OGH 7Nc13/03a

OGH7Nc13/03a6.5.2003

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Schalich als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Hon. Prof. Dr. Danzl und Dr. Schaumüller als weitere Richter in der beim Landesgericht Linz zu 3 Cg 33/03p anhängigen Rechtssache der klagenden Partei Manfred B*****, vertreten durch Dr. Hans Otto Schmidt, Rechtsanwalt in Wien, gegen die beklagte Partei S*****, vertreten durch BKQ Klaus und Quendler, RechtsanwaltsgesmbH, Rechtsanwälte in Klagenfurt, wegen EUR 65.400 sA und Feststellung (Streitinteresse EUR 7.267) über den Delegierungsantrag der klagenden Partei gemäß § 31 Abs 2 JN, den Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Zur Verhandlung und Entscheidung der Rechtssache wird anstelle des Landesgerichtes Linz das Landesgericht für Zivilrechtssachen Wien bestimmt.

Text

Begründung

Der Kläger begehrt mit der am 30. 7. 2002 beim Landesgericht für Zivilrechtssachen Wien eingebrachten und gegen die Firmen S***** mit Sitz in Klagenfurt sowie A***** mit Sitz in Wien eingebrachten Klage die Verurteilung beider beklagten Parteien zur ungeteilten Hand zur Zahlung von EUR 65.400 sA an Schadenersatz für erlittene Gesundheitsschädigung aus der Infektion mit dem Hepatitis-C Virus im Zusammenhang mit Plasmaspenden zwischen 1976 und 1980 in Linz sowie die Feststellung, dass ihm die beklagten Parteien für alle künftigen Schäden ebenfalls solidarisch hafteten.

Die erstbeklagte Partei wendete die (örtliche) Unzuständigkeit des angerufenen Gerichtes ein und bestritt darüber hinaus - ebenso wie die zweitbeklagte Partei - das Klagebegehren dem Grunde und der Höhe nach.

Im fortgesetzten Verfahren unterwarf sich die klagende Partei der von der erstbeklagten Partei erhobenen Unzuständigkeitseinrede und beantragte die Überweisung an das nicht offenbar unzuständige Landesgericht Linz; diese erfolgte mit Beschluss des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien vom 18. 2. 2003 (ON 11). Mit Schriftsatz vom 14. 3. 2003 beantragte die klagende Partei nunmehr die (Rück-)Delegierung der Rechtssache an das Landesgericht für Zivilrechtssachen Wien mit der (zusammengefassten) Begründung, diese sei deshalb zweckmäßig, weil beide in Anspruch genommenen beklagten Parteien solidarisch hafteten, bereits mehrere (andere, jedoch gleichgelagerte) Verfahren gegen dieselben beklagten Parteien beim Landesgericht für Zivilrechtssachen Wien anhängig seien und durch eine Verbindung aller dieser Verfahren (bzw deren "Konzentration bei einer einzigen Gerichtsabteilung") ein weitaus geringerer Verfahrensaufwand in zeitlicher und kostenmäßiger Hinsicht erzielt werden könnte. Des weiteren könnte, da im Sprengel des Landesgerichtes Linz "keine kammerübergreifenden Bestellungen von Verfahrenshelfern" vorgenommen würden, sein Rechtsfreund vor dem Überweisungsgericht nicht als Verfahrenshelfer bestellt werden, sodass es in diesem (wie auch in allen sonstigen beim Landesgericht Linz anhängigen gleichartigen Verfahren) zur Bestellung verschiedener Rechtsanwälte käme, die sich "mit der Hepatitis-C-Problematik überhaupt erst vertraut machen müssen" (ON 13).

Die (vormals erst- und nunmehr allein-)beklagte Partei hat sich gegen die beantragte Delegierung ausgesprochen (ON 15). Das Landesgericht Linz hat diese hingegen befürwortet, weil hiedurch insbesondere der geringere Kostenaufwand für einzuholende Sachverständigengutachten spreche; außerdem hätten 9 Zeugen ihren Wohnsitz im Sprengel Wien (10 allerdings, ebenso wie der Kläger, in Linz und 13 außerhalb des Sprengels Wien; ON 16).

