OGH 1Ob303/02v

OGH1Ob303/02v28.2.2003

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Schlosser als Vorsitzenden und die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Gerstenecker, Dr. Rohrer, Dr. Zechner und Univ. Doz. Dr. Bydlinski als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Mag. Georg S*****, vertreten durch Dr. Ronald Rast und Dr. Christian Werner, Rechtsanwälte in Wien, wider die beklagte Partei P***** Versandhandelsgesellschaft mbH, ***** vertreten durch Dr. Peter Sparer, Rechtsanwalt in Innsbruck, wegen EUR 25.000 sA infolge außerordentlicher Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Innsbruck als Berufungsgericht vom 5. November 2002, GZ 1 R 208/02a-15, mit dem das Urteil des Landesgerichts Innsbruck vom 23. Mai 2002, GZ 10 Cg 71/02k-6, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Revision wird Folge gegeben.

Die Entscheidungen der Vorinstanzen werden dahin abgeändert, dass sie zu lauten haben:

"Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei EUR 25.000 samt 4 % Zinsen seit 1. 3. 2002 binnen 14 Tagen zu zahlen.

Die beklagte Partei ist weiters schuldig, der klagenden Partei die mit EUR 7.942,38 (darin EUR 2.460,-- an Barauslagen und EUR 913,73 an USt) bestimmten Verfahrenskosten aller drei Instanzen binnen 14 Tagen zu ersetzen".

Text

Entscheidungsgründe:

Die beklagte Partei betreibt einen Versandhandel. Der Kläger hat von ihr wiederholt Kataloge zugesandt erhalten und Waren bestellt. Im Februar 2002 erhielt er von der beklagten Partei eine an ihn persönlich adressierte Zusendung mit einem Kuvert, in dem sich ein Katalog samt Bestellscheinen sowie drei "Lose" befanden. Der Aufdruck auf dem Kuvert in großer, auffälliger, färbiger Schrift trägt folgenden Wortlaut:

"Herzlichen Glückwunsch!

Dies wird Ihr großer Glückstag ...

... denn es wurden Ihnen fünf Festlose zuerkannt.

Entdecken Sie schnell, was sie wert sind."

Auf der ersten Seite des Katalogs in diesem Kuvert fand sich - wiederum in Farbe gehalten - folgender Text:

"Sie haben eins, zwei oder drei gewinnende Lose in Händen, Herr ...; senden Sie sie noch heute zurück."

Auf den Seiten 2 und 3 dieses Katalogs findet sich folgender Text:

"Beginnen Sie das neue Jahr festlich und gewinnen Sie 5.000, 12.500,-- oder 25.000,- -!*

Wird dies für Sie ein Festtag, den Sie nie mehr vergessen werden? Steht auf einem von diesen drei Losen ein persönlicher Glückscode? Gratulation! Schauen Sie hier unten gleich nach, welchen Geldbetrag Sie jetzt schon gewonnen haben könnten, wenn Ihre persönliche Glücksnummer vorab als Gewinnnummer des Geldpreises gezogen worden ist. Vielleicht gehören die 25.000,-- schon in kurzer Zeit Ihnen. Mit etwas Glück kann das neue Jahr für Sie etwas ganz Besonderes werden!

Schauen, vergleichen und einen super Preis gewinnen Herr ...!

Wenn Ihre persönliche Glücksnummer mit der vorab gezogenen Gewinnnummer übereinstimmt und einer der unten stehenden Codes steht auf einem von Ihren drei roten Festlosen, dann gewinnen Sie garantiert den zum Code gehörenden Geldbetrag."

Weiter unten auf dieser Seite fand sich - klein und wenig auffällig gedruckt - der Text "*Die Teilnahmebedingungen finden Sie auf der Innenseite des Versandumschlages."

Auf der Innenseite des Kuverts befanden sich zwei Werbeeinschaltungen über ein bei der beklagten Partei erhältliches Sex-Video sowie Sexspielzeug mit einschlägigen Abbildungen. Daneben sind in relativ kleiner Schrift die "Teilnahmebedingungen" abgedruckt, die auszugsweise folgendermaßen lauten:

"1) Ihre Nummer ist streng persönlich und daher nicht übertragbar. Die Gewinnnummer für den Preis von 25.000,-- wurde nach dem Zufallsprinzip vom Computer zugeteilt. Doppelte Nummern kommen nicht vor. Sie müssen Ihren Preis deshalb auch mit niemandem teilen.

