OGH 4Ob57/03s

OGH4Ob57/03s29.4.2003

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Kodek als Vorsitzenden und den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. Graf, die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Dr. Griß und Dr. Schenk sowie den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. Vogel als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei H***** GmbH, vertreten durch den Nachtragsliquidator Univ.-Prof. Dr. Walter D*****, dieser vertreten durch Höhne, In der Maur & Partner, Rechtsanwälte OEG in Wien, gegen die beklagte Partei Österreichischer Rundfunk, ***** vertreten durch Korn Frauenberger, Rechtsanwälte in Wien, wegen Unterlassung und Urteilsveröffentlichung (Streitwert im Provisorialverfahren 30.000 EUR), über den außerordentlichen Revisionsrekurs des Beklagten gegen den Beschluss des Oberlandesgerichts Wien als Rekursgericht vom 23. Jänner 2003, GZ 1 R 222/02b-16, mit dem die einstweilige Verfügung des Handelsgerichts Wien vom 20. September 2002, GZ 37 Cg 16/02k-11, bestätigt wurde, den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.

Die Klägerin hat die Kosten ihrer Revisionsrekursbeantwortung vorläufig selbst zu tragen; der Beklagte hat die Kosten seines Revisionsrekurses endgültig selbst zu tragen.

Text

Begründung

Die Klägerin, eine ehemals im Handelsregister des Handelsgerichts Wien registrierte Gesellschaft mbH, stellte im Jahr 1936 den Spielfilm "Die Puppenfee" her. Regisseur war der am 2. 12. 1975 verstorbene Emerich Josef Wojtek (= E. W. Emo). Das Drehbuch stammte von Ralph Benatzky und von Hanns Sassmann; Ralph Benatzky war auch für die Filmmusik verantwortlich. Der Film wurde am 19. 6. 1936 in Berlin uraufgeführt; die erste Aufführung in Wien war am 14. 8. 1936. Im Werk von Ulrich J. Klaus, Deutsche Tonfilme, wird als "Verleih" des Films die Bayerische Filmgesellschaft mbH in München und als "Vertrieb" die Rex-Film GmbH in Wien genannt.

Der Film wurde gewerbsmäßig hergestellt; er hat eine Handlung und ist von den Filmurhebern geformt und gestaltet.

Die Klägerin wurde mit Beschluss des Amtsgerichts Wien als Registergericht vom 10. 7. 1941 wegen Vermögenslosigkeit gemäß § 2 Abs 1 AmtslöschungsG gelöscht. Es steht nicht fest, dass die Klägerin bis zum Löschungszeitpunkt ihr allenfalls zustehende Verwertungsrechte am Film veräußert oder sonst verwertet hätte.

Filmrechte wurden bis 1945 durch Filmvorführungen in Kinos verwertet; eine wirtschaftliche Nutzung im Fernsehen oder auf Videos gab es noch nicht. Filme, die schon mehrere Jahre alt waren, galten als "abgespielt" und dem Kinopublikum nicht mehr zumutbar. Es war damals nicht erkennbar, dass bereits "abgespielte" Spielfilme noch wirtschaftlich genutzt werden könnten.

Der Beklagte hat am 28. 12. 1997 und am 10. 1. 1999 den Spielfilm "Die Puppenfee" gesendet.

Auf Antrag der VDFS Verwertungsgesellschaft Dachverband Filmschaffender Genossenschaft mbH bestellte das Handelsgericht Wien mit Beschluss vom 7. 7. 1999, 72 Nc 8/99, Dr. Walter D***** "gemäß § 93 Abs 5 GmbHG" zum Liquidator der Klägerin. Begründet wurde die Bestellung damit, dass für die Klägerin noch Verwertungsrechte an gewerbsmäßig hergestellten Filmwerken bestünden, das Urheberrecht noch aufrecht sei und somit noch weiteres Vermögen der gelöschten Gesellschaft bestehe.

