OGH 8Ob201/02w

OGH8Ob201/02w20.3.2003

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Petrag als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Rohrer, Dr. Spenling, Dr. Kuras und Dr. Lovrek als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Irmgard H*****, vertreten durch Dr. Thomas Krankl, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagte Partei Herbert H*****, vertreten durch Dr. Elisabeth Zimmert, Rechtsanwältin in Neunkirchen, wegen Ehescheidung, infolge außerordentlicher Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Landesgerichtes Wr. Neustadt als Berufungsgericht vom 24. Mai 2002, GZ 16 R 53/02m-45, den Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die außerordentliche Revision der klagenden Partei wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen (§ 510 Abs 3 ZPO)

Text

Begründung

Rechtliche Beurteilung

Die gerügte Mangelhaftigkeit des Berufungsverfahrens liegt nicht vor (§ 510 Abs 3 ZPO). Der Frage der Auslegung einzelner Klagsbehauptungen auf ihre Tauglichkeit in Bezug auf den geltend gemachten Anspruch kommt grundsätzlich keine über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung zu (RIS-Justiz RS0042828). Eine grobe Fehlbeurteilung durch die Vorinstanzen ist nicht zu erkennen, ist es doch gerade im Ehescheidungsverfahren nicht erforderlich, jede dem anderen Teil vorgeworfene Verfehlung im einzelnen aufzuzählen, sondern ist für deren Berücksichtigung ausreichend, das sie sich unter den gebrauchten Sammelbegriff subsumieren lässt (RIS-Justiz RS0057288). Entgegen der von der Revisionswerberin vertretenen Ansicht bewegen sich die gerügten Feststellungen im Rahmen des geltend gemachten Klagsgrundes (vgl SZ 61/135; 1 Ob 2297/96t uva) des ablehnenden und abweisenden Verhaltens (S 2 der Widerklage) der Klägerin und Widerbeklagten.

Das Berufungsgericht ist auch hinsichtlich dieses Verhaltens nicht in relevantem Umfang von den Feststellungen des Erstgerichtes abgewichen, sondern hat diese - wie es auf S 23 seines Urteils ausdrücklich hervorhob - dahin im Kern zusammengefasst, dass beiden Parteien der Vorwurf zu machen sei, ihre Empfindlichkeiten dem jeweils anderen nicht mitgeteilt zu haben. Damit hat es fast wörtlich die Feststellungen des dritten Absatzes auf Seite 10 des Ersturteils übernommen. Das Erstgericht hat weiters mehrfach auf die mangelnde Gesprächsfähigkeit der Parteien hingewiesen, so etwa auf Seite 15 seines Urteils, wo es feststellte, dass die Ehegatten die steigende Unzufriedenheit mit dem Verhalten des jeweils anderen einander nicht mitgeteilt haben. Dem steht die Feststellung im Ersturteil (Seite 9), die Klägerin habe den Eindruck gehabt, der Beklagte zeige keinerlei Interesse, wenn sie mit ihm über ihre Erkrankung sprechen wollte, nicht entgegen. Das Berufungsgericht hat zwar tatsächlich zu Unrecht erstinstanzliche Feststellungen zu Beschimpfungen der Klägerin durch den Beklagten verneint (Seite 8 des Ersturteils: "... machte bei ihm offenbar lustig erscheinenden blöden, flapsigen Bemerkungen der Gäste mit ..."; Seite 11: "Als sie heimkam, hatte der Beklagte bereits getrunken und beschimpfte die Klägerin ..."), ist aber ohnedies in Anbetracht der (vom Erstgericht getroffenen) Feststellungen von einem "etwas überwiegenden Verschulden" des Beklagten ausgegangen. Welchem Ehegatten Eheverfehlungen zur Last fallen und wen das überwiegende Verschulden an der Zerrüttung der Ehe trifft, ist stets eine Frage des konkreten Einzelfalles, die - von Fällen krasser Fehlbeurteilung abgesehen - nicht als erheblich im Sinne des § 502 Abs 1 ZPO beurteilt werden kann (RIS-Justiz RS0044188). Von einer krass unrichtigen Verschuldensteilung durch die Vorinstanzen kann aber auch unter Einbeziehung obiger Klarstellung keine Rede sein, muss doch - wie bereits das Berufungsgericht dargelegt hat - nach ständiger Rechtsprechung bei beiderseitigem Verschulden der Ehegatten das Verschulden des einen fast völlig in den Hintergrund treten, damit ein überwiegendes Verschulden des anderen Teiles angenommen werden kann (RIS-Justiz RS0057325; RS0057487).

Insoweit die Revisionswerberin ergänzende und von den erstinstanzlichen abweichende Feststellungen begehrt, bekämpft sie in Wahrheit in unzulässiger Weise (6 Ob 326/00k; Kodek in Rechberger ZPO² § 503 Rz 1 mwH) die Beweiswürdigung der Vorinstanzen.

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