... Der Notar ... in ... hat vor dem Versand dieser Einladung die Gewinnnummer aus den Glücksnummern gezogen und wird uns diese am 30. 1. 2003 mitteilen. Bis zu diesem Datum bewahrt er die Gewinnnummer verschlossen in seinem Tresor auf. Wenn die Gewinnnummer auf reguläre Weise in unseren Besitz gekommen ist, wird der Preis bis spätestens 1. 5. 2003 überreicht...".

Weiters fand sich in der Zusendung auch ein Begleitschreiben, das (auszugsweise) wie folgt lautet:

"... Werden Sie mit einem Ihrer drei roten Festlose mit einem Schlag um 25.000,- -* reicher Herr ...!

Ist eines von Ihren drei Losen ein Treffer? Dann kann bei diesem Fest für Sie nichts mehr schief gehen und das Glück lacht Ihnen 2002 zu. Denn das bedeutet, dass Sie mit Ihrer persönlichen Glücksnummer jetzt schon 5.000,- -, 12.500,-- oder 25.000,-- gewonnen haben könnten. Welchen Supergeldpreis Sie einheimsen können, ist vom Fest- und Glückscode auf Ihren Losen abhängig. Schauen Sie daher gleich auf die Liste auf der Seite nebenan und vergleichen Sie den Ihnen zuerkannten Glückscode mit den Codes bei den genannten Geldpreisen. Stimmt Ihr Code mit einem der drei Codes überein? Herzlichen Glückwunsch, dann sind Sie potenzieller Gewinner dieses Geldbetrages...".

Der Kläger öffnete die dieser Zusendung beigeschlossenen Lose und stellte fest, dass eines dieser Lose einen "Glückscode" enthielt, nämlich EU7320".

In der Zusendung befand sich darüber hinaus ein Bestellschein, auf dem die "persönliche Fest- und Glücksnummer" aufschien. Allen derartigen Aussendungen lagen drei Lose bei, und zwar am häufigsten Lose mit dem Aufdruck EU7320, die für einen Gewinn von EUR 25.000,-- standen. Dieser Gewinn, sollte nach den Vorstellungen der beklagten Partei jedoch nur demjenigen ausgezahlt werden, dessen persönliche "Fest- und Glücksnummer" auf dem Bestellschein mit der vorweg vom Notar gezogenen Nummer übereinstimmte, wobei nicht fest steht, ob dies nicht ohnedies die Glücksnummer des Klägers ist. Nur dann, wenn auf den Losen der Code "EU7320" steht, was bei einer Unzahl von Losen der Fall war, und wenn der Bestellschein, auf dem die vom Notar gezogene Glücksnummer aufscheint, gemeinsam mit diesem Los bei der beklagten Partei einlangt, dann sollte der Einsender den Betrag von EUR 25.000,-- bzw bei den anderen Losaufdrucken "LK4613" und BK6185" die Beträge von EUR 5.000,-- bzw EUR 12.500,-- erhalten.

Der Kläger begehrte von der beklagten Partei nun die Zahlung von EUR 25.000 samt Zinsen und brachte im Wesentlichen vor, er sei auf Grund des Inhalts der Zusendung der Meinung gewesen, den angepriesenen Gewinn bereits gewonnen zu haben. Der Hinweis auf die Teilnahmebedingungen sei von ihm nicht beachtet worden. Er habe auch die auf der Innenseite des Kuverts versteckten Teilnahmebedingungen weder gesehen noch gelesen. Sie seien für einen verständigen Durchschnittsverbraucher nur schwer verständlich. Erst bei genauerem Studium dieser Bedingungen ergebe sich, dass ihm lediglich die Teilnahme an einem Gewinnspiel hätte ermöglicht werden sollen. Die beklagte Partei habe beim Kläger jedoch den Eindruck des Gewinns hervorgerufen. Ein solcher Eindruck entstehe auch bei Anlegung des objektiven Maßstabs eines verständigen Verbrauchers, der auch für den Kläger maßgeblich sei. Die beklagte Partei habe ihm daher gemäß § 5j KSchG den zugesagten Gewinn zu gewähren.

