OGH 9Ob51/03w

OGH9Ob51/03w4.6.2003

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Maier als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Spenling, Dr. Hradil, Dr. Hopf und Univ.Doz. Dr. Bydlinski als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei V***** Gesellschaft mbH, Wien, *****, vertreten durch Dr. Elisabeth Constanze Schaller, Rechtsanwältin in Wien, wider die beklagte Partei S***** AG Österreich, Wien, *****, vertreten durch Siemer-Siegl-Füreder & Partner, Rechtsanwälte in Wien, wegen EUR 72.672,83 sA, infolge außerordentlicher Revision der Klägerin gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgericht vom 17. Jänner 2003, GZ 4 R 296/02g-33, mit dem das Urteil des Handelsgerichtes Wien vom 9. Oktober 2002, GZ 10 Cg 10/01b-25, bestätigt wurde, den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.

Begründung

Rechtliche Beurteilung

Eine Revision ist nur zulässig, wenn die Entscheidung von der Lösung einer Rechtsfrage des materiellen Rechts oder des Verfahrensrechts abhängt, der zur Wahrung der Rechtseinheit, Rechtssicherheit oder Rechtsentwicklung erhebliche Bedeutung zukommt, etwa weil das Berufungsgericht von der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes abweicht oder eine solche Rechtsprechung fehlt oder uneinheitlich ist (§ 502 Abs 1 ZPO). Eine derartige Rechtsfrage wird von der Revisionswerberin nicht aufgezeigt:

Ob aufgrund der besonderen Umstände des Einzelfalls ein schlüssiger Vertragsabschluss vorliegt, ist eine Entscheidung, der - solange, wie im gegebenen Fall, keine grobe Fehlbeurteilung vorliegt - keine erhebliche Bedeutung (2 Ob 304/02y; 9 Ob 43/03v ua.).

Die Ausführungen der Revisionswerberin, die Annahme eines konkludent zustandegekommenen Vertrages widerspreche der Vertrauenstheorie, da ein solcher nicht im Interesse der Klägerin, deren Vertrauen zu schützen wäre, gelegen sei, sind unverständlich. Nach der Vertrauenstheorie kommt es weder darauf an, was der Erklärende wirklich wollte, noch wie der andere Teil die Erklärung subjektiv verstanden hat, sondern welche Schlüsse der Adressat als redlicher Erklärungsempfänger (nach Treu und Glauben) unter Berücksichtigung aller Umstände abzuleiten berechtigt war (Nachweise etwa bei Apathy in Schwimann, ABGB² V § 863 Rz 2). Die Revisionswerberin übersieht, dass maßgeblicher Beurteilung Zeitpunkt jener des Empfangs der Willenserklärung ist. Eine spätere Beurteilung würde eine Umgehung der Verjährungsvorschriften ermöglichen, da sich jeder Gläubiger nach Verjährung seiner vertraglichen Ansprüche darauf berufen könnte, dass das Vorliegen des Vertragsverhältnisses nun nicht mehr in seinem Interesse läge und Bereicherungsansprüche einer längeren Verjährungsfrist unterliegen.

Die Anwendbarkeit des MaklerG wird von der Revisionswerberin nicht in Zweifel gezogen. Der Maklervertrag ist nach der Beurteilung des Berufungsgerichts (frühestens) am 6. 9. 1996 zustandegekommen. Ein allfälliger Provisionsanspruch der Klägerin ist daher unter Zugrundelegung der in § 11 MaklerG normierten dreijährigen Frist bereits verjährt. Sollte die Rechtslage vor dem MaklerG gelten, wäre die Verjährung nach § 1486 Z 1 ABGB zu beurteilen (vgl nur EvBl 1962/414; SZ 52/137), wodurch sich am Ergebnis einer dreijährigen Verjährungsfrist nichts ändern würde.

