Spruch:
Der Revisionsrekurs wird zurückgewiesen.
Text
Begründung
Gegenstand des Verfahrens ist die Zwangsversteigerung einer Liegenschaft.
Das Erstgericht setzte nach Verhandlung über Einwendungen der nunmehrigen Revisionsrekurswerberin, die ein außerbücherliches Wohnrecht behauptet, den Schätzwert unter Außerachtlassung von Wohnrechten fest.
Das Rekursgericht wies den Rekurs der nunmehrigen Revisionsrekurswerberin als unzulässig zurück, weil nach der nunmehrigen Rechtslage nach der EO-Nov 2000 ein mit Rekurs anfechtbarer Beschluss über die Festsetzung des Schätzwerts nicht mehr ergehe. Vielmehr sei der vom Sachverständigen ermittelte Schätzwert - allenfalls nach Vornahme von Ergänzungen, Richtigstellungen oder Verbesserungen nach § 145 EO - dem weiteren Verfahren zugrunde zu legen. An die Stelle der früheren beschlussmäßigen Festsetzung des Schätzwertes trete die Bekanntgabe desselben, wobei die Parteien des Exekutionsverfahrens die Möglichkeit hätten, gegen den ihnen bekanntgegebenen Schätzwert Einwendungen zu erheben. Auch in den Fällen, in denen solche Einwendungen erhoben werden, sei eine beschlussmäßige Festsetzung des Schätzwertes ebensowenig vorgesehen wie eine formelle Entscheidung über Einwendungen eines Verfahrensbeteiligten.
Danach sei der vorliegende Beschluss unanfechtbar und die Rekurswerberin durch diesen auch nicht beschwert. Erst durch das Versteigerungsedikt, in welches gemäß § 170 Z 8 EO die vom Ersteher ohne Anrechnung auf das Meistbot zu übernehmenden Lasten aufzunehmen sind, würden Rechte der Dienstbarkeitsberechtigten betroffen, weshalb diese Teile des Edikts als anfechtbarer Beschluss zu werten seien.
Rechtliche Beurteilung
Der Revisionsrekurs ist entgegen dem Ausspruch des Rekursgerichts, an den der Oberste Gerichtshof nicht gebunden ist, nicht zulässig, weil die Entscheidung des Obersten Gerichtshofs nicht mehr von der Lösung einer Rechtsfrage von erheblicher Bedeutung abhängt. Der Antrag auf Zwangsversteigerung der Liegenschaft des Verpflichteten wurde am 11. Oktober 2001 eingebracht. Auf dieses Exekutionsverfahren sind daher gemäß Art III Abs 1 der EO-Nov 2000 die Vorschriften der EO idF EO-Nov 2000 anzuwenden. Der Oberste Gerichtshof hat in den (nach der Entscheidung des Rekursgerichts ergangenen) Entscheidungen vom 23. Oktober 2002, 3 Ob 236/02f und 3 Ob 214/02w = RZ 2003/4 (RIS-Justiz RS0116953) die nunmehr geltende Rechtslage folgendermaßen dargelegt:
Gemäß § 144 EO ist dem Verpflichteten, dem betreibenden Gläubiger sowie allen Personen, für die nach dem Inhalt der dem Gericht darüber vorliegenden Urkunden auf der Liegenschaft dingliche Rechte und Lasten begründet sind, der Schätzwert bekanntzugeben. Sie sind gleichzeitig aufzufordern, ihre Einwendungen binnen einer festzusetzenden Frist geltend zu machen.