Rechtliche Beurteilung

Gemäß § 31 Abs 1 JN kann aus Gründen der Zweckmäßigkeit auf Antrag einer Partei anstelle des zuständigen Gerichtes ein anderes zur Verhandlung und Entscheidung bestimmt werden. Zweckmäßig ist eine Delegierung dann, wenn die Zuständigkeitsübertragung an das andere Gericht zu einer wesentlichen Verkürzung des Prozesses, zu einer Erleichterung des Gerichtszuganges und der Amtstätigkeit oder zu einer wesentlichen Verbilligung des Rechtsstreites beitragen kann (4 Ob 506/95; 4 Nc 6/03z; Ballon in Fasching I2 Rz 7 zu § 31 JN). Letzteres ist etwa dann der Fall, wenn durch Verbindung von Prozessen eine mehrfache Beweisaufnahme zu denselben Beweisthemen vermieden werden kann (JBl 1986, 53; 1 Nd 501/99; 4 Nc 6/03z). Wenngleich eine Delegierung grundsätzlich nur einen Ausnahmefall darstellen soll, und speziell dann, wenn eine der Parteien der Delegierung widersprochen hat, diese zumeist abzulehnen ist (Mayr in Rechberger, ZPO2 Rz 4 zu § 31), so liegen doch die Voraussetzungen hiefür - in Gesamtwürdigung aller maßgeblichen und auch vorgebrachten Umstände - vor:

Das gegenständliche Verfahren ist, wie dem Obersten Gerichtshof aus einer Vielzahl in den letzten Monaten an ihn herangetragener Revisionsrekurse gegen a limine - Klagezurückweisungen bekannt ist, nur eines von zahlreichen gleichgelagerten ebenfalls Hepatitis-C-mäßig geschädigter Kläger gegen dieselben beklagten Parteien, welche allesamt beim Landesgericht für Zivilrechtssachen Wien eingebracht, jedoch (großteils) hinsichtlich der (auch hier vormals) erstbeklagten Partei - in Verneinung des relevierten Wahlgerichtsstandes der materiellen Streitgenossenschaft - zurückgewiesen worden sind. Es wäre in der Tat eine nicht absehbare Vermehrung an Zeit- und Kostenaufwand, wenn alle diese Verfahren nunmehr bloß zufolge der unterschiedlichen Zuständigkeitsorte für die aus dem grundsätzlich selben Haftungsgrund als schadenersatzpflichtig in Anspruch genommenen beklagten Parteien getrennt, mit teuren und zweitaufwändigen Beweisverfahren (insbesondere Sachverständigengutachten) bei unterschiedlichen Gerichtsständen fortgeführt werden müssten. Die zu erwartenden und weitgehend gleichgelagerten Beweisaufnahmen bei einem Gerichtshof zu konzentrieren, ist in einem so speziellen Fall wie hier geradezu evident und geboten. Zwar haben immerhin zehn Zeugen ihren Wohnsitz im Sprengel des Landesgerichtes Linz, aber weitaus mehr außerhalb desselben, davon fast gleich viele im Sprengel des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien. Auch dieser Aspekt spricht nicht gegen die Delegierung unter dem Gesichtspunkt der Prozessökonomie. Damit steht die Entscheidung schließlich auch mit der Delegierungsentscheidung des Obersten Gerichtshofes zu 4 Nc 6/03z in Einklang, in welcher dieser erst jüngst einen Delegierungsantrag der (dort wie hier erst-)beklagten Partei auf Delegierung weg vom Landesgericht für Zivilrechtssachen Wien zum Landesgericht Linz abgewiesen hatte, weil ein (eindeutiger) Schwerpunkt der zu erwartenden Beweisaufnahmen dort angesichts der Vielzahl beim Landesgericht für Zivilrechtssachen Wien behängender gleichartiger Verfahren zu verneinen sei.

Es war daher wie aus dem Spruch ersichtlich zu entscheiden.

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