OGH 2Nc16/03f

OGH2Nc16/03f12.6.2003

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Niederreiter als Vorsitzenden sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Schinko, Dr. Tittel, Dr. Baumann und Hon. Prof. Dr. Danzl als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei G***** GmbH, *****, vertreten durch Dr. Andreas Doschek, Rechtsanwalt in Wien, gegen die beklagte Partei Ernst K*****, vertreten durch Dr. Michael Metzler, Rechtsanwalt in Linz, wegen EUR 2.380,09 sA, infolge Vorlage der Akten zur Entscheidung gemäß § 47 JN in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Zur Verhandlung und Entscheidung in dieser Rechtssache ist das Bezirksgericht Linz-Land zuständig.

Der Überweisungsbeschluss dieses Gerichts vom 19. 12. 2001, 2 C 2567/01z-5, wird aufgehoben.

Text

Begründung

Mit ihrer am allgemeinen Gerichtsstand des Beklagten beim Bezirksgericht Linz-Land eingebrachten Klage begehrte die klagende Partei Zahlung von EUR 2.380,09 sA aus dem Titel der Betriebskosten für ein Haus in Wien. Sie brachte vor, dass sie als Hausverwaltung hinsichtlich der Betriebskosten für leerstehende Wohnungen in Vorlage getreten sei. Der Beklagte sei Hälfteeigentümer dieses Hauses gewesen, wobei Wohnungseigentum nicht begründet worden sei. Der zweite Hälfteeigentümer habe die auf ihn entfallende Hälfte nicht bezahlt. Der Beklagte hafte dafür nach den §§ 1014 ff ABGB, nach Schadenersatzrecht sowie aus allen erdenklichen Rechtsgründen.

Mit Beschluss vom 27. 11. 2001 (ON 2) forderte das Bezirksgericht Linz-Land die klagende Partei auf, Angaben zur Begründung der Zuständigkeit zu machen. Dabei bezog es sich auf § 83 JN ("genaue Bezeichnung des Bestandobjekts").

Die klagende Partei teilte mit Schriftsatz vom 7. 12. 2001 (ON 3) mit, dass es sich um Wohnungen im betreffenden Haus handle, und beantragte die Überweisung der Klage an das Bezirksgericht Innere Stadt Wien, falls das Bezirksgericht Linz-Land seine Unzuständigkeit aussprechen sollte.

Mit Beschluss vom 14. 12. 2001 (ON 4) wies das Bezirksgericht Linz-Land die Klage wegen örtlicher Unzuständigkeit zurück (Zw 11). Mit Beschluss vom 19. 12. 2001 (ON 5) hob es die Zurückweisung auf und überwies die Sache gemäß § 230a ZPO an das nicht offenbar unzuständige Bezirksgericht Innere Stadt Wien.

Am 31. 1. 2002 erließ das Bezirksgericht Innere Stadt Wien einen Zahlungsbefehl (ON 7), gegen den der Beklagte fristgerecht Einspruch erhob (ON 8). In diesem wendete er unter anderem die örtliche Unzuständigkeit des Bezirksgerichtes Innere Stadt Wien ein.

In der Verhandlung vom 8. 4. 2002 (ON 10) sprach das Bezirksgericht Innere Stadt Wien seine örtliche Unzuständigkeit aus und wies die Klage zurück (ON 11). Gegen diesen Beschluss erhob die klagende Partei Rekurs (ON 12), dem mit Beschluss des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien vom 18. 7. 2002, 35 R 356/02s (ON 16), nicht Folge gegeben wurde. In dieser Entscheidung führte dass Landesgericht für Zivilrechtssachen Wien aus, dass eine Streitigkeit gemäß § 49 Abs 2 Z 5 JN nicht vorliege, wodurch keine Zuständigkeit des Erstgerichts gemäß § 83 Abs 1 JN gegeben sei. Vielmehr falle die Sache in die örtliche Kompetenz jenes Gerichts, in dessen Sprengel der Beklagte seinen allgemeinen Gerichtsstand habe.

Das Bezirksgericht Innere Stadt Wien legte die Akten dem Obersten Gerichtshof zur Entscheidung über den negativen Kompetenzkonflikt vor.

Rechtliche Beurteilung

Voraussetzung einer Entscheidung nach § 47 JN bei einem negativen Kompetenzkonflikt ist grundsätzlich, dass rechtskräftige, die Zuständigkeit verneinende Beschlüsse der für die Zuständigkeit in Betracht kommenden Gerichte vorliegen (RIS-Justiz RS0046299, RS0046354). Im vorliegenden Fall hat das Bezirksgericht Linz-Land zwar seinen eigenen Zurückweisungsbeschluss wieder aufgehoben; im Ausspruch der Überweisung der Klage an das Bezirksgericht Innere Stadt Wien gemäß § 230a ZPO ist aber die Entscheidung über die eigene Unzuständigkeit enthalten (vgl 1 Ob 1/92 = JE OGH-Z 1992/1089). Mit der Rechtskraft des folgenden, vom Landesgericht für Zivilrechtssachen Wien bestätigten Zurückweisungsbeschlusses des Bezirksgerichts Innere Stadt Wien lag ein negativer Kompetenzkonflikt vor.

Dieser ist zu Lasten des Bezirksgerichtes Linz-Land, bei dem der Beklagte seinen allgemeinen Gerichtsstand hat, zu entscheiden, weil keine Bestandstreitigkeit gemäß § 49 Abs 2 Z 5, § 83 Abs 1 JN vorliegt. Eine solche hat nämlich zur Voraussetzung, dass es sich um einen Streit unmittelbar zwischen den Parteien des Bestandverhältnisses oder ihren Rechtsnachfolgern handelt (RIS-Justiz RS0046553; Mayr in Rechberger2 § 49 Rz 11; Simotta in Fasching I2 § 49 JN Rz 96 ff mwN). Dies trifft im vorliegenden Fall aber nicht zu, weil sich als Prozessparteien nicht die Partner eines Bestandverhältnisses, sondern Hausverwalter und Haus-(Mit-)eigentümer gegenüberstehen.

Die Bejahung der Kompetenz des Bezirksgerichtes Linz-Land zieht die Aufhebung des Überweisungsbeschlusses dieses Gerichts nach sich (vgl RIS-Justiz RS0046377).

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