OGH 11Os32/03

OGH11Os32/0329.4.2003

Der Oberste Gerichtshof hat am 29. April 2003 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Kuch als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Ebner, Dr. Zehetner Dr. Danek und Dr. Schwab als weitere Richter, in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Burtscher als Schriftführerin, in der Strafsache gegen Stefan F***** und andere Angeklagte wegen des Verbrechens des schweren, gewerbsmäßigen Diebstahls nach §§ 127, 128 Abs 1 Z 4, 130 erster Fall StGB und weiterer strafbarer Handlungen über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Adolf Hermann R***** gegen das Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien vom 28. November 2002, GZ 112 Hv 42/02w-185, nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit des Vertreters des Generalprokurators, Generalanwältin Dr. Sperker, des Verurteilten und seines Verteidiger Dr. Bernhauser zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird verworfen.

Der Berufung wird nicht Folge gegeben.

Dem Angeklagten fallen auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen, auch rechtskräftige Schuldsprüche des Stefan F***** und des Alois H***** sowie Teilfreisprüche sämtlicher Angeklagten umfassenden Urteil wurde Adolf Hermann R***** des Verbrechens des gewerbsmäßigen Diebstahls nach §§ 127, 130 erster Fall StGB (A 1) und des Vergehens der Urkundenunterdrückung nach § 229 Abs 1 StGB (B 3) schuldig erkannt.

Darnach hat er in Wien am 28. September 2001 gewerbsmäßig im bewussten und gewollten Zusammenwirken mit Stefan F***** als Mittäter dem Otto und der Pauline S***** 1.308,11 EUR Bargeld mit auf unrechtmäßige Bereicherung gerichtetem Vorsatz weggenommen (A 1) und im Februar 2001 eine Urkunde, über die er nicht verfügen durfte, nämlich den von ihm gefundenen und einbehaltenen Führerschein des Wolfgang R*****, mit dem Vorsatz unterdrückt, zu verhindern, dass diese im Rechtsverkehr zum Beweis eines Rechtes, Rechtsverhältnisses oder einer Tatsache gebraucht werde (B 3).

Rechtliche Beurteilung

Diesen Schuldspruch bekämpft der Beschwerdeführer mit einer auf die Gründe des § 281 Abs 1 Z 5, 9 lit a und 10 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde, der jedoch keine Berechtigung zukommt. Entgegen der eine Unvollständigkeit der Entscheidungsgründe behauptenden Mängelrüge (Z 5) gingen die Tatrichter auf die Verantwortung des Beschwerdeführers ein, lehnten diese jedoch zu B 3 mit dem Hinweis auf den Auffindungsort und den Tatzeitraum sowie auf die Depositionen des Zeugen Wolfgang R***** (US 14) und zu A 1 auf Grund der keineswegs außer Betracht gelassenen Aussage der Zeugin Pauline S***** (US 13) sowie der nach kritischer Abwägung für glaubwürdig erachteten Anschuldigungen des Erstangeklagten und der Ergebnisse der Rufdatenrückerfassung (US 12 f) jeweils als Schutzbehauptung ab (US 13 zu A 1; US 14 zu B 3).

Die sich ausschließlich gegen den Schuldspruch zu B 3 richtende Rechtsrüge (Z 9 lit a) entbehrt einer prozessordnungsgemäßen Darstellung, soweit sie von einem bloßen Unterlassen der Rückstellung der Urkunde ausgehend Feststellungen zur Garantenstellung des Beschwerdeführers vermisst, weil sie nicht an den Urteilskonstatierungen festhält, wonach der gefundene Führerschein mit Unterdrückungsvorsatz einbehalten und im Reisepass des Beschwerdeführers verwahrt (US 10, 14), der deliktische Erfolg sohin (auch) aktiv herbeigeführt wurde.

