OGH 4Ob51/03h

OGH4Ob51/03h25.3.2003

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Kodek als Vorsitzenden und durch den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. Graf, die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Dr. Griß und Dr. Schenk sowie den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. Vogel als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Matthias H*****, vertreten durch Dr. Andreas Konradsheim, Rechtsanwalt in Salzburg, wider die beklagte Partei Sepp H***** Gesellschaft mbH, S*****, vertreten durch Dr. Reinhard Steger und andere Rechtsanwälte in St. Johann, wegen 10.900,93 EUR sA, infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Linz als Berufungsgericht vom 26. November 2002, GZ 4 R 215/02v-17, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Landesgerichtes Salzburg vom 30. August 2002, GZ 2 Cg 137/01y-13, abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung folgenden

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die Revision wird zurückgewiesen.

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit 686,88 EUR (darin 114,48 EUR USt) bestimmten Kosten der Revisionsbeantwortung binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Begründung

Der Kläger hat im Auftrag der Beklagten auf deren Betriebsgelände Spenglerarbeiten zur Überdachung einer Manipulationsfläche durchgeführt. Sowohl beim Vergabegespräch am 25. 9. 2000 als auch bei einer weiteren Besprechung am 26. 9. 2000 wurde zwischen Vertretern der Streitteile besprochen, dass die Blechdachfläche in rotbrauner Farbe ausgeführt werden soll. Zunächst fiel nicht auf, dass weißgraue Bleche angeliefert wurden, weil dies für jene Flächen keine Rolle spielte, die noch überdeckt wurden. Das Farbproblem wurde erst offenbar, als jene Dachflächen ausgeführt wurden, bei denen keine Überdeckung geplant war. Daraufhin sagte der Vertreter der Beklagten zum Vertreter des Klägers, dass das Profil rotbraun hätte sein sollen. Nach einer kurzen Diskussion meinte man schließlich, dass man ohnedies nichts mehr machen könne, weil das Dach dringend ausgeführt werden musste, um die Hallen noch vor Wintereinbruch abschließen zu können. Was in weiterer Folge geschehen sollte, wurde nicht besprochen. Die Bauleitung ging davon aus, dass man die Farbfrage schon irgendwie regeln würde. In schriftlichen Mängelrügen wurde die falsche Dachfarbe zunächst nicht erwähnt. Mit Schreiben der Beklagten vom 20. 2. 2001 wurde die falsche Farbe angesprochen und der Kläger aufgefordert, das Dach bis 24. 4. 2001 rotbraun zu streichen, andernfalls eine Fremdfirma mit diesen Arbeiten betraut werde. Der Kläger vertrat den Standpunkt, nicht für die falsche Farbe verantwortlich zu sein, und verlangte für den Dachanstrich 60.000 S, womit die Beklagte nicht einverstanden war.

Der Kläger begehrt den restlichen Werklohn in Höhe von 10.900,93 EUR. Die Beklagte beantragt die Abweisung des Klagebegehrens. Der Werklohn sei nicht fällig, weil der Kläger die Dachfläche in einem weiten Bereich vereinbarungswidrig grauweiß eingedeckt anstatt in rotbrauner Farbe ausgeführt habe und nicht bereit sei, den Mangel zu beheben. Das Erstgericht gab dem Klagebegehren statt. Die Beklagte habe ein rotbraunes Dach in Auftrag gegeben. Der Kläger hätte darauf hinweisen müssen, dass tragende Trapezbleche in rotbrauner Farbe gegenüber der Standardfarbe grauweiß teurer seien und eine längere Lieferfrist hätten. Weil er nicht beim Auftraggeber rückgefragt habe, habe er diesem gegenüber Aufklärungs- und Warnpflichten verletzt. Trotzdem hafte er nicht für die Kosten des nachträglichen Anstrichs, weil es sich dabei um "Sowieso-Kosten" handle. Es sei davon auszugehen, dass die Beklagte - wie ja auch tatsächlich geschehen - auch bei Aufklärung über die höheren Kosten die grauweiße Eindeckung in Kauf genommen hätte, um das Bauvorhaben zügig abschließen zu können, und dass sie das Farbproblem mit einem nachträglichen Anstrich behoben hätte; der Beklagten sei daher kein Schaden entstanden. Das Berufungsgericht änderte dieses Urteil im Sinne einer Klageabweisung ab und sprach - auf Antrag der Beklagten gem § 508 Abs 1 ZPO - aus, dass die ordentliche Revision infolge Verkennung der Rechtslage durch das Berufungsgericht zulässig sei. Der Kläger habe das Werk nicht auftragsgemäß hergestellt, weshalb der Besteller, der Verbesserung verlange, seine noch nicht zur Gänze erbrachte Gegenleistung bis zur gehörigen Erfüllung zurückbehalten dürfe. Die Entscheidung des Beklagten, die dringend gebrauchte Leistung ungeachtet der falschen Farbe vom Kläger zu übernehmen, sei kein Verzicht auf Verbesserung.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist unzulässig; entgegen dem - den OGH nicht bindenden (§ 508a Abs 1 ZPO) - Ausspruch des Berufungsgerichtes hängt die Entscheidung nicht von der Lösung einer erheblichen Rechtsfrage iSd § 502 Abs 1 ZPO ab.

In der bloßen Annahme eines vereinbarungswidrig hergestellten Werks auch durch einen sachkundigen Besteller liegt noch keine Annahme als Erfüllung; insofern ist auch noch kein Entgelt fällig (6 Ob 568/81; Krejci in Rummel, ABGB³ § 1170 Rz 4a). Das Zurückbehaltungsrecht am Werklohn steht dem Werkbesteller dann zu, wenn er nach Ablieferung eines mangelhaften Werks die Verbesserung fordert. Der Werkbesteller kann den ganzen Werklohn zurückhalten, um so auf den gewährleistungspflichtigen Schuldner Druck auszuüben (Koziol/Welser II12 38; Krejci aaO Rz 6 je mwN).

Nach Lehre und ständiger Rechtsprechung erlischt das Leistungsverweigerungsrecht des Bestellers, sobald kein Verbesserungsanspruch mehr besteht, etwa weil der Besteller die Fertigstellung des Werks durch den Unternehmer verhindert oder sie unmöglich macht oder wenn er das noch unvollendete Werk von einem Dritten vervollständigen lässt (Krejci aaO Rz 6a; Rebhahn in Schwimann, ABGB² § 1170 Rz 6 je mwN; SZ 56/59; RdW 1984, 41; SZ 62/169; JBl 1992, 243; ecolex 1993, 83; 5 Ob 44/01h; 7 Ob 187/01h; 5 Ob 28/02g). In diesem Fall macht der Zurückbehaltende kein Recht auf Leistung geltend; es genügt nämlich nicht, wenn er aus der mangelnden Erfüllung keinen Verbesserungsanspruch, sondern das Recht auf Wandlung oder Preisminderung ableitet (Koziol/Welser aaO 39). Keiner dieser Fälle liegt jedoch hier vor:

Nach dem festgestellten Sachverhalt hat die Beklagte den Kläger aufgefordert, das Dach bis 24. 4. 2001 - dem Auftrag entsprechend - rotbraun zu streichen, widrigenfalls eine Fremdfirma mit diesen Arbeiten betraut werde; der Kläger war jedoch zu einem kostenlosen Anstrich nicht bereit. Dass aber der Werkbesteller die geschuldete Verbesserung nach Fristablauf durch Dritte bereits habe vornehmen lassen, wurde weder behauptet, noch ergibt sich solches aus dem Akteninhalt. Das Leistungsverweigerungsrecht des Beklagten ist damit nicht erloschen und kann auch seinen Zweck, den Werkunternehmer zur baldigen Verbesserung anzuspornen, noch immer erfüllen. Damit ist die Auffassung des Berufungsgerichts, der Beklagte könne seine (gesamte) Gegenleistung bis zur gehörigen Erfüllung des Vertrags zurückhalten, frei von Rechtsirrtum.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 41 Abs 1, § 50 Abs 1 ZPO. Da die Beklagte in ihrer Revisionsbeantwortung auf die Unzulässigkeit des Rechtsmittels hingewiesen hat, diente ihr Schriftsatz der zweckentsprechenden Rechtsverteidigung.

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