Die beklagte Partei wendete dagegen im Wesentlichen ein, sie habe dem Kläger in ihrer Zusendung lediglich das Anbot gemacht, an einem Gewinnspiel teilzunehmen. Aus dem Inhalt der Zusendungen gehe hervor, dass nur derjenige einen in Aussicht gestellten Preis gewinnt, bei dem nicht nur eines der beiliegenden Lose mit einem der Glückscodes in der Zusendung übereinstimmt, sondern darüber hinaus auch der betreffende Glückscode mit jenem übereinstimmen müsse, der bereits vorab notariell gezogen worden sei. An mehreren Stellen der Zusendungen werde dezidiert auf den Charakter der Aussendung als Angebot zu einem Gewinnspiel hingewiesen. Für jeden Durchschnittsmenschen sei es daher ein Leichtes, zu erkennen, dass bloß ein Angebot zur Teilnahme an einem Gewinnspiel und nicht etwa eine unbedingte Zahlungszusage vorliege. Es bedürfe gar nicht des Studiums der Teilnahmebedingungen, auf die in der Aussendung selbst hingewiesen worden sei, um diese Erkenntnis zu gewinnen. Der Kläger als Akademiker müsse eine entsprechende schulische Ausbildung genossen haben, die ihn in die Lage versetze, die Aussendung richtig zu deuten.

Ausgehend von dem dieser Entscheidung vorangestellten Sachverhalt wiesen die Vorinstanzen das Klagebegehren übereinstimmend ab; die ordentliche Revision wurde vom Berufungsgericht nicht zugelassen. Dieses verwies darauf, dass ein Anspruch nach § 5j KSchG nach dem Willen des Gesetzgebers nur dann bestünde, wenn die Zusendung durch ihre Gestaltung den Eindruck erwecke, dass der Verbraucher einen bestimmten Preis gewonnen habe. Dies könne beispielsweise in der Form erfolgen, dass dem Verbraucher ein bestimmter Bargeldpreis in Aussicht gestellt werde. Dabei sei ein objektiver Maßstab anzulegen, wobei Maßfigur der verständige Verbraucher sei. Mehrdeutige Äußerungen im geschäftlichen Wettbewerb seien stets nach der für den Erklärenden ungünstigsten Auslegung zu verstehen. Bei dieser Beurteilung komme es immer auf den Gesamtzusammenhang und den dadurch vermittelten Gesamteindruck der beanstandeten Äußerungen an. Zusendungen, die schon von vornherein keinen Zweifel offen lassen, dass der Gewinn eines Preisausschreibens in einer Ziehung oder auf andere Weise ermittelt werden müsse, fielen nicht unter die Regelung.

Ungeachtet der in der Zusendung erfolgten persönlichen Anrede des Klägers, sei die Zusendung für einen durchschnittlichen Verbraucher unschwer als Massensendung zu erkennen. Dieser müsse daher damit rechnen, dass nicht nur er, sondern eine Vielzahl anderer Personen Zusendungen gleichen Inhalts erhalten hätten. Auch die Textierung der Zusendung selbst lasse keinen Zweifel daran aufkommen, dass der Gewinn des Preises von EUR 25.000 nicht lediglich davon abhängig sei, dass das Los den bestimmten Code aufweise, sondern dass darüber hinaus auch noch als zweite Voraussetzung die persönliche Glücksnummer des Empfängers mit der vorab gezogenen Gewinnnummer übereinzustimmen habe. Auch durch die wiederholte Verwendung des Konjunktivs ("... gewonnen haben könnten") sei für einen durchschnittlichen Erklärungsempfänger ausreichend klargestellt, dass damit keine definitive Gewinnzusage erfolge, sondern eben nur die bloße Möglichkeit eines Gewinns in Aussicht gestellt werde. Gleiches gelte für die Formulierungen "vielleicht gehören die EUR 25.000 schon in kurzer Zeit Ihnen" sowie "dann sind Sie potenzieller" Gewinner dieses Geldbetrages. Für einen mündigen bzw zumindest durchschnittlich kritischen Verbraucher sei damit jedenfalls ausreichend klargestellt, dass es sich lediglich um eine potenzielle, also mögliche, Gewinnchance handle, deren Realisierung vom Eintritt der bereits zuvor dargelegten beiden Voraussetzungen abhängig sei. Die ordentliche Revision sei nicht zulässig, da sich das Berufungsgericht bei der Frage, welche Kriterien für eine Anwendung des § 5j KSchG vorliegen müssten, an einer einheitlichen oberstgerichtlichen Judikatur orientiert habe, und andererseits der Frage, ob der Text einer Gewinnspiel-Aussendung diese Kriterien erfüllt, keine über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung zukomme.