Wie die Revisionswerberin in ihrer Revision selbst ausführt, hat bereits das Erstgericht festgestellt, dass zwar über einen Rahmenvertrag verhandelt wurde, dieser jedoch erst abgeschlossen werden sollte, nachdem ein Pilotprojekt erfolgreich verlaufen war. Die Argumentation der Revisionswerberin, der eingeklagte Anspruch stelle lediglich eine Etappe eines umfassenderen Großprojektes dar und die Verjährung habe deswegen nicht zu laufen begonnen, solange die Klägerin annehmen durfte, vom begonnenen Projekt nicht ausgeschlossen zu sein, schlägt damit fehl. Es handelt sich im Gegenteil bei dem Vermittlungsauftrag um ein (vorerst alleinstehendes) “Pilotprojekt", nach dessen erfolgreichem Abschluss die Erteilung weiterer Aufträge in Aussicht gestellt wurde. Daraus ergibt sich klar, dass eben gerade noch kein Teil eines Gesamtprojekts vorliegt, sondern vorerst nur ein Einzelvertrag. Die von der Revisionswerberin angeführte Judikatur zur Frage des Verjährungsbeginns bei “Gesamtprojekten" (SZ 39/211; 71/95; 6 Ob 286/99y; 9 Ob 47/02f) ist mangels vergleichbarer Sachverhaltsgrundlage für den vorliegenden Fall nicht maßgeblich. Auch ein Rechtsanwalt, dem die Vertretung in einer Rechtssache übertragen und allfällige Folgeaufträge für den Fall der zufriedenstellenden Erledigung in Aussicht gestellt wurden, kann sich nicht auf eine Verlängerung der Verjährungsfrist bis zu einer endgültigen Klärung weiterer Inanspruchnahme bzw der Erledigung des letzten Auftrags berufen. Indem § 11 MaklerG auf den Abschluss “des vermittelten Geschäfts" abstellt, wird klargestellt, dass es stets auf das Zustandekommen jedes einzelnen Vertrags ankommt, und zwar ohne Rücksicht darauf, ob sich der Makler allenfalls um den Abschluss weiterer Verträge bemühen sollte. Andernfalls bliebe auch ganz offen, wann die Verjährungsfrist für den (ersten) Provisionsanspruch beginnen sollte.

In diesem Zusammenhang ist auch die Berufung der Revisionswerberin auf die §§ 7 und 11 MaklerG zur Begründung eines späteren Verjährungsbeginns ungeeignet, zumal sie nie vorgebracht hat, keine Kenntnis vom anspruchsbegründenden Vertragsabschluss (6. 12. 1996) erlangt zu haben. Vielmehr konnte sogar festgestellt werden, dass dieser in Anwesenheit von Vertretern der Klägerin erfolgte.

Auch der von der Revisionswerberin erhobene Einwand der Verjährungsunterbrechung vermag die Zulässigkeit der Revision nicht zu begründen. Nur eine erfolgreiche, nicht aber eine erfolglose oder gar unzulässige Aufrechnungseinrede kann bezüglich ihrer Wirkung auf den Lauf der Verjährungsfrist einer Klage gleichgehalten werden (RIS-Justiz RS0034496). Wenn daher die Aufrechnung einer Gegenforderung mit einer Klageforderung nicht möglich ist, etwa - wie hier - wegen des vertraglichen Ausschlusses der Kompensation, vermag sie den Lauf der Verjährungsfrist nicht zu unterbrechen (2 Ob 270/97p).

Ein Verwendungsanspruch nach § 1041 ABGB besteht-wie das Berufungsgericht richtig dargelegt hat-nicht, da ein die Inanspruchnahme des Vermittlungserfolgs rechtfertigendes Vertragsverhältnis vorliegt (vgl nur die Judikaturnachweise bei Apathy in Schwimann, ABGB² V § 1041 Rz 10). Darüber hinaus ist Schuldner nach § 1041 ABGB nur derjenige, der den unberechtigten Nutzen gezogen hat. Der Verwendungsanspruch wendet sich nur dann gegen mehrere Schuldner, wenn jeder von ihnen Nutzen zieht oder in das fremde Recht eingreift (Apathy in Schwimann, ABGB² V § 1041 Rz 22). Nach dem festgestellten Sachverhalt ist aber die Beklagte nicht Vertragspartnerin des von der Klägerin vermittelten Vertragsverhältnisses geworden; ein (direkter) wirtschaftlicher Nutzen ist bei ihr insoweit nicht eingetreten. Selbst ohne ein eine Vermögensverschiebung rechtfertigendes Vertragsverhältnis käme § 1041 ABGB als Anspruchsgrundlage nicht in Betracht.

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