Spruch:
Die Nichtigkeitsbeschwerde wird verworfen.
Aus deren Anlass (§ 290 Abs 1 StPO) wird das angefochtene Urteil, welches im Übrigen unberührt bleibt, in der rechtlichen Unterstellung der festgestellten Tatsachen auch unter § 147 Abs 1 Z 1 dritter Fall StGB, demnach auch im Strafausspruch, mit Ausnahme der Vorhaftanrechnung und des Adhäsionserkenntnisses, aufgehoben und gemäß § 288 Abs 2 Z 3 StPO im Umfang der Aufhebung in der Sache selbst erkannt:
Rudolf M***** wird für das ihm nach dem unberührt gebliebenen Teil des Schuldspruchs zur Last liegende Verbrechen des schweren Betruges nach §§ 146, 147 Abs 3 StGB gemäß § 147 Abs 3 StGB zu einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren verurteilt.
Mit seiner Berufung wird der Angeklagte auf die Strafneubemessung verwiesen.
Dem Angeklagten fallen auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Text
Gründe:
Mit dem angefochtenen Urteil wurde Rudolf M***** des Verbrechens des schweren Betruges nach §§ 146, 147 Abs 1 Z 1 (zu ergänzen: dritter Fall), Abs 3 StGB schuldig erkannt, weil er am und nach dem 1. November 1999 in Klagenfurt und an anderen Orten mit dem Vorsatz, sich oder Dritte durch das Verhalten der Getäuschten unrechtmäßig zu bereichern, Verfügungsberechtigte der W***** AG durch Täuschung über Tatsachen, nämlich durch die unter Vorlage weit überhöhter Kostenvoranschläge gemachte Behauptung, bei einem Feuer am 31. Oktober 1999 sei ein Karussell "Tagada" mit einem Neuwert von 6 bis 7 Mio Schilling sowie ein Kinderautodrom mit einem Neuwert von etwa 4 Mio Schilling total beschädigt worden, mithin durch Erstattung einer falschen Schadensmeldung unter Verwendung falscher Beweismittel zur Zahlung eines Entschädigungsbetrages von 11,000.070 S verleitet und dadurch die angeführte Versicherung um einen Betrag von zumindest 376.625,88 EUR, somit in einem 40.000 EUR übersteigenden Betrag, am Vermögen geschädigt hatte.
Rechtliche Beurteilung
Mit seiner gegen dieses Urteil aus Z 4, 5 und 5a des § 281 Abs 1 StPO erhobenen Nichtigkeitsbeschwerde ist der Angeklagte nicht im Recht. Der Verfahrensrüge (Z 4) zuwider wurde er durch die Abweisung von in der Hauptverhandlung am 26. November 2002 gestellten Beweisanträgen in seinen Verteidigungsrechten nicht beeinträchtigt (S 453 f und 457/III).
Im Hinblick auf die durch die geänderte Zusammensetzung des Gerichtes notwendig gewordene Neudurchführung dieser Hauptverhandlung gemäß § 276a StPO (S 311/III) hätte der Beschwerdeführer oder sein Verteidiger am 26. November 2002 den schon am 11. September 2002 gestellten Antrag auf "Zuziehung des akademischen Versicherungskaufmannes Michael S*****" als Sachverständigen aus dem Versicherungswesen ordnungsgemäß wiederholen müssen. Zu diesem Zeugen enthält das Protokoll aber überhaupt keine Erklärung. Der Antrag auf Vernehmung des "sachverständigen Zeugen R*****" am 26. November 2002 scheitert schon daran, dass weder damals (S 453/III) noch in der Hauptverhandlung am 11. September 2002 (S 29/III) konkret angegeben wurde, warum dieser Zeuge zur Tatfrage entlastende Angaben machen könnte.
