Spruch:
I. Der außerordentliche Revisionsrekurs der beklagten Partei wird gemäß §§ 78, 402 EO iVm § 526 Abs 2 Satz 1 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 528 Abs 1 ZPO zurückgewiesen (§ 528a iVm § 510 Abs 3 ZPO).
II. Dem Revisionsrekurs der klagenden Partei wird Folge gegeben.
Die Entscheidungen der Vorinstanzen werden dahin abgeändert, dass der Beschluss wie folgt zu lauten hat:
"Einstweilige Verfügung
Zur Sicherung des mit der Klage geltend gemachten Anspruchs auf Unterlassung wettbewerbswidriger Handlungen wird der beklagten Partei für die Dauer dieses Rechtsstreites aufgetragen, es ab sofort zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbes von der Klägerin gestaltete und im Internet unter den Internet-Adressen www.newsroom.at und www.newsroom.de veröffentlichte Beiträge, insbesondere redaktionelle Beiträge über Stellengesuche, glatt zu übernehmen und in Massenmedien, insbesondere unter der Internet-Adresse www.oejc.or.at , zu veröffentlichen."
Die klagende Partei hat die Kosten des Sicherungsverfahrens aller drei Instanzen vorläufig, die beklagte Partei hat die Kosten des Sicherungsverfahrens aller drei Instanzen endgültig selbst zu tragen.
Text
Begründung
Die Klägerin ist Medieninhaberin der periodischen Druckschriften "D*****", "C*****" und "M*****". Sie bietet unter den Internet-Adressen www.newsroom.at und www.newsroom.de einen Online-Dienst zum entgeltlichen Bezug aktueller Informationen aus dem Bereich Journalismus und Medien an. Darüber hinaus veröffentlicht sie unter diesen Adressen Stellenangebote und redaktionelle Nachrichten aus der Kommunikationsbranche.
Der beklagte Verein versteht sich als Zusammenschluss zahlreicher Journalisten und Kommunikationsspezialisten mit Mitgliedern in allen Bundesländern und mehreren Regionalbüros. Er ist Medieninhaber (Verleger) der periodischen Druckschrift "Ö*****". In dieser unter seinen Mitglieder und unter Dritten verbreiteten Zeitschrift wird über die Medienbranche berichtet. Der Beklagte betreibt unter der Adresse www.oejc.or.at einen unentgeltlichen Online-Dienst betreffend Informationen über die Medienbranche.
Am 3. 1. 2001 erhielt die Klägerin von der Financial Times Deutschland GmbH & Co KG im elektronischen Weg den Auftrag, im Internet eine Suchanzeige für die Stelle eines Radiomoderators zu veröffentlichen. Die Klägerin schickte diese Stellenanzeige als E-Mail an rund 7.000 Journalisten. Der Geschäftsführer der Klägerin verfasste über die Stellenanzeige eine redaktionelle Mitteilung, die am 4. 1. 2001 um 9.47 Uhr unter der Adresse www.newsroom.de ins Netz gestellt wurde und die bis 11.38 Uhr desselben Tages von verschiedenen Benützeren insgesamt 21 Mal abgerufen wurde; der Beklagte war nicht darunter. Er gelangte auf andere Weise, offenbar von einem der 21 Abrufer, zu dieser Nachricht und leitete sie um 11.38 Uhr wortident an die APA zwecks Verschickung an ihre vereinsinternen Abonnenten, die in einer Mailingliste des Beklagten erfasst sind, weiter.