Der Nachtragsliquidator forderte den Beklagten mit Schreiben vom 12. 4. 2001 auf, die Sendung des Films zu unterlassen. In einem gleichgelagerten Fall habe sich herausgestellt, dass der "Lizenzgeber" des Beklagten nicht verfügungsberechtigt gewesen sei. Es könne nicht ausgeschlossen werden, dass es sich im vorliegenden Fall genauso verhalte. Der Nachtragsliquidator ersuche den Beklagten, seinen "Lizenzgeber" zu einer Stellungnahme aufzufordern.

In seinem Antwortschreiben vom 24. 9. 2001 erklärte der Vertreter des Beklagten, dass der Beklagte mit international renommierten Lizenzgebern Verträge über den Erwerb von Senderechten geschlossen habe. Da es sich um ein grundsätzliches Problem handle, werde ein gerichtliche Klärung vorgezogen. Der Beklagte werde den Film bis zur endgültigen gerichtlichen Klärung nicht ausstrahlen.

Die Rechtsnachfolger von Hans Sassmann und auch die Rechtsnachfolger von Ralph Benatzky haben die Wahrung ihrer urheberrechtlichen Interessen dem T***** Verlag übertragen; die Rechtsnachfolger des Regisseurs E. W. Emo haben eine entsprechende Vereinbarung mit der E***** Verlagsanstalt geschlossen. Der T***** Verlag schloss am 9. 7. 1992 mit der A***** Film einen Lizenzvertrag, mit dem (ua) die Senderechte am Film "Die Puppenfee" übertragen wurden. Zwischen der A***** Film und der "Lizenzgeberin" des Beklagten kam am 22. 7. 1992 ein Filmauswertungsvertrag zustande, der sich ebenfalls auf den Film "Die Puppenfee" bezog. Mit Vertrag vom 23./28. 8. 1995 ermächtigte die "Lizenzgeberin" den Beklagten, den Film "Die Puppenfee" im Zeitraum 1. 1. 1996 bis 31. 12. 1999 gegen Zahlung eines vereinbarten Entgelts zwei Mal auszustrahlen.

Der Beklagte erwirbt im Jahr die Senderechte an durchschnittlich 400 Spielfilmen. Eine lückenlose Überprüfung der Berechtigung bis hin zum Filmhersteller und/oder sonst Berechtigten ist nicht möglich, will der Beklagte seinen gesetzlichen Programmauftrag erfüllen.

Die "Lizenzgeberin" des Beklagten ist international renommiert. Der Beklagte vertraute darauf, dass seine "Lizenzgeberin" berechtigt sei, über die Verwertungsrechte zu verfügen. Neue Verträge über den Film "Die Puppenfee" wurden nicht abgeschlossen und werden bis zur rechtskräftigen Beendigung des Verfahrens auch nicht abgeschlossen werden. Der Beklagte hat auch sichergestellt, dass der Film bis zur endgültigen gerichtlichen Klärung nicht wieder gesendet wird.

Die Klägerin beantragt zur Sicherung ihres inhaltsgleichen Unterlassungsanspruchs, dem Beklagten mit einstweiliger Verfügung zu untersagen, gewerbsmäßig hergestellte Filmwerke der Klägerin, für welche die urheberrechtlichen Verwertungsrechte bei der Klägerin liegen, insbesondere das Filmwerk "Die Puppenfee", zu senden und/oder Dritten diese Sendung durch Zurverfügungstellung von Kopien dieser Filmwerke zu ermöglichen, wenn die Klägerin als Herstellerin dieser gewerbsmäßig hergestellten Filmwerke zu einer Sendung nicht ihre Zustimmung erteilt hat. Zum Zeitpunkt ihrer Löschung seien ihr sämtliche Verwertungsrechte am Film zugestanden; diese Verwertungsrechte bildeten noch immer Vermögen der Klägerin. Die Schutzfrist des § 62 UrhG sei noch nicht abgelaufen, weil der Regisseur des Films erst 1975 verstorben sei. Der Beklagte habe durch die Ausstrahlung des Films das urheberrechtliche Ausschließungsrecht der Klägerin verletzt.