Die Bestellung eines Sachverständigen aus dem Versicherungswesen wurde zum Beweis dafür beantragt (S 453 f/III), "dass der gegenständliche Neuwertversicherungsabschluss wie auch die erfolgte Schadensabwicklung nicht nur den gesetzlichen Bestimmungen, sondern auch durchaus den Usancen in der Versicherungsbranche entspricht und dabei bei der Ermittlung eines Neuwertes und Wiederbeschaffungswertes technische Neuerungen, wie auch das Zubehör der versicherten Sachen im Versicherungsvertrag beinhaltet sind". Warum die Kenntnis der "Usancen der Versicherungsbranche" betreffend "Neuwertversicherungsabschluss" und "Schadensabwicklung" für die konkreten Tatsachengrundlagen der strafrechtlichen Verantwortlichkeit des Angeklagten von Bedeutung gewesen sein sollten, wurde bei Antragstellung nicht ausgeführt. Dies wäre aber umso notwendiger gewesen, als er nach den Feststellungen vorsätzlich zur Schadensabwickung durch die Versicherung Kostenvoranschläge über Produkte vorgelegt hatte, die in Art, Güte und Qualität in keiner Weise den tatsächlich beschädigten entsprachen, obwohl er wusste, dass Geräte derselben Art, Güte und Qualität wesentlich günstiger zu beschaffen gewesen wären (US 15 f).
Als formell mangelhaft und daher schon deshalb als nicht erfolgführend erweist sich das weitere Begehren auf Beiziehung eines Sachverständigen für Vergnügungsbetriebe zum Beweis dafür, "dass die festgestellte Schadenssumme für den Versicherungs-SV durchaus dem Neubeschaffungswert der zerstörten Geräte (Autodrom und Tagada), unter Berücksichtigung der gegebenen technischen Neuerungen bis zum Zeitpunkt des Schadenseintritts entsprochen hat". Denn es fehlt dem Antrag für seine Beurteilbarkeit als taugliche Erkenntnisquelle die Behauptung, inwiefern ein Experte aus dem genannten Bereich in der Lage sein sollte, über die damalige Auffassung des (getäuschten) Versicherungssachverständigen Auskunft zu geben, vor allem aber, warum ein erzielbares Beweisergebnis den Angeklagten entlastet hätte. Auch die angestrebte Vernehmung des Zeugen Günther G***** "zum Beweis über den Abschluss der Neuwertversicherung und die (gemeint) Richtigkeit der dabei eingeholten Kostenvoranschläge" verweigerte der Gerichtshof zu Recht. Es wurde in erster Instanz nicht dargetan, inwiefern dieser Zeuge entgegen seiner anderslautenden Aussage vor der Sicherheitsbehörde (ON 61/II) darüber Auskunft geben könnte, dass die anlässlich des (ohnehin im Urteil festgestellten) Abschlusses der "Neuwertversicherung" eingeholten Kostenvoranschläge "richtig" waren und diese "Richtigkeit" erheblich sein soll, zumal der Antragsteller offen ließ, was er unter "richtig" verstand.
Bezüglich der im Zusammenhang mit dem Nichtigkeitsgrund der Z 4 ebenfalls genannten Zeugen Ing. B*****, W*****, B***** und M*****, die (außer M*****) alle in der Hauptverhandlung vernommen wurden (S 318 ff, 342 ff, 435 ff/III), wurde kein Antrag gestellt. Zu Unrecht rügt der Beschwerdeführer nominell aus Z 5 (der Sache nach Z 3) die im Urteilsspruch bereits gestrichene (s Angleichungsbeschluss ON 82) Bezeichnung der strafbaren Handlungen als "gewerbsmäßig" schwerer Betrug.
Mit dem weiteren Einwand der Mängelrüge (Z 5), die im Urteilstenor erhobene Anschuldigung sei "aktenwidrig und in keiner Weise vom Erstgericht begründet", unterlässt er die prozessordnungsgemäße Darstellung des formellen Anfechtungspunktes mit Blick auf §§ 285 Abs 1 zweiter Satz, 285a Z 2 StPO.
Kein nach § 281 Abs 1 Z 5 dritter Fall StPO relevanter Widerspruch wird durch die Beschwerdebehauptung, der festgestellte Täuschungsvorsatz des Angeklagten im Bezug auf den eingegetretenen Schaden lasse sich nicht aus den Beweisergebnissen ableiten, prozessordnungsgemäß geltend gemacht, sondern bloß unzulässig die Beweiswürdigung des Schöffengerichtes nach Art einer Schuldberufung bekämpft (Ratz aaO Rz 437 ff).
Zwischen den Feststellungen, W***** habe den Angeklagten darüber informiert, üblicherweise würden die jeweils vorgelegten Kostenvoranschläge von den Versicherungen ungeprüft der Schadensabwicklung zugrunde gelegt (US 8, 23) einerseits und C***** habe die ihm vom Angeklagten im Wege über W***** zugemittelten Kostenvoranschläge tatsächlich "wie erwartet ungeprüft" für die Schadensabwicklung betreffend den Angeklagten herangezogen (US 15) andererseits, ist ein Widerspruch nicht zu ersehen. Dass die für die Schadensberechnung beim Betrug ermittelten Beträge gegenüber jenen aus den Kostenvoranschlägen vom Erstgericht (teilweise abrundend) sogar geringfügig niedriger angesetzt wurden, wirkte sich keineswegs zu Lasten des Angeklagten aus und ist daher ebenfalls kein erheblicher Widerspruch.
Entgegen den sonstigen Ausführungen des Beschwerdeführers ist Gegenstand der Mängelrüge ausschließlich die schriftliche Urteilsausfertigung und nicht die mündliche Urteilsbegründung durch den Vorsitzenden in der Hauptverhandlung. Nach den Urteilsfeststellungen erklärte der Mitarbeiter der Firma S*****, Ing. Günther C*****, dem Angeklagten gegenüber, dass er für die Bewertung des Neupreises entsprechende Kostenvoranschläge für die beschädigten Geräte beibringen müsse, welche dann der weiteren Schadensabwicklung zugrunde gelegt würden, wobei sich Ing. C***** auch tatsächlich auf die Angaben des Angeklagten verlassen habe (US 14). Die Tatrichter stützten diese Konstatierung erkennbar und formell einwandfrei auf die Aussagen des Zeugen C***** (S 336, 459/III; US 24 f) in Verbindung mit der tatsächlichen Schadensabwicklung, die zur Auszahlung einer überhöhten Ersatzleistung führte (US 17 f). Soweit der Beschwerdeführer bloß unter Hinweis auf einzelne, selektiv hervorgehobene Beweisergebnisse und eigene spekulative Erwägungen andere (für ihn günstigere) Feststellungen anstrebt, verfehlt er die prozessordnungsgemäße Ausführung der Mängelrüge.
Ein mit in falscher Zitierung der Angaben des Zeugen Ing. C***** (S 336 unten/III: ".... Ich habe den Angeklagten darauf aufmerksam gemacht, dass Kostenvoranschläge beigebracht werden müssten. ....") behaupteter Widersprüche zu der angeführten Urteilsfeststellung (US 14 zweiter Absatz) liegt in Wahrheit nicht vor, wenn die Zeugenaussage in ihrer Gesamtheit berücksichtigt wird. Warum der Beschwerdeführer einen Begründungsmangel darin erblickt, dass die Tatrichter in der allgemeinen Aufzählung der den Feststellungen zugrunde gelegten Beweisen auch das auf das Brandgeschehen bezogene Gutachten des Sachverständigen HR Ing. B***** (ON 42) erwähnen, legt er nicht deutlich und bestimmt dar (§§ 285 Abs 1 zweiter Satz, 285a Z 2 StPO).
Das Gleiche gilt für die Aussage des Zeugen Ing. B*****, wonach der mit der Schadensprüfung betraute Sachverständige ihm bereits am 3. November 1999, dem Tag der Schadensbesichtigung, als er die Kostenvorschläge noch gar nicht in den Händen hatte, mitgeteilt habe, dass ein Totalschaden mit einer Schadenssumme von 11 Mio Schilling vorliege; dies umso mehr, als das Erstgericht ohnehin diese Deposition mitberücksichtigt (US 15 f).
Nach Prüfung des Beschwerdevorbringens anhand der Akten ergeben sich für den Obersten Gerichtshof keine erheblichen Bedenken gegen die Richtigkeit der dem Ausspruch über die Schuld zugrundegelegten entscheidenden Tatsachen (Z 5a).
Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher zu verwerfen.
Dem angefochtenen Urteil haftet der von keiner der Prozessparteien geltend gemachte, aber nach § 290 Abs 1 StPO von Amts wegen wahrzunehmende materiellrechtliche Nichtigkeitsgrund des § 281 Abs 1 Z 10 StPO an.
Die Annahme der Qualifikation des § 147 Abs 1 Z 1 dritter Fall StGB setzt voraus, dass der Täter zur Täuschung ein falsches oder verfälschtes Beweismittel verwendet hat. Dem Erstgericht ist zwar beizupflichten, dass zu Beweiszwecken errichtete echte Urkunden mit unwahrem Inhalt, sogenannte "Lugurkunden", falsche Beweismittel sind (Kirchbacher/Presslauer, WK2 § 147 Rz 36). Nach den unbedenklichen erstgerichtlichen Feststellungen hat jedoch der Angeklagte in dem hier zu beurteilenden Fall im Zusammenhang mit der Schadensabwicklung dem Sachverständigen der W***** AG zum Nachweis des Neuwertes der beim Brand beschädigten Gegenstände Kostenvoranschläge der Firmen G***** und M***** für ein Karussell "Tagada" sowie für ein Kinderautodrom vorgelegt, die zwar nach Art, Güte, Größe und Qualität in keiner Weise den von ihm verwendeten Geräten entsprachen, die aber inhaltlich richtig waren (vgl US 11, 15 und 31). Dass es ihm gelungen ist, den Experten der Versicherung (Ing. C*****) mit Hilfe dieser Kostenvoranschläge über die wahren Wiederbeschaffungskosten der versicherten Sachen zu täuschen, vermag an deren Richtigkeit nichts zu ändern, und macht sie nicht zu inhaltlich falschen Urkunden. In amtswegiger Wahrnehmung des bezeichneten Nichtigkeitsgrundes war daher die Qualifikation des § 147 Abs 1 Z 1 dritter Fall StGB aus dem Urteil auszuschalten und demzufolge der Strafausspruch (mit Ausnahme der Vorhaftanrechnung und des Adhäsionserkenntnisses) aufzuheben. Bei der dadurch erforderlich gewordenen Strafneubemessung nach 147 Abs 3 StGB wertete der Oberste Gerichtshof als erschwerend den Schaden in Höhe des Mehrfachen der Qualifikationsgrenze des § 147 Abs 3 StGB, als mildernd hingegen den bisher ordentlichen Lebenswandel des Angeklagten. Davon ausgehend sowie unter gebührender Berücksichtung der allgemeinen Grundsätze der Strafbemessung (§ 32 StGB) erschien eine Freiheitsstrafe von zwei Jahren der tat- und täterbezogenen Schuld sowie dem Unrechtsgehalt der Tat entsprechend. Eine auch nur teilweise bedingte Strafnachsicht kam nach Lage des Falles sowohl aus general- als auch aus spezialpräventiver Sicht nicht in Betracht (§§ 43 Abs 1, 43a Abs 2 und Abs 3 StGB). Mit seiner Berufung war der Angeklagte auf diese Entscheidung zu verweisen.
Die Kostenentscheidung ist in § 390a StPO begründet.
Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)