Zur Sicherung ihres inhaltsgleichen Unterlassungsanspruchs begehrt die Klägerin, dem Beklagten mit einstweiliger Verfügung bis zur Rechtskraft des über die Unterlassungsklage ergehenden Urteils zu gebieten, es im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbes zu unterlassen, von der Klägerin gestaltete und im Internet unter den Internet-Adressen www.newsroom.at und www.newsroom.de veröffentlichte Beiträge, insbesondere redaktionelle Beiträge über Stellengesuche, direkt zu übernehmen und in Massenmedien, insbesondere unter der Internet-Adresse www.oejc.or.at , zu veröffentlichen; in eventu, von der Klägerin insbesondere unter den Internet-Adressen www.newsroom.at und www.newsroom.de gestaltete und veröffentlichte Beiträge, insbesondere redaktionelle Beiträge über Stellengesuche, zu veröffentlichen, und zwar insbesondere unter der Internet-Adresse www.oejc.or.at , wenn dadurch der tatsachenwidrige Eindruck erweckt werde, der Beklagte hätte die diesem Beitrag zu Grunde liegenden Recherchen durchgeführt und/oder diesen Beitrag verfasst. Der Beklagte bediene sich seit geraumer Zeit der "Content-Piraterie" und übernehme von ihr in ihren Online-Diensten veröffentlichte Nachrichten und veröffentliche sie unverändert in seinem eigenen Online-Dienst. Bei Gesprächen darüber habe sich der Beklagte verpflichtet, derartige Verhaltensweisen künftig zu unterlassen. Die Klägerin habe am 4. 1. 2001 in ihrem Online-Dienst eine Stellenanzeige der "Financial Times Deutschland" veröffentlicht. Aus Anlass dieser Stellenanzeige habe ihr Geschäftsführer und Herausgeber überdies eine redaktionelle Mitteilung verfasst, die am 4. 1. 2001 in ihren Online-Dienst unter der Adresse www.newsroom.de ins Internet gestellt worden sei. Sie habe diesen Beitrag um 14.15 Uhr veröffentlicht. Damit habe der Beklagte offenkundig auch die Uhrzeit seines Beitrages manipuliert, erwecke er doch den Eindruck, die Meldung bereits um 11.38 Uhr ins Internet gestellt zu haben. Möglicherweise habe sie die genannte Meldung aber bereits am Vormittag des 4. 1. 2001 im Internet veröffentlicht und um 14.15 Uhr nochmals als "Topmeldung" vorgereiht, was sich aber nicht mehr recherchieren lasse und daher vorerst auf sich beruhen müsse. Die Übernahme ihrer Stellenanzeigen verwirkliche den Tatbestand der §§ 1, 2 UWG und verstoße auch gegen §§ 44 Abs 3, 79 UrhG.
Der Beklagte beantragt die Abweisung des Sicherungsantrags. Die Klägerin besitze an der hier strittigen Personalanzeige keine Urheberrechte. Der Text sei als Eigeninserat der Financial Times Deutschland ins Netz gestellt und in der Folge auch von mehreren weiteren Internet-Portalen im Netz weiterverbreitet worden. Der Beklagte habe diese Information am 4. 1. 2001 um 11.37 Uhr aus dem Netz übernommen und sie um 11.38 Uhr zwecks Auslieferung an die ÖJC-Adressdatei an den APA-Mailhost weitergeleitet. Sämtliche Datumsangaben würden dabei maschinell erzeugt; ein manueller Eingriff sei entgegen der Vermutung der Klägerin technisch nicht möglich.
Das Erstgericht wies den Sicherungsantrag in seinem Hauptbegehren ab und gab ihm in seinem Eventualbegehren statt. Eine Verletzung des § 44 UrhG könne in der Handlung des Beklagten nicht erblickt werden, weil es sich bei der vom Geschäftsführer der Klägerin verfassten redaktionellen Mitteilung nicht um ein Werk im Sinne des § 1 UrhG handle. Diese sei eine einfache Mitteilung im Sinne des § 44 Abs 3 UrhG, die gem § 79 UrhG erst zwölf Stunden nach ihrer Verlautbarung wiedergegeben werden dürfe. Die Wiedergabe der redaktionellen Mitteilung der Klägerin durch die Beklagte um 11.38 Uhr sei vor Ablauf dieser Frist erfolgt. Die vollkommene Übernahme des Textes sei auch sittenwidrig iSd § 1 UWG. Für die Klägerin bestehe nämlich die Gefahr, den eigenen Arbeitsaufwand und Kunden infolge der Vorgangsweise des Beklagten dadurch zu verlieren, dass gebührenpflichtige Kunden der Klägerin in der Hoffnung zum Online-Dienst des Beklagten wechselten, dort dieselben Leistungen wie bei der Klägerin kostenlos zu bekommen. Durch die Übernahme täusche der Beklagte auch gleichzeitig über seine Leistungsfähigkeit und verwirkliche den Tatbestand des § 2 Abs 1 UWG. Dem Hauptbegehren sei nicht stattzugeben, weil die Klägerin nicht bescheinigt habe, dass der Beklagte den Beitrag "direkt" übernommen habe.