Der Beklagte beantragt, den Sicherungsantrag abzuweisen. Er habe das Sendematerial mittlerweile seiner "Lizenzgeberin" zurückgestellt. Die vereinbarte Lizenzzeit sei längst abgelaufen. Die amtswegige Löschung der Klägerin begründe die Vermutung der Vermögenslosigkeit. Im Zeitpunkt der Löschung sei kein wirtschaftlich verwertbares Vermögen vorhanden gewesen; damit sei die Klägerin untergegangen. Ein Wiederaufleben sei nicht möglich. Nur ein nachträglich aufgetauchtes Vermögen rechtfertigte eine Nachtragsliquidation. Der Beklagte habe die Senderechte gutgläubig erworben. Seine "Lizenzgeberin" sei ein befugter Gewerbsmann; er habe darauf vertrauen dürfen, dass sie im Besitz der Rechte sei. § 367 ABGB und § 366 HGB seien analog anzuwenden. Da dem Beklagten kein sorgfaltswidriges Verhalten vorzuwerfen sei, sei seine Eingriffshandlung auch nicht rechtswidrig. Es bestehe auch keine Wiederholungsgefahr. Das Unterlassungsbegehren sei zu weit gefasst.

Das Erstgericht verbot dem Beklagten, das gewerbsmäßig hergestellte Filmwerk der Klägerin, für welches die urheberrechtlichen Verwertungsrechte bei der Klägerin liegen, nämlich das Filmwerk "Die Puppenfee" zu senden, wenn die Klägerin als Herstellerin dieses gewerbsmäßig hergestellten Filmwerkes zu einer Sendung nicht ihre Zustimmung erteilt hat. Das auch andere Filmwerke der Klägerin erfassende Mehrbegehren wies das Erstgericht ab. Auch ein erst nachträglich entstandenes Vermögen sei der gelöschten Gesellschaft zuzuordnen und rechtfertige eine Nachtragsliquidation. Die Klägerin sei im Zeitpunkt ihrer Löschung auch nicht vermögenslos gewesen; ihr Vermögen sei nur nicht bekannt gewesen. Gemäß § 38 Abs 1 UrhG stünden die Verwertungsrechte an gewerbsmäßig hergestellten Filmwerken dem Filmhersteller zu. Diese Bestimmung sei zwar erst mit 1. 7. 1936 in Kraft getreten; sie sei aber gemäß § 104 UrhG auch auf früher geschaffene Filmwerke anzuwenden, soweit dem nicht eine die Rechte des Filmherstellers einschränkende Vereinbarung der Parteien entgegenstehe. Eine solche Vereinbarung sei nicht bescheinigt worden. Es sei auch anzunehmen, dass der Filmhersteller das Recht zur Nutzung von Manuskript und Drehbuch erworben habe. Das Senderecht gehöre zu den in § 38 Abs 1 UrhG genannten Verwertungsrechten. Da es ursprünglich der Klägerin zugestanden sei, habe es von den Rechtsnachfolgern des Regisseurs und den Rechtsnachfolgern der Drehbuchautoren auch nicht übertragen werden können. Die Erklärung des Abwicklers, wonach die Klägerin über kein Vermögen verfüge, sei eine Wissenserklärung und kein Verzicht gewesen. Da der Beklagte die Senderechte nicht habe derivativ erwerben können, sei der behauptete gutgläubige Erwerb zu prüfen. Ein solch gutgläubiger Erwerb sei von der Rechtsprechung stets verneint worden; einer analogen Anwendung des § 367 ABGB und des § 366 HGB stehe schon entgegen, dass keine Gesetzeslücke bestehe. Ein Gutglaubenserwerb von Werknutzungsrechten, wie ihn der Beklagte behaupte, werde nicht einmal von dem von ihm zitierten Autor bejaht. Der Eingriff in die Verwertungsrechte eines anderen sei rechtswidrig; die Rechtswidrigkeit setze weder ein Unwerturteil noch ein Verschulden voraus. Wiederholungsgefahr bestehe schon deshalb, weil der Beklagte sein Verhalten als rechtmäßig qualifiziere. Das zu weit gefasste Unterlassungsbegehren sei einzuschränken gewesen.

