabei auf eine Einigung der Beteiligten stützen zu können, gegen die gesetzlichen Verteilungsgrundsätze verstößt.

Das Rekursgericht hat somit zutreffend erkannt, dass die Revisionsrekurswerberin ihre Forderungen nicht entsprechend angemeldet hat, weshalb an sie keine Zuweisung erfolgen kann.

Die WEGem beharrt auch in ihrem Revisionsrekurs auf der Ansicht, ihre Anmeldung sei ausreichend gewesen und daher zu berücksichtigen. Sie macht jedoch nicht geltend, dass das Erstgericht in der Verteilungstagsatzung eine Verpflichtung zur Anleitung (hiezu grundlegend 3 Ob 113/02t) getroffen hätte.

Bei dieser Sachlage kommt aus folgenden Überlegungen eine Aufhebung der Beschlüsse der Vorinstanzen zur Verfahrensergänzung durch ein Verbesserungsverfahren nicht in Betracht:

Der erkennende Senat hat zwar in der Entscheidung 3 Ob 81/98b (= NZ 2000, 185 [obiter]; RIS-Justiz RS0111111) ausgeführt, in einem derartigen Fall wäre die Unterlassung der Anleitung auf eine unrichtige Beurteilung zurückzuführen, sodass die Unterlassung einer Mängelrüge nicht schädlich gewesen wäre. Allein im vorliegenden Fall sei die Revisionsrekurswerberin in der Verteilungstagsatzung von der betreibenden Partei ausdrücklich auf die mangelnde Spezifizierung hingewiesen worden; eine Spezifizierung sei dessen aber ungeachtet aber nicht erfolgt; eine weitere Belehrung durch den Richter sei dann aber nicht erforderlich gewesen.

Die in RIS-Justiz RS0111111 angeführte Folgeentscheidung 3 Ob 217/99d = SZ 73/85 = JBl 2001, 238 enthält zur Frage, ob die Unterlassung der Anleitung in einem solchen Fall einen bloßen Verfahrensmangel darstellt oder als unrichtige rechtliche Beurteilung von Amts wegen wahrzunehmen ist, keine Aussage. Hier lag nämlich kein Fall einer unpräzisen, unvollständigen oder unklaren Anmeldung vor. So wie im Prozess keine Verpflichtung bestehe, eine Klageänderung oder gar Klageerweiterung anzuregen, sei auch für die Anmeldung im Meistbotsverteilungsverfahren eine erweiterte Fürsorgepflicht des Richters nicht anzunehmen. Die weitere Entscheidung (in RIS-Justiz RS011111) 8 Ob 271/00m deckt in Wahrheit nicht den Rechtssatz, dass kein bloßer Verfahrensmangel vorliege, wenn die Unterlassung der Anmeldung auf eine unrichtige rechtliche Beurteilung zurückzuführen ist. Im Gegenteil wird in dieser Entscheidung ausgeführt, ob die Anleitungspflicht hier bestanden habe, müsse nicht abschließend geklärt werden, weil das Gericht zweiter Instanz die im Rekurs als Mangel gerügte Unterlassung der Anleitung in seiner Entscheidung verneint habe. Die folgende Entscheidung 3 Ob 113/02t enthält hiezu keine Aussage. Hier wird zur Rechtslage nach der EO-Nov 2000 ausgeführt, es bestehe keine Pflicht zur Erteilung eines Verbesserungsauftrags noch vor der Verteilungstagsatzung bzw gegenüber einem der Verteilungstagsatzung ferngebliebenen Gläubiger.

Der 8. Senat hat in der Entscheidung 8 Ob 219/02t jüngst die Beschlüsse der Vorinstanzen aufgehoben und dem Erstgericht die neuerliche Entscheidung nach Verfahrensergänzung aufgetragen, wobei die Unterlassung der Anleitung durch den Erstrichter im Revisionsrekurs ausdrücklich als Verfahrensmangel geltend gemacht worden war.

Angst (aaO § 210 Rz 18) befasst sich eingehend mit der Behandlung mangelhafter Anmeldungen. Er lehnt die in der E 3 Ob 81/98b vertretene Ansicht ab, es schade nicht, dass die Unterlassung der Anleitung nicht mit Mängelrüge geltend gemacht worden sei, weil sie auf eine unrichtige rechtliche Beurteilung zurückzuführen sei. Dies treffe jedenfalls dann nicht zu, wenn die Anmeldung vom Erstgericht zu Recht als ungenügend angesehen worden sei, weil dann die von der Vorinstanz vertretene Rechtsansicht der Sach- und Rechtslage entspreche und eine unrichtige rechtliche Beurteilung nicht vorliege. Aber auch wenn, und sei es erst in einer Rechtsmittelentscheidung, die Anmeldung zu Unrecht als ausreichend angesehen worden sei und dies auf eine unrichtige rechtliche Beurteilung des Sachverhalts zurückgehen könnte, sei zu bedenken, dass gemäß § 211 Abs 4 EO nach Beendigung der Verteilungstagsatzung eine Ergänzung der Anmeldung unstatthaft sei. Die Verletzung der Anleitungspflicht könne in keinem Fall von Amts wegen zur Aufhebung des Meistbotsverteilungsbeschlusses führen. Ansonsten könnte es nie zu einer Nichtberücksichtigung einer Forderungsanmeldung kommen, es sei denn, der betreffende Berechtigte hätte die Aufforderung zur Ergänzung nicht befolgt. Eine übermäßige Großzügigkeit bei der Gewährung einer Verbesserungsmöglichkeit sei im Übrigen nicht geboten, weil derjenige, der mangelhaft anmeldet, nur seinen Teilnahmeanspruch, nicht aber seinen materiell rechtlichen Anspruch verliert.

Der erkennende Senat hält diese Argumentation, soweit sie sich gegen eine im Rahmen der rechtlichen Beurteilung amtswegig wahrzunehmende Prüfung, ob dem Erstgericht eine Verletzung der Anleitungspflicht vorzuwerfen ist, wendet, für zutreffend. Jedenfalls bei Vorliegen der Entscheidung des Rekursgerichts musste hier der Anmeldenden klar sein, dass ihre Anmeldung ergänzungsbedürftig ist. Wenn sie nun im Revisionsrekurs nur diese Ansicht bekämpft, ohne geltend zu machen, dass bereits die Erstrichterin zur Anleitung verpflichtet gewesen wäre, ist dies durchaus dem - gerade der Entscheidung 3 Ob 81/98b zugrundeliegenden - Fall gleichzuhalten, dass eine andere Partei in der Verteilungstagsatzung auf die Unvollständigkeit der Anmeldung hingewiesen hatte. In einem solchen Fall besteht jedoch kein Anlass zu einer weiteren Anleitung durch den Richter.

Der in der Entscheidung 3 Ob 81/98b obiter enthaltene Rechtssatz, dass dann, wenn die Unterlassung der Anleitung bei mangelhafter Anmeldung zur Meistbotsverteilungstagsatzung auf eine unrichtige rechtliche Beurteilung zurückzuführen sei, kein bloßer Verfahrensmangel vorliege, kann nicht aufrechterhalten werden. Die Unterlassung des Hinweises auf Mängel der Anmeldung durch den Erstrichter gegenüber dem bei der Meistbotsverteilungstagsatzung erschienenen Anmeldenden stellt vielmehr einen primären Verfahrensmangel dar, der nicht von Amts wegen, sondern nur dann wahrgenommen werden kann, wenn er ausdrücklich geltend gemacht wird.

Dem Revisionsrekurs ist daher ein Erfolg zu versagen.

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