Die außerordentliche Revision des Klägers ist zulässig, weil das Berufungsgericht die Grundsätze der Judikatur des Obersten Gerichtshofs - die im Übrigen einer gewissen Erweiterung bedürfen - auf den vorliegenden Fall unrichtig angewendet hat. Sie ist auch berechtigt.

Rechtliche Beurteilung

Gemäß § 5j KSchG ist ein von einem Unternehmer in einer Gewinnzusage oder einer anderen vergleichbaren Mitteilung an bestimmte Verbraucher in Aussicht gestellter Preis zu gewähren, sofern er durch die Gestaltung dieser Zusendung "den Eindruck erweckt" hat, dass der Verbraucher diesen bestimmten Preis gewonnen habe. Aus den Erläuternden Bemerkungen zur Regierungsvorlage (1998 BlgNR 20. GP, 30 f) ergibt sich, dass damit eine als unsachliche Beeinflussung des Kaufverhaltens angesehene Form von in "Gewinnzusagen" liegenden Werbemethoden erfasst - und hintangehalten - werden soll, bei denen Verbraucher in persönlich an sie adressierten Zusendungen von angeblichen "Gewinnen" verständigt werden, und sich erst später herausstellt, dass entweder lediglich eine Teilnahme an einem Gewinnspiel ermöglicht oder ein geringwertiger bzw sogar völlig wertloser "Gewinn" geleistet wird. Voraussetzung für eine Anwendung des § 5j KSchG soll vor allem sein, dass die Zusendung durch ihre Gestaltung den Eindruck erweckt, dass der Verbraucher einen bestimmten Preis gewonnen habe. Dies könne beispielsweise in der Form erfolgen, dass dem Verbraucher ein bestimmter Bargeldpreis "in Aussicht gestellt" werde; aber auch die Ankündigung eines "Hauptpreises" (der freilich - wie sich erst in der Folge zeigt - später ausgespielt werden soll oder unter Umständen überhaupt nicht geleistet wird, werde darunter fallen). Wesentlich sei immer, dass der Unternehmer beim Verbraucher den Eindruck des Gewinnes hervorruft. Dabei werde ein objektiver Maßstab anzulegen sein; Maßfigur sei auch hier der verständige Verbraucher. Zusendungen, die schon von vornherein "keine Zweifel offen lassen", dass der Gewinner eines Preisausschreibens erst in einer Ziehung oder auf andere Weise ermittelt werden müsse, fiele nicht unter die Regelung. Zusendungen, bei denen dagegen erst im "Kleingedruckten", an unauffälliger Stelle oder gar erst auf Nachfrage die Dinge klargestellt würden und bei denen selbst Fachleute in die Irre geführt würden, sollten dagegen klagbar sein.

Von diesen Grundsätzen ist zwar auch das Berufungsgericht ausgegangen, aber nach Ansicht des erkennenden Senats zu Unrecht zum Ergebnis gelangt, der Inhalt der Zusendung der beklagten Partei sei hinreichend klar. Auch ein verständiger Verbraucher dürfe nur mit einer Gewinnchance, nicht aber damit rechnen, dass er bereits gewonnen habe.