Das Rekursgericht bestätigte diesen Beschluss und sprach aus, dass der Wert des Entscheidungsgegenstands 20.000 EUR übersteige und der ordentliche Revisionsrekurs nicht zulässig sei. Die Klägerin sei zum Löschungszeitpunkt nicht untergegangen, weil die Verwertungsrechte entgegen der damaligen Einschätzung nicht wertlos gewesen seien. Das habe eine Vollbeendigung ausgeschlossen. Das Rekursgericht sehe sich nicht veranlasst, von der ständigen Rechtsprechung abzugehen, wonach es bei urheberrechtlichen Ausschließlichkeitsrechten keinen Gutglaubenserwerb gebe. Für eine analoge Anwendung des § 367 ABGB fehle es sowohl an einer Gesetzeslücke als auch an einem den Vertrauensschutz rechtfertigenden Anschein. Der urheberrechtliche Unterlassungsanspruch sei verschuldensunabhängig; ob der Beklagte sorgfaltswidrig gehandelt habe, sie daher nicht maßgebend. Wiederholungsgefahr bestehe nach wie vor, weil der Beklagte nur zugesichert habe, den Film bis zur Klärung der Rechtslage durch das anhängige Verfahren nicht zu senden, und nicht etwa die Rechte der Klägerin anerkannt habe.

Rechtliche Beurteilung

Der gegen diesen Beschluss gerichtete außerordentliche Revisionsrekurs des Beklagten ist zulässig, weil Rechtsprechung zu einem gleichartigen Sachverhalt fehlt; der Revisionsrekurs ist aber nicht berechtigt.

1. Zur Aktivlegitimation der Klägerin

Der Beklagte macht geltend, dass die Klägerin bei ihrer Löschung im Jahre 1941 über kein Vermögen verfügt habe und daher untergegangen sei. Ihre Verwertungsrechte seien wertlos gewesen, weil die technische Entwicklung und das Entstehen neuer Medien nicht voraussehbar gewesen seien. Ein Wiederaufleben untergegangener Rechtspositionen sei dem Gesetz nicht zu entnehmen.

Dem Beklagten ist zuzustimmen, dass eine voll beendete GmbH nicht wieder aufleben kann. Die Vollbeendigung setzt allerdings voraus, dass kein verwertbares und verteilbares Gesellschaftsvermögen mehr vorhanden ist (9 ObA 17/98k = SZ 71/50 mwN). Ob Vermögen verwertbar ist, kann sich nicht nur nach den im Löschungszeitpunkt bekannten und voraussehbaren Umständen bestimmen, weil die Nachtragsliquidation gerade jenes Vermögen erfassen soll, dessen Vorhandensein sich nach der Löschung (§ 40 Abs 4 FBG; § 2 Abs 3 ALöschG) und damit nachträglich (§ 93 Abs 5 GmbHG) herausstellt.

Im vorliegenden Fall hat sich nach der Löschung und damit nachträglich herausgestellt, dass die im Löschungszeitpunkt vorhandenen Urheberrechte verwertbar sind und damit einer Vollbeendigung der GmbH entgegenstanden. Steht damit fest, dass die gelöschte GmbH im Löschungszeitpunkt über Vermögen verfügt hat, das entgegen der damaligen Einschätzung wirtschaftlich verwertbar ist, so spielt es keine Rolle, ob die Löschung die Vermutung der Vermögenslosigkeit begründet, weil sich die Frage der Beweislast nicht mehr stellt.

