OGH 10ObS24/03g

OGH10ObS24/03g18.3.2003

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Bauer als Vorsitzenden, die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Fellinger und Dr. Hoch sowie die fachkundigen Laienrichter Dr. Reinhard Drössler (aus dem Kreis der Arbeitgeber) und Mag. Albert Ullmer (aus dem Kreis der Arbeitnehmer) als weitere Richter in den verbundenen Sozialrechtssachen der klagenden Partei Nebi A*****, Pensionist, *****, vertreten durch Dr. Jörg Hobmeier, Rechtsanwalt in Innsbruck, gegen die beklagte Partei Pensionsversicherungsanstalt, 1021 Wien, Friedrich Hillegeist-Straße 1, im Revisionsverfahren nicht vertreten, wegen Ausgleichszulage und Pensionsverfall, über die Revision der klagenden Partei gegen das Teilurteil des Oberlandesgerichtes Innsbruck als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 8. Oktober 2002, GZ 25 Rs 97/02d-19, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Landesgerichtes Innsbruck als Arbeits- und Sozialgericht vom 6. Juli 2002, GZ 48 Cgs 228/01t, 45 Cgs 248/01m-13, in der Fassung des Berichtigungsbeschlusses vom 21. August 2002, GZ 48 Cgs 228/01t, 45 Cgs 248/01m-16, zum Teil bestätigt (und im Übrigen mit Beschluss zum Teil aufgehoben) wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Das angefochtene Teilurteil wird mit der berichtigenden Maßgabe bestätigt, dass im Spruch die Wortfolge "vom 1. 2. 1999" durch die Wortfolge "vom 1. 12. 1999" ersetzt wird.

Der Kläger hat die Kosten seines Rechtsmittels selbst zu tragen.

Entscheidungsgründe:

Rechtliche Beurteilung

Eingangs ist festzuhalten, dass die Bezeichnung der beklagten Partei amtswegig von "Pensionsversicherungsanstalt der Arbeiter" auf "Pensionsversicherungsanstalt" zu berichtigen war, weil mit 1. 1. 2003 alle Rechte und Verbindlichkeiten der Pensionsversicherungsanstalt der Arbeiter auf die neu errichtete Pensionsversicherungsanstalt als Gesamtrechtsnachfolger übergingen (§ 538a ASVG idF 59. ASVG-Nov BGBl I Nr 1/2002).

Die rechtliche Beurteilung der Sache durch das Berufungsgericht ist zutreffend, weshalb auf die Richtigkeit dieser Ausführungen verwiesen werden kann (§ 510 Abs 3 Satz 2 ZPO).

Den Revisionsausführungen ist noch Folgendes entgegenzuhalten:

1. Zum Pensionsverfall:

Gemäß § 102 Abs 3 ASVG verfällt der Anspruch auf bereits fällig gewordene Raten zuerkannter Renten (Pensionen) aus der Unfall- und Pensionsversicherung nach Ablauf eines Jahres seit Fälligkeit. Diese Frist wird gehemmt, solange dem Anspruchsberechtigten die Inanspruchnahme der Leistungen durch ein unabwendbares Hindernis nicht möglich ist.

Wie in den Erläuternden Bemerkungen zur Regierungsvorlage des ASVG (Stammgesetz 599 BlgNR 7. GP 45 f) unter anderem ausgeführt wird, handelt es sich hiebei um die selten vorkommenden Fälle, dass Rentenraten infolge irgendwelcher Umstände nicht zur Auszahlung gelangen. Die Frist eines Jahres erscheine ausreichend, die Zahlung der ausgebliebenen Rentenraten zu verlangen. Bei fruchtlosem Verstreichen dieser Frist, so wird weiters ausgeführt, könne angenommen werden, dass der Entfall der Zahlungen den Versicherten nicht hart getroffen habe. Durch das SRÄG 1996, BGBl 1996/411, wurde im Interesse der Rechtssicherheit klargestellt, dass diese Einjahresfrist solange gehemmt wird, als durch ein unabwendbares Hindernis die Inanspruchnahme der Leistung vereitelt wird (vgl Teschner/Widlar, MGA, ASVG 66. ErgLfg Anm 5 und 6 zu § 102). Eine Nachzahlung nicht angewiesener Pensions(Renten)zahlungen ist daher im Allgemeinen nur für ein Jahr rückwirkend möglich.