Dieser Auffassung ist nicht zu folgen. Die beklagte Partei hat ihre Informationen über das Gewinnspiel - ohne Notwendigkeit - auf zahlreiche unterschiedliche Stellen ihrer Zusendung (Briefkuvert, Katalog, Begleitbrief, Innenseite des Kuverts, beigelegte Lose) aufgeteilt und schon dadurch ein Verständnis der Grundlagen des "Gewinnspiels" bzw der Voraussetzungen für einen Gewinn erschwert. Darüber hinaus wurden für verschiedene - ohnehin nicht leicht durchschaubare - Elemente ähnliche und verwechslungsfähige Bezeichnungen gewählt (Glückscode, Glücksnummer, Gewinnnummer, Fest- und Glückscode, Fest- und Glücksnummer). Auch der Abdruck der Teilnahmebedingungen auf der Innenseite des Versandkuverts, auf die in den übrigen Teilen der Zusendung nur durch einen versteckten Verweis in Kleinstdruck, und damit leicht übersehbar, hingewiesen wird, stellt keineswegs eine dem Verständnis entgegenkommende Gestaltung einer Information über ein "Gewinnspiel" dar. Vielmehr entsteht der Eindruck - auch die beklagte Partei ist nicht in der Lage, einen sachlichen Grund dafür anzuführen, warum eine solche Gestaltung gewählt wurde -, dass die Zusendung gerade deshalb in einer solchen Weise gestaltet wurde, um bei möglichst vielen Empfängern den Eindruck zu erwecken, sie hätten den ihrer Losnummer entsprechenden Geldpreis bereits gewonnen bzw es bestehe zumindest die große Wahrscheinlichkeit eines (bereits erfolgten) Gewinns, auch wenn die verwirrenden Informationen über die Gewinnvoraussetzungen im Einzelnen nicht verstanden werden. Dieser Eindruck wird noch durch die übersandten "Lose" verstärkt, die bei den meisten Empfängern jene Buchstaben/Zahlen-Kombination aufwiesen, die mit dem für den Hauptpreis (EUR 25.000) angegebenen Gewinncode übereinstimmten. Die Übermittlung von Losen im Zusammenhang mit einem "Gewinnspiel" wird allgemein in der Weise aufgefasst, dass die versendeten Lose jeweils unterschiedliche Zahlen (bzw Buchstaben) aufweisen und diejenigen Lose gewinnen, auf denen der in der Aussendung angegebene Gewinncode aufscheint. Es verwundert, wenn sich die beklagte Partei nun gerade dagegen wehrt, dass sich ein angesprochener Kunde auf den Standpunkt stellt, er habe durch die Zusendung gerade jenen Eindruck - nämlich den, gewonnen zu haben - erlangt, den die beklagte Partei ersichtlich hervorrufen wollte.

Die beklagte Partei zieht auch gar nicht in Zweifel, dass für die Auslegung von Zusendungen über "Gewinnspiele" (Gewinnzusagen oder andere vergleichbare Mitteilungen) der (objektive) Maßstab eines verständigen Verbrauchers anzulegen ist (in diesem Sinne schon 7 Ob 290/01z = RdW 2002, 338 = ecolex 2002, 87). Von einer solchen Maßfigur kann allenfalls erwartet werden, dass sie es nicht bei einem einmaligen Durchlesen der Informationen bewenden lässt, sondern versucht, sich bei einer nochmaligen Durchsicht der auf verschiedene Stellen aufgeteilten Darlegungen ein Bild darüber zu verschaffen, ob und bejahendenfalls, unter welchen Voraussetzungen sie allenfalls bereits als Gewinner eines Preises anzusehen ist, sofern eines ihrer Lose mit dem angegebenen Gewinncode übereinstimmt. Darauf, dass in erster Linie nicht der "persönliche Glückscode" auf dem Los, sondern vielmehr die "persönliche Fest- und Glücksnummer" auf dem Bestellschein, auf den lediglich in den leicht zu übersehenden (vgl § 864a ABGB) Teilnahmebedingungen verwiesen wird, maßgebend sein soll, werden auch verständige Verbraucher großteils selbst dann nicht kommen, wenn sie sich die Frage stellen, ob in ihrem Fall die "persönliche Glücksnummer mit der vorab gezogenen Gewinn-Nummer übereinstimmt und einer der untenstehenden Codes auf einem der drei roten Festlose" steht. Die vom Kläger ins Treffen geführte Auslegung, eine Übereinstimmung sei eben dann anzunehmen, wenn der ausgewiesene Code auf dem Los abgedruckt ist, erscheint durchaus naheliegend, wenn der Nummer auf dem Bestellschein keine Beachtung geschenkt wird. Dies ist unter den gegebenen Umständen aber keineswegs auszuschließen. Dass der Unternehmer auch im Rahmen derartiger "Gewinnzusagen" die für ihn ungünstigste, vernünftigerweise in Betracht kommende Auslegung gegen sich gelten zu lassen habe, wurde vom Obersten Gerichtshof bereits ausgesprochen (7 Ob 290/01z unter Hinweis auf RIS-Justiz RS0078548). Da es dabei auf den Gesamteindruck ankommt, ist es auch nicht zielführend, einzelne Formulierungen unter grammatikalischen bzw logischen Gesichtspunkten zu analysieren, zumal für den Adressaten nicht erkennbar ist, in welchen Sätzen der werbende Unternehmer die "maßgeblichen" Informationen untergebracht hat.

