OGH 2Ob110/03w

OGH2Ob110/03w12.6.2003

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Niederreiter als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Schinko, Dr. Tittel, Dr. Baumann und Hon. Prof. Dr. Danzl als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei A*****, vertreten durch Dr. Wilhelm Klade, Rechtsanwalt in Wien, gegen die beklagten Parteien 1.) D*****, 2.) Wilhelm M*****, und 3.) Ö*****, sämtliche vertreten durch Puttinger, Vogl & Partner, Rechtsanwälte in Ried im Innkreis, wegen EUR 266.469,48 sA, über die außerordentliche Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgericht vom 14. März 2003, GZ 11 R 246/02f-13, den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die außerordentliche Revision der klagenden Partei wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen (§ 510 Abs 3 ZPO).

Text

Begründung

Die klagende Partei ist Errichterin und Betreiberin einer Autobahnraststätte an der A-10 Tauernautobahn, auf der es am 29. 5. 1999 durch einen (in der Folge auch strafgerichtlich rechtskräftig verurteilten) damals bei der Rechtsvorgängerin der zweitbeklagten Partei beschäftigten Berufskraftfahrer zu einem folgenschweren Massenunfall kam, worauf die Autobahn im betroffenen Bereich zwischen den Abfahrten Flachauwinkel und St. Michael/Lungau vom 29. 5. bis 28. 8. 1999 gesperrt werden musste. Auf Grund dieser Sperre kam es in der Raststätte der klagenden Partei zu einem gänzlichen Wegbleiben von Kunden samt daraus resultierendem Geschäftsausfall, den die Klägerin mit der am 22. 5. 2002 überreichten Klage mit EUR 266.469,48 sA (später ausgedehnt auf EUR 270.800,89 sA) beziffert und von den beklagten Parteien zur ungeteilten Hand ersetzt verlangt.

Beide Vorinstanzen haben das Klagebegehren (ohne weitere Beweisaufnahmen) aus rechtlichen Gründen abgewiesen, da es sich bei der geschädigten Klägerin um eine bloß mittelbar Geschädigte handle und ein Ausnahmefall (wie etwa im Sinne des § 1327 ABGB oder im Rahmen der sog. "Drittschadensproblematik") nicht vorliege. Das Berufungsgericht sprach weiters aus, dass die ordentliche Revision zufolge Vorliegens einer diesbezüglich ständigen Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes nicht zulässig sei.

Die gegen dieses Urteil erhobene und auf die Revisionsgründe der Mangelhaftigkeit des Verfahrens sowie der unrichtigen rechtlichen Beurteilung gestützte außerordentliche Revision der klagenden Partei ist unzulässig.

Rechtliche Beurteilung

Es entspricht der ständigen Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes (zusammengefasst in RIS-Justiz RS0022813 und RS0021473; ausführlich jüngst auch Danzl, Mittelbare Schäden im Schadenersatzrecht, ZVR 2002, 363 ff), dass ein deliktischer Schadenersatzanspruch grundsätzlich nur dem unmittelbar Geschädigten zusteht (so auch die vergleichbare deutsche Rechtslage: jüngst etwa Jahnke, Mittelbare Betroffenheit und Schadenersatzanspruch, r+s 2003, 89 [92]); die Verursachung eines (bloßen) Vermögensschadens macht daher nur dann ersatzpflichtig, wenn sich die Rechtswidrigkeit der Schädigung aus der Verletzung vertraglicher Pflichten, aus der Verletzung absoluter Rechte oder aus der Übertretung von Schutzgesetzen ableiten lässt. Keiner dieser Fälle trifft auf die hier klagende Partei zu. Um zu einer Haftung auf Grund einer Schutzgesetzverletzung zu gelangen - die beiden übrigen Fälle scheiden nach der Sachlage von vorneherein aus -, müsste die maßgebliche verletzte Norm die Verhinderung gerade jenes Schadens angestrebt haben, der sich letztlich realisierte und nunmehr Gegenstand des Verfahrens ist (1 Ob 257/00a). Zweck der (vom schuldtragenden Lenker) übertretenen Straßenverkehrsbestimmungen war (und ist) es jedoch, die Sicherheit der Verkehrsteilnehmer zu gewährleisten und Sachschäden zu verhüten, keineswegs aber Dritte, nicht unfallbeteiligte Personen vor Vermögensschäden zu schützen (RIS-Justiz RS0022785). Die (von der klagenden Partei in Abrede gestellte und für sich als Ausnahme reklamierte) Nichtberücksichtigung dieser eingrenzenden Wirkung des Rechtswidrigkeitszusammenhanges hätte jedoch eine Uferlosigkeit schadenersatzrechtlicher Haftungsansprüche zur Folge (1 Ob 257/00a), welche wiederum einer - von der Rechtsordnung nicht erwünschten - Ausdehnung des Kreises der zur Erhebung von Schadenersatzansprüchen Berechtigten zuwiderliefe (Danzl aaO 363 f mwN). Auch ein Ausnahmefall im Sinne einer bloßen Schadensverlagerung etwa dahingehend, dass ein Schaden, der typischerweise bei einer ersatzberechtigten Person eintritt, auf Grund eines hinzutretenden Sachverhaltselementes atypischerweise bei einer anderen, prinzipiell nicht ersatzberechtigten Person eintritt, ohne dass es zu einer Veränderung des Schadensausmaßes kommt (2 Ob 162/97f; Danzl, aaO 372 f), liegt hier nicht vor.

Mit diesen Grundsätzen steht die Entscheidung des Berufungsgerichtes in Einklang. Auch aus der von der Rechtsmittelwerberin für sich reklamierten Entscheidung 8 Ob 49/72 (EvBl 1972/296 = JBl 1973, 581) kann letztlich nicht Gegenteiliges abgeleitet werden: Abgesehen davon, dass diese einen Stromkabelfall mit Beschädigung angeschlossener Geräte eines Stromabnehmers betreffende Entscheidung im Schrifttum mehrfacher Kritik unterzogen war (Posch in JBl 1973, 564 und Kramer in ZVR 1974, 129), ging es ja hierin (anders als im vorliegenden Fall) um den Ersatz absolut geschützter Güter des zu Schaden gekommenden Abnehmers, sodass die Bejahung der Haftung des Schädigers in dieser Vorentscheidung auch in keinem Widerspruch zu den sonstigen zahlreichen Judikaten rund um mittelbar geschädigte Stromkabelnutzer stand (so schon ausführlich Welser in ÖJZ 1975, 37 [41 ff] und jüngst Danzl aaO 367). Auch der relevierte Verfahrensmangel (abgeleitet aus nach dem Vorgesagten nicht entscheidungswesentlichen Feststellungsmängeln) liegt damit nicht vor (§ 510 Abs 3 zweiter Satz ZPO).

Mangels Vorliegens einer erheblichen Rechtsfrage war die außerordentliche Revision damit als unzulässig zurückzuweisen.

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