Das Rekursgericht bestätigte diesen Beschluss und sprach aus, dass der Wert des Entscheidungsgegenstands 20.000 EUR übersteige und der ordentliche Revisionsrekurs mangels erheblicher Rechtsfrage nicht zulässig sei. Der Beklagte mache sich im Verhältnis zur Klägerin in sittenwidriger Weise den durch deren Aquisitionstätigkeit und unter erheblichem Einsatz von Arbeitskräften und betrieblichem Fachwissen aufgebauten Anzeigenmarkt zunutze. Durch die idente (mittelbare) Übernahme des Inserats von der Website der Klägerin könnten die Mitglieder des Beklagten veranlasst werden, nicht mehr bei sonstigen Anbietern von Stellenanzeigen nachzusehen, womit der Bezieherkreis ua der Klägerin verringert und sie um einen Teil der Früchte ihrer Arbeit gebracht werde. Planmäßigkeit des Handelns sei nur eine von mehreren die Sittenwidrigkeit begründenden Voraussetzungen, die alternativ vorliegen müssten. Der Beklagte täusche gerade durch das Fehlen der Autorenbezeichnung in der ursprünglichen redaktionellen Mitteilung eine Leistungsfähigkeit vor, über die er gar nicht verfüge. Eine direkte Leistungsübernahme sei jedoch nicht erfolgt: Der Ausdruck "direkt" habe lexikalisch ua die Bedeutung "unmittelbar, ohne einen Zwischenraum, eine Verzögerung oder eine Mittelsperson". Bescheinigt sei, dass der Beklagte den gegenständlichen Text gerade nicht direkt, sondern zwingend über eine Mittelsperson erhalten habe, weshalb das Erstgericht dem Hauptbegehren zutreffend nicht Folge gegeben habe. Sollte die Klägerin eine "glatte" Leistungsübernahme - also die Übernahme einer Leistung in unverändertem Zustand - gemeint haben, müsse sie diesen Begriff auch verwenden. Eine Umformulierung des Spruches komme unter diesen Umständen mangels Eindeutigkeit nicht in Betracht.
Rechtliche Beurteilung
Der Revisionsrekurs des Beklagten ist nicht zulässig, jener der Klägerin ist zulässig und berechtigt.
I. Zum Revisionsrekurs des Beklagten:
Das Rekursgericht hat dem Sicherungsantrag unter wettbewerbsrechtlichen Gesichtspunkten stattgegeben. Die Entscheidung hängt damit nicht von den von der Beklagten aufgeworfenen Fragen zur Abgrenzung einer redaktionellen Mitteilung iSd § 44 Abs 3 UrhG von einem Stelleninserat ab; ebenso wird auch mit dem Fehlen einer höchstgerichtlichen Rechtsprechung zu § 79 UrhG keine erhebliche Rechtsfrage aufgezeigt.
II. Zum Revisionrekurs der Klägerin:
Vorauszuschicken ist, dass entgegen der Ansicht des Beklagten als Grundlage der Rechtsmittelzulässigkeit nicht der Zweifelsstreitwert gemäß § 56 Abs 2 JN heranzuziehen war: Soweit - wie hier - ein Eventualbegehren nicht gesondert bewertet wird, entspricht dessen Streitwert jenem des Hauptbegehrens, der in der Klage angegeben wurde. Aus der unterlassenen Bewertung eines Eventualbegehrens lässt sich nämlich nur schließen, dass das Interesse des Klägers an dessen Durchsetzung nicht geringer ist, als jenes am bewerteten, jedoch gescheiterten Hauptbegehren war (SZ 70/201 ua).
Der Kläger strebt mit seinem Rechtsmittel eine Stattgebung des Sicherungsantrags in seinem Hauptbegehren - allenfalls im klarstellenden Sinne einer glatten Leistungsübernahme - an. Unmissverständlich wende sich der Sicherungsantrag gegen die vollinhaltliche Übernahme ihrer Leistung durch die Beklagte, was im Wettbewerbsrecht unter den Begriff "unmittelbare", "direkte" oder "glatte" Leistungsübernahme falle; ein solcher Sachverhalt sei auch bescheinigt. Sprachlichen Ungenauigkeiten hätten die Vorinstanzen erforderlichenfalls von Amts wegen durch Anpassung des Tenors an das tatsächliche Begehren Rechnung tragen müssen. Dem ist zuzustimmen.