Darf nun aber ein verständiger Verbraucher bei durchschnittlicher Aufmerksamkeit und dem Bemühen, den Sinn der Informationen des Unternehmers zu erfassen, im konkreten Fall den Eindruck gewinnen, er habe einen bestimmten Preis bereits gewonnen, kommt es nicht darauf an, ob bei akribischer und (zeit-)aufwändiger Analyse ein anderer, für den Unternehmer günstigerer Sinn ermittelt werden könnte. Dies ergibt sich nicht nur aus dem ohne weiteres erkennbaren Gesetzeszweck, auch die Verständigung "von angeblichen 'Gewinnen' verschiedenster Art" (EB RV, 1998 BlgNR 20. GP, 30) als verpönte Werbemethode durch das Gewähren klagbarer Erfüllungsansprüche des Verbrauchers hintanzuhalten. Auch der Justizausschussbericht (2062 BlgNR 20. GP 1) setzt den Begriff "Gewinnzusagen" unter Anführungszeichen und drückt damit aus, dass auch solche Gewinne einklagbar sein sollen, bei denen bei strenger Beurteilung gar keine eigentliche "Zusage" vorliegt. Würde man nämlich nur auf den Wortlaut der jeweiligen Zusendung abstellen, hätte es der Unternehmer - wie sich im vorliegenden Fall deutlich zeigt - in der Hand, durch eine möglichst verwirrende Gestaltung seiner Information zwar den - von ihm erwünschten, vom Gesetzgeber hingegen verpönten - Eindruck bei den angesprochenen Verbrauchern zu erwecken, sich dann aber unter Hinweis auf ein strengen Anforderungen unterliegendes Verständnis seiner Formulierungen der Zahlungspflicht zu entziehen. Diese wurde gerade deshalb statuiert, um derartige Aussendungen zurückzudrängen, die eine unsachliche Beeinflussung des Kaufverhaltens bewirken können; gerade auch Verbraucher, die sich zwar angesichts der unklaren Zusendung nicht sicher sind, ob sie nicht vielleicht doch gewonnen haben, dies aber auch nicht mit ausreichender Wahrscheinlichkeit ausschließen können, werden sich vielfach zu einer (meist mit einer Bestellung verbundenen) Einsendung entschließen. Nach den Gesetzesmaterialien sollen daher zu Recht nur solche Zusendungen vom Anwendungsbereich der Regelung ausgenommen sein, die schon von vornherein "keine Zweifel offen lassen", dass der Gewinner eines Preisausschreibens erst in einer Ziehung oder auf andere Weise ermittelt werden muss. Dem ist der hier zu beurteilende Fall nicht gleichzuhalten, wurde doch dabei keinesfalls unzweideutig mitgeteilt, dass nur jene Kunden (die drei unterschiedlichen Geldpreise) gewonnen haben, deren auf den jeweiligen Bestellscheinen aufscheinenden Nummern bereits zu einem früheren Zeitpunkt gezogen wurden. Die insoweit widersprüchlichen Angaben in den Teilnahmebedingungen - die sich überdies nur auf den Preis von EUR 25.000,-- beziehen - sprechen einerseits davon, dass die Gewinnnummer nach dem Zufallsprinzip vom Computer zugeteilt, und verweisen ein anderes Mal darauf, dass diese von einem Notar gezogen worden sei.

Wäre es der beklagten Partei nicht primär um eine möglichst viele Kunden zu einer Einsendung (samt Bestellung) anregenden, sondern vielmehr um eine seriöse und klare Information gegangen, so hätte sich diese in der Mitteilung erschöpfen können, dass nur jener Kunde den Hauptpreis gewonnen hat, dessen auf dem Bestellschein aufscheinende Zahl bereits vorweg ausgelost wurde; auch die Beilage von "Losen" wäre entbehrlich gewesen. Hat die beklagte Partei nun aber - ersichtlich zur Ankurbelung ihres Umsatzes - eine dem § 5j KSchG zu unterstellende Gestaltung ihrer Aussendung gewählt, so hat der Kläger Anspruch auf Zahlung des in Aussicht gestellten Geldbetrags.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 50 Abs 1, 41 Abs 1 ZPO.

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