2. Zum Gutglaubenserwerb von Verwertungsrechten

Der Beklagte macht geltend, dass er die Werknutzungsrechte gutgläubig erworben habe. Er beruft sich auf Ertl (Gutgläubiger Erwerb von Softwarepiraten, MR 1997, 314) und verweist darauf, dass dieser zwar die Rechtsprechung, wonach es im Bereich der urheberrechtlichen Ausschließungsrechte keinen Gutglaubenserwerb von Nichtberechtigten gibt (4 Ob 106/91 = MR 1992, 116; 4 Ob 50/94), im Grundsatz bejaht, sich aber für eine Einschränkung ausspricht. Ertl vertritt die Auffassung, dass die §§ 367 ABGB, 366 HGB analog anwendbar seien, wenn eine Raubkopie bei einem befugten Gewerbsmann gekauft werde. In diesem Fall erwerbe der gutgläubige Käufer eine Werknutzungsbewilligung an den auf der Raubkopie gespeicherten Daten.

Im vorliegenden Fall hat der Beklagte das Sendematerial nicht gekauft, sondern das Senderecht für einen bestimmten Zeitraum erworben und das Sendematerial für diesen Zeitraum zur Verfügung gestellt erhalten. Nach Ablauf des vereinbarten Zeitraums hat er, wie er selbst vorbringt, das Sendematerial zurückgestellt. Es liegt daher weder ein Kauf des Datenträgers noch ein Kauf der darauf gespeicherten Daten vor. Damit kann eine Auseinandersetzung mit den Argumenten für eine analoge Anwendung der Bestimmungen über den Gutglaubenserwerb des Eigentums auf den Erwerb der Werknutzungsbewilligung beim Kauf eines Datenträgers unterbleiben.

Mit der hier maßgeblichen Frage, ob die Bestimmungen über den Gutglaubenserwerb auch anzuwenden sind, wenn der Datenträger nicht gekauft, sondern nur gemietet wird, setzt sich Ertl (aaO MR 1997, 319) nur kurz auseinander. Er verweist auf die herrschende Auffassung, wonach die Vermietung durch eine nicht verfügungsberechtigte Person den Eigentümer nicht bindet. Das gelte grundsätzlich auch für den urheberrechtlich Berechtigten. Schwierig werde es allerdings, wenn der Kunde die Sache bei einem befugten Gewerbsmann in gutem Glauben miete. In diesem Fall liege ein Rechtsscheintatbestand vor, jedenfalls wenn der Vertragspartner über eben diese Software verfüge. Die beim gutgläubigen Erwerb von Forderungen mit Recht gefürchtete Komplikation - Belastung eines ahnungslosen Schuldners, womöglich gar mit ruinösen Forderungen - könne hier nicht eintreten. Es gehe ja nur darum, ob der Kunde „lastenfrei gemietet" habe, ob er also trotz seines guten Glaubens weitere Forderungen eines Dritten gewärtigen müsse. § 367 ABGB sei jedoch auf Zielschuldverhältnisse zugeschnitten, der Erwerber müsse im Zeitpunkt des Erwerbs durch die Übergabe redlich sein, spätere Kenntnis der Herkunft der Sache schade nicht. Die Softwaremiete sei aber ein Dauerschuldverhältnis, bei welchem die Hauptleistungspflichen beider Vertragsteile zunächst noch andauerten, auch wenn der Mieter unredlich werde, weil er von den Rechten des Dritten erfahren habe oder mit diesen zumindest hätte rechnen müssen. Ab Beginn der Unredlichkeit könne er sich aber keineswegs darauf stützen, dass er im Hinblick auf seinen früheren guten Glauben auch weiterhin die Sache nutzen dürfe.

Selbst nach der Auffassung des für seinen Standpunkt zitierten Autors hätte der Beklagte daher keinesfalls das Recht erworben, den Film auch in Zukunft wieder zu senden. Im Übrigen setzt die Berechtigung des Mieters, das auf dem gemieteten Datenträger gespeicherte Werk zu nutzen, den Erwerb des entsprechenden Verwertungsrechts und keinen bloß lastenfreien Erwerb voraus. Verwertungsberechtigt kann der Mieter aber nur sein, wenn er das Werknutzungsrecht (die Werknutzungsbewilligung) gutgläubig erwerben konnte. Für einen derartigen gutgläubigen Erwerb eines Mieters bieten die §§ 367 ABGB, 366 HGB keine Grundlage, so dass es keiner Auseinandersetzung mit der Frage bedarf, ob überhaupt eine planwidrige Unvollständigkeit des Gesetzes vorliegt, die durch Analogie geschlossen werden könnte.