Prozessordnungskonform, aber unberechtigt ist der Einwand, es mangle an einem tatbildmäßigen Verhalten des Beschwerdeführers, da dieser den Führerschein dem Berechtigten nicht selbst entzogen hat. Der Begriff der Unterdrückung im Sinn des § 229 StGB umfasst nämlich alle Handlungen, die anders als durch Vernichten oder Beschädigen den Berechtigten um die Möglichkeit bringen, sich der Urkunde zu Beweiszwecken zu bedienen. Der Bruch der Verfügungsmacht des Beschwerdeführers ist hingegen zur Verwirklichung des Tatbildes nicht notwendig. Hiezu reicht vielmehr - wie das Erstgericht zutreffend ausführt - das gegenständlich festgestellte Weiterunterdrücken durch den Finder aus (Kienapfel in WK2 § 229 Rz 23; EvBl 1982/191; 14 Os 13/92).

Unberechtigt ist schließlich auch der im Rahmen der Subsumtionsrüge (Z 10) gegen die Annahme einer gewerbsmäßigen Tatbegehung zu A 1 gerichtete Vorwurf, das Erstgericht hätte weder zur objektiven noch zur subjektiven "Tatzeit" tragfähige Feststellungen getroffen. Soweit die Konstatierung, "so kamen sie auf die Idee, betagte, gebrechliche, seh-, geh- oder hörbehinderte Personen zu bestehlen, um sich dadurch eine laufende Einnahmequelle zu verschaffen" als nicht ausreichend für die gewerbsmäßige Begehung eines einzigen Diebstahls erachtet und Feststellungen vermisst werden, wonach der eine monatliche Pension von ca 7.000 S beziehende Beschwerdeführer seinen Unterhalt zumindest teilweise durch derartige Straftaten bestreiten wollte, übergeht der Beschwerdeführer die Gesamtheit der hiezu getroffenen Konstatierungen: Darnach war der Beschwerdeführer ein gleichgesinnter Mittäter des Stefan F*****, der seinerseits beschlossen hatte, sein Einkommen durch die wiederkehrende Begehung von Einschleichdiebstählen aufzubessern, sie (sohin auch der Beschwerdeführer) die gemeinsame Idee hatten, alte und gebrechliche Personen zu bestehlen, um sich eine fortlaufende Einnahme zu verschaffen (US 8, 10), diese auch arbeitsteilig in die Tat umgesetzt wurde und eine solche Vorgangsweise - aus den Vorstrafakten ersichtlich - dem Beschwerdeführer nicht fremd war (US 9). Der demgemäß zur Gänze unberechtigten Nichtigkeitsbeschwerde des Adolf R***** war sohin ein Erfolg zu versagen.

Auch die Berufung ist unbegründet.

Das Schöffengericht verhängte über den Angeklagten nach §§ 28, 130 erster Strafsatz StGB eine Freiheitsstrafe von drei Jahren. Dabei wurden die einschlägigen Vorstrafen, das Zusammentreffen eines Verbrechens mit einem Vergehen sowie der Umstand der Ausnützung der Wehr- und Hilflosigkeit der betagten (93 und 74 Jahre alten) Tatopfer als erschwerend gewertet, während als mildernd nichts berücksichtigt wurde.

Auch der Berufungswerber vermochte weder einen Milderungsgrund aufzuzeigen noch die angenommenen Erschwerungsgründe zu entkräften. Der durch den erheblichen Handlungsunwert (raffinierte Tatbegehung durch zwei Täter) gekennzeichnete doch hohe Unrechtsgehalt und die durch die Rückfallsvoraussetzungen des § 39 StGB verstärkte Vorstrafenbelastung lassen bei Beachtung der übrigen Strafbemessungsgründe auch bei Vergleich mit der über den Mittäter verhängten Strafe nach Ansicht des Obersten Gerichtshofes eine Reduzierung des Strafmaßes nicht zu.

Die Kostenentscheidung ist in § 390a StPO begründet.

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