OGH 4Ob42/03k

OGH4Ob42/03k25.3.2003

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Kodek als Vorsitzenden und durch den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. Graf, die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Dr. Griß und Dr. Schenk sowie den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. Vogel als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei C***** s.a., *****, vertreten durch Dr. Georg Zanger, Rechtsanwalt in Wien, gegen die beklagte Partei Dr. Franz P*****, als Masseverwalter im Schuldenregulierungsverfahren des Rupert Thomas L*****, vertreten durch DDr. Meinhard Ciresa, Rechtsanwalt in Wien, wegen Unterlassung (Streitwert 21.801,85 EUR), Beseitigung (Streitwert 21.801,85 EUR) und Urteilsveröffentlichung (Streitwert 3.633,64 EUR), über die außerordentliche Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht vom 28. November 2002, GZ 1 R 211/02k-29, den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen (§ 510 Abs 3 ZPO).

Begründung

Rechtliche Beurteilung

Auch Bezeichnungen mit Namensfunktion sind Objekt des Namensschutzes; eine Bezeichnung hat Namensfunktion, wenn sie auf einen Namensträger als solchen oder auf ein Unternehmen hinweist (ÖBl 2001, 237 - Rechnungshof; zur Etablissementbezeichnung vgl ÖBl 1995, 219 - Klasse statt Masse mwN).

Im Streit um die Domain "rtl.at" stehen einander die Namensrechte der in der Medienbranche tätigen, unter der Bezeichnung "RTL" im Inland verkehrsbekannten Klägerin und des unter dem - aus den Anfangsbuchstaben seiner beiden Vornamen und des Nachnamens gebildeten - Decknamen (Pseudonym) rtl oder RTL oder r.t.l. als Werbefachmann, Journalist und Buchautor auftretenden Beklagten gegenüber.

Erst jüngst (4 Ob 207/02y - ams) hat der erkennende Senat im Domainstreit gleichnamiger Parteien ausgesprochen, dass auch ein an sich befugter Namensgebrauch rechtswidrig sein kann, wenn das damit verfolgte Interesse wesentlich geringer zu bewerten ist als das Interesse eines Gleichnamigen, den Namen uneingeschränkt zu verwenden.

Die Entscheidung des Berufungsgerichts, wonach dem Beklagten untersagt wird, im geschäftlichen Verkehr das Zeichen "rtl.at" als Internet-Adresse zu verwenden und ihm aufgetragen wird, in die Löschung dieser Domain einzuwilligen, entspricht im Ergebnis der hier gebotenen Interessenabwägung. Die Klägerin hat mit der überragenden Bekanntheit ihres Namens einen wertvollen und schutzwürdigen Besitzstand erreicht. Ihr Interesse als weltweit tätiges Medienunternehmen daran, dass ihr Name nicht gebraucht wird, um die Aufmerksamkeit auf Aktivitäten zu lenken, mit denen sie nichts zu tun hat (ÖBl 2002, 142 - bundesheer.at II), also etwa hier, dass unter diesem Zeichen nicht Dritte im Internet auffindbar sind, ist wesentlich höher zu bewerten als das Interesse des mit dem strittigen Zeichen - losgelöst von seinen Dienstleistungen - nicht in Verbindung gebrachten Beklagten, gerade unter einer mit dem Zeichen identen Domain aufzutreten. Für den Internetauftritt des Beklagten wäre etwa die Verwendung seines vollen Namens anstatt des Pseudonyms als Adresse naheliegend und zumutbar. Auf die Priorität seines Namensrechts kommt es damit nicht weiter an.

Einem Domainnamen kommt die Namensfunktion zu, wenn und weil der Verkehr diesen auch als Unterscheidungshinweis auffasst. Die Netzbezeichnungen "www." und die Top-Level-Domains (TLD, zB ".at" und ".com") sind namensrechtlich ohne Belang. Die TLD geben einen Hinweis auf die sachliche oder geografische Herkunft des Angebots, nicht aber auch einen zwingenden Hinweis auf den Namensträger. Es ist nicht unüblich, dass Namensträger ihre Bezeichnung unter mehreren TLD registrieren lassen oder wegen des zu ihren Ungunsten greifenden Prioritätsprinzips bei der Vergabe der Domainnamen die Registrierung ihrer Bezeichnung unter einer anderen als der ursprünglich gewünschten TLD vornehmen (müssen). Die TLD tritt deshalb in ihrer Bedeutung für den von der Second-Level-Domain (Domainname) bestimmten Gesamteindruck zurück (Wüstenberg, Das Namensrecht der Domainnamen, GRUR 2003, 109, 110).

Das Unterlassungsgebot ist aber auch nicht deshalb zu weit, weil es nicht darauf abstellt, ob unter der Domain ein Inhalt dargeboten wird oder nicht ("mit oder ohne Content"), weil ein (rechtsverletzender) Namensgebrauch schon dann vorliegt, wenn der Namensträger dadurch im Gebrauch des eigenen Namens eingeschränkt oder beeinträchtigt wird (Aicher in Rummel, ABGB³ § 43 Rz 10; ÖBl 2001, 237 - Rechnungshof); letzteres ist hier schon infolge der Sperrwirkung einer Domainregistrierung der Fall.

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