3. Zur Rechtswidrigkeit

Der Beklagte verweist auf die Entscheidung 6 Ob 291/00p (= MR 2001, 93 - Falsche Presseaussendung) und will daraus ableiten, dass er nur dann rechtswidrig gehandelt hätte, wenn bei Anwendung der nötigen Sorgfalt erkennbar gewesen wäre, dass in Rechte Dritter eingegriffen wird. Gegenstand der Entscheidung 6 Ob 291/00p war die Wiedergabe einer amtlichen Presseaussendung durch eine Zeitung. Die Unrichtigkeit der Aussendung war für die Zeitung trotz Einhaltung der objektiven Sorgfalt nicht erkennbar. Der Oberste Gerichtshof hat den Rechtfertigungsgrund des § 6 Abs 2 Z 2 lit b MedienG (wahrheitsgetreue Wiedergabe der Äußerung eines Dritten und überwiegendes Interesse der Öffentlichkeit an der Kenntnis der zitierten Äußerung) kraft Größenschlusses angewandt.

Im Bereich des Urheberrechts gibt es keine vergleichbare Bestimmung, die den Eingriff in Verwertungsrechte eines Dritten rechtfertigen könnte. Es ist auch nicht ersichtlich, welche Interessen - wie bei der Begünstigung der Presse durch das Mediengesetz das Interesse an einer Presse, die ihre Aufgabe in einer demokratischen Gesellschaft wahrnehmen kann - es rechtfertigen könnten, die Rechte des Urhebers einzuschränken. Das - nachvollziehbare - Interesse des Beklagten, Senderechte ohne weitwendige Nachforschungen erwerben zu können, um seinem Programmauftrag nachkommen zu können, wiegt jedenfalls nicht so schwer, dass es eine Einschränkung der Rechte des Urhebers rechtfertigen könnte. Der ihm drohenden Gefahr, bei einem "Erwerb" der Senderechte vom Nichtberechtigten zwei Mal Lizenzgebühr zahlen zu müssen, kann der Beklagte im Übrigen durch entsprechende Schad- und Klaglosvereinbarungen mit seinem Vertragspartner vorbeugen.

4. Zur Wiederholungsgefahr

Die Wiederholungsgefahr ist nach ständiger Rechtsprechung danach zu beurteilen, ob insbesondere dem Verhalten des Täters nach der Beanstandung oder während des Rechtsstreits gewichtige Anhaltspunkte dafür zu entnehmen sind, dass der Verletzer ernstlich gewillt ist, von künftigen Störungen Abstand zu nehmen. Wer seine Handlung verteidigt und weiterhin ein Recht zu diesem Verhalten behauptet, gibt in der Regel schon dadurch zu erkennen, dass es ihm um die Vermeidung weiterer Eingriffe nicht ernstlich zu tun ist (4 Ob 13/94 = ÖBl 1994, 227 - Ritter/Knight mwN).

Der Beklagte hat in den Vorinstanzen die Auffassung vertreten, die Rechte der Klägerin nicht verletzt zu haben. Er hält auch jetzt noch daran fest, die Werknutzungsrechte gutgläubig erworben zu haben. Dass sein Verhalten entschuldbar und nicht sorgfaltswidrig sei, war und ist nur eine seiner Einwendungen. Wäre der Beklagte tatsächlich ernstlich gewillt, die Urheberrechte der Klägerin nicht mehr zu verletzen, so hätte er - ohne den Anspruch der Klägerin anzuerkennen - einen vollstreckbaren Unterlassungsvergleich anbieten können.

Der Revisionsrekurs musste erfolglos bleiben.

Die Entscheidung über die Kosten der Klägerin beruht auf § 393 Abs 1 EO; jene über die Kosten des Beklagten auf §§ 78, 402 Abs 4 EO iVm §§ 40, 50 ZPO.

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