Nach den Gesetzesmaterialien zu § 144 EO idF EO-Nov 2000 (RV, 93 BlgNR 21. GP) wird zur Beschleunigung des Verfahrens vorgesehen, dass - wie im Fahrnisexekutionsverfahren - der Schätzwert nicht mehr beschlussmäßig festgesetzt wird; er ist nach allfälliger Ergänzung, Richtigstellung und Verbesserung (vgl § 145) dem Zwangsversteigerungsverfahren zugrunde zu legen. Nach wie vor ist aber dem Verpflichteten, dem betreibenden Gläubiger sowie den dinglich Berechtigten der Schätzwert bekanntzugeben. Diese können binnen der zu setzenden Frist Einwendungen gegen das Gutachten erheben, auf Grund derer allenfalls nach § 145 EO vorzugehen ist. Diese Bekanntgabe des Schätzwerts erfolgt zwar gemäß § 62 letzter Halbsatz EO in Form eines Beschlusses (so zutreffend Angst in Angst, EO, § 144 Rz 1), die Parteien des Exekutionsverfahrens und die in § 144 EO genannten Buchberechtigten haben jedoch kein Rekursrecht gegen diesen Beschluss, sondern nur die Möglichkeit, gegen den ihnen bekanntgegebenen Schätzwert Einwendungen zu erheben (Angst aaO § 144 Rz 2; Neumayr in Burgstaller/Deixler/Hübner, EO, § 144 Rz 2 f). Gemäß § 145 EO hat das Exekutionsgericht spätestens nach Ablauf der Frist zur Erstattung von Einwendungen gegen den Schätzwert alle nötigen Ergänzungen, Richtigstellungen und Verbesserungen des Schätzungsgutachtens von Amts wegen zu erlassen. Selbst wenn also Einwendungen gemäß § 144 EO erhoben werden, ist die beschlussmäßige Festsetzung des Schätzwerts nicht (mehr) vorgesehen; es ist über die Einwendungen auch dann nicht beschlussmäßig zu entscheiden, wenn sie der Richter als unzulässig oder unberechtigt ansieht. Dies ergibt sich daraus, dass das Gesetz solche Beschlüsse nicht erwähnt und dass dies offensichtlich dem Willen des Gesetzgebers entspricht, weil sonst die von ihm angestrebte Beschleunigung des Verfahrens gefährdet wäre. Hält der Richter Einwendungen für unzulässig oder unberechtigt, hat er daher hierüber nicht zu entscheiden. Aber auch wenn der Richter Einwendungen als berechtigt ansieht, führt dies nicht zur Erlassung eines Beschlusses, sondern erforderlichenfalls zur Einvernahme des Sachverständigen. Dem Verfahren ist dann ohne weiteres der letzte vom Sachverständigen allenfalls nach Ergänzung, Richtigstellung oder Verbesserung seines Gutachtens ermittelte Schätzwert zugrunde zu legen (Angst aaO § 145 Rz 1). Die Betroffenen haben daher mangels einer anfechtbaren Entscheidung keine Möglichkeit, sich mit einem Rechtsmittel gegen die entsprechende Annahme des Exekutionsgerichts zur Wehr zu setzen; es ist Sache der Bietinteressenten, die wahre Sach- und Rechtslage abzuschätzen. Diese Verminderung des Rechtsschutzes gegenüber der Rechtslage vor der EO-Nov 2000 hat der Gesetzgeber im Interesse der Beschleunigung des Verfahrens und der darauf gegründeten Beseitigung des Beschlusses über die Festsetzung des Schätzwerts ganz offensichtlich in Kauf genommen (Angst aaO § 145 Rz 2). Die Sachverständigenhaftung nach § 1299 ABGB soll für den Entfall der Rekursmöglichkeit Ersatz bieten (vgl Rechberger/Oberhammer, Exekutionsrecht3 Rz 275 f). Mini (Die neue Zwangsversteigerung von Liegenschaften [2000] 80 ff) übt an dieser Regelung Kritik und meint, dass eine Richtigstellung des Schätzwerts dem Inhalt nach ein Beschluss sei. Dieser Ansicht kann, was die in § 145 EO geregelte Ergänzung der Schätzung betrifft, nicht gefolgt werden. In diesem Fall ist gerade keine Beschlussfassung im Gesetz vorgesehen; der vom Gericht als richtig angesehene Schätzwert ist vielmehr dem Verfahren zugrunde zu legen. Dies gilt auch dann, wenn für den Schätzwert strittige Umstände maßgebend sind, wie das Bestehen von Bestandverträgen (3 Ob 236/02f) oder (im vorliegenden Fall) das Bestehen eines Wohnrechts. Da die Rechtsmeinung des Rekursgerichts diesen nunmehr in der Rsp des Obersten Gerichtshof aufgestellten Grundsätzen entspricht, war der Revisionsrekurs mangels Vorliegens einer Rechtsfrage von erheblicher Bedeutung zurückzuweisen.
Auf die Frage der inhaltlichen Berechtigung des Rekurses ist nicht einzugehen, weil - wie ausgeführt - ein anfechtbarer Beschluss nicht vorliegt. Eine Auseinandersetzung mit den Argumenten des Rekursgerichts zu diesem Fragenkomplex hat daher zu unterbleiben.
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