Bei den in § 102 ASVG normierten Fristen handelt es sich um Ausschlussfristen und nicht um Verjährungsfristen, sodass daher nach Ablauf dieser Frist der Anspruch als solcher von selbst erlischt (SSV-NF 1/35; Teschner/Widlar aaO Anm 1 ua). Soweit der Revisionswerber meint, in analoger Anwendung der von den Sozialversicherungsträgern zur Verfallsfrist nach § 102 Abs 1 ASVG (Leistungen der Krankenversicherung) gehandhabten Praxis müsste eine rechtzeitige Antragstellung als ausreichend angesehen werden, um den Verfall des Leistungsanspruches zu verhindern, ist ihm entgegenzuhalten, dass die für Leistungen aus der Krankenversicherung (mit Ausnahme eines Anspruches auf Kostenerstattung oder auf einen Kostenzuschuss) in § 102 Abs 1 ASVG vorgesehene Verfallsfrist insoweit eine ganz andere Regelung zum Inhalt hat, als nach dieser Gesetzesstelle der Anspruch auf die Leistung erlischt, wenn er nicht innerhalb zweier Jahre nach seinem Entstehen geltend gemacht wird, während der Unfallversicherung und der Pensionsversicherung derart weitgehende Präklusionen unbekannt sind und in diesen Versicherungszweigen lediglich der Anspruch auf bereits fällig gewordene Raten verfallen kann (vgl Schrammel in Tomandl, SV-System 5. ErgLfg 164 f). Im Übrigen hat der Kläger nach den Feststellungen erstmals mit einem am 4. 7. 2001 bei der beklagten Partei eingelangten Schreiben die Weitergewährung der Pension begehrt. Eine zeitlich frühere Antragstellung des Klägers wurde nicht festgestellt und vom Kläger auch nicht behauptet. Die vom Kläger geltend gemachten verfassungsrechtlichen Bedenken liegen nicht vor. Dass die Präklusionsvorschriften im Sozialversicherungsrecht im Vergleich zum ABGB unterschiedlich geregelt sind, begründet keine verfassungsrechtlichen Bedenken. So lassen sich nach der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes und des Verwaltungsgerichtshofes auch die Bestimmungen über die Verjährung nicht ohne weiteres auf das öffentliche Recht übertragen, weil es sich bei der Verjährung um keine allgemeine, der gesamten österreichischen Rechtsordnung zugehörige Einrichtung handelt. Nur dann, wenn in Vorschriften des öffentlichen Rechts Verjährungsbestimmungen ausdrücklich enthalten sind, kann unter Bedachtnahme auf § 7 ABGB ergänzungsweise auf die Verjährungsvorschriften des ABGB zurückgegriffen werden (M. Bydlinski in Rummel, ABGB³ § 1451 Rz 3 mwN ua). Schließlich ist, wie bereits das Berufungsgericht zutreffend ausgeführt hat, dem Kläger der ihm obliegende Beweis dafür, dass ihm die Inanspruchnahme der Pensionsleistungen durch ein unabwendbares Hindernis nicht möglich gewesen sei, nicht gelungen, da weder die Art der Erkrankung seiner Ehegattin an sich noch sonstige Umstände ihn daran hinderten, der beklagten Partei seinen Wohnsitz in der Türkei zu melden und somit auch bekanntzugeben, wohin die Pensionsleistung zu überweisen ist (vgl Art 5 des Abkommens zwischen der Republik Österreich und der Republik Türkei über soziale Sicherheit, BGBl 1985/91 bzw nunmehr BGBl III 2000/219). Das bloße Vergessen der Meldung des Auslandsaufenthaltes stellt entgegen der Ansicht des Revisionswerbers jedenfalls kein unabwendbares Hindernis im Sinn des § 102 Abs 3 ASVG dar.

2. Zur Ausgleichszulage:

Da es sich bei der Ausgleichszulage um eine Annexleistung zur Pension handelt und die Ausgleichszulage daher nur für den Fall eines Pensionsbezuges aus der gesetzlichen Pensionsversicherung beansprucht werden kann, kommt nach zutreffender Rechtsansicht des Berufungsgerichtes infolge rechtswirksamen Verfalles des Anspruches auf die Grundleistung bis zum 26. 6. 2000 bis zu diesem Zeitpunkt auch kein Anspruch auf die Ausgleichszulage in Betracht. Im Übrigen trägt, wie der Oberste Gerichtshof wiederholt ausgesprochen hat, in Verfahren, in denen der Kläger die Zuerkennung der Ausgleichszulage begehrt, die vom Versicherungsträger mit Bescheid abgewiesen wurde, der klagende Pensionsbezieher die objektive Beweislast dafür, dass er sich in den strittigen Zeiten in Österreich aufgehalten hat; allfällige Negativfeststellungen gehen zu seinen Lasten (SSV-NF 13/21 mwN ua). Nach den bindenden Feststellungen der Vorinstanzen ist nicht erwiesen, dass sich der Kläger in den Monaten Dezember 1999 und Jänner 2000 im Inland aufhielt; er hielt sich jedenfalls vom 18. 1. 2000 bis 11. 5. 2001 in der Türkei auf. Daraus ergibt sich, dass beim Kläger im strittigen Zeitraum vom 1. 12. 1999 bis zu seiner Rückkehr nach Österreich am 12. 5. 2001 ein gewöhnlicher Inlandsaufenthalt im Sinne des § 292 Abs 1 ASVG nicht vorlag, weshalb sich die Revision auch in diesem Punkt als nicht berechtigt erweist. Berechtigt ist lediglich der Hinweis des Revisionswerbers, das Berufungsgericht habe in seinen Urteilsspruch die Abweisung des auf Gewährung der Ausgleichszulage gerichteten Klagebegehrens irrtümlich für den Zeitraum "ab 1. 2. 1999" - anstatt richtig: "ab 1. 12. 1999" - ausgesprochen. Es war daher das angefochtene Teilurteil mit der aus dem Spruch ersichtlichen berichtigenden Maßgabe (§ 419 ZPO) zu bestätigen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 77 Abs 1 Z 2 lit b ASGG. Gründe für einen Kostenzuspruch nach Billigkeit sind nicht ersichtlich.

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