OGH 14Os73/03

OGH14Os73/033.6.2003

Der Oberste Gerichtshof hat am 3. Juni 2003 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Mag. Strieder als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Mayrhofer, Hon. Prof. Dr. Ratz, Dr. Philipp und Hon. Prof. Dr. Schroll als weitere Richter, in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Burtscher als Schriftführerin, in der Strafsache gegen Sejfula A***** wegen der in der Entwicklungsstufe des Versuchs (§ 15 StGB) gebliebenen Verbrechen nach § 28 Abs 2, Abs 3 erster Fall SMG und weiterer strafbarer Handlungen über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Graz als Schöffengericht vom 29. Jänner 2003, GZ 8 Hv 2/03p-56, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Nichtigkeitsbeschwerde wird teilweise Folge gegeben, das angefochtene Urteil, welches im Übrigen unberührt bleibt, im Ausspruch, der Angeklagte habe die im Schuldspruch I. umschriebenen Taten gewerbsmäßig begangen, sowie in der rechtlichen Unterstellung der Taten unter § 28 Abs 3 erster Fall SMG, demgemäß auch im Strafausspruch, einschließlich der Vorhaftanrechnung, aber mit Ausnahme des Einziehungserkenntnisses nach § 34 SMG, aufgehoben und die Sache im Umfang der Aufhebung zu neuer Verhandlung und Entscheidung an das Erstgericht verwiesen.

Im Übrigen wird die Nichtigkeitsbeschwerde zurückgewiesen. Mit seiner Berufung wird der Angeklagte auf diese Entscheidung verwiesen.

Gemäß § 390a StPO fallen dem Angeklagten auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen, auch rechtskräftige Freisprüche betreffend zweier Mitangeklagter enthaltenen Urteil wurde Sejfula A***** "des" versuchten Verbrechens (richtig: der im Entwicklungsstadium des Versuchs [§ 15 StGB] gebliebenen Verbrechen) nach § 28 Abs 2 (4. Fall) und Abs 3 erster Fall SMG (I.) sowie des (richtig: der) Vergehen nach § 27 Abs 1 (1. und 2. Fall) SMG (II.) schuldig erkannt. Danach hat er den bestehenden Vorschriften zuwider

I. Suchtgift in einer großen Menge (§ 28 Abs 6 SMG) in der Absicht, sich durch die wiederkehrende Begehung (zu ergänzen: der strafbaren Handlung) eine fortlaufende Einnahme zu verschaffen, in Verkehr zu setzen versucht, indem er

1. am 18. November 2002 in Graz 0,8 Gramm Kokain einem verdeckten Ermittler über eine Vertrauensperson zur Vorbereitung des unter Punkt 2. geschilderten Suchtgiftgeschäftes "als Probe" kostenlos überließ, sowie

2. am 19. November 2002 auf der Autobahnstation "Pack" rund 200 Gramm Kokain einem verdeckten Ermittler zum Verkaufspreis von 11.000 Euro übergab;

II. Suchtgift erworben und besessen, indem er vom Sommer 2002 bis November 2002 nicht näher bekannte Mengen an Kokain bei nicht näher bekannten Dealern kaufte und in der Folge konsumierte.

Rechtliche Beurteilung

Ungeachtet der Anfechtungserklärung (S 468: ... "das Urteil im

gesamten Inhalt und Umfang" anzufechten) und der Rechtsmittelanträge

(S 475: ... "das Urteil" aufzuheben) richtet sich die auf die Z 4, 5

und 10 des § 281 Abs 1 StPO gestützte Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten lediglich gegen den Schuldspruch I. Ihr kommt teilweise Berechtigung zu.

Die Mängelrüge (Z 5) zeigt zutreffend auf, dass sich das Erstgericht bei der strafsatzbestimmenden Feststellung, wonach der Angeklagte das im Schuldspruch I. dargestellte Suchtgiftgeschäft "nicht deshalb vorwiegend beging, um sich für den eigenen Gebrauch ein Suchtmittel oder die Mittel zu dessen Erwerb zu verschaffen" (US 6), mit seiner - wenngleich zu früheren Einlassungen (S 85, 99, 209b und 379) über einen bloß gelegentlichen Suchtgiftkonsum und über die fehlende Süchtigkeit im Widerspruch stehenden - Verantwortung in der Hauptverhandlung (S 385) nicht auseinandergesetzt hat. Danach habe er aus familiären und persönlichen Gründen Suchtgift konsumiert, deswegen sei eine Gewöhnung eingetreten und mit dem Gewinn aus dem inkriminierten Suchtgiftgeschäft habe er seinen eigenen Suchtgiftkonsum finanziert. Die Tatrichter gingen jedoch allein von seiner uneingeschränkt geständigen Verantwortung aus (US 9), ohne das oben geschilderte Vorbringen zu den Voraussetzungen einer Strafsatzänderung nach § 28 Abs 3 zweiter Satz SMG auch nur ansatzweise zu erwägen. Das Urteil blieb daher im Umfang der Annahme einer gewerbsmäßigen Begehungsweise nach § 28 Abs 3 erster Fall SMG unter gleichzeitigem Ausschluss der Voraussetzungen für eine Privilegierung nach Abs 3 zweiter Satz leg. cit. unvollständig begründet.

Auf die in der Verfahrens- (Z 4) und Subsumtionsrüge (Z 10) dazu vorgebrachten weiteren Argumente braucht daher nicht weiter eingegangen zu werden. In Anbetracht des vorliegenden Nichtigkeitsgrundes zeigt sich, dass die Anordnung einer neuen Hauptverhandlung nicht zu vermeiden ist. Daher war der Nichtigkeitsbeschwerde in diesem Umfang schon bei nichtöffentlicher Beratung sofort Folge zu geben (§ 285e StPO) und insoweit die Verfahrenserneuerung anzuordnen.

Mit der Behauptung, die Annahme einer großen Menge iSd § 28 Abs 6 SMG hätte die Einholung eines Sachverständigengutachtes zur Qualität des inkriminierten Suchtgifts erfordert, führt der Beschwerdeführer der Sache nach eine Aufklärungsrüge (Z 5a) aus, ohne aber deutlich zu machen, wodurch er an der Ausübung seines Rechtes, diese Beweisaufnahme in der Hauptverhandlung sachgerecht zu beantragen, gehindert war (vgl Ratz in WK-StPO § 281 Rz 480). Damit verfehlt die Beschwerde aber mangels deutlicher und bestimmter Bezeichnung von Nichtigkeit begründenden Umständen - ebenso wie zum Schuldspruch II.

Stichworte