Das Gericht darf dem Urteilsspruch eine klarere und deutlichere, vom Begehren abweichende Fassung geben, sofern diese in den Behauptungen des Klägers ihre eindeutige Grundlage findet und sich im Wesentlichen mit seinem Begehren deckt (stRsp ua ÖBl 1973, 56 - Linzer Hochhaus; ÖBl 1981, 159 [Schönherr] - Gae-Wolf-Jacken; SZ 65/49 = MR 1992, 238 [Walter] - Servus Du; SZ 71/216; Kodek in Angst EO § 389 Rz 2 mwN). Gegen § 405 ZPO wird verstoßen, wenn ein "plus" oder "aliud" zugesprochen wird (Rechberger in Rechberger, ZPO² § 405 Rz 1; 4 Ob 51/99z), nicht hingegen, wenn im Spruch nur verdeutlicht wird, was nach dem Vorbringen ohnedies begehrt ist (ecolex 2002, 268 [Schanda] - Preiswerbung für Strom).
Die Vorinstanzen haben das Sicherungshauptbegehren, wonach der Beklagten untersagt wird, von der Klägerin gestaltete und im Internet veröffentlichte Beiträge direkt zu übernehmen und in Massenmedien zu veröffentlichen, deshalb abgewiesen, weil die Beklagte nach dem bescheinigten Sachverhalt den beanstandeten und auf ihrer Website veröffentlichten Beitrag der Klägerin nicht von dieser direkt, sondern über Dritte bezogen hat; eine "glatte Leistungsübernahme" habe die Klägerin nach der von ihr gebrauchten Formulierung nicht eindeutig zum Gegenstand des Unterlassungsgebots gemacht.
Diese Auffassung übersieht, dass die Klägerin in ihrem Vorbringen zum Sicherungsantrag die vollinhaltliche, wortidente Übernahme der von ihr ins Netz gestellten Information durch die Beklagte als sittenwidrige Ausbeutung ihrer Leistung beanstandet hat (Klage S. 6, 3. Absatz). In Lehre und Rechtsprechung wird die damit angesprochene Fallgruppe des § 1 UWG allgemein mit dem Begriff "glatte Übernahme" (Koppensteiner, Österreichisches und europäisches Wettbewerbsrecht³ § 33 Rz 68; Fitz/Gamerith, Wettbewerbsrecht³ 65; Artmann, Nachahmen und Übernahme fremde Leistung im Wettbewerbsrecht, ÖBl 1999, 3 ff, 6; ÖBl 1997, 34 - Mutan Beipackzettel mwN; ÖBl-LS 2000/37 - Schmuckprospekt; vgl zuletzt auch ÖBl-LS 2002/117 - Pensionsvorsorge) oder als "unmittelbare Leistungsübernahme" bezeichnet (SZ 53/35 = ÖBl 1980, 97 - Österreichisches Lebensmittelbuch; ÖBl 1989, 52 - Carsonics/Carsound uva; Baumbach/Hefermehl, Wettbewerbsrecht22 § 1 UWG Rz 495 ff; Fitz/Gamerith aaO). "Direkt" kann im vorliegenden Zusammenhang nur als "unmittelbar" verstanden werden.
Es besteht demnach kein Zweifel, dass sich nach dem gesamten Vorbringen das von der Klägerin angestrebte Unterlassungsgebot gegen eine Leistungsübernahme durch die Beklagte ohne eigenständige Bearbeitung, also eine glatte Übernahme, richtet. Dem Revisionsrekurs ist deshalb Folge zu geben und dem Sicherungshauptbegehren mit der klarstellenden Formulierung stattzugeben, dass sich das Unterlassungsgebot auf eine glatte Übernahme von Beiträgen bezieht.
Die Entscheidung über die Kosten der Klägerin beruht auf § 393 Abs 1 EO, jene über die Kosten des Beklagten auf §§ 78, 402 Abs 4 EO iVm §§ 40, 50 Abs